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Rigi-Hochfluh

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Von Armin Run!

Mit 2 Bildern ( 94, 95Zürich ) Rigi, wer kennt diesen Berg, diesen Namen nicht 1 Weit über unsere Grenzen, ja bis in andere Weltteile ist sein Ruf gedrungen, besonders im letzten Jahrhundert. Die Literatur, die über ihn existiert, ist gross. Wohl von keinem andern Gipfel wurden so viele Panoramazeichnungen aufgenommen. Rigi, der Inbegriff eines Aussichtsberges, so dass viele bekannte Spitzen den Beinamen eines « Rigi » des betreffenden Landesteils erhalten haben. So gibt es einen Rigi der Ostschweiz, des Tessins, der Welschschweiz usf. Sie nehmen aber immer Bezug auf Rigi-Kulm, den Punkt, auf den die erste Zahnradbahn der Welt führte, auf dem man einen selten umfassenden Blick auf die Hochalpen und in das Mittelland hinaus bis Jura, Vogesen und Schwarzwald geniesst, auf dem man früher einen Sonnenaufgang erlebt haben musste, damit eine Schweizerreise wirklich vollkommen war. Schon als Schulbube besuchte ich fast jährlich den Berg, sei es von Goldau, von Vitznau oder von der Seebodenalp aus. Ich kannte nur Rigi-Kulm.

Doch einmal lockte mich der Gipfel, der sich südlich über der Senke des Gätterlipasses erhebt, der in Form, Gestein und Vegetation so ganz verschieden von den Kuppen des Kuhns und der Scheidegg ist. Nördlich des Gätterlis finden wir breite, runde Formen vor, das Gestein besteht aus Nagelfluh, und die Fichte ist vorherrschend, im Gebiet der Hochfluh dagegen gibt es scharfe Grate, spitze Erhebungen und Plattenwände aus hellem Kalk, Laubwald und Föhre sind dominierend.

Seit ich der Hochfluh zum erstenmal einen Besuch abgestattet habe, bin ich diesem Berg verfallen. Eine grosse Anzahl bekannter Aussichtsberge rund um den Vierwaldstätter See habe ich schon begangen, von manchen nachhaltige Eindrücke und schöne Erinnerungen gewonnen, aber zu keinem habe ich mich immer wieder so hingezogen gefühlt wie zu der Hochfluh. Das Blickfeld ist kleiner, geschlossener als auf dem Kulm, beherrscht von ein paar markanten Gruppen und Gipfeln. Der Blick auf den Urner See und die ihn umrahmenden Berge, mit der edelgeformten Pyramide des Bristenstockes als vermeintlichem Abschluss des Reusstales, gehört zu den schönsten, die ich kenne, besonders im Frühsommer oder Spätherbst, wenn Schnee die Flanken des Bristenstockes deckt.

Die Wege auf die Hochfluh sind mannigfaltig und mit Ausnahme desjenigen über den Ostgrat, der einige Vorsicht erfordert, leicht, aber landschaftlich hervorragend. Im Frühjahr und Spätherbst besonders jene, die über West- oder Südflanke führen. An schönen Sonntagen, vor allem in den vorerwähnten Jahreszeiten, wenn die beiden Rigibahnen eine nach Hunderten zählende Zahl von Touristen auf den Kulm befördern, kann man auf der Hochfluh oft allein oder im Kreise weniger Berggänger ruhige Stunden des Schauens und Sinnens verbringen. Leicht kann man von Zürich aus den Berg in einem Tag besteigen, meist jedoch zog ich schon samstags weg, übernachtete auf Alp Twäriberg oder im einfachen Gasthaus auf der Höhe des Gätterlipasses, um dann am Sonntagmorgen stundenlang allein auf dem Gipfel zu sein. Durch den Senn auf Twäriberg wurde ich auch auf den interessanten Weg aufmerksam gemacht, der sich von der Bernerhöhe ob Goldau durch den Buosingerbann in der Ostflanke der Scheidegg, romantische Runsen und Tobel querend, zum Twäriberg hinaufzieht, und der in keiner Karte eingezeichnet ist. Türkenbund und Geissbart ( Spirea Aruncus ) blühen da im Buchenwald, Heidelbeerstauden voller Früchte, die selten oder nie gepflückt werden, finden sich in den höheren Lagen, und köstliche Walderdbeeren reifen an den sonnigen Böschungen und in den Lichtungen.

Der Weg vom Gätterli über den Nordgrat führt durch blumenreiches Gelände, das sich hauptsächlich in den Monaten Mai und Juni durch Arten-und Farbenreichtum auszeichnet. Weisse und narzissenblütige Anemone, Trollblumen, Wiesenraute, Centaurea, Türkenbundlilie sowie viele Knaben-krautarten finden hier die ihnen zusagenden Lebensbedingungen; es sind fast durchwegs Pflanzen, die eine gewisse Bodenfeuchtigkeit lieben. Ganz anders verhält es sich auf der Südseite des Berges. Da gedeihen vorzugsweise Arten, die Wärme und Trockenheit lieben, wie Graslilie und Rindsauge, Arnika, Katzenpfötchen, im Frühjahr Schneeheide, Kugelblume und buchsblättrige Kreuzblume. In den Ritzen der Kalkfelsen wurzelt die Felsenmispel, deren schneeweisse Blüten dem Edelweiss ähnlich sind; im Geschröff blüht die Feuerlilie, und der gelbe Enzian wächst massenhaft oberhalb der Zillistockalp, teilweise in prächtigen Exemplaren von über ein Meter Höhe. Anfangs Juni, ja manchmal schon Ende Mai, fand ich am Südwestgrat in ca. 1400 m Höhe blühende Alpenrosen.

Wenn man vom Gipfel gegen die Zillistockalp absteigt, kommt man auf eine kleine Matte, die ringsum von knorrigen, malerischen Bergföhren umstanden ist. Alpenrosenstauden säumen die Ränder, welche auf drei Seiten steil in Flühen abbrechen. Im Frühsommer ist die Matte ein einziger blühender Teppich. Von hier geniesst man einen selten schönen Blick auf den Urner See und die Urirotstockgruppe. Es ist dies eines der schönsten Plätzchen, die ich kenne, und wir nennen es das « Märliwiesli ». Von Zillistockalp aus gehen drei Wege: der eine führt durch die Lücke im Südwestgrat über Scharteggli nach dem Gätterli, ein anderer über Ochsenalp nach Gersau und der dritte nach Bärfallen und Brunnen.

Besonders gerne erinnere ich mich zweier Fahrten; die eine führte ich anfangs März, die andere gegen Ende Oktober des gleichen Jahres aus. Primeln, blaue und weisse Veilchen blühten schon an den noch braungelben Wiesenhängen. Im Unterholz standen lilafarbene Leberblümchen, während in den laublosen Lindenbäumen gelbgrüne Mistelbüsche hingen, als wir nach Bärfallen hinaufstiegen. Köstlich waren die Stunden des Schauens und Träumens auf dem sonnigen, windstillen Gipfel.

Stellenweise in knietiefem Pulverschnee ging der Abstieg auf der Nordseite von statten.

Es war ein Wandern wie im Märchen, ein Gang durch eine Farbensymphonie in Blau und Gold, blau der Himmel über uns, blau der See zu unseren Fussen, dazwischen goldgelb die Birken, Ahorne und Weiden, rotgolden die Buchen, ja in der Luft selbst schien ein Goldtau zu liegen, als wir Ende Oktober nach den Heimwesen von Föhnenberg hinabstiegen. Die Felsen der Sattelenfluh umgehend führt ein Weg durch lichten, bunten Mischwald hinab zum See. Die grossen dunkelgrünen Stechpalmenbäume, teilweise dicht besetzt mit roten Beeren, bildeten einen seltsamen Kontrast zu den hellen Farben ringsumher. Freudig und ein wenig wehmütig zugleich schritten wir abends Brunnen zu. Die Streutristen in der kahlen Ebene des Muotadeltas erinnerten daran, dass es wohl einer der letzten goldenen Herbsttage des Jahres gewesen war.

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