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Rund um den Monte Rosa

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Pierre-André Joly, Moutier

Bilder 2i und 22 FREITAG, 2 I .JULI Vom Kirchturm von Stalden erklingen just neun Glockenschläge. Gemessenen Schrittes gehe ich — ein wenig ungeduldig, ein wenig nervös - auf dem Bahnsteig auf und ab. Vor einer knappen Viertelstunde bin ich hier angekommen, und in dieser kurzen Zeit habe ich mir sicher schon zehnmal die Route durch den Kopf gehen lassen, die vor uns liegenden Schwierigkeiten abgewogen und mehrmals die Teilnehmerliste überprüft: fünfzehn Anmeldungen, das ist ja grossartig.

In meiner Tasche knistern die zwei Kollektiv-billette: das eine für den Zug, der uns demnächst nach Zermatt bringen wird, das andere für den Autobus, mit dem wir in vier Tagen von Mattmark herunterfahren werden. Der Himmel ist klar — ein gutes Vorzeichen.

Und da sind sie auch schon: frisch und munter, Freitag, 21.Juli: i.

Etappe: Stalden-Zermatt-St-Jacques ( Valk d'Ayas ) o « - CN en *t LO CD 1** 00 _ o T- cm n * 0 ), 1-, Tlo co r- a 2 S S CN CO CN CN 3600 3400 3200

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2erm< Statio Furi 1 Furgg Trock Gand Theod Testa Passo 3 O < A. Ve ( S —iDrahtseilbahnmit leuchtenden Augen, hellen und klaren Stimmen, herausgeputzt mit neu gewachsten Schuhen, sorgfältig gebügelten Hosen, aufgeknöpften Hemden, umgeschlagenen Ärmeln und dicken Rucksäcken. Herzliche Begrüssung, fester Händedruck und... alle miteinander'rein ins Bahnhofbuffet. Da fragt mich Hermann: « Sag mal, weisst Du eigentlich, wieviel wir sind? » - « Fünfzehn », meineich. « Nein, es sind zwei mehr », antwortet er im Brustton der Überzeugung. Welche Überraschung! Eiligst mache ich mich mit den beiden Neuen bekannt und stürze dann zum Billettschalter, um den Kollektivfahrschein für den Zug abändern zu lassen. Die Beamtin ist tüchtig. Alles klappt reibungslos. « Besten Dank, Fräulein. Auf Wiedersehen! » Im Laufschritt eile ich daraufhin zum Postschalter, um auch hier das Billett für das Postauto abzuändern. Der Beamte ist weniger erfreut und brummt etwas vor sich hin, was etwa wie « verflucht nochmal » tönt. Trotzdem geht es schliesslich. « Dankeschön. Auf Wiedersehen! » Jetzt ist alles in Ordnung - die Tour kann beginnen.

Bis Zermatt geht es nun ohne besondere Vorkommnisse. Wir verlassen den Bahnhof, in dem es wie gewohnt von Touristen wimmelt. Dann stellen wir uns in die ebenso übliche Schlange vor der Drahtseilbahn, die uns zum Trockenen Steg hinaufbringen wird, wo wir die erste Pause einschalten. Es ist Mittag — allgemeine Verpflegung. Hermann ist glücklich, wieder in den Bergen zu sein, und lässt einen gewaltigen Jauchzer erschallen. Darob erschrickt ein Belgier so, dass er seine Photographie arg verwackelt, und zwei Dohlen ändern in vollem Flug unvermittelt ihren Kurs.

Dann machen wir uns auf den Weg. Die Kräfte sind frisch, die Moral intakt und die Füsse noch willig. Rolf legt an der Spitze der Marschkolonne ein so gutes Tempo vor, dass wir in weniger als zwei Stunden die Testa Grigia erreichen, wo Freund Charles und seine zwei Kinder auf uns warten. Die Pause ist sehr willkommen, denn auf dem letzten Teilstück des Aufstiegs blies die Bise so trocken und frisch, dass wir durch und durch gefroren sind. Rasch ziehen wir uns in den wohligen Schutz des Restaurants zurück und bewun- Samstag, 22.Juli: 2. Etappe: St-Jacques ( Valle d' Ayas)-Orsia ( Val di Gressoney)-Alagna-Valscsia 0 M CM LD CO CO c CM CO en CN ( N CN 3000 2800 2600 2400 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000é0 "

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1 A. Gabiet 2342 Colle d' Olen 2881 A.nitu 1847 3 1 Alaana-Valsesia 1190 dern durch die Fenster die herrliche Aussicht; doch haben wir an den Abfällen und dem Schmutz rund um die Hütte gar keine Freude.

Erneuter Aufbruch. Diesmal handelt es sich um den Abstieg nach St-Jacques, eine Strecke von knapp zwölf Kilometern. Der erste Abschnitt führt uns über einen stark verschneiten Gletscher, den wir sicherheitshalber angeseilt begehen. Und für eine Rutschpartie ist der Schnee nicht fest genug. Schade, das wäre ein Vergnügen gewesen! -Auf dem restlichen Abstieg ereignet sich nichts Besonderes.

Kurz vor neunzehn Uhr erreichen wir St-Jac-ques, wo Hermann, François und ich uns unverzüglich auf die Suche nach einem Obdach machen. Da - der Besitzer eines Lebensmittelladens zeigt uns die Pension Hermitage, und dort empfängt uns der Wirt, glücklich über den unverhofften Besuch. Wir erhalten in der obersten Etage Zimmer, die eine Renovierung dringend nötig hätten, denn die Betten sehen aus, als ob siejeden Augenblick zusammenkrachen würden. Das Nachtessen hingegen bringt die grosse Überra- schung: Der Chef und vier Kellner servieren uns eine Vorspeise, drei Hauptgänge und später noch Käse und Obst. Da braucht es wahrhaftig viel Barbera, um das alles hinunterzuspülen.

Trotzdem verbringen wir eine recht erholsame Nacht.

SAMSTAG, 22 .JULI Tagwache um fünf Uhr, Frühstück auf dem Zimmer, Abmarsch gegen sechs Uhr. Schon der erste Streckenabschnitt ist ein unangenehm steiler Aufstieg; jedermann bekommt reichlich Gelegenheit, den gestern abend genossenen Barbera und die Génépi wieder auszuschwitzen. Dann wird das Gelände etwas flacher, um gegen Ende des Teilstücks wieder sehr steil anzusteigen. Ein letzter Anlauf - und wir stehen auf dem Colle di Bettaforca, wo eine willkommene Rast eingeschaltet wird. Es ist zehn Uhr morgens, der Himmel blau und wolkenlos. Wie ist das Leben schön, mit der Zugabe, dem flaumigen Schnee, der ein paar Unermüdliche auch schon bald in eine tüchtige Schneeballschlacht verwickelt.

Sonntag, 23. Juli: 3. Etappe: Alagna-Valsesia-Colle del Turlo-Staffa Macugnaga o. cN n CN COin cd r- ro oî E 3000 2800

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lia affa < us < u < 3 et a » co Der Abstieg bietet keine Probleme; denn er erfolgt mit dem Sessellift. Nach einem kurzen Marsch von zwei Kilometern erreichen wir Orsia, von wo uns die Luftseilbahn - eine alte, farbige Kugel, einem Osterei ähnlich - zur Alp Gabiet hinaufträgt. Diese Alp liegt auf halbem Weg zum Colle d' Olen, dem zweiten grossen Tageshinder-nis, das es zu überwinden gilt.

Wir picknicken an einem winzigen See, mit dessen Wasser wir Suppe, Tee und Kaffee zubereiten, die Pfannen auswaschen und unsere strapazierten Füsse kühlen.

Nach einer Stunde brechen wir wieder auf. Der Weg steigt unvermittelt steil an und ist schneebedeckt. Wir überholen zwei Radfahrer, besser zwei Burschen, die Bergkleidung tragen und ihren Rucksack mit je einem Rennvelo « aufgestockt » haben.

Der Colle d' Olen ist, wie alle andern Pässe, die wir überquert haben, von einer weissen Decke überzogen, was uns gestattet, nach Herzenslust abzurutschen, und zwar an die 500 Meter Höhenunterschied in sage und schreibe 15 oder 20 Mi- nuten. Dann steigen wir weiter zur Alp Oltu ab und schweben von dort mit der Drahtseilbahn ins Tal hinunter nach Alagna-Valsesia, unserm zweiten Etappenziel. Kaum sind wir der Bahn entstiegen, wird das nächste Restaurant gestürmt; dann ist es wiederum Zeit, sich nach einem Nachtlager umzusehen.

Die Wirtin der Pensione Genzianella fühlt sich ordentlich überrumpelt, als sie hört, wie viele Leute hier übernachten sollten: « Siebzehn », ruft sie entsetzt, « das ist unmöglich! Fünf, ja, die hätten schon Platz. Aber warten Sie einen Augenblick !» Und dabei fuchtelt sie wild mit beiden Armen durch die Luft. « Wenn wir den Gast aus Nummer 15 umquartieren, aus den Zimmern 7 und g je ein Bett herausnehmen und ins Zimmer 8 stellen, wo es schon zwei Betten hat, dann hätten wir schon neun, und wenn... » Nach zehn Minuten haben wir in der Tat alle ein Zimmer und recht saubere Betten.

Das Abendessen ist ebenso reichhaltig, angenehm und « feucht » wie dasjenige vom Vorabend.

Montag, 24.Juli: 4. und letzte Etappe: Macugnaga-Monte-Moro-Pass-Mattmark-Stalden 0 CN CO IO CD co O CN CO in 10 3000 2800 2600 2400 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000

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( ora OC CL O — f ° S 1 S? co S | S S S E < 2S OT S O. 5DrahtseilbahnPostautoAlagna ist ein hübsches, kleines Touristendorf, einen Besuch wohl wert, und der dauerte denn auch vom Nachtessen bis tief in die Nacht hinein.

SONNTAG, 23. JULI Der Anmarsch zum Colle del Turlo führt über eine vier Kilometer lange asphaltierte Strasse. Am Vorabend ist es dem kleinen verschmitzten Mique gelungen, einen Autofahrer ausfindig zu machen, der uns heute, am Sonntag, im frühen Morgengrauen in vier Fuhren an den Fuss des Passes fährt. Wir nehmen den Aufstieg deshalb verhältnismässig frisch und ausgeruht in Angriff. Der Colle del Turlo muss früher einmal ziemlich wichtig gewesen sein; denn der Weg, der hinaufführt, ist nicht ein einfacher Steig, sondern ein mit Steinplatten belegter Weg, gut einen Meter breit, und führt ziemlich gleichmässig und nicht allzu steil bergan. Unter solchen Umständen einen Pass zu erklimmen ist ein wahres Vergnügen, auch wenn der letzte Kilometer im Schnee zurückgelegt wird..

Auf dem Abstieg können wir uns mehrere herrliche Rutschpartien leisten und nehmen dann, nach einer wohlverdienten Picknickpause, das letzte Teilstück unserer Sonntagsetappe unter die Fusse. Es führt uns ins Valle Quarazza, in ein schönes, kleines, wildes Tal hinunter nach Macugnaga.

Die Quartiersuche in Macugnaga endet ebenso schnell und erfolgreich wie an den beiden Vortagen, und genauso angeregt wie an den beiden vorangegangenen Abenden verläuft auch das Nachtessen im Restaurant Monte Rosa. Der verständnisvolle Wirt spendiert uns sogar noch eine Flasche Génépi.

MONTAG, 24. JULI Um sieben Uhr morgens bringt uns die erste Kabine zum Monte-Moro-Pass hinauf. Der Himmel ist wolkenlos. Wir bleiben eine gute halbe Stunde auf der Passhöhe und bestaunen das Gebirgsmassiv des Monte Rosa. Dann machen wir uns an den Abstieg und erreichen nach zwei Stunden Mattmark.

Die Zeit bis zur Abfahrt des Postautos verbringen wir in einem Restaurant. Die Stimmung ist gut, wenn auch nicht mehr so ausgelassen; jeder beschäftigt sich ohne viele Worte mit seinem Glas. Man wartet.

Ein erster Kurs fährt uns nach Saas Grund, wo wir den einstündigen Aufenthalt zum Nachtessen im Schatten der Kirche nutzen, deren Glocken in diesem Moment für eine volle halbe Stunde zu läuten beginnen...

Der nächste Postkurs bringt uns nach Stalden. Während der Fahrt wird nicht viel gesprochen; aber bald hat jeder sein Lachen wieder gefunden: Man schwelgt in Erinnerungen und freut sich, dass die ganze Tour ohne Regen, Schwierigkeiten und Wehwehchen abgelaufen ist. Man ist glücklich, eine herrliche Tour erlebt zu haben, verabschiedet sich und geht dann auseinander.

Neun Clubmitglieder und acht Freunde kehren zufrieden nach Hause zurück.

Aus dem Französischen übersetzt von D.W. Portmann

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