© Sibyl Heissenbüttel
Ein Zustieg mit Tücken Skitouren rund um die Gelmerhütte SAC
Der Weg in die Gelmerhütte ist im Winter nicht einfach. Nach dem steilen Aufstieg zum See, folgt dessen Überquerung. Der ist aber nicht immer genug dick gefroren. Von der Hütte aus bieten sich viele lohnende Gipfel an.
Zwei Schritte vor, einer zurück, es ist eindeutig der mühsamste Teil der ganzen Tour. Eine halbe Stunde vorher sind wir in der Handegg im Grimseltal gestartet, gemütlich der zugeschneiten Grimselpassstrasse entlang. Nun wühlen wir uns mit aufgebundenen Ski durch den steilen und mit Büschen und Bäumen bewachsenen Hang hinauf zum Gelmersee.
Doch der nächste Abschnitt beschäftigt uns mehr: Die Überquerung des gefrorenen Gelmersees. Wir wollten diese Tour bereits vor über einem Jahrzehnt machen. Damals waren wir im April unterwegs, rund einen Monat später. Im Sommer führt ein Wanderweg am westlichen Ufer durch die Felsen, im Winter muss der gefrorene See überquert werden. Die Eisdecke war damals übersät mit dunklen Flecken, durch die das kalte Wasser bedrohlich schimmerte. Wir entschieden uns zur Umkehr. Wahrscheinlich eine weise Entscheidung, denn nur ein paar Tage später musste die Rega drei Skitourengeher retten, die im Eis eingebrochen waren. Sie hatten riesiges Glück und konnten sich aus eigener Kraft ans Ufer retten.
Auf der Sonnenseite des Lebens
Mit diesen Gedanken und Bildern im Kopf gelangen wir an den Rand des Gelmersees, wo wir hörbar aufatmen. Der Stausee ist entleert. Der restliche Weg bis zur Gelmerhütte SAC ist angenehmes Skitourengelände. Dort angekommen, richten wir uns im kalten Winterraum ein. Wir steigen noch auf den Gwächten auf, den breiten Grat unterhalb des Gwächtenhorns. Der Tiefblick auf Guttannen ist beeindruckend. Es ist Mittag, aber kein Sonnenstrahl dringt ins Dorf. Wir picknicken ausgiebig und kosten es aus, dass wir auf der Sonnenseite stehen.
Unberührte Hänge
Am nächsten Morgen brechen wir zeitig auf und steigen über den Diechtergletscher zur Diechterlimi, dem Übergang zum Triftgebiet, hoch. Vor uns eröffnet sich ein seltener Anblick: Wie gebügelte, straff gespannte Leintücher schimmern die Hänge des Triftkessels im Sonnenlicht. Alles unverspurt. Seit die Trifthütte SAC 2021 von einer Lawine zerstört wurde, ist es still im Gebiet. Wir wollen noch aufs Diechterhoren und klettern mit Steigeisen und Pickel über den etwas ausgesetzten, aber einfachen Südostgrat. Die grossen Berner Gipfel ragen im Westen vor uns auf, schön nebeneinander aufgereiht wie gehorsame Soldaten.
Nach einer rasanten Abfahrt in den Triftkessel ziehen wir die Felle wieder auf und zuletzt kraxeln wir über einfaches Blockgelände über den Ostgrat auf den Tieralplistock. Das Timing bei der Abfahrt stimmt, der Alpligletscher ist etwas angesulzt.
Schade, fährt die Gelmerbahn noch nicht. So bleibt uns nichts anderes übrig, als den zu Beginn beschriebene Hang runterzurutschen mal mit, mal ohne Ski an den Füssen, bis wir auf die Passstrasse gelangen. Beim Überqueren der grossen Ebene feilen wir an unserer Langlauf-Skating-Technik, bis wir zurück in der Handegg sind.
Praktische Infos
1
Gelmerhütte SAC (2412 m)
Eckdaten
S, 4 h 30 bis 5h, ↗ 1100 Hm
2
Gwächten (P. 2973 m)
Eckdaten
WS-, 2 h 30, ↗ 560 Hm
3
Diechterhoren (3388 m)
Eckdaten
ZS+, 2 h 30 bis 3 h, ↗ 980 Hm
4
Tieralplistock (3383 m; von der Gelmerhütte)
Eckdaten
ZS-, 3 h bis 3 h 30 bis 4 h, ↗ 1200 Hm
Abfahrt
Bis zum Gelmersee: ZS, ↘1540 Hm
Anreise
Mit dem Zug via Interlaken Ost nach Innertkirchen. Mit dem Alpentaxi nach Handegg.
Ausrüstung
Gletscherausrüstung, Steigeisen, Pickel
Beste Jahreszeit
Februar bis April
Übernachtung