4. Die Stiftskirche von Biasca | Club Alpino Svizzero CAS
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4. Die Stiftskirche von Biasca

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Ob Lodrino, am Berghange, schaut aus dem Grün der Kastanienbäume ein Kirchlein weit ins Land hinaus. Fast die ganze Riviera hinauf und hinab erblickt man das weisse Gemäuer. Das ist das Kirchlein von San Martino auf Monte di Paglio, von dem die Bauern sagen, dass es das älteste Gotteshaus weit herum sei, älter sogar als die altersgraue Stiftskirche von Biasca. Und einst hätten die Leute der Tre Valli ihre Verstorbenen zu diesem Kirchlein hinaufgetragen, um sie in geweihter Erde bestatten zu können. So weit die Legende 14 ). Vielleicht birgt sie einen wahren Kern. Dass auf Monte di Paglio einst das älteste christliche Gotteshaus der Tre Valli stand, ist nicht ausgeschlossen. Dass dagegen das heutige Kirchlein so alt sei, ist höchst unwahrscheinlich 15 ). Das soll aber niemanden abhalten, einmal auf Monte di Paglio hinaufzusteigen. Mag das Kirchlein, verlottert und verdorben wie alles in der Runde, einem im Herzen leid tun, der herrliche Ausblick von dort oben lässt uns das Schlimme vergessen. Noch hübscher als der Aufstieg von Lodrino ist der Abstieg gegen Iragna. Dort klebt am Rande einer Bergwiese ein Kapellchen, vor dem sich ein prächtiger Ausblick entrollt. M. GIO. BATTA. STANGHA HA F. F. QVESTA OPERA P. SUA DEVOT L ANNO 1685, lautet eine Inschrift, und der Name des Stifters führt einem die Gedanken unwillkürlich in die Zeiten zurück, da man noch auf der Schulbank sass und der Lehrer von der Schlacht von Irnis erzählte, vom gefrorenen Ticino, von den Fusseisen und vom tapfern Liviner Hauptmann Stangha.

Weiter unten, bevor man bei Rodaglio ( die Einheimischen sagen Rodé ) die Landstrasse betritt, kommt man an einem alten Haus vorbei, dem man auf den ersten Blick ansieht, dass es ursprünglich nicht zu einer Casa rusticana bestimmt war. Das Haus heisst « il castello » und war vielleicht der feste Wohnsitz der Edlen von Lodrino. Oder vielleicht war es ein Stützpunkt, den die Mailänder anlässlich der eidgenössischen Invasion errichteten.

Lassen wir dem Volke seinen Glauben an das Kirchlein von San Martino. Wer will ihm das Gegenteil von dem beweisen, woran es glaubt, da wir ja doch über Christianisierung der Tessintäler fast nichts wissen, als was uns Legenden erzählen.

Es liegt nahe, anzunehmen, dass das Christentum sich schon früh in den Tre Valli verbreitete. Diese öffnen sich nach Süden, wo in der Gallia cisalpina schon früh die Lehre des Nazareners verkündet wurde. Aber zwischen Gallia cisalpina und Rsetia prima erhob sich als Grenzwall der Monte Ceneri, der damals viel mehr als heute Volk, Auffassung und Bildung voneinander schied. Nördlich des Monte Ceneri, weniger begünstigt vom Lichte und der Wärme der italienischen Sonne, wohnte ein rauhes Bergvolk, wohl wie diese alle zäh festhaltend am alten Glauben und an alter Überlieferung. Es ist nicht glaublich, dass der christliche Glauben, der sich wie ein Strom über die italienischen Ebenen ausbreitete, unaufgehalten in die tessinischen Bergtäler hinaufdrang. Am alten Grenzwall Rätiens mag die Bewegung zum Stehen gekommen sein, und erst in allmählicher Missionsarbeit werden die christlichen Glaubensboten mit ihrer Lehre Fuss gefasst und schliesslich das Volk bekehrt haben. Mögen nun diese Verkünder der christlichen Lehre Flüchtlinge gewesen sein, die sich infolge von Rückschlägen aus der Poebene in diese Berge hinein hatten flüchten müssen, oder dass sie von dort aus im Auftrage kirchlicher Behörden wirkten, das ändert im Grunde nichts an der Sache, vielleicht aber in bezug auf den Zeitpunkt, über den wir ebenfalls nichts Positives wissen. Siro Borrani, Propst von Ascana, der Verfasser des Buches « II Ticino sacro », bemerkt, dass bezüglich der Christianisierung Norditaliens ganz verschiedene Auffassungen vertreten werden, « Bisogna tuttavia notare che intorno all' introduzione della Fede nell' Italia settentrionale gli Autori sono radicalmente discordi ». Um so unsicherer wird es sich in diesem Falle mit den Tessintälern verhalten.

Die erwähnte Quelle erzählt, dass es zur Zeit, als Kaiser Antonius Pius ( 138—161 ) die Täler des Ticino, Brenno und des Rheines durchreiste, in Bellinzona und auch weiter oben einige Märtyrer gab. Rasch verbreitete sich das Christentum, als 313 Kaiser Konstantin mit dem Edikt von Mailand Religions-freiheit gestattete. Der erste Bischof in unserer Gegend, von dem man sichere Kunde hat, war San Felice, Bischof von Comò ( 379 ). Von Comò aus sollen in Lugano, Locamo, Bellinzona und dann in Biasca Kirchen entstanden sein. Sankt Martin, Bischof von Tour ( 316—400 ), soll auf der Strasse zum Gotthardzahlreichen Christen begegnet sein. Einen Rückschlag soll der Einfall der Langobarden gebracht haben ( 568 ), denn diese hätten die katholischen Christen bedrängt. Also bekundet der katholische Geschichtsschreiber. ( Die Langobarden, erst arianischen Glaubens, waren bis 650 durchwegs zum katholischen Glauben übergetreten. ) Wahrscheinlich waren vor der Zeit der Einfälle der Langobarden ( 568—572 ) die Bewohner der Tessintäler bereits schon Christen geworden, so dass Kolum-banus, als er 614 von Disentis in die Lombardei hinabwanderte, in dieser Gegend keine Missionsarbeit mehr vorfand. Sonst wäre wohl irgendeine Erinnerung an seine Tätigkeit erhalten geblieben. Anderseits ist es zweifelhaft, ob die Lango-bardeneinfälle die Tessintäler betroffen haben, denn die Einbrüche erfolgten wohl ausschliesslich über die Pässe der Ostalpen.

Jahrbuch des Schweizer Alpenclub. 57. Jahrg.a Die Volksüberlieferung bringt die seltsamen Grottenburgen der Val Blenio, die « Cà di pagan » ( Case dei pagani = Heidenhäuser)16 ), mit der Ausbreitung des Christentums in Verbindung und bezeichnet diese Bauten, deren Entstehung Rahn in viel spätere Zeiten versetzt, als Zufluchtsstätte der letzten Heiden.

Die Stiftskirche, deren Entstehung mindestens ins 11. Jahrhundert zurückreicht, wird erstmals im 13. Jahrhundert erwähnt. Am 14. November 1273 setzt Erzbischof Otto Visconti Peracha de Veliate zum Propst in der « Ecclesia sancti Petri de Abiasca Mediolanensis diocesis ». So weit reicht die alte Stiftskirche in der heutigen Gestalt nicht zurück. Wohl aber die altertümlichen Fragmente, die ihre Mauern noch bergen. Diese romanischen Skulpturen entstammen dem ursprünglichen Kirchlein, das an der Stelle der Stiftskirche stand und das trotz seiner Kleinheit für das religiöse Leben der Tre Valli als kirchlicher Mittelpunkt von grösster Bedeutung war und auf die Entwicklung Biascas einen ausserordentlich grossen Einfluss ausübte.Vor dem Kirchlein sammelte an hohen Festtagen das Volk der Tre Valli sich in grosser Zahl. Seltsam, heute, wo sich die Ansiedlungen um ein Vielfaches vergrössert haben, ist es an solchen Tagen einsam und still bei der Stiftskirche oben. Die Zeiten haben sich geändert. Andere Apostel sind am Werke und verkünden den Armen und Bedrückten ein neues Evangelium, das zwar keine Religion der Liebe enthält, obwohl dessen Prophet auch von jenem Volke stammt, das leider nicht mehr im Morgenlande ansässig ist.

Die Stiftskirche thront auf einem hohen Bühl, und die Legende erzählt, dass man die älteste Kirche, die an ihrer Stelle stand, ursprünglich unten in der Ebene habe errichten wollen. Da seien allnächtlich Steine und Balken auf unsichtbare Weise immer zum heutigen Standort hinaufgeschafft worden. Man erkannte darin einen Fingerzeig Gottes und baute oben am Berg, und so entging die Kirche den Wasserverheerungen, welche den Talboden so oft heimsuchten. Interessant ist es, wie hier, genau wie beim Kirchlein vom Monte di Paglio, die erhöhte Lage vom Volke als Schutzmassnahme hervorgehoben wird, und man erkennt hierin leicht den Kern dieser Legenden. Ähnlich über der Talsohle gebaute Kirchen gibt es noch andere in der Riviera, die nächste ist die ( ( Madonna del Castello » ( siehe Seite 181 ) in Osogna.

Welche Bedeutung der Stiftskirche von Biasca auch in politischer Beziehung zufiel, als die Domherren von Mailand über die Tre Valli regierten, ist schon an anderer Stelle hervorgehoben worden. Der kirchliche Vorrang Biascas hat sich bis heute erhalten. Noch jetzt ist es Capo pieve ( d. i. Hauptkirche ) der Riviera, Leventina und der Val Blenio. Und ebenso hat es als Zeichen seiner ursprünglichen Zugehörigkeit zum Bistum Mailand mit den Tre Valli den ambrosianischen Ritus bewahrt.

Im Mittelalter wurde das Kirchlein von Biasca zur Propstei erhoben, und seit 1398 besteht ein Chorherrenkapitel.

Die Namen der Pröpste, welche der Stiftskirche vorgestanden sind, kennt man von 1283 ab lückenlos. Wir begegnen darunter anfänglich verschiedenen Namen, die auf eine Herkunft aus den Tre Valli deuten. Bis in die bewegten Zeiten der eidgenössischen Invasion tritt keiner dieser Pröpste besonders hervor. Dann aber taucht plötzlich eine Gestalt auf, die uns die Wildheit jener Zeit in drastischem Bilde widerspiegelt.

Propst Giacomo de Gana war ein Parteigänger der Eidgenossen. Das geht als Tatsache aus den Beschwerden hervor, welche der Podestà Biascas vielfach bei der herzoglichen Regierung über de Gana erhob. Seltsam ist es, wie der vom Domkapitel von Mailand abhängige Propst einen solchen Weg einschlug und dass sich seine Vorgesetzten doch nie ganz von ihm abwandten, denn Priester blieb de Gana trotz allen diesen Vorfällen. Wir sind nur durch die Klagen des Podestà Tatto über de Gana unterrichtet, und da ist es begreiflich, dass sein Bild nicht in freundlichen Farben erscheint.

Die Klagen des Podestà stellen de Gana als einen rohen, zu jeglicher Gewalttat fähigen Mann dar, der der Geistlichkeit nicht zur Zierde gereiche. Doch sind das Anklagen eines politischen Gegners und daher mit der nötigen Vorsicht aufzunehmen. Der Bleniese Vivenzio, ebenfalls ein Parteigänger der Eidgenossen, wird vom Podestà ja auch als ein gewalttätiger Mensch geschildert.

Giacomo de Gana 17 ) entstammte einem alten, ortseingesessenen und heute noch in Biasca vorkommenden Geschlecht. 1454, nachdem er schon ein Jahr Propst gewesen war, wurde er im eigenen Hause von einem Pietro Bertarelli überfallen. Der waffengewohnte Propst erschlug den Eindringling, aus Notwehr, wie er erklärte und wie auch gut glaublich ist, da er im Kampfe eine Hand verlor. Mit den Hinterbliebenen verglich er sich, und drei Jahre nach der Tat empfing er auch die päpstliche Begnadigung. Doch ging de Gana nun bald seiner Würde verlustig, denn im folgenden Jahre ( 1458 ) amtete bereits ein anderer Propst. Gewalttaten und Totschläge konnten in jenen Zeiten leicht gesühnt werden und hinderten auch nicht daran, später in Amt und Würde zu gelangen. Den Notar Giovanni Muggiasca, der 1461 im Streite den Pontironesen Capra erschlug, sehen wir später zum Podestà von Biasca vorrücken. Und was hatte jener Console Giovanni Pitighetto ( siehe Seite 97 ) nicht alles auf dem Kerbholz.

1477 wird geklagt, dass der arme, unbegüterte Priester Giacomo de Gana und ein anderer Priester von Cresciano oft in Pollegio drüben verkehren. Das war zu einer Zeit, wo zwischen Mailand und den Eidgenossen eine starke Spannung bestand und die Leventiner bereits eifrige Eidgenossen geworden waren. Und nun häufen und verschärfen sich die Anklagen. De Gana, der stets bewaffnet wie ein Plünderer ausgehe, falle mit dem Schwerte Leute an, die zum Markte ziehen, vergewaltige Jungfrauen, verderbe Kirchengeräte und fluche auf Gott und alle Heiligen. Wohl auf Betreiben des Podestà baten die Bürger Biascas um seine Entfernung. « Tanto morbo è questo scelerato prete », heisst es in jenem Gesuche. Im Jahre darauf wandte sich durch den Sieg von Giornico das Geschick Biascas. Von Giacomo de Gana ist nie mehr die Rede. Wahrscheinlich verblieb er nur um so eher in seinem Heimatorte.

In die Amtstätigkeit des Propstes Giovanni Battista de Togneti ( wahrscheinlich auch ein Bürger Biascas ), 1544—1585, fallen die Besuche des Kardinals und Erzbischofs von Mailand, Carlo Borromeo, des nachmaligen Heiligen, der als San Carlo in den Tessintälern immer noch eine grosse Verehrung geniesst. Unzählige Kapellen, deren Namen zum Teil jetzt sogar auf die Örtlichkeiten übergegangen sind, halten die Erinnerung an die Besuche dieses Geistlichen fest.

Kardinal Carlo Borromeo betrat Biasca unter mehreren Malen. Zuerst im Oktober 1567, als er dem Tessin seinen ersten Besuch abstattete und dabei auch die Leventina bereiste.

Wichtig für das kirchliche Leben Biascas war sein zweiter Besuch im Jahre 1570, anlässlich seiner Durchreise nach der Innerschweiz. Es entstand damals unter Mitwirkung des nachmaligen Propstes Giov. Basso die religiöse Bruderschaft « Compagni del Corpus Domini ». Der Stiftskirche Biasca wurde ihr Vorrang als Musterkirche der Tre Valli bestätigt. Selbst bis in die wilde Val Pontirone hinauf begab sich der Kardinal ( siehe Kapitel 10 ), um durch seinen persönlichen Einfluss das Volk im alten Glauben zu bestärken und um die Lauen aufzurütteln.

Auch die damals grossen Unbequemlichkeiten einer Winterreise scheute der Kardinal nicht. So stieg er im Dezember des Jahres 1576 über den stark verschneiten Monte Ceneri, und man erzählt von jener Reise, dass der damals schon bejahrte Kardinal eine grosse Strecke des vereisten, schlechten Saumpfades unter Beschwerden habe zu Fuss zurücklegen müssen. Aber das hinderte ihn nicht, noch zwei Stunden vor Tagesanbruch in Biasca einzutreffen. Nach kurzer Rast Hess er dort seine Ankunft durch Glockengeläute verkünden, um die Geistlichkeit und Würdenträger von Biasca und Umgebung um sich zu versammeln. Nachdem er das gleiche noch in Faido getan hatte, kehrte er auf Weihnachten nach Mailand zurück.

Sehr gründlich bereiste der Kardinal die Tre Valli, speziell die Leventina, im Jahre 1581. In der Leventina besuchte er fast jede grössere Berggemeinde, und bis zu hinterst in die Val Bedretto, nach AU'Acqua und Alpe Val Dolgia hinauf, wo heute noch Kapellen an seinen Besuch erinnern, wandte er seine Schritte. Zum Abschlüsse berief er die gesamte Geistlichkeit der Tre Valli auf seine eigenen Kosten nach Biasca, um ihr seine Eindrücke mitzuteilen und sie zur strengen Pflichterfüllung anzuhalten. Von Biasca aus trat der Kardinal sodann seine Reise über den Lukmanier an ( siehe Seite 115 ).

Im Jahre darauf ( 1582 ) wiederholte der Kardinal seinen Besuch. Er berief die Geistlichkeit der Tre Valli diesmal nach Giornico statt nach Biasca; vielleicht geschah das wegen des Umbaus der Stiftskirche, der wahrscheinlich in jener Zeit begann. Doch wird der Kardinal noch einen Aufenthalt in Biasca gemacht haben, bevor er sich der Val Blenio zuwandte, wo er in Castro einen Altar einweihte.

Die Besuche des Kardinals hinterliessen nicht nur bei der Geistlichkeit einen nachhaltigen Eindruck, sondern auch unter dem gewöhnlichen Volke, auf das das Vorbild des Asketen besonders stark einwirkte. Und heute noch ist das Andenken an den Kardinal, der am 12. Juni 1885 vom Papste Leo XIII. zum Haupt-patron der neuen Diözese Tessin ernannt wurde, noch nicht erblasst. Seine Persönlichkeit überragte ihre Umgebung gewaltig und verfehlte nicht, auch auf die erbittertsten Gegner Eindruck zu machen.

Alles Sinnen und Wirken des grossen Kardinals war durch die Gegenreformation geleitet, der er in eifrigster und uneigennützigster, aber auch in einer für uns heute meist unverständlich harten Art diente. So etwa wie sein Gegenpart Calvin in Genf, der eine Abweichung von seiner Ansicht auch nicht duldete und einen Gewissenszwang einführte, der demjenigen, der später in der Gegenreformation in den katholischen Ländern entstand, in nichts nachgab. Alles drehte sich in jenen Zeiten um die Religion, genau so wie in unsern Tagen sich alles um soziale Fragen bewegt.

Eines der Hauptziele des Kardinals Carlo Borromeo war, das Vordringen des evangelischen Glaubens über die Alpen mit allen Mitteln zu verhindern. Das war der Anlass zu den Besuchen der tessinischen und bündnerischen Bergtäler. Durch Predigten, öffentliche Andachten und Prozessionen, vor allem durch seinen grossen, persönlichen Einfluss, suchte er Geistlichkeit und Volk im alten Glauben zu festigen und die Beschlüsse des Tridentinum durchzuführen. Unter der Geistlichkeit stellte er strenge Kirchenzucht her, wohl erkennend, dass vom öffentlichen Ansehen seiner Organe ein grosser Einfluss auf das Volk ausging.

Die geistige Strömung, die aus diesen religiösen Bewegungen, einem immerfort auf übersinnliche Sachen konzentrierten Denken hervorging, führte das Volk der Schwärmerei entgegen. Als dazu noch furchtbare Pestepidemien die Täler heimsuchten und die Seelen erschütterten, war der Boden geschaffen, auf dem das Unkraut des Aberglaubens und Hexenwahns üppig aufschiessen konnte. ( Hierüber im 7. Kapitel. ) Auf Propst Tognetti folgte 1585 Doctor Theol. Giovanni Basso, Pfarrer von Airolo. Unter der Geistlichkeit der Tre Valli stand Basso dem Kardinal Carlo Borromeo am nächsten, wie der heute noch erhaltene Briefwechsel der beiden Geistlichen ergibt. Unter Basso fand auch die Totenfeier statt, die die Geistlichkeit der Tre Valli zu Ehren des verstorbenen Kardinals am 13. November 1584 in Giornico beging. Aber auch früher schon scheint Basso die Leitung der geistlichen Angelegenheiten in den drei Tälern übernommen zu haben. Eifrig und doch von diplomatischem Geschick ist Basso eine der markantesten Gestalten unter den Pröpsten Biascas.

Das kirchliche Leben pulsierte lebhaft unter ihm. Es entstand das Oratorio San Rocco, die Stiftskirche wurde umgebaut und vergrössert, es entstanden die Via Crucis zur Kapelle Santa Petronilla und diese Kapelle selbst. Das sind zwar allerdings Stiftungen des Ritters Giov. Battista Pellanda, eines Zeitgenossen von Basso, aber wahrscheinlich stand Pellanda ganz unter dem Einflüsse des eifrigen Propstes. Da in dieselbe Zeit die Entstehung der Dorfschule fällt, so ist es leicht möglich, dass Basso auch hier mitwirkte.

Lang vor seiner Ernennung zum Propste wirkte er für die Gründung der Bruderschaft « Compagni del Corpus Domini » ( 1570 ). Es entstanden dann noch später unter ihm die « Compagnia del Santo Rosario » und die Società della Dottrina cristiana.

Propst Basso war ein gelehrter und gescheiter Herr, aber vom Banne des Hexenglaubens, der zu seinen Zeiten alle Gemüter verwirrte, war auch er nicht frei. Wenigstens ist nichts davon bekannt, dass er sich je gegen die Scheusslichkeiten der Justiz grundsätzlich aufgelehnt hätte. Das will nicht sagen, dass er für die unglücklichen Opfer nicht Mitgefühl gehabt hätte und nicht im Innersten das Unhaltbare der Anklagen eingesehen hätte. Als ein unschuldiges Kind, die Tochter des Pietro Foré, in den blutigen Krallen der Inquisition zitterte, aus denen es gewöhnlich kein Entrinnen mehr gab, trat er für die Unglückliche ein. Er brachte es dahin, dass die Angeklagte nicht weiter prozessiert, sondern der Inquisition von Mailand übergeben wurde. Diese scheinbar zweifelhafte Gnade führte dahin, dass die Angeklagte frei wurde und den heimatlichen Boden überhaupt nicht verlassen musste. Man vermag heute das Wagnis, das Propst Basso durch seine Einmengung in den Gerichtsgang der Inquisition auf sich lud, kaum in seiner vollen Tragweite zu ermessen. Es brauchte nicht nur grosse Nächstenliebe, sondern auch grossen Mut zu einem solchen Schritte. Die Gefahr, von den Zeloten als lauer Katholik oder gar als Irrgläubiger und Anhänger teuflischer Künste denunziert zu werden, bestand auch für den Geistlichen. Das Schicksal des unglücklichen Propstes von Roveredo, Domenico Quattrino, der, als mit dem Teufel verbündet, lebendig verbrannt worden war ( 1583 ), stand den Zeitgenossen als fürchterliche Warnung vor Augen.

Nie ist unter Propst Basso in Biasca eine Zwistigkeit zwischen der Landesregierung und der Geistlichkeit zutage getreten, wenn auch eine Missstimmung und geheime Spannung wahrscheinlich immer bestand. Geschickt wusste Basso die Gegensätze auszugleichen oder zu umgehen. Denn so eifrige Katholiken die Innerschweizer waren, so fest hielten sie auch die Zügel der zivilen Gewalt in der Hand und wachten eifersüchtig auf ihre Rechte. Übergriffe der Geistlichkeit wiesen sie scharf zurück, während sie sich nicht scheuten, gelegentlich auch einmal in deren Gebiet hineinzuregieren, wenn ihnen das Seelenheil ihrer Untertanen gefährdet erschien. So mahnten beispielsweise die regierenden Kantone 1578 den Kardinal Carlo Borromeo, dass es nicht genüge, wenn in der grossen und zerstreuten Gemeinde Biasca nur einmal in der Woche Messe gelesen werde. Ein Wink, der gewiss verstimmen musste. Es vergingen denn auch volle vier Monate, bis sie Antwort erhielten, allerdings in zustimmendem Sinne 18 ).

Aber was ging diese Tedeschi eigentlich das Seelenheil ihrer welschen Untertanen an! Anders war es ja nicht denkbar. So wuchs unter der Geistlichkeit der Tre Valli ein immer grösseres Übelwollen gegen die Innerschweizer heran. Es waren auch die nationalen Gegensätze, die das nährten, denn was heute die Intellektuellen im Tessin sind, war damals die Geistlichkeit. Und heute stehen die erstem ja auch etwa mit den Auffassungen der Deutschschweizer auf gespanntem Fusse. Die Geistlichkeit war sich damals der Überlegenheit der italienischen Kultur bewusst und fühlte sich durch das Untertanenverhältnis gegenüber dem fremden Bauernvolk verletzt, wer kann ihr darob Vorwürfe machen? 1611 kam die Missstimmung in der Val Blenio offen zum Ausdruck. Verschiedene Geistliche mussten wegen regierungsfeindlichen Handlungen ihre Pfarreien auf Verlangen der regierenden Kantone verlassen.

In dem langen und zähen Streite um die Ansprüche, welche die Domherren von Mailand noch auf die Zehnten in der Gegend von Biasca erhoben, den die Kirche von Biasca selbst beanspruchte, wahrte Basso die Rechte seiner Kirche geschickt und brachte es zu einem günstigen Vergleiche.

Gleich seinem Vorbild, dem Kardinal Carlo Borromeo, war Propst Basso während der Pestzeiten ein furchtloser Beistand und Pfleger der Kranken. In der grossen Epidemie von 1629 auf 1630 bezahlte er seine Opferwilligkeit mit dem Leben ( 13. Oktober 1629 ). Er liegt in der Stiftskirche begraben.

In die Zeit des Propstes Basso fallen die Besuche des Kardinals und Erzbischofs Federico Borromeo, des Neffen des mehrfach erwähnten Kardinals Carlo Borromeo. Auch er scheint ein Gönner des Propstes Basso gewesen zu sein. Bei seinem ersten Besuche ( 1602 ) war Kardinal Federico Gast des Ritters Giov. Battista Pellanda, das alte Propsteihaus sei ihm zu unansehnlich gewesen. Kardinal Federico fehlte der asketische Zug seines grossen Onkels, und sein Eifer war in religiösen Dingen geringer. Dafür beseelte ihn eine grosse Liebe zur Wissenschaft, wovon seine Schöpfung, die Biblioteca Ambrosiana, die grosse Sammlung zeitgenössischer Literatur, als wertvolles Erbe auf uns gekommen ist. In Biasca Biasca und Val Pontirone.Ill bedauert man es zwar heute noch, dass der Kardinal Federico ein wertvolles Missale, das aus dem X. Jahrhundert stammte, in seine Sammlung nach Mailand verbringen liess. Wir können uns wenigstens damit trösten, dass es so gut aufgehoben wurde, denn wo wäre das Missale hingekommen, wenn es in Biasca geblieben wäre? Hierauf wird wohl niemand eine bestimmte Antwort geben wollen.

Noch zweimal besuchte Kardinal Federico die Tre Valli ( 1608 und 1613 ); dann aber, trotz der bewegten Zeit, die nachfolgte, erschien er nie mehr. Es vergingen volle 50 Jahre, bis wieder ein Bischof von Mailand diesen Teil seiner Diözese betrat. Schlimme Jahre folgten dem letzten Besuche. Die Pest wütete, die religiöse Schwärmerei, welche die Gegenreformation im Volke erweckt hatte, rief Gewissenszwang, Inquisition und Scheiterhaufen herbei. Als im Veltlin drüben das Volk in einer blutigen Metzelei die Evangelischen und ihre Prädikanten erschlagen hatte ( Juli 1620 ) und ein Schrei der Empörung durch die evangelischen Bündner Täler hallte, flüchteten sich die Mönche von Disentis mit ihrem Kirchenschatz und allem, was von Wert war, nach Biasca hinüber ( 1621 ). Abt Sebastian II. von Castelberg fand mit seinen Konventualen Aufnahme bei Propst Basso.

Nachfolger des letztern wurde der Italiener Antonio Moro, gebürtig von Verdello ( Provinz Bergamo ), der von 1630 bis 1662 im Amte war. Moro war ein vermöglicher Mann und hatte für die Armen eine offene Hand, was wohl der Grund sein wird, dass das Volk seinem Grabe in der Stiftskirche so grosse Verehrung zollte und es heute noch « la tomba del Santo » nennt19 ). Bekannt sind die Vermächtnisse des Propstes Moro. Er stiftete 200 Scudi dem Seminario maggiore in Mailand, 100 Scudi dem Colleggio Elvetico in Mailand, 200 Scudi der Chiesa di San Sepolcro und 3000 Lire imperiali dem Ospedale maggiore zur Unterstützung der Armen.

Unter Propst Moro, der als geistreicher Mann geschildert wird, erschien der Kardinal und Erzbischof von Mailand, Cesare Monti, in Biasca, der nicht davor zurückschreckte, in die wilde Val Pontirone hinaufzusteigen.

Der Hader zwischen der Landesregierung und der Geistlichkeit, der von Propst Basso geschickt niedergehalten worden war, flammte unter Propst Moro wieder heftig auf.

Dass trotz der Reformationen gelegentlich noch ungeeignete Geistliche in höhere Stellen vorrückten, beweist Propst Giodocco Defendente Molo von Bellinzona, der nach 9 Jahren Dienstzeit entfernt wurde, wegen « la vita libertina che conduceva ».

Die Besuche der Erzbischöfe von Mailand wurden nun in der Folge seltener. 1682 besuchte der Kardinal und Erzbischof Federico Visconti das Priesterseminar im benachbarten Pollegio. Er wurde in Biasca von der Geistlichkeit empfangen, und als er noch weiter die Leventina hinaufzog, kamen ihm Abgeordnete der Urner Regierung entgegen. Die Kanonen von Giornico, die aus einer alten Kriegsbeute stammten, schössen bei diesem Willkommen Salut, was wohl nicht geschehen wäre, wenn man von ihm befürchtet hätte, dass er, wie sein berühmter Vorgänger San Carlo, die Entfernung der kriegerischen Trophäen aus der Kirche von Giornico verlangen würde. Ein Verlangen, das die Urner freilich trotz ihrer Frömmigkeit glatt abgelehnt hatten.

1729, am 28. Juni, betrat der Erzbischof von Mailand, Benedetto Odescalchi, Biasca. Dieser besuchte die Tre Valli und wurde vom Landvogt Zeiger empfangen. Die « Milizia della Riviera », von deren Existenz man hier zum erstenmal etwas vernimmt, gab bei dem Empfange Ehrensalven ab.

Über den Propst Domenico Gut von Küssnacht, vorher Kaplan in Meggen, findet sich an anderer Stelle Erwähnung ( siehe Seite 118 ). Er ist der einzige Propst deutscher Herkunft in Biasca und amtete 1784—1831.

Ihm folgte als Propst Giov. Battista Lampognani, über dessen Wirken nichts Besonderes bekannt ist, während sein Nachfolger Rossetti lebhafte Erinnerungen hinterlassen hat.

Propst Aquillino Rossetti war Biaskese. Er stand der Stiftskirche von 1857 bis 1883 vor. Schon vorher war er Domherr, nachdem er zwei Jahre in Osogna die Pfarrstelle versehen hatte.

Mit Feuereifer befasste er sich mit der Politik, die damals den Kanton Tessin so lebhaft bewegte.Vergeblich warnte ihn Stefano Franscini, dem die Wohlfahrt des Landes über den Zielen seiner Partei stand, und empfahl Rossetti, seine Tatkraft der Erziehung der Jugend zu widmen. Aber Rossetti war eine Kampfnatur. Er half in Biasca eine « Compagnia di Carabinieri » organisieren und stellte sich sogar an deren Spitze.

Die Zwistigkeiten mit seinen politischen Gegnern brachten ihn, als diese die Oberhand gewannen, wiederholt in unangenehme Situationen. Wir finden ihn in einem Verzeichnis der von der liberalen Kantonsregierung wegen politischen Umtrieben zur Verhaftung ausgeschriebenen Geistlichen. 1855 musste er in der Val Pontirone Schutz suchen, um den Verfolgungen zu entgehen. Propst Rossetti starb 1883 im Alter von 78 Jahren.

Sein Nachfolger wurde Giovanni De Maria von Lugano, 1885—1893. Auf seine Initiative entstand die neue, San Carlo Borromeo geweihte Stiftskirche. Die Arbeiten an derselben zogen sich lang hin und sind sogar heute noch nicht vollendet. 1899 war der Bau so weit fortgeschritten, dass Gottesdienst abgehalten werden konnte. Und erst 1905 erfolgte die Einweihung durch Monsignore Peri-Morosini. De Maria amtete längst nicht mehr als Propst, als die neue Kirche benutzbar wurde.

1894 wurde Ernesto Martinali Propst, er amtete bis 1897. Zusammen mit dem vorgenannten Propst Giovanni De Maria und mit dem Domherrn Don Paolo d' Allessandri, Rektor des Seminars von Pollegio, gründete Propst Martinali das Asilo San Giuseppe.

Hierauf stand während 9 Jahren der Stiftskirche kein Propst vor, und erst 1906 wurde die verwaiste Stelle neu besetzt, und zwar durch den schon seit drei Jahren an der Stiftskirche amtierenden Domherrn Ernesto Bornaghi, der ihr heute noch vorsteht. Und hoffentlich wirkt dieser von Jung und Alt hochgeachtete Geistliche, der auch für jedermann, der sich um die Stiftskirche interessiert, Zeit und Gefälligkeit übrig hat, noch recht lange und vom Glück begünstigt auf seinem Posten.

Das Kirchliche nimmt im Leben Biascas, wie fast überall heute, keinen so breiten Raum mehr ein wie früher. Etwas frömmer, als man vielleicht vor etwa zehn Jahren war, ist man allerdings wieder geworden ( siehe Kapitel 11 ). Schlimm steht es dagegen mit der Pietät vor geweihten Stätten immer noch. Aber nicht nur etwa in Biasca allein, in der Umgebung sieht es nicht besser aus, ich verweise nur auf das Kirchlein auf Monte di Paglio ob Iragna. Es sieht aus, als hielte ein Vandalenklub dort oben seine Sitzungen ab. In Biasca schützt die Stiftskirche ihre Fensterscheiben sorglich vor Steinwürfen, und sie wird schon wissen warum. In einsamen Kapellchen den Heiligenbildern die Augen auszukratzen und die Nase abzuschlagen, scheint auch ein beliebter Sport zu sein. Glocken beschiesst man mit dem Gewehr, und den Kapellenraum benützt man als Geissenstall. Das mag sich alles zusammen reimen, aber wenn ich einem so infamen Lumpenhund eine Ohrfeige herunterhauen könnte, ich würde keinen Augenblick zögern, obwohl ich zur Santa Chiesa nicht gerade in innigem Kontakte stehe.

Das Leben des Tessiner Bauern, ich will es mit dem soeben Gesagten nicht etwa in Zusammenhang bringen, ist nicht so stark von der Religion durchflochten wie das seiner nördlichen Nachbarn. Der Walliser, Urner und Bündner Oberländer nimmt es genauer mit solchen Sachen. Der kirchlichen Akte sind in Biasca nur noch wenige, und sie sind bescheiden. Wie still und unbesehen vollziehen sich Taufe und Hochzeit, und auch das Begräbnis entbehrt des Prunkes. Das Herbe der wilden Berge ringsum lastet auf allem.

Eigenartig ist die einfache Feier desBegräbnisses, und sie verfehlt ihre Wirkung nie auf den Deutschschweizer, wenn er zu seinem Erstaunen sieht, dass nicht der Geistliche, sondern ein Freund des Verstorbenen ans Grab tritt und den Nachruf hält. Wie dringt da die bilderreiche Sprache des italienischen Idioms tief zu Herzen und löst den tiefsten Schmerz aus. Ist die dahingeschiedene Person eine Frau, so spricht eine ihrer Freundinnen am Grabe. Dem Geistlichen, der das Grab segnet, legen die Leidtragenden das Opfergeld in das Gebetbuch, « Dag el scilli » ( dare il scilligo = den Schilling geben ), nennt man diese Sitte, und die Worte erinnern an die alte, entschwundene Zeit der Landvögte, wo noch der Schilling in den ennetbirgischen Vogteien neben unglaublich viel andern Münzsorten im Kurse war. Und wahrscheinlich wurden auch damals wie heute nur dann die Glocken für den einzelnen Biaskesen geläutet, wenn es mit ihm zum Grabe ging.

Auch die kirchlichen Feste wickeln sich in bescheidenem Rahmen ab, und der Prozessionen sind wenige mehr üblich. Ein- bis zweimal im Jahre zieht man mit Kreuz und Fahnen zur Kapelle Santa Petronilla hinauf. Und zu San Marco segnet man hier, wie überall im Tessin, die Felder; eine alte Sitte. Auch in der Woche nach der Auffahrt wiederholt man das, am « Giorno di rogazione », dem Bittag. Aber damit machen die Tre Valli eine Ausnahme, indem sie diesen Tag nach ambrosianischem Ritus später begehen als die fast ausnahmslos unter römischem Ritus stehenden übrigen Kantonsteile. Auch in der Gewohnheit, die Häuser zu segnen, besteht zwischen den beiden Riten ein Unterschied. In Biasca geschieht das an Weihnachten, nach römischem Ritus dagegen an Ostern. Während diese zeitliche Verschiebung kirchlicher Handlungen bei der Allgemeinheit wenig Beachtung findet, weiss es diese, vor allem die Jugend, ganz genau, dass man in Biasca am Samstag nach Aschermittwoch immer noch tanzen kann, während von der Riviera abwärts fast überall dann die strenge Fastenzeit die Lustbarkeiten schon verbietet. Wer also über die Fastnacht noch nicht genug getanzt hat, kann nach Biasca hinauffahren und dort oben am « Carnevalone » sich noch ganz austoben. Die durch diese Verschiedenheiten auffallende Zugehörigkeit der Tre Valli zum ambrosianischen Ritus ist die letzte lebendig gebliebene Erinnerung daran, dass die Kirche von Mailand einst hier ihre kirchliche und weltliche Herrschaft ausübte, und als stummer Zeuge jener Zeiten schaut heute noch die altersgraue Stiftskirche von ihrem hohen Bühl in die sich zu ihren Füssen vereinigenden drei Talschaften hinaus.

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