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Alpenmurmeltier

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Beat Naef-Daenzer, Beromünster

Wie das Alpenmurmeltier in die Alpen kam Das Alpenmurmeltier1, das wir als ganz typisches Gebirgstier kennen, war früher auch im europäischen Tiefland weit verbreitet. Die Besiedlung des Alpenraums durch die Tierart steht in engem Zusammenhang mit den Eiszeiten und den durch sie bedingten Veränderungen der Lebensräume in ganz Europa. Anhand von Ausgrabungsfunden lässt sich recht gut verfolgen, was seit der letzten Eiszeit vor etwa 15000 Jahren geschah.

Während der letzten Eiszeit, als Alpen und nördliches Europa weitgehend vergletschert waren, bestand Mitteleuropa aus baumlosen, steppenartigen Landschaften, in denen das Murmeltier weit verbreitet war. Als die Gletscher gegen Ende der Eiszeit zurückwichen, dehnten sich in den tiefer gelegenen Zonen Europas wieder grosse Wälder aus. Nun sind Murmeltiere offenbar nicht fähig, sich im Wald gegen Konkurrenten und Raubtiere zu behaupten; sie besiedelten bloss die nicht bewaldeten Gürtel zwischen den Waldzonen und den Gletschern. Mit dem fortschreitenden Rückgang des Eises und dem Vordringen des 1 Länge 50-70 cm; Gewicht 3-7 kg.

Allgemeines Das Alpenmurmeltier ist jedem Bergwanderer wohlbekannt, und sein Winterschlaf, der es ihm ermöglicht, den langen und strengen Gebirgswinter ohne Nahrungsaufnahme zu überstehen, ist geradezu sprichwörtlich. Doch sind Murmeltiere nicht nur wahre Energie-sparkünstler: sie zeichnen sich auch hinsichtlich Lebensweise und Verhalten als eine bemerkenswerte Tierart aus. So wie sie im Winter fähig sind, ihren Energieverbrauch einzuschränken, können sie im Sommer rascher als andere Tiere Nahrung verarbeiten und Fett ansetzen. Erst in neuester Zeit wurde entdeckt, dass Murmeltiere zu erstaunlichen Verhal-tensleistungen fähig sind und in einem sozialen System von faszinierender Kompliziertheit leben.

Waldes wurden so die Murmeltierpopulatio-nen in die Steppengebiete Asiens und in die Alpen abgedrängt. Im Alpenraum bewohnen die Tiere nun die Gebiete, die über der Waldgrenze liegen - ein Lebensraum, der in vieler Hinsicht steppenähnlich ist.

Lebensweise und Verhalten In der Regel sind Murmeltiere keine Einzelgänger. Sie leben in Gruppen von etwa drei bis fünfzehn Tieren. Solche Gruppen bewohnen gemeinsam ein Areal von ungefähr zwei bis drei Hektaren, in dem mindestens einer, meist aber mehrere grosse Baue liegen. Die Wohngebiete der benachbarten Gruppen sind sehr scharf gegeneinander abgegrenzt, und nur selten verlässt ein Murmeltier sein eigenes Wohngebiet.

Die Erdbaue, in denen die Murmeltiere leben, werden von allen Gruppenmitgliedern -ausser den ganz jungen - gegraben und unterhalten. Dazu gehört auch das Eintragen trockenen Grases, mit dem die Kessel des Baus gepolstert werden. Die Murmeltiere reissen trockenes Gras mit den Zähnen ab, büscheln es mit den Pfoten zu einem grossen ( Schnurrbart ) und tragen das Bündel schliesslich in den Bau. Ich konnte beobachten, wie fünf Mitglieder einer Murmeltiergruppe an einem einzigen Nachmittag über hundert Büschel Heu in den gleichen Bau eintrugen. Insgesamt aber wenden Murmeltiere nur rund drei Prozent der an der Oberfläche verbrachten Zeit auf, um an Bauen zu arbeiten oder Heu einzutragen. Deshalb müssen wir auch annehmen, dass die grossen Wohnbaue mit vielen Eingängen und breiten Terrassen aus Aushubmaterial das Werk etlicher Generationen von Murmeltieren sind.

Im Wohngebiet der Tiere finden sich nicht nur grosse Baue. Meist gibt es noch eine Anzahl kleinerer Baue, und immer sieht man unzählige , die nach dreissig bis hundert Zentimetern blind enden. Erstaunlicherweise werden sie aber kaum je zur Flucht benutzt, denn wenn immer möglich fliehen Murmeltiere zu grösseren Bauen.

Murmeltiere, die sich in ihrem Wohngebiet bewegen, sieht man oft eigenartig mit dem Schwanz schlagen. Dieses wird meist mehrmals wiederholt. Wozu dieses Verhalten ausgeführt wird, ist schwierig zu verstehen. Vermutlich äussert sich darin eine leichte Erregung, denn besonders häufig beobachtet Warnendes Murmeltier ( -Machen: In dieser Stellung kann das Tier besser sehen, was in der Umgebung geschieht. Die Wirkung des -Ma-chens lässt sich leicht ausprobieren, indem man sich auf den Bauch legt und einmal das Kinn auf den Boden stützt. Hebt man den Kopf etwa 50 cm, erlebt man eine erstaunliche Vergrösserung des Gesichtskreises. ) Eine harte, futter-arme Zeit steht diesem vor wenigen Tagenausdem Winterschlaf erwachten Murmeltier bevor-ringsum liegt noch tiefer Schnee!

man dieses Verhalten, wenn sich ein Murmeltier zu einer grösseren Ortsveränderung aufmacht, oder bei einer Begegnung zwischen zwei Murmeltieren. Dann nähern sich die zwei unter wiederholtem Schwanzschlagen, bis sie einander mit den Nasen berühren. Nachdem sie sich gegenseitig berochen haben, geht jedes seinen Weg weiter.

Bisweilen ergibt sich aus einer Begegnung auch ein Spiel, das damit beginnt, dass die beiden Murmeltiere sich einander gegenüber auf die Hinterbeine stellen und sich mit den Vorderpfoten gegenseitig festhalten. Jedes versucht, das andere aus dem Gleichgewicht zu bringen, bis eines umfällt oder sogar beide eng umschlungen ein Stück weit den Hang hinunterpurzeln. Bei wilden Verfolgungsjagden schlagen die Tiere auch Purzelbäume. Manchmal ringen die Tiere miteinander, indem sie ihre Schneidezähne ineinander verhaken.

Ausgesprochen drohend sind andere Signale des Schwanzes: Ein Murmeltier droht, indem es seinen Schwanz senkrecht nach oben streckt und ihn längere Zeit in dieser Stellung hält. Oft macht es dazu wippende und wedelnde Bewegungen. Je aggressiver die Stimmung des Tieres ist, desto heftiger wedelt es und desto mehr sträubt es die Haare von Schwanz und Körper. Meist bleibt es allerdings bei der blossen Drohung. Murmeltiere kämpfen selten; meist nur, wenn ein fremdes Murmeltier das Wohngebiet einer Gruppe betritt, oder wenn halbwüchsige Tiere aus einer Gruppe verjagt werden.

Im Zusammenhang mit dem Drohverhalten steht auch eine weitere interessante Verhal- Junge sind nur selten aufmerksam. Hat das abgebildete Tierchen ein Geräusch aus dem Versteck des Photographen gehört oder geniesst es einfach die Wärme des besonnten Felsens?

tensweise: Ein Murmeltier scharrt mit den Vorderpfoten den Boden etwas auf und reibt anschliessend eine oder beide Wangen in der kleinen Grube. Murmeltiere besitzen an den Wangen eine Drüse, die ein stark riechendes Sekret absondert. Wahrscheinlich wird mit diesem Sekret das Wohngebiet geruchlich gekennzeichnet. Das Markierverhalten wird meist in Randzonen des Wohngebietes und besonders häufig nach Begegnungen mit Tieren benachbarter Gruppen ausgeführt. Dass andere Murmeltiere den Geruch der Marken wirklich wahrnehmen, sieht man beispielsweise daran, dass Tiere, die sich auf fremdem Gebiet aufhalten, sehr oft Boden und Steine beriechen und nach kurzer Zeit wieder ins eigene Wohngebiet zurückkehren. Das Wan-genreiben hat im Sozialleben der Murmeltiere eine grosse Bedeutung.

Murmeltiere leben in Gruppen. Eines der Jungen auf dem Bild ist soeben an den Bau zurückgekehrt. Es und ein Erwachsenes beriechen sich gegenseitig an Nase und Wangen.

Photo: Beat Naet-Daenzer Zwischen den Phasen, in denen die Tiere fern von den Bauen Nahrung suchen, machen sie auch längere Ruhepausen, die sie immer an den Bauen verbringen. Hier sonnen sich die Tiere und putzen auch ihr Fell. Manchmal wird das Putzen auch gegenseitig ausgeführt, wobei zwei Murmeltiere einander das Fell be-knabbern.

Lautäusserungen Murmeltiere äussern eine ganze Reihe von Lauten, von denen die ( Pfiffe ) nur die bekanntesten sind.

Die Bezeichnung ist etwas irreführend, denn die hellen, weittragenden Laute sind eigentlich Schreie, die im Kehlkopf erzeugt werden. Den in ganzen Serien geäusserten Warnschrei kennt jeder Bergwanderer. Damit warnen Murmeltiere vor Gefahren, die am Boden nahen.

Nähert sich etwas möglicherweise Gefährliches aus der Luft, so geben die Murmeltiere nur einen einzigen, langgezogenen Schrei von sich. Wer diesen Schrei ( versteht ), weiss -lange bevor er ihn sieht -, dass ein Adler in der Luft ist.

Nicht immer, wenn ein Murmeltier schreit, rennen alle andern zu einem Bau, um dort -vielleicht Männchen machend - nach einer möglichen Gefahr auszuschauen. Das hängt davon ab, ob das schreiende Tier ein Mitglied der Gruppe ist oder nicht; und wenn Jungtiere schreien, wird dies oft nur mit einem kurzen Heben des Kopfes beantwortet.

Weitere Lautäusserungen stehen — wie man aus Gefangenschaftsbeobachtungen weiss — in Zusammenhang mit dem Drohverhalten, das schon beschrieben wurde. Beim Drohen knurren Murmeltiere und erzeugen manchmal ein scharf tönendes Geräusch, indem sie ihre Schneidezähne in rascher Folge gegeneinan-derschlagen. Dieses ( Zähnerattern ) ist in diesem Zusammenhang auch von anderen Nagetieren, zum Beispiel Meerschweinchen, bekannt.

Wird ein Murmeltier von einem andern angegriffen und vermag es nicht zu fliehen, wird es gepackt und gebissen. Das Angegriffene wehrt sich unter lautem Kreischen, was unter den anderen Gruppenmitgliedern eine grosse Aufregung bewirkt. Nach solchen Kämpfen kann man beobachten, wie sich alle Angehörigen der Gruppe versammeln und sich unter heftigem Schwanzschlagen beriechen und gegenseitig das Fell putzen. Erst nach einiger Zeit beruhigt sich die Gruppe, und die Murmeltiere gehen wieder auf die Suche nach Nahrung.

Vorbereitungen zum Winterschlaf Im Laufe des Sommers werden die Murmeltiere immer fetter. Besonders gegen Ende des Sommers grasen sie intensiv und reduzieren andere Aktivitäten auf ein Minimum. Wenn die reifen Gräser zu verdorren beginnen, sammeln die Tiere viel Heu zur Polsterung des Winterbaus. Im Herbst ist das Angebot an Nahrung bereits nicht mehr so gross: Die oberirdischen Pflanzenteile sterben ab, und oft liegt schon tagelang Schnee. Dann sind die Murmeltiere sichtlich träge. Sie sitzen viele Stunden lang vor dem Winterbau und verlassen diesen nur noch für kurze Exkursionen. Es können nur noch selten alle Tiere einer Gruppe gemeinsam beobachtet werden. Anlass für das endgültige Verschwinden der Tiere ist meist ein grosser Schneesturm, nach welchem die zugewehten Löcher nicht mehr geöffnet werden. Bevor sich die Murmeltiere aber in ihrer Höhle zusammenkugeln, verschliessen sie die Eingänge zum Bau mit einem ( Zapfen ) aus zu-sammengescharrter Erde, vermutlich damit nicht überflüssigerweise Wärme aus dem Winternest entweicht. Alle Tiere einer Gruppe verbringen den Winter gemeinsam im gleichen Bau.

Der Winterschlaf Schon im Sommer ist der Lebensraum der Alpenmurmeltiere sehr karg. Im Winter aber steht den Tieren für lange Zeit überhaupt keine Nahrung zur Verfügung. Sie verbringen die Wintermonate in einem Winter-(Schlaf ) in besonders tief gegrabenen Erdbauen, die mit trockenem Gras gepolstert sind.

Der Organismus des Murmeltiers kann seine Funktionen fast ganz einstellen: Während des Winterschlafs holt ein Murmeltier nur alle paar Minuten einmal Atem, und sein Herz schlägt je Minute drei- bis viermal. In diesem Zustand ist der Energieverbrauch des Körpers stark reduziert, so dass der Fettvorrat - vor Antritt des Winterschlafs etwa 800-1200 g - ausreicht, um einen ganzen Winter ohne Nahrungsaufnahme zu überstehen. Winterschlafende Murmeltiere sind eng zu-sammengekugelt und fühlen sich steif an, weshalb man den Zustand auch als ( Scheintod ) bezeichnet hat.

Die Murmeltiere schlafen allerdings nicht einen ganzen Winter ohne Unterbruch: Auch bei stark reduziertem Stoffwechsel können die Nieren ihre Funktion nicht völlig einstellen. Deshalb müssen Murmeltiere etwa alle drei bis vier Wochen aufstehen, um in einem entlegenen Teil des Baus ihre Blase zu entleeren.

Es ist bis heute unbekannt, wie Murmeltiere es anstellen, zur richtigen Zeit aus dem Winterschlaf zu erwachen. Je nach den örtlichen Verhältnissen, da früher, dort später, erscheinen die Tiere immer dann, wenn die ersten aperen Flecken erscheinen. In den Alpen ist es etwa Mitte April bis Anfang Mai, wenn sich die Tiere durch den noch über den Bauen liegenden Schnee graben und sichtlich abgemagert zum ersten Mal wieder an der Erdoberfläche auftauchen. Von Jahr zu Jahr schwankt der Zeitpunkt ihres Erscheinens nur wenig, doch bei sehr schlechten Wetterverhältnissen ( verspäten sich die Murmeltiere bis zu vier Wochen.

Wird die Schneedecke langsam dünner, so machen sich die Murmeltiere auch daran, die andern Baue im Gebiet wieder zu öffnen, indem sie den über den Eingängen liegenden Schnee entfernen. Dabei zeigen sie ein erstaunliches Orientierungsvermögen: Ein Murmeltier kann mitten in einer weiten Schneefläche zu graben beginnen, und immer liegt genau unter dieser Stelle der Eingang zu einem Bau, in dem das Tier dann zu einem kurzen Besichtigungsgang verschwindet. Viele Baue scheinen übrigens während der Schneeschmelze nicht eben gemütlich zu sein, denn oft ist das Murmeltier, wenn es wieder erscheint, pudelnass.

Fortpflanzung und Entwicklung der Jungen Schon bald nach dem Erwachen aus dem Winterschlaf paaren sich die Murmeltiere, und nach einer Tragzeit von 32-34 Tagen werden zwei bis sieben Junge nackt und mit noch verschlossenen Augen und Ohren geboren. Sie verbringen die ersten fünf Lebenswochen im Bau und werden in dieser Zeit etwas grösser als eine Ratte. Nach der Geburt der Jungen droht das Weibchen vermehrt gegen die andern Gruppenmitglieder. Diese meiden den Bau mit den Jungen tagsüber zwar nicht, doch übernachten sie meist in einem andern Bau.

In den ersten Julitagen erscheinen die jungen Murmeltiere zum ersten Mal vor dem Bau.

Sie gehen noch sehr ungelenk, doch machen sie sich sofort an die Erkundung des Raums. Ihr Aktionsgebiet wird täglich grösser, und rasch lernen sie, bei einer Störung nicht irgendeinen, sondern den nächstliegenden Eingang des Baus zu benutzen. Zu dieser Zeit sind die Jungen schon ziemlich unabhängig von der Mutter und nehmen auch schon viel pflanzliche Nahrung zu sich.

Junge Murmeltiere wachsen verblüffend schnell. In ihrem ersten Sommer werden sie etwa so gross wie ein Zwergkaninchen und rund 1,5 kg schwer. Sie haben in nur viereinhalb Monaten das fünfzigfache Geburtsge-wicht erreicht.

Wie bei vielen anderen Tierarten auch, ist beim Murmeltier die Sterblichkeit bei den jungen Tieren besonders hoch. Von beispielsweise hundert neugeborenen Murmeltieren kommen etwa dreissig im Laufe des ersten Sommers ums Leben. Nur ein kleiner Teil wird von Raubtieren geschlagen; die meisten Tiere sterben während Schneestürmen und langen Schlechtwetterperioden. Kleine Murmeltiere haben nicht genügend Reserven, um einige Tage ohne Nahrung im Bau zu überleben. Von den etwa siebzig überlebenden Jungen, die schliesslich den Winterschlaf antreten, sterben nur noch etwa zehn im Laufe des Winters. Mit zunehmendem Alter der Tiere nimmt dann die Sterblichkeit noch weiter ab. In Gefangenschaft werden Murmeltiere bis 18 Jahre alt, und es spricht nichts dagegen, dass sie dieses Alter auch im Freiland erreichen können.

Warnendes Murmeltier in Quarzpor-phyrblöcken - eine treffende Illustration für die Tarnung und Erdverbundenheit des Alpenmurmeltieres

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