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Bekenntnis zum Berg

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Bekenntnis der Berge

VON WOLFGANG SCHWAB

Ein Jüngling noch, schaute ich erstmals bewusst von einem Gipfel in die Berge. Gross und feierlich ragte Zinne an Zinne, und fasziniert war der Blick von der Vielfalt der Erscheinungen im weiten Gipfelmeer. In erhabenem Schweigen und in unendlicher Gelassenheit erschien die ganze Gipfelwelt als Offenbarung des Göttlichen, und ich fühlte die Urkraft und Schönheit der Schöpfung. Tief ins Herz drang die Erkenntnis, dass der Berg es war, der mein Leben im Urgrund bestimmen sollte. So ward der verhüllende Schleier von meinem Auge gezogen, und ich wusste, dass ich von den Bergen nicht mehr lassen konnte.

Und so ging ich oft und immer öfters zum Berg, in die Heimat meines Herzens. Vergessen und versunken war die Niederung, wo der Lebensweg durch das Wechselspiel guter und böser Kräfte zieht. Der Aufstieg zur Hütte am Berg führte durch urwüchsigen, duftenden Bergwald, vorbei an kristallklaren Seelein, über Berghänge mit bunten Blumen, über die ein frischkühler Wind zog. Und schon fühlte ich mich eins mit der urgewaltigen Bergnatur.

Mannigfaltig wie die Form des Berges war auch die Weise, wie ich ihm nahen durfte. Beschauliches Wandern auf Felsensteig, freies Klettern an lichtem Grat, Stemmen in lotrechten Kaminen, Stufenhacken an steilem Eishang, behutsames Tasten in schmalen Rissen, freies Abseilen an senkrechten Wänden.

So durfte ich unentwegt zu euch kommen, ihr lieben Berge, zu euch, die ihr über allem Irdischen stehet und immer in der Wahrheit seid, zu eurer Stille, die neue Lebenskraft spendet und inneren Zwiespalt löst. Entschlossen und festen Sinnes klimmen wir zu euren Gipfeln empor; überfällt uns Unwetter oder Sturm, so schmiedet sich unsere Kameradschaft um so fester zusammen; sie ist köstliches Geschenk der Berge, entfaltet sich immer wieder aufs neue und endet nie.

Und sind wir in enger Verbundenheit mit dem Berg nach beglückender Spannung am Gipfel, so wissen wir um die geheimen Ströme, die vom Berg zu den Menschen gehen, die ihn suchen. An unser inneres Ohr dringen die zarten Akkorde der Musik der Sphären und innerstes Entzücken erfasst unsere Seele, wenn wir im Herzen Gottes Stimme hören. Und um uns ist Licht!

Gelöst vom Berg, dem ruhenden Pol, dem Jungbrunn unseres Lebens, gleiten wir nach glückhafter Rückschau in den Alltag. In uns brennt die lodernde Flamme, und wir bleiben den Bergen verfallen, denen wir Treue schulden.

Und muss ich dereinst die letzte Wallfahrt tun, so möge der, der Herr über alle Berge ist, meinem Leben in der heiligen Stille der Berge die letzte Erfüllung geben.

Immer « hebe ich meine Augen auf zu den Bergen, von denen mir wahrhaft Hilfe kommt ». Wo immer er im Alpenrund steht, bekenne ich mich zum Berg.

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