Blockgletscher im Weissmies und Aletsch und ihre photogrammetrische Kartierung | Club Alpino Svizzero CAS
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Blockgletscher im Weissmies und Aletsch und ihre photogrammetrische Kartierung

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VON BRUNO MESSERLI, GEOGRAPHISCHES INSTITUT, BERN, UND MAX ZURBUCHEN, VERMESSUNGSBÜRO, BERN Mit 4 graphischen Darstellungen und 5 Bildern ( 64-68 1, Einleitung In den letzten Jahren und Jahrzehnten sind die eigenartigen und faszinierenden Erscheinungen der Blockgletscher in arktischen Bereichen und verschiedensten Hochgebirgen der Erde entdeckt, beschrieben und untersucht worden. In den Schweizer Alpen sind sie aus Graubünden, vor allem aus dem Gebiet des Nationalparks, bekannt geworden ( Chaix 1923, Boesch 1951, Domaradzki 1951, Jäckli 1957 usw. ). Im Berner Oberland und im Wallis fehlt eine systematische Aufnahme und Auswertung vollständig. Greifen wir aus den beiden Blättern Jungfrau und Visp der Landeskarte 1:50000 ein Querprofil Berner Oberland-Wallis heraus, so finden wir allein in diesem Gebiet über 60 Blockgletscher oder blockgletscherähnliche Gebilde, wovon eine äusserst geringe Anzahl im Berner Oberland und einen überaus hohen Anteil im Wallis. Ihr Auftreten nimmt von N nach S und ganz besonders mit dem Überschreiten des Rhonetales sprunghaft zu. Diese Blockgletscher haben verschiedene Form, Höhe, Exposition, Neigung, Kubatur, Material- und Klimaabhängig-keit und zeugen mit wandernden oder stillstehenden Blockmassen für eine unterschiedliche Ent-stehungs- und Bewegungsphase. Alle diese Aussagen berühren einen vielschichtigen Problemkom-plex des räumlich und zeitlich differenzierten Formungsprozesses und Formenwandels in unserem Hochgebirge. Im heutigen Zeitpunkt können wir nicht umfassend darauf eintreten. Wir wollen uns in diesem kurzen Bericht auf die Auswertung von zwei verschiedenen Blockgletschern beschränken, die speziellen Ergebnisse zusammenfassen und auf einige allgemeine Probleme hinweisen.

2. Standorte und besondere Merkmale Blockgletscher Weissmies: Koordinaten 646250/110250. Hinteres Laggintal, Ostseite Weissmies-gletscher. Sehr schön sichtbar vom Lagginbiwak aus ( Bild 65 ). Besondere Merkmale: Der Blockgletscher bricht auf 2690 Meter Höhe aus der rechten Seitenmoräne des Weissmiesgletschers aus und endet im Gallji auf 2470 Meter. Er tritt weder in Hangfusslage einer schuttliefernden Wand oder Rinne ( vgl. Aletschgebiet, Bild 67 ) noch als verschüttete Zunge in der Hauptfliessrichtung eines Gletschers auf ( vgl. Bild 66 ). Sein Materiallieferant ist der Grat, der vom Tällihorn über P. 2851 nach Norden ausläuft, das heisst, der Blockschutt muss seitlich über den Gletscher bis zur Wurzelzone des Blockgletschers transportiert werden ( Bild 65, 66 ). Das bedeutet folgendes: Die Transportleistung ist an einen bestimmten Gletscherstand gebunden. Senkt sich das Gletscherniveau noch weiter ab als heute, so erreicht der Materialnachschub die Wurzelzone des Blockgletschers nicht mehr. Steigt der Gletscherstand bedeutend höher als in den letzten Vorstossphasen zwischen 1600 und 1850, dann wird der Blockgletscher überfahren, überformt und zum mindesten teilweise zerstört. Entstehung, Ernährung und Bewegung sind also von einer ganz bestimmten Gletscherhöhe abhängig. Wenn sich diese relativ ähnlichen Gletscherstände durch die Klimageschichte der Postglazialzeit zurückverfolgen liessen, dann müssten wir eigentlich die Lebensgeschichte dieses Blockgletschers, als ein Beispiel unter vielen, rekonstruieren können.

Blockgletscher Grosses Gufer ( Aletsch ): Koordinaten 649500/141750. Die Blockmasse setzt am Hangfuss zwischen Eggishorn und Bettmerhorn auf 2600 bis 2700 Meter breit ein und fliesst gegen den Aletschgletscher hinunter. Die Stirn befindet sich auf 2310 Meter noch oberhalb der Seitenmoränen der letzten Aletschgletscher-Hochstände ( Bild 67 ). Besondere Merkmale: Der Blockgletscher überfährt die Seitenmoränen der postglazialen Aletschgletschervorstösse Egesen oder Daun ( Gletscherkarte 1:10000, Heuberger 1966 ). Abtragungsleistungen, Massenbewegungen und Akkumula-tionsvorgänge sind mit den Hochständen des Aletschgletschers eng verknüpft und könnten in Zukunft einen interessanten Beitrag zur zeitlichen Fixierung gewisser formbildender Prozesse in unserem Hochgebirge leisten.

3. Kartierung In bisherigen Arbeiten der Geographie und ihr verwandten Wissenschaftszweigen wurde unmittelbar auf bestehende Karten und Pläne ( Landeskarten, Übersichtspläne usw. ) oder deren Vergrösserungen kartiert. Dass aus diesen Ausschnitten, mag die Vergrösserung noch so gross sein, nichts herauszuholen ist, liegt auf der Hand. Heutige SpezialUntersuchungen verlangen meistens Aufnahmen in grösseren Massstäben. Man wird deshalb die topographischen Unterlagen von Fall zu Fall neu schaffen müssen. Von diesen Plänen wird grosse Genauigkeit und detailreicher Inhalt verlangt. Man wird deshalb zu einer Aufnahmemethode greifen müssen, die diese Voraussetzungen erfüllt und die die schwierige Feldarbeit im Hochgebirge möglichst umgeht.

Die Photogrammetrie hat durch ihre umfassende Verwendbarkeit überall eine entscheidende Anerkennung gefunden. Unter Photogrammetrie versteht man die Kartierung durch Aufnahme und Ausmessung von Geländephotographien. Die Photographie liefert somit ein neuartiges vermessungstechnisches Verfahren, das grundsätzlich auf den perspektivischen Eigenschaften eines photographischen Bildpaares beruht. Die Konstruktion des Planes, d.h. die Übertragung der Photographien in kotierte Grundrisse, wird mit Hilfe eines Stereoautographen ausgeführt. Mit solchen Geräten können sowohl terrestrische Photographien wie auch Luftaufnahmen ausgewertet werden. Wir wollen hier nicht das technische Verfahren erläutern ( eine kurze, allgemeinverständliche und reich illustrierte Beschreibung finden wir bei Imhof 1950 ), sondern nur einen wesentlichen Unterschied zwischen photogrammetrischen Ergebnissen und Messtischaufnahmen hervorheben:

Das Messtischverfahren liefert die genaue räumliche Lage nur für einzelne Punkte; Situations-linien, Höhenkurven usw. entstehen durch Interpolation; sie sind in ihren Formen zum Teil von der Beobachtungsgabe des Topographen abhängig. Die Photogrammetrie hingegen legt solche Linien in ihrem gesamten Verlauf fest, wodurch eine bemerkenswerte Verbesserung erzielt wird. Genauere Höhenkurven besitzen stets auch charakteristischere Formen. Dieser Unterschied ist besonders augenfällig für schwer zugänglichen Fels, der heute mit derselben Genauigkeit kartiert werden kann wie das übrige Gelände.

In unserem Fall handelt es sich um die Vermessung einer in Bewegung befindlichen Masse. Es ist einleuchtend, dass die photogrammetrische Aufnahme dieser bewegten Massen, periodisch wiederholt, die mittlere Geschwindigkeit der Bewegung in den betreffenden Perioden bestimmen lässt. Die Messbilder geben einen unbestreitbaren dokumentarischen Aufschluss über den Bewegungszustand der Massen in ihrer Gesamtheit im Moment der Aufnahme. Die naturgetreue Wiedergabe aller Einzelheiten mit autogrammetrisch gewonnenen Kurven ergibt schon in der Anordnung der Geländeformen ein prachtvolles Bild des gesamten Bewegungscharakters. Solche Aufnahmen, die üblicherweise in den Massstäben 1:2000 oder 1:1000 ausgeführt werden, sind auch eine gute Grundlage für die Massenberechnung.

Wenn bis heute Bewegungsgeschwindigkeiten aus den Beobachtungen eines Netzes von Einzelpunkten, von einer konstanten festen Basis aus, trigonometrisch errechnet wurden, so schützen doch diese genauen Beobachtungen nicht vor irrtümlichen Auslegungen, weil Einzelpunkte an der Oberfläche ganz andere Geschwindigkeiten haben können als die gesamte Masse. Nur mit der photogrammetrischen Methode kann der momentane Bewegungszustand der Massen als Ganzes im photographischen Bilde und in der karten- oder planmässigen Darstellung durch Höhenkurven genügend präzis erfasst werden.

Grundlagenbeschaffung zur Kartierung der Pläne Weissmies und Aletsch: Während früher für die Kartierung eines bestimmten Gebietes geeignete Photos nur zufällig oder in beschränktem Mass vorlagen, sind heute bei photogrammetrischer Geländevermessung lückenlos Messbilder vorhanden. Im Photoarchiv der Eidgenössischen Landestopographie finden wir zusätzlich eine grosse Anzahl terrestrischer Aufnahmen, die in den Jahren 1924 bis 1930 aufgenommen wurden, zur Zeit der Anfänge der photogrammetrischen Erstellung des Übersichtsplanes. Sie erstrecken sich teilweise über das Voralpen- und auch Hochalpengebiet.

Die mittlere Flughöhe der uns zur Verfügung gestellten Luftaufnahmen beträgt etwa 3000 Meter über Grund, Bildmassstab etwa 1:20000. Für Kartierungen in grossem Massstab sind diese Voraussetzungen denkbar ungünstig, sind doch die zu erstrebenden idealen Verhältnisse eine Flughöhe zwischen 700 und 1200 Meter über Grund und ein Bildmassstab von weniger als 1:7000.

Da es sich in unserem Falle darum handelte, einerseits ohne grosse Kosten zu den Plänen zu kommen, und da anderseits die älteren Zustände einzig durch ältere Aufnahmen erfasst werden konnten, haben wir uns bemüht, aus dem bestehenden Material das Maximum herauszuholen. Bei den erstellten Originalplänen handelt es sich um Kurvenpläne im Massstab 1:1000 und 1:2000 mit einer Äquidistanz der Kurven von 2 Meter. Ausgewertet wurden zusätzlich auf beiden Aufnahmen der beobachteten Periode gut und eindeutig definierte Felsblöcke in Lage und Höhe wie auch vom Fachmann gewünschte markante Linien, wie Wallformen und Rinnen. Der mittlere Zeitaufwand zur Kartierung der einzelnen Pläne in Bleistift betrug 3 Tage.

Folgerungen Wenn auch der Geograph oder Geologe die vorliegenden Pläne, nach Prüfung im Gelände, als gut bewertet, so muss doch festgehalten werden, dass für eine nach vermessungstechnischen Gesichtspunkten einwandfreie photogrammetrische Kartierung in grossem Massstab unbedingt Tiefaufnahmen notwendig sind. Für den Fall, dass periodisch zu wiederholende Aufnahmen verlangt werden, müssen auf dem Feld versicherte und gut signalisierte Festpunkte bestimmt werden. Schliesslich tragen eine saubere und klare Identifizierung der speziell gewünschten Details ( auf Vergrösserungen der Tiefaufnahmen eingetragen ) und die Mitarbeit des Fachmannes anlässlich der Auswertung vieles zum guten Gelingen der Arbeit bei. ( Vergleiche hierzu Zurbuchen und Rutishauser 1968. ) 4. Kubaturen und Kubaturveränderungen Weissmies ( Fig. 1 und 3, Bild 64 ) Berechnen wir die Blockmassen für den Stand 1958 und den Stand 1964, so ergibt sich ein erstaunliches Resultat: 1958 beträgt die Kubatur mindestens 1400000 Kubikmeter, 1964 ist sie etwa 50000 Kubikmeter kleiner. Das heisst: Die Kubatur des Blockgletschers nimmt ab, und dennoch bewegt er sich talwärts ( Maximalbeträge bis zu etwa 4 m in 6 Jahren ). Dieses Ergebnis können wir in seinen Ursachen erst vollumfänglich interpretieren, wenn uns weitere Auswertungen ermöglicht werden. Im heutigen Zeitpunkt müssen wir uns mit folgenden Hinweisen begnügen:

Auf Fig. 1 sind die Höhenkurven der Stände 1958 und 1964 aufeinanderprojiziert. Dadurch können die Stellen mit Mächtigkeitszunahme und -abnähme genau lokalisiert werden. Ein erster Überblick zeigt, dass das auf eine Kubaturverminderung hinweisende Kurvenbild deutlich überwiegt.

In der Wurzelzone erfolgt ein Materialnachschub und eine entsprechende Kubaturvermehrung nur in den höchsten, bergseitigen Bereichen der Höhenkurven 2664 bis 2670 Meter ( Vertikalbewegungen weniger als 1 m in 6 Jahren ). In tieferen, gletschernahen Lagen sind die Verhältnisse umgekehrt. Die Gletscheroberfläche hat sich in 6 Jahren um 1 bis 2 Meter abgesenkt, das transportierte Material erreicht das Blockgletscherniveau nicht mehr, Senkungserscheinungen sind die Folge ( Vertikalbewegungen mehr als 1 m in 6 Jahren ). Zweifellos ist der gesamte Materialnachschub geringer geworden; jedenfalls reicht er nicht mehr aus für eine gesamthafte Kubaturvermehrung und eine messbare Fortbewegung der Stirn.

In Fig. 1 tritt zwischen den Höhenkurven 2550 und 2526 Meter eine zweite Stelle mit dominanten Kubaturzunahmen auf. Sie befindet sich in der Zone der Verflachung, unmittelbar vor dem steilen Fronthang des Blockgletschers. Gewisse Zusammenhänge zwischen Kubaturveränderungen und Oberflächenformen scheinen sich abzuzeichnen. Mächtigkeitsabnahmen tendieren zu einer Streckung der Isohypsen oder zu Zerfallserscheinungen in den Wallformen ( z.B. Kurven 2550,2560, 2570 Meter ). Mächtigkeitszunahmen oder mindestens Konstanz zeigen sich im Bereich ungestörter Wallformen ( z.B. Kurven 2540,2530 m usw. ). Alle diese Beobachtungen sind aber noch wenig gesichert; zahlreiche Ausnahmefälle sind feststellbar; sie müssten durch Auswertung tiefgeflogener Luftbilder überprüft werden. Auch konnte aus den photogrammetrisch bestimmten Vertikalbewegungen, im Vergleich mit den aus Horizontalbewegung und Neigungswinkel berechneten Vertikal-verschiebungen, keine Systematik oder Gesetzmässigkeit in der Oberflächenformung ermittelt werden.

Eine weitere Stelle mit Kubaturzunahme ergibt sich in den höchsten Partien der Blockgletscherstirn ( Höhenkurven 2528 bis 2520 m ). Darin mag sich eine gewisse Fortbewegung der grobblockigen Deckschicht zeigen, die dann zum Absturz und teilweise zum Abtrag kommt. Jedenfalls zeigt der Fuss des Blockgletschers keine messbare Vorwärtsbewegung. Ausnahmen scheint es auf der linken Stirnseite vor Block 38 und 39 zu geben. Doch müssen wir dieses Vorrücken eher als Zerfallserschei-nung bezeichnen, indem die Böschungswinkel der Stirn ausflachen und die tieferen Feinhorizonte des Blockgletschers an dieser Stelle verschüttet werden.

Zusammenfassend:

Der Blockgletscher bewegt sich noch, aber er ist bereits von Zerfallserscheinungen gezeichnet. Er lebt noch dank seiner Masse und der auf sie wirkenden Schwerkraft ( Neigungswinkel des Hanges im Mittel über 20°; vgl. Längsprofil Fig. 3 ). Dieser Blockgletscher ist in einer Klimaphase mit höheren Gletscherständen und grösseren Materiallieferungen entstanden. Bei tieferem Eisstand oder bei völliger Ausaperung müsste jeder Materialtransport aufhören, was Stagnation und Zerfall zur Folge hätte. Bei höherem Eisstand dagegen müsste sich der Materialnachschub verstärken und den Blockgletscher entsprechend aktivieren. Alle diese Prozesse laufen aber mit einer zeitlich bedeutenden Phasenverschiebung ab. Wir erleben an diesem Beispiel, wie schwierig es ist, eine Form der richtigen Zeit- und Klimaphase zuzuordnen. Anders gesagt: Formbildende Prozesse sind lokalklimatisch an bestimmte Höhenstufen gebunden, und diese Stufen befinden sich mit den Klimaschwankungen in ständiger Auf- und Abwärtsbewegung. Scheinbar noch lebende aktive Formen gehören bezüglich ihrer Entstehung und Weiterbildung bereits der Vergangenheit an.

Grosses Gufer ( Fig. 2, Bild 68 ) Die Kubatur dieses Blockgletschers beträgt etwa 3 Millionen Kubikmeter, also mindestens doppelt soviel wie beim Weissmies. Wir haben auch bei diesem Beispiel die beiden Kurvenbilder 1950 und 1962 aufeinanderprojiziert, jedoch keine nennenswerten Abweichungen erhalten; deshalb beschränken wir uns auf die Darstellung des Standes 1962:

- Die Kubatur des Blockgletschers ist während 12 Jahren nahezu konstant geblieben. Die abge-wanderten Massen wurden aus der rückwärtigen Wand ersetzt. Tatsächlich ist der Grat im Raum Elselücke, zwischen Eggishorn und Bettmerhorn, durch Kluft- und Bruchsysteme ausserordentlich stark aufgelockert. Im weiteren zeigt die Nordseite eine viel intensivere Aufwitterung als die Südseite. Die grosse Abtragungsleistung in diesen aufgelockerten Felsbastionen speist direkt die Wurzelzone des Blockgletschers.

- Der Fuss der Blockgletscherstirn hat sich in diesen 12 Jahren kaum wesentlich verändert. Ist das aber nicht ein Widerspruch zu den gemessenen Blockbewegungen, die im Maximum etwa 9 Meter in 12 Jahren erreicht haben? Diese Frage zielt wohl auf den lamellaren Bewegungsvorgang in einem Blockgletscher hin. Der oberste Horizont besteht aus grobem Blockmaterial; er dürfte höchstens ein Viertel der gesamten Blockgletschermächtigkeit ausmachen. Darunter folgen Schichten, in denen Blöcke mit grundmoränenartigem Feinmaterial gemischt sind. Auf diesem 66 Übersichtsaufnahme Weissmies. Links der Blockgletscher, rechts aussen die mächtigen Seiten- und Endmoränen des Zibelenfluhgletschers, die im Zungenbereich blockgletscherartig umgelagert sind. Am rechten Fuss dieser Zunge sind ältere überwachsene Blockgletscherformen zu erkennen, die genau gleich wie die rezenten entstanden sindAufnahme der Eidg. Vermessungsdirektion vom 10. September 1964 67 Übersichtsaufnahme Aletsch. Am oberen Bildrand der Aletschgletscher, in der rechten oberen Bildecke der Märjelensee. Auf der Nordseite des Eggis-horn-Bettmerhorn-Grates der auffallende Blockgletscher Grosses Gufer. Auf der Südseite sind mehrere Blockgletscher in schneereicher Leelage und am Fuss schuttliefernder Hangrinnen zu erkennen Aufnahme der Eidg. Vermessungsdirektion vom 14. September 1962 Blockgletscher Grosses Gufer ( Aletsch ) Stand 14.9.1962 Blockbewegung ".

1151-2.0 ) Legende KurvenbiU:

Aequidistanz der HöhenkuiUmrahmung des Blockgletschers ( Sichtbares Akkumulationsmalerial ) Deulliche Rinnen und WallformenAbgreniung'der Biockgletscherslirn rschiebung 1950-1962 1 Strichrichtung= Bewegungsrichtung g 8 m.inl2 Jahren2.0 ) Vertikalverschiebung -2.0 m.in 12Jahren MS Nr. des Blockes 10Die Alpen - 1968 - les Alpes durch Frostwechselwirkung ( Schmelzwasser—Eis, evtl. Eis- oder Toteislagen in der Wurzelzone ) aktivierten Feinmaterialkörper erreicht die blockige Deckschicht die grössten Bewegungsbeträge. Das heisst: Unser photogrammetrisch bestimmtes Kurven- und Bewegungsbild ( Fig. 1 und 2 ) ist nicht repräsentativ für den gesamten Blockgletscher, sondern nur für den obersten Blockhorizont. Deshalb entsprechen die gemessenen Bewegungen der Deckschicht nicht dem Vorrücken des gesamten Blockgletscherkörpers an der Stirn. Es ist nicht richtig, die Länge des Blockgletschers durch einen jährlichen mittleren und oberflächlich bestimmten Vorrückungsbetrag zu dividieren und dadurch die Anzahl Bewegungsjahre oder das Alter des Blockgletschers zu berechnen. Amerikanische Untersuchungen in Alaska weisen auf diese Bewegungsdifferenzierungen hin, indem Oberflächenbewegungen 2,4 Fuss pro Jahr erreichten, das Vorrücken der Stirn aber nur mit 1,6 Fuss pro Jahr gemessen wurde. In unseren Beispielen scheint dieser Unterschied noch deutlicher zu sein, doch müssten zur genaueren Klärung dieses interessanten Bewegungsproblems weitere Auswertungen vorgenommen werden.

Gesamthaft gesehen zeigt das Grosse Gufer im Unterschied zum Weissmies-Blockgletscher eine Kubaturkonstanz. Dieser interessante Unterschied weist auf die völlig verschiedenen Entstehungs-und Ernährungsbedingungen hin, und das wiederum äusserst sich in den Bewegungsformen und Bewegungsvorgängen.

5. Bewegungsformen und Bewegungsvorgänge Weissmies ( Fig. 1 und 4 ) Die Geschwindigkeiten nehmen von oben nach unten und von der Seite zum Zentrum zu. Sie sind in der Wurzelzone noch gering und erreichen in der Strommitte des Zungenbereiches die höchsten Werte ( über 60 cm/Jahr ). Das gesamte differenzierte Bewegungsbild ist in Fig. 1 und 4 dargestellt. Wallformen und Rinnen zeigen die verschieden bewegten Massenteile an. Sie sind schon in der Wurzelzone angelegt, formen sich aber erst bei kräftigeren Schubvorgängen und entsprechenden Scher-bewegungen deutlich aus. Die interessante Frage ist gestellt, ob dieser Bewegungsmechanismus auf eine Altersgliederung der einzelnen Massenteile hinweist, d.h. ob die bewegungsarmen Randbereiche ältere Blockgletscherstadien und die bewegungskräftigeren Zentralzonen jüngere Material-schübe repräsentieren. Jedenfalls zeigt sich beim Überschreiten gewisser Rinnen oder Scherlinien ein fast schlagartiger Wechsel von stagnierendem Material ( Bodenbildungen, Flechtenbewuchs usw. ) zu kräftig bewegten Massen ( Schlagspuren, kein Flechtenbewuchs usw. ). Es wäre faszinierend, wenn einzelne deutlich abgrenzbare Massenteile ganz bestimmten Bewegungs- oder Klimaphasen zugeordnet werden könnten. Diese Fragen müssen wir vorläufig offen lassen; sie sollen hier bloss angedeutet sein. Im übrigen liessen sich solche Untersuchungen nur an den wenigsten Blockgletschern durchführen, wahrscheinlich nur dort, wo zentrale Ernährungsstellen konzentrisch geordnete Bewegungsvorgänge und -formen erzeugen ( vgl. Unterschied Grosses Gufer ).

Grosses Gufer ( Fig. 2 ) Am Fuss des schuttliefernden Hanges setzt der Blockgletscher breit ein. Die Bewegungen beginnen mit 1 bis 2 Metern in 12 Jahren. Dabei ist ein Trend von der schmalen rechten Flanke zur Strommitte deutlich festzustellen ( Blöcke Nm. 41 bis 51 ). Im Mittelteil werden Verschiebungsbeträge von 2 bis 4 Metern in 12 Jahren erreicht, und im Zungenbereich finden wir wiederum die Maximalwerte von 7 bis 9 Metern in 12 Jahren. Die Grössenordnung des Bewegungsvorganges ist ähnlich wie beim Weissmies; völlig verschieden aber sind die Bewegungsformen. Anstelle der sichelförmigen oder konzentrischen Wallformen treten geradlinige, zum Teil doppelte Rinnen und Wälle ( Bild 67,68 und Fig. 2 ). Interessante Bewegungsdifferenzen zeigen sich oftmals auf beiden Seiten dieser markanten Grenzlinien ( vgl. z.B. die ganz andere Bewegungsrichtung der Blöcke Nrn. 14, 15, 16, 17 auf der einen Seite, gegenüber Blöcken Nrn. 106,107,109,111 auf der andern Seite ). Zug- und Druckspannungen müssen in diesen Bereichen besonders wirksam sein. Einerseits werden in den tiefen Rinnen die einkippenden Blöcke steilgestellt, anderseits werden in seitlich angrenzenden Wallformen oder Erhöhungen Feinerdehorizonte bis an die Oberfläche gepresst.

Böschungswinkel ^5 Blockgletscher Weissmies Im Grossen Gufer gehen die Bewegungsvorgänge nicht von einer zentralen Ernährungsstelle aus wie beim Weissmies. Die Materiallieferung in breiter Hangfusslage hat auch ein Abfliessen auf breiter Front zur Folge.Verschieden stark bewegte Massenteile ( unterschiedliche Neigungswinkel, differenzierte Materiallieferung usw. ) liegen nebeneinander und folgen sich nicht in konzentrisch ausbreitenden Schüben. Deshalb begleiten die Bewegungsformen ( Wälle, Rinnen ) die Bewegungsrichtung linear, wie es auf dem Luftbild und der Kurvenkarte deutlich zu erkennen ist.

Diese interessante Differenzierung der Bewegungsvorgänge lässt sich auch auf der Südseite des Eggishorn-Bettmerhorn-Grates erkennen ( Bild 67 ). Dort finden wir mehrere, zum grössten Teil inaktive Blockgletscher, die an schuttliefernde Hangrinnen gebunden sind. Sie wurden von einem Er-nähmngszentrum oder von einer Ernährungslinie her gebildet und gespeist; die Materiallieferung erfolgte schubweise von der gleichen Stelle aus, und daher musste es zur Ausbildung konzentrischer Bewegungsformen wie im Weissmies kommen. Mit dieser Unterscheidung weisen wir auf die vielfältigen Entstehungs- und Bewegungsvorgänge der Blockgletscher hin, wobei wir nicht eine Vollständigkeit anstreben und nicht auf die zahlreichen Übergangserscheinungen und Mischformen eintreten wollen.

6. Ein Hinweis auf die Abtragungsleistung Das Einzugsbebiet des Grossen Gufers, scharf begrenzt durch die Grathöhe, beträgt etwa 100000 Quadratmeter. Verteilen wir die Kubatur von 3 Millionen Kubikmeter auf diese Fläche, so erhalten wir einen mittleren Abtrag von 30 Metern. Selbst wenn dieser allzu einfach berechnete Betrag nicht dem wahren selektiven Abtragungsprozess entspricht, so zeigt er doch mit seiner Grössenordnung äusserst hohe Abtragungsleistungen an. Es ist aber ohne weiteres möglich, dass in den Blockmassen des Grossen Gufers fremdes Moränenmaterial enthalten ist. Dieses könnte aber nur aus den älteren postglazialen Hochständen des Aletschgletschers stammen ( nach dem Zerfall der Würmvergletsche-rung und vor den Vorstössen des tiefer liegenden Daun—Egesen ). Da aber unser Untersuchungsgebiet in diesen Klimaphasen zum Firngebiet gehörte, dürften die Moränenablagerungen nicht sehr gross gewesen sein. Selbstverständlich könnte an dieser Stelle ein kleiner Lokalgletscher in den älteren postglazialen Klimaverschlechterungen Material gesammelt haben, das im heutigen Blockgletscher enthalten ist. Das würde aber unser Ergebnis nicht beeinträchtigen, dass seit dem Zerfall des würmzeitlichen Aletschgletschers oder möglicherweise erst seit den älteren postglazialen Vorstössen an dieser Stelle eine gewaltige Abtragungsleistung erfolgte, d.h. in etwa 10000 oder weniger Jahren rund 30 Meter.

Es wäre nun völlig falsch, dieses Ergebnis zu verallgemeinern. Der Blockgletscher ist dort entstanden, wo optimale Bedingungen herrschten: Nordexposition und Schneeansammlung im Lee der vorspringenden Kreten ( Eis, Schmelzwasser, Frostwechselwirkung usw. ), gewaltiger Materialanfall in der Trümmerzone der Elselücke. Der Blockgletscher ist zwar eine allgemeine und typische Form unseres Hochgebirges, aber der Blockgletscher Grosses Gufer ist doch eine besondere und lokal-gebundene Erscheinung; nur so kann seine Lage und Grosse verstanden werden. Seine Abtragungsleistung ist grosser als beim Weissmies, und seine Entstehungs- und Bewegungsprozesse sind anders als bei den Blockgletschern der Südexposition.

Mit diesem Hinweis möchten wir zweierlei zeigen: Zum ersten können Blockgletscher von diesem Grössenmass nicht in kürzester Zeit entstanden sein. Ihre Entstehung lässt sich nicht mit den letzten Gletschervorstössen zwischen 1600 und 1850 in Verbindung bringen, obschon sie fast durchwegs inner- oder knapp ausserhalb ihres Endmoränenbereiches auftreten ( Ausnahmen bilden vielleicht solche Blockgletscher, die sich ausschliesslich aus Moränenmaterial auf einer verschütteten Gletscherzunge formierten ). Zum zweiten wurden Blockgletscher von diesem Grössenmass selbst bei ältestmöglicher Datierung immer noch in erstaunlich kurzer Zeit unter gewaltigen Abtragungsleistungen geschaffen. Sie zeigen uns die Intensität der formbildenden Prozesse an, die in bestimmten Klimaphasen zu Höchstleistungen gesteigert wurden und, nach Höhenstufen gegliedert, bis in die Gegenwart andauern.

7. Offene Probleme Das Problem der Entstehung Zahlreiche Probleme der Entstehung bleiben ungelöst. Sowohl qualitative wie quantitative Aufnahmen und Auswertungen sollten durchgeführt werden, um zu weiteren und genaueren Aussagen zu kommen. So können wir zum Beispiel noch nicht mit Sicherheit entscheiden, ob der Kubaturverlust des Weissmies-Blockgletschers mit dem Ausschmelzen einer Eisunterlage oder mit einem Verdichtungsvorgang der Materialmasse durch eine verzögerte Bewegung zu erklären ist. Das Kurvenbild scheint eher für das letztere zu sprechen, doch könnten vor allem in der Wurzelzone auch Eisverluste im Spiel sein. Dieser laufende Vorgang wäre nun mit der Auswertung tiefgeflogener Luftbilder und mit Vermessungen im Gelände weiter zu verfolgen. Solche Unternehmungen stellen aber kaum lösbare finanzielle Probleme.

Die Bedeutung des Klimas, des Reliefs, des Neigungswinkels, des Gesteins usw. ist für die Block-gletscherbildung schon in mehreren grundlegenden Arbeiten besprochen worden ( vgl. Literaturverzeichnis ). Aber eine systematische Kartierung in unseren Alpen oder in einem Teil davon fehlt bis Blocknummern o in Höhe ü.M. 2672 2668 2664 2660 2656 2652 2648 2644 2640 67 Geschwindigkeit in cm /Jahr Blockgletscher Weissmies Bewegungsmechanismus im Querprofil Fig. 4 heute. Darum können wir auch noch nicht genauer abklären, warum im Berner Oberland solche Formen viel seltener sind als im Wallis oder in Graubünden. Zur Hauptsache dürfte es wohl eine Funktion des Klimas sein, doch diese Aussage ist viel zu allgemein gehalten. Sollte es uns in Zukunft gelingen, diese räumlich differenzierten Prozesse genauer zu analysieren, dann würden sich nicht nur Beiträge an die Blockgletscherkunde, sondern wohl einige Erkenntnisse über die unterschiedlichen formbildenden Vorgänge in unseren Alpen ergeben.

Das Problem der Datierung Diese Frage ist heute noch nicht abgeschlossen. Wir haben aus den lamellaren Bewegungsvorgängen, den errechneten Abtragungsleistungen, den überfahrenen Moränenständen ( Aletsch ) und den abhängigen Gletscherhöhen ( Weissmies ) einige Hinweise auf das Datierungsproblem gegeben. Auch wenn wir uns im heutigen Zeitpunkt für die beiden Blockgletscher nicht festlegen können, so gelangen wir doch zu einer zeitlichen Einengung ihrer Entstehungs- und Bewegungsphasen: nach den postglazialen Vorstössen Daun-Egesen und vor den historischen Hochständen. Die entscheidende Frage ist, ob wir vor oder in die postglaziale Wärmezeit zurückgehen müssen oder unmittel- bar danach einsetzen können. In den meisten Fällen dürften die heute aktiven Blockgletscher in den Klimaverschlechterungen unmittelbar nach der postglazialen Wärmezeit entstanden sein; doch müssen wir mit zahlreichen reaktivierten Schuttkörpern älterer Entstehung rechnen ( Heuberger 1966, S. 112; Messerli 1967, S. 120 ). Ganz sicher aber sind wir mit der einfachen Formulierung nicht einverstanden, dass das Vorkommen aktiver und inaktiver Blockgletscher auf zwei Kälteperioden seit der letzten Eiszeit hinweist, wobei die letzere ausklingend bis in die Gegenwart heranführt ( Wahrhaftig and Cox 1959 ). Das Spiel der postglazialen Klimaoszillationen ist viel komplexer, und allein auf unseren Abbildungen sind mindestens drei Altersklassen sichtbar. Die ältesten, völlig überwachsen und aufgelöst im Weissmiesgebiet, im Vorland des Zibelenfluhgletschers. Etwas jüngere, relativ guterhaltene und teilweise bewachsene, aber deutlich inaktive Blockgletscher finden wir auf der Südseite des Eggishorn-Bettmerhorn-Grates ( Bild 67 ). Schliesslich verweisen wir auf die jüngsten beschriebenen Formen. Denken wir nochmals an die erwähnten Möglichkeiten der Reaktivierung, so stehen wir bereits in diesen zwei Vergleichsgebieten einem äusserst komplexen Datierungsproblem gegenüber. Dies um so mehr, als Stillstand oder Bewegung im wesentlichen eine Funktion der Höhenstufe ist.

Das Problem der Höhenstufung Die wenigen bis heute systematisch kartierten Blockgletscher im schweizerischen Alpenraum zeigen bereits eine differenzierte Höhenstufung an. Als Untergrenze einer rezenten Blockgletscherbewegung ergeben sich folgende Werte:

Südalpen, Tessin2500 Meter ( Zeller 1964 ) Bündnerisches Rheingebiet2300 Meter ( Jäckli 1957 ) Wallis2300 Meter Berner Oberland2100 Meter?

( seltene und noch fragliche Erscheinungen ) Das bedeutet folgendes: Der Anstieg der aktiven Blockgletscher von N nach S durch unsere Alpen vollzieht sich viel langsamer als der Anstieg der Schneegrenzen oder der Gleichgewichtslinien der Gletscher. Zu ganz ähnlichen Ergebnissen sind Wahrhaftig und Cox in Alaska gekommen, indem die Untergrenze der aktiven Blockgletscher vom maritimen zum kontinentalen Klimaraum bedeutend langsamer ansteigt als die Firnlinie der Gletscher. Darin zeigt sich die unterschiedliche Reaktion auf die veränderten Klima-Elemente, vor allem auf die Wirkung der Strahlung.

Diese wenigen Angaben weisen uns auf die Probleme der alpinen Höhenstufen hin, die für einzelne Erscheinungen untersucht ( z.B. Furrer 1965 ), aber nicht für den gesamten morphologischen Formenschatz zusammengefasst wurden. Eine Höhengliederung der Formungsprozesse wird aber in Zukunft noch grosse Probleme stellen, weil die Abgrenzungen kaum eindeutig festzulegen sind, weil viele lokalklimatisch und lokalmorphologisch bedingte Ausnahmen auftreten und weil sich die Höhenstufen nicht in einer Ruhelage, sondern mit dem aktuellen Klimageschehen in ständiger Oszillation befinden. Gesamthaft gesehen, zielen die Untersuchungen an den zwei Blockgletschern über den lokalen und individuellen Aussagewert hinaus.

Wir glauben, dass in künftigen Arbeiten über die alpine Formbildung und Höhenstufung die Luftbilder und ihre photogrammetrische Auswertung eine bedeutendere Rolle spielen werden. Wollen wir in Zukunft Formungsprozesse und Formveränderungen in unserem Hochgebirge genauer analysieren, brauchen wir verschiedene Aufnahmen vom gleichen Objekt, die Jahre oder noch besser Jahrzehnte auseinanderliegen. Diese Vergleichsarbeit wird uns das Luftbild und seine photogram- metrische Auswertung erlauben. Deshalb müssen wir diesem Arbeitsinstrument für die künftige Hochgebirgsforschung eine entscheidende Bedeutung zuweisen.

8. Zusammenfassung Blockgletscher ( Steingletscher ) oder ähnliche Erscheinungen treten selten im Berner Oberland, dagegen häufig im Wallis und in Graubünden auf. Eine qualitativ und quantitativ systematische Kartierung fehlt bis heute vollständig. Wir haben zwei Beispiele gewählt, die sich durch ihre Entstehungsbedingungen und besondern Bewegungsvorgänge unterscheiden, und haben sie photogrammetrisch in grossem Massstab kartiert.

Zwei Kurvenpläne desselben Blockgletschers aus zwei verschiedenen Aufnahmejahren vermitteln ein präzises Bild der Bewegungen ( Weissmies, Äquidistanz 2 Meter ). Eine Vermessung im Gelände ergibt nur den Verschiebungsbetrag der einzelnen Blöcke an der Oberfläche, aber nicht das Bewegungsbild des gesamten Schuttkörpers. Die genauen Untersuchungen werden inskünftig tiefer -etwa 700 bis 1200 Meter über Grund - geflogene Luftbilder erfordern.

Der Weissmies-Blockgletscher zeigt beim Vergleich der Jahre 1958 und 1964 einen Kubaturverlust von etwa 50000 Kubikmeter, obschon bedeutende Bewegungsvorgänge talwärts messbar sind. Der Materialnachschub hat sich verändert; der Blockgletscher muss in einer Klimaphase mit höherem Gletscherniveau und grösserer Materiallieferung entstanden sein. Das Grosse Ufer im Aletschgebiet zeigt dagegen eine Kubaturkonstanz während 12 Jahren. Im Zungenbereich treten Maximal-bewegungen von 9 Metern in 12 Jahren auf, aber der Stirnfuss hat sich kaum verändert. Wir müssen lamellare Bewegungen annehmen. Unsere Messungen beziehen sich nur auf die grobblockige Deckschicht, nicht auf den gesamten Schuttkörper.

Bewegungsformen und -Vorgänge sind bei den zwei Blockgletschern verschieden. Infolge der zentralen Ernährungsstelle beim Weissmies sind die Rinnen und Wallformen konzentrisch angeordnet; beim Grossen Gufer bedingen die schuttliefernde Wand und der breit einsetzende Abtransport geradlinige Strukturen, die sich der Fliesslinie anpassen. Die maximalen Bewegungsbeträge an der Oberfläche des Zungenbereichs betragen bei beiden Blockgletschern 60 bis 75 cm/Jahr.

Die Abtragungsleistung im Einzugsgebiet des Grossen Gufer beträgt etwa 30 Meter in weniger als 10000 Jahren; dies weist darauf hin, dass die meisten Blockgletscher nicht mit den historischen Glet-scherhochständen datiert werden können, obschon sie in oder knapp ausserhalb des Endmoränenbereiches auftreten.

Eine klimatisch differenzierte Höhenstufung der aktiven Formen zeichnet sich in unserem Alpenraum ab; doch bleiben noch zahlreiche Fragen der Entstehung und Datierung ungelöst.

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