Der Queyras - 300 Sonnentage im Jahr | Club Alpino Svizzero CAS
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Der Queyras - 300 Sonnentage im Jahr

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Hermann Milz, Neuchâtel

Eine mehrstündige, mühsame Fahrt bei Schneegestöber und Regenschauern über Genf, Grenoble und den Col Bayar bringt uns nach Gap, wo wir endlich wieder trockene Strassen antreffen - erhoffte Anzeichen für das sprichwörtliche Schönwetter des Südens. Leider eine Täuschung, wie sich nur allzubald herausstellt. Denn nachdem wir bei Guillestre das Tal der Durance, deren Lauf wir - uns wieder nordwärts wendend - gefolgt sind, verlassen haben, empfängt uns bei unserem vorgesehenen Ausgangspunkt für die Touren der kommenden Woche ein feiner Nieselregen. Weder das auf 1470 m Höhe gelegene Dorf noch der Queyras, in dessen östlichem Teil es liegt, vermögen deshalb besondere Begeisterung auszulösen.

Wer soll das verstehen? In der uns zugänglichen Literatur zum Queyras wird das milde, sonnige Klima des von Gebirgszügen im Bereich der Dreitausendergrenze umgebenen Beckens des Guil und seiner Zuflüsse doch überall gerühmt! Und etwas Wahres muss daran sein. Wie sonst wäre es denkbar, dass Menschen hier selbst im Winter bis auf 2000 m Höhe noch leben könnten? Seit einigen Jahren ist dieses hochgelegene Gebiet zwischen dem Briançonnais im Norden, dem Oberen Ubaye im Süden und dem italienischen Piémont im Osten auch zum regionalen Naturschutzpark, zum Parc Régional du Queyras, erklärt worden. Dies mit dem Ziel, die Landschaft zu schützen und der Bevölkerung, deren Zahl seit der Mitte des letzten Jahrhunderts von 8000 auf 2000 gesunken ist, bessere Lebensbedingungen zu bieten und sie so von der Abwanderung abzuhalten.

Seit 1855 ist der Queyras über eine ganzjährig offene Strasse problemlos zu erreichen. Neben einigen Hütten, die während der Früh-lingstourensaison bewartet sind, bieten vor allem die acht Ortschaften, von denen die eine -St-Véran - auf 2040 mliegt, gute Unterkunftsmöglichkeiten. Das Strassennetz erlaubt es zudem, mit dem Auto die verschiedenen Täler zu besuchen und so jeden Tag ein neues Gebiet kennenzulernen.

Die verschiedenen Gipfel des Queyras wurden zwischen 1860 und 1880 erstmals bestiegen. Einige von ihnen bieten dem heutigen Alpinisten schöne Klettereien. Der Liebhaber des Langlaufs findet gut präparierte Loipen vor, und dem Pistenskifahrer stehen über 40 Seilbahnen und Skilifte zur Verfügung.

Col d' Urine Parc national des Ecrins Parc régional du Queyras Wir aber haben beschlossen, die Gegend als Skitourenfahrer kennenzulernen. Der folgende Bericht soll diese, bei uns noch wenig bekannte Landschaft dem Leser etwas näherbringen und in ihm vielleicht das Bedürfnis wecken, sie selbst einmal zu .

Sonntag - Pic de Côte Belle, 2854 m Es hat die ganze Nacht hindurch geregnet. Als wir jedoch nach Château-Queyras hinunterfahren, wo eine stolze Festung einst den Zugang zum Tal des Guil kontrollierte, bessert sich das Wetter glücklicherweise etwas - wenigstens der Niederschlag hört auf.

Eine schmale, in den Fels gehauene Strasse führt uns in ein Seitental durch eine tiefe Schlucht nach Souliers auf 1800 m. Der untere Teil dieses Weilers ist nach einer Feuersbrunst seit einigen Jahren im Zerfall begriffen, während der obere Teil noch von zwei Familien ganzjährig bewohnt wird.

Der Anstiegsweg zum Pic de Côte Belle folgt anfangs gemütlich dem beidseitig von Lärchen gesäumten Bach. Den Nebel haben wir hinter uns gelassen, über uns erstreckt sich aber eine kompakte Wolkenschicht. Für heute kann wohl kaum mit der Sonne gerechnet werden. Vielmehr beginnt es zu schneien, und bald stecken wir erneut im Nebel.

Als wir jedoch in die Nähe des kleinen Sees von Souliers kommen, zerreisst zu unserer Überraschung die Wolkendecke und lässt uns einen Blick auf einige Flecken blauen Himmels werfen. Zugleich öffnet sich auch die Sicht auf den letzten Steilhang, der zum Pic de Côte Belle emporleitet. Dreieinhalb Stunden nach unserem Abmarsch erreichen wir den Gipfel. Etwa 500 m unterhalb unseres Standortes muss sich zu unserer Linken ( westlich ) und vom Nebel unseren Augen verborgen der Izoard-Pass befinden, während rechts ( östlich ) der Pic de Rochebrune, ein beherrschender Berg des Queyras, als höchster Punkt die graue Decke noch knapp zu durchbrechen vermag. Im Süden erkennen wir unsere weiteren Tourenziele, die Pointe de Rasis und die Tête de Longet.

Leider ist die Aufhellung nur von kurzer Dauer, und auf der Abfahrt umgibt uns auch schon bald wieder der Nebel. Gute Schneeverhältnisse lassen uns aber unsere Autos gerade noch vor Einsetzen des Regens erreichen.

Montag - La Gardiole de l' Alp, 2786 m Das Geräusch über das Hausdach abgleitender und in Wasserlachen platschender Schneepakete weckt uns. An die Stelle des am Vorabend noch dunklen Waldes und der gelbgetönten Wiesen ist eine weisse Winterlandschaft getreten. Und immer noch fallen grosse Flocken vom Himmel, während Nebelschwaden träge den Talhängen entlangziehen. Eine trübe Morgenstimmung! Trotzdem - die unfreundliche Witterung soll uns nicht abhalten, etwas zu unternehmen. Neben Bewegung sehnen wir uns auch nach frischer Luft; zudem möchten wir sehen, welche Schneemengen in der Höhe gefallen sind. Unsere Wahl fällt auf die Gardiole de l' Alp, deren Gipfel in drei Stunden zu erreichen ist und deren Hänge nicht allzu lawinengefährlich sein sollten.

Obwohl der Schneepflug unmittelbar vor uns die Strasse geräumt hat, erreichen wir das Dorf Molines-en-Queyras am Zusammenfluss der Aiguë Agnelle und der Aiguë Blanche nur mit Mühe. Und bloss wenig höher oben parkieren wir unsere Fahrzeuge beim Weiler Gau-dissard ( 1800 m ). Zu unserer Freude hat der Wind sich gelegt und der Schneefall aufgehört. Das Guil-Tal ist nebelfrei, und die relativ hoch liegende Wolkendecke gibt uns freie Sicht auf Gipfel. Nach der Überraschung vom Morgen können wir mehr als zufrieden sein.

Über weite, mit einzelnen Lärchen durchsetzte Hänge steigen wir ( dank der modernen Skibindungen ) praktisch in der Fallirne in östlicher Richtung auf - eine eindrückliche Spur hinter uns lassend. Die Verhältnisse sind erstaunlich gut. Kaum zehn Zentimeter Neuschnee, die auf einer tragfähigen Unterlage liegen. Dazu sorgt ein frischer Wind auf den letzten 300 Höhenmetern für einige willkommene Aufhellungen. Nach insgesamt drei Stunden Aufstieg stehen wir auf dem Gipfel der Gardiole de l' Alp: Unter uns im Norden können wir Aiguilles ausmachen und etwas links davon das nach Souliers führende kleine Tal, an dessen Ende sich der von uns gestern bestiegene Pic de Côte Belle erhebt. Südwärts schweift der Blick zum Col des Prés de Fromage, von dem aus der Aufstieg zur Pointe de Rasis erfolgt. Doch bald wird es uns hier oben zu kalt. Wir beschliessen deshalb, unseren Hunger an weniger exponierter Stelle bei einer kleinen Alphütte zu stillen, die uns während des Aufstiegs aufgefallen ist. Die winterlichen Pulverschneeverhältnisse ermöglichen ein müheloses Wedeln und machen die Abfahrt zum herrlichen Skivergnügen. Beim Pick- nickplatz angelangt, empfängt uns sogar schwacher Sonnenschein; ein Ort, der uns zum Verweilen einlädt. Ein Blick zurück - unsere Spuren im Schnee wecken schöne Erinnerungen an die eben vergangenen Stunden und lassen den einfachen Tourenproviant zum Festmahl werden. Unser Optimismus hat sich gelohnt: Trotz ungünstiger Voraussetzungen am Morgen ist uns doch noch eine sehr schöne Tour gelungen.

Dienstag -Tête de Longet, 3146 m Wohl hat der Regen aufgehört, aber die Wetterlage hat sich kaum verändert, denn immer noch wird sie von einem Tiefdruckgebiet beherrscht. Was also sollen wir unternehmen? In der Hoffnung, die Aufhellungen würden sich in südlicher Richtung zur Tête de Longet verlagern, wählen wir diesen Gipfel zu unserem Tagesziel.

Kein Schnee bedeckt heute die Fahrbahn, so dass wir problemlos die Gemeinde Europas, das auf knapp über 2000 m / Höhe gelegene Saint-Véran erreichen. Die malerischen Häuser mit ihren breiten Baikonen sind hier in typischer Weise spalierartig aufgereiht, um möglichst viel von der Sonneneinstrahlung zu profitieren. Gegen 260 Menschen wohnen an diesem Ort, die ein einfaches, aber zufriedenes Leben nach dem Motto führen: ( Fier de son passé - confiant dans l' avenir ) ( Stolz auf die Vergangenheit - Vertrauen in die Zukunft ). Ein Wahlspruch, der uns bereits auf einem Schild am Eingang zum Naturschutzpark aufgefallen ist.

Vom Dorf mit den Skis zuerst etwas abfahrend, überqueren wir 100 Höhenmeter weiter unten beim Pont Vieux den Wildbach Aigue Blanche und folgen ihm an seinem linken Ufer. Dann rechts abbiegend, traversieren wir einen schönen Arvenwald, aus dem Tischler und Schnitzer ihr Holz gewinnen, um es in alter Volkskunsttradition zu Möbelstücken und Spielzeugen zu verarbeiten. Wir lassen den Wald hinter uns und nähern uns dem Longet-Kessel. Die Schneemengen nehmen rasch zu.

Die Alphütten von Drataya mehrere frische Lawinenzüge müssen überstiegen werden. Endlich erreichen wir flacheres Gelände, das uns zuerst zu einem stark verwächteten Grat, dann zum abschliessenden Gipfelhang führt.

Die Neuschneedecke wird immer mächtiger, und es ist mühsam, eine Spur anzulegen. Auf 2950 m, noch vor der Querung zum etwas höher gelegenen Col de la Cula, ziehen wir es vor umzukehren. Die letzten 100 Höhenmeter bis zur Scharte, von wo aus der Gipfel einfach zu erklettern wäre, erscheinen uns doch zu lawinengefährlich. Vor allem wenn wir bedenken, dass uns bereits im Aufstieg hierher mehrmals ein unheimlicher, dumpfer Knall auf den sehr unstabilen Schneedeckenaufbau aufmerksam gemacht hat.

Uns möglichst in der Mitte des Kessels haltend - d.h. dort, wo uns das Risiko am kleinsten erscheint - fahren wir im tiefen und leichten Schnee vorsichtig ab. Bis wir die sichere Waldzone erreichen, werfen wir nicht ohne Bedenken ab und zu einen Blick auf die Steilhänge, die sich zu unserer Linken im Nebel verlieren. Erneut hat es zu schneien begonnen, und die zusätzlich widrigen Sichtverhältnisse lassen das Skifahren allmählich zu einer anspruchsvollen Angelegenheit werden. Dem Wildbach entlang benützen wir die Langlauf-piste bis zur Brücke, wo wir für den Schlussaufstieg nach St-Véran noch einmal die Steigfelle auf die Skis kleben müssen.

In einem sympathischen Café verzehren wir unseren Tourenproviant, während draussen der Schnee in dichten Flocken vom Himmel fällt und der Landschaft einen zunehmend winterlichen Anstrich verleiht. Was soll bei diesen Schnee- und Wetterverhältnissen aus unserem Tourenprogramm werden? Wo sind die 300 Sonnentage im Jahr, die jeder Touristenführer dem Besucher des Queyras verspricht? Wie verhält es sich mit der Behauptung der Einheimischen, wonach es nie mehr als an zwei aufeinanderfolgenden Tagen regnet? Unsere einzige Hoffnung bleibt der Mondwechsel, den uns der Kalender für morgen ankündigt. Glaube versetzt Berge...

Mittwoch - Col d' Urine, 2522 m Seit gestern mittag haben die Niederschläge nicht mehr nachgelassen. Am Abend entlud sich zudem ein heftiges Gewitter über der Gegend. Wir hofften, dass danach das Barometer steigen und das Wetter sich endlich zum Bessern wenden würde. Doch nichts dergleichen! Auch wenn heute mit Sicherheit nicht an einen Gipfel zu denken ist, fahren wir dennoch mit einiger Mühe talaufwärts bis nach Le Roux ( 1700 m ). Von dort aus folgen wir bei immer noch anhaltendem Schneefall dem schwach ansteigenden Fussweg zum jetzt unbewohnten Weiler Valpreveyre. Kaum lassen sich dessen Dächer in der gewaltigen weissen Masse noch ausmachen. Selbst der Kirchturm scheint eher über einen Friedhof als über ein Dorf zu wachen. Wir suchen uns einen Ort, wo wir den Schnee von Kleidern und Rucksäcken schütteln und uns mit einigen Riegeln Schokolade und paar Schlucken warmen Tees etwas stärken können. Zum Umkehren ist es noch zu früh, und André Meillard, der diese Gegend bereits einmal im Frühling 1985 bei schönem Wetter und idealen Schneeverhältnissen aufgesucht und mit seiner Gattin während einer Woche durchquert hat, versichert uns, dass wir bis zur Waldgrenze nichts zu befürchten hätten. So dringen wir frischen Mutes Richtung Col d' Urine in das kleine Coquillon-Tal ein, wo uns eine tiefe Stille umgibt. Weder Mensch noch Tier haben irgendwo Spuren hinterlassen. Der Schnee hat jede Unebenheit ausgeglichen und selbst den Wildbach zugedeckt. Langsam und schweigend steigen wir, uns an der Spitze regelmässig ablösend, im lichten Lärchenwald höher. Auch wenn keine Gipfelfreuden zu erwarten sind und kein Sonnenstrahl die Landschaft beleuchten wird, fühle ich mich glücklich und zufrieden. Gedankenversunken schiebe ich einen Ski um den anderen vorwärts, ohne auch nur einmal deren Spitzen zu sehen. Die wohltuende Einsamkeit in dieser unversehrten Natur und das beruhigende Gefühl, mit den Freunden durch die tiefe Aufstiegsspur wie mit einem Seil verbunden zu sein, lassen mich alle Mühen vergessen.

Auf 2300 m kommen wir zur Waldgrenze und damit auch an unseren Umkehrpunkt — dichter Nebel und starkes Schneetreiben rauben jede Sicht. Auf der rassigen Abfahrt werden die Lärchen zu Slalomstangen und das Skifahren im herrlichen leichten Pulverschnee wird zum wunderbaren Spiel. Bewusst versuchen wir, langsam zu fahren, um möglichst lange von den aussergewöhnlichen Schneeverhältnissen profitieren zu können. Doch allzu rasch gelangen wir zum Wildbach und dann nach Valpreveyre, wo wir die Fersen-

Beim Aufstieg zum Col des Prés de Fromage automatik unserer Skibindungen lösen, um wie Langläufer im weit ausholenden Wechsel-schritt nach Le Roux zurückzugleiten.

Donnerstag - Pointe de Rasis, 2846 m In La Rua, einem kleinen Weiler unterhalb von Molines-en-Queyras, lassen wir unsere Fahrzeuge zurück. Eine kurze Abfahrt führt uns zum Pont des Achins, einer alten Brücke über den Bach Aiguë Agnelle, wo wir die Steigfelle aufkleben und unsere Sonnenschutzmittel aus den Rucksäcken hervorholen. Kaum vermögen wir es zu fassen: Endlich scheint die Sonne! Das Wetter ist prächtig und unsere Stimmung natürlich sofort gestiegen. Nun werden wir doch noch etwas vom Queyras sehen.

47 Wir folgen dem Sommerweg und durchqueren den Bois de l' Eyssard. Während der Spitzenmann im tiefen Schnee mühsam eine Spur anlegt, geniessen wir anderen den Aufstieg und bewundern die Landschaft. Die Natur zeigt sich in ihrem schönsten Kleid, Lärchen und Fichten tragen schwer an ihrer glitzernd-weissen Last. Auf der gegenüberliegenden Talseite scheinen die an den Hängen zur Gardiole de l' Alp sich hinaufziehenden Häuser von Molines buchstäblich im Schnee zu versinken. Im Süden zeigt sich die Tête de Longet, und an der östlichen Grenze des Queyras, bereits auf italienischem Boden, zeichnet sich der Monte Viso im Dunst des Horizontes ab.

Die wärmende Aprilsonne hat den Schnee rasch pappig werden lassen, weshalb wir nur langsam vorwärts kommen. Auf dem Col des Prés de Fromage ( 2139 m ) rasten wir und beraten uns über den Weiterweg. Ein längeres Flachstück trennt uns vom Schlussaufstieg zur Pointe de Rasis. Bei diesen Schneeverhältnissen wäre der Hinweg lang und beschwerlich und auch der Rückweg kaum interessant. Wir biegen deshalb links ab und steigen über leicht bewaldete Hänge Richtung Crête de la Combe Arnaude. Die imposante Wächte und das immer steiler werdende Gelände bewegen uns aber bald zur Umkehr. Wir nehmen die Abfahrt sofort in Angriff, so dass wir von dem in dieser Höhenlage noch recht gut gebliebenen Schnee profitieren können. Zurück auf dem Pass, machen wir Halt und drücken die Ski mit den Laufflächen nach oben in den Schnee. Auf diesen Sitzbänken geniessen wir den herrlichen Tag und wünschen uns, dass er kein Ende nehmen möge. Denn niemand weiss, was der nächste Morgen bringen wird.

Freitag - Pic des Chalanches, 2779 m Beim Frühstück ist der Himmel wieder einmal bedeckt; immerhin zeigen sich hier und dort einige blaue Löcher in der sonst grauen Wolkendecke.

So fahren wir voller Hoffnung nach Châ-teau-Queyras hinunter und biegen dort rechts ab in das Seitental des Torrent de la Rivière. Zu unserer Rechten laden die Hänge der Skistation La Chalp mit ihrer grossen Zahl von Seilbahnen und Schleppliften zum Pistenski-fahren ein. Auf der gegenüberliegenden Talseite bieten steile Felswände dem Kletterer bereits zu dieser Jahreszeit ideale Trainingsmöglichkeiten.

In Brunissard, dem letzten Ort vor dem Izoard-Pass, schnallen wir die Skis an. Ein kleines Nebental nimmt uns auf. Wir durchqueren nun jungen, lichten Föhrenwald, worauf uns der Weg in einer ausgesetzten Passage entlang einer gelben Felswand auf eine weite Hochebene führt. Vorbei geht es an den im Schnee ertrunkenen Sennhütten von Drataya und Clapeyto.

Das Wetter ist traumhaft schön geworden, mit einem wolkenlosen, blauen Himmel, einer leichten Brise und angenehmer Temperatur; dazu eine hartgefrorene Schneedecke, die den Aufstieg erleichtert. So kommen wir gut voran und erklimmen gegen Mittag zu Fuss die letzten Meter des Pic des Chalanches. Welch eine Aussicht! Aufragende Gipfel mit sanften Hängen und schroffen Felswänden, dazwischen tiefe Täler. Zu unseren Füssen Briançon und in der Ferne wieder der Monte Viso. Ein prächtiger Abschluss unserer Tourenwoche!

Ausklang Jeden Tag sind wir trotz ungünstiger Wetterverhältnisse losgezogen und haben dabei ein für uns neues Gebiet der Alpen entdeckt. Mit ihren relativ bescheidenen Gipfelhöhen zwischen 2800 und 3200 m und ohne Gletscher eignet sich die Region des Queyras ausge- Aus dem französischsprachigen Teil. Eigenübersetzung des Verfassers.

Brunnen im Winterkleid ( La Rua ) zeichnet für das Frühlingsskifahren. Wer die Einsamkeit sucht, kommt hier noch auf seine Rechnung. Mit Ausnahme eines Tages, wo eine Gruppe von fünf Skifahrern unserer Spur folgte, sind wir immer allein unterwegs gewesen.

Jetzt bleibt uns noch die letzte Abfahrt. Sulzschnee bedeckt die oberen Hänge. Weiter unten hat die starke Sonneneinstrahlung die winterliche Decke allerdings schon aufgeweicht, doch lassen sich im offenen Gelände weite Bögen ziehen. Nach den letzten Schwierigkeiten, der Passage unter den Alpaliar-Fel-sen mit ihren zahlreichen Lawinenkegeln, gleiten wir auf der Aufstiegsspur bis zu den Autos.

Auf der sonnigen Terrasse eines Cafés in Arvieux löschen wir den Durst. Der Wirt erkundigt sich in wohlklingendem südländi-schem Akzent nach unseren, im Verlaufe der Woche unternommenen Touren und weist uns auf weitere, weniger bekannte Skiberge und besonders interessante Abfahrten hin. Der Queyras bietet dem Skitourenfahrer wahrlich noch zahlreiche lohnende Möglichkeiten ' .Und bei 300 garantierten Sonnentagen im Jahr sollte der Erfolg einer Tourenwoche gesichert sein...

1 Literatur: Le Queyras, guide été/hiver, par Mathieu et Serge Antoine. Karte: Itinéraires pédestres et à ski, n° 10, 1:50000, massifs du Queyras et Haute Ubaye, Editions Didier & Richard. Führer: Le Haut Dauphiné à skis, d' André Bertrand, Editions Denoël.

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