Einige Notizen über photographische Aufnahmen im Hochgebirge | Club Alpino Svizzero CAS
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Einige Notizen über photographische Aufnahmen im Hochgebirge

Das Aufnehmen photographischer Ansichten auf beschwerlichen Hochgebirgsfahrten stellt bedeutende Anforderungen an die intellectuellen und hauptsächlich physischen Eigenschaften des Bergsteigers, besonders auf Touren ohne Führer oder Träger, wo das Mehrgewicht an Gepäck auf ihn selber fällt.

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Dieses und die beiden letzten Jahrbücher haben eine Menge meiner Aufnahmen in Licht- und Farbendruck gebracht, und es interessirt vielleicht den Einen und Andern, ein paar Worte zu hören über die Art, in der ich die Aufnahmen mache.

Alle im Jahrbuch veröffentlichten Bilder, überhaupt alle meine Aufnahmen in 13 X 18 cm sind mit dem rühmlich bekannten Aplanat B III von C. Suter in Basel gemacht. Meine Camera ist das Fabrikat von Rauser in Genf. Sie wird wohl sehr häufig in der Schweiz gebraucht. Sie ist von mittlerem Gewicht und wird nach meiner Ansicht gerade für den Gebrauch im Gebirge von keiner andern Camera übertroffen. Nur das System der Schiebedeckel der Plattenhalter, das übrigens fast alle europäischen Apparate zeigen, ist weit weniger gut, als das in Amerika gebräuchliche der steifen Deckel aus Blech zum vollständigen Herausziehen, welche nie undicht werden.

Die Camera von Rauser läßt sich über 50 cm ausziehen, und durch Wegschrauben der hintern Linse des Aplanates B III von circa 25 em Focus erhält man dann einen Apparat von 50 cm Focus. 25 cm Focus ist in den Schweizerbergen ein sehr guter Focus; in den engern Thälern der Selkirks wäre 20 cm besser gewesen. In der Schweiz habe ich bis jetzt stets Glasplatten verwendet, theils solche von Van Monkhoven, theils solche von Antoine Lunière ( rothe und gelbe Marke ). In der Schweiz exponirte ich nie mehr als 12 Platten in einem Tag, und nur einmal führte ich überhaupt noch eine Schachtel Reserveplatten mit. Das Gewicht von Glas ist zu bedeutend. Ich verpacke Camera und sechs Doppel-plattenhalter in eine parallelepipedische Schachtel aus steifem Stoff und hänge diese mittels eines Riemchens an den obern Tragring des Rucksackes, und zwar inwendig. Das Gewicht von 6 bis 7 kg. ist dann gut untergebracht, und der Apparat ist leicht zugänglich und trotzdem sehr gut geschützt. Bis jetzt habe ich mit dieser Camera auf Bergen keine Momentaufnahmen gemacht. Ich verwendete meist eine Blende von 2 mm Durchmesser Oeffnung und exponirte für 25 cm Focus auf die genannten Platten 1.5 bis 2.5 Secunden, auf 50 em Focus natürlich vier Mal mehr. Ein Stativ verwende ich nie, und das ist das Hauptgeheimniß der berg- mäßigen Photographie. Allerdings kann ich so auf horizontalen Schneefeldern nichts aufnehmen, und eine Zeit lang führte ich eine Vorrichtung mit mir, um den Apparat auf dem Pickel zu befestigen. Im Allgemeinen findet man stets einen Felsblock, eine Schnee- oder Eiskante, ein Steinmannli u. s. w., worauf man eine Camera stellen kann, die nicht gleich aus dem Leim geht. So ist auch die Gefahr der Winderschiitterungen ausgeschlossen, und bis jetzt habe ich wirklich noch kein einziges Bild wegen Unschärfe verloren.

Das Stativ vermißt man nur bei der Aufnahme panoramatischer Ansichten. Diese sind übrigens die werthvollsten. Bei Panoramen sollte stets eine kleine Wasserwaage ( circolare Libelle ) zu Hülfe gezogen werden. Das Drehen des Apparates um den Oeffnungswinkel, minus die Ueberdeckung der benachbarten Platten, erfordert äußerste Aufmerksamkeit, besonders bei heftigem Wind und kalten Fingern. Ich glaube, dies Drehen kann durch Anbringung eines eingetheilten Ringes am Boden der Camera sehr erleichtert werden. Doch es geht auch „ von Hand ". In den Selkirks sind mir viele Ansichten von vier und mehrere von sechs bis neun Platten gelungen. Als Entwickler habe ich öfters Hydrochinon angewandt; ich ziehe indessen Eisenoxalat vor. Die Hauptsache ist, daß man bei einem Entwickler, den man leicht herstellen kann, bleibt und nicht zu viel pröbelt.

In den Selkirks gestaltete sich das Photographiren anders. Schon wegen der Reise in Amerika und hernach nach Europa an sich war Glas zu unsicher und zu schwer. Ich wandte daher die erst neulich auf den Markt gebrachten 1 ) Platten aus Celluloid an, fabrizirt von John Car-butt,Wayne Junction, Philadelphia. Dieselben unterscheiden sich wesentlich von den Celluloidfilms der Eastman Company, welche in Rollen verkauft werden; die Carbutt'schen sind eher Bleche zu nennen. Sie haben die Eigenschaften der Elastizität, Zähigkeit, Durchsichtigkeit und des geringen Gewichtes im höchsten Grad, und sie schwinden und wachsen nicht, wie Papier. Sie sind etwa 15 Mal leichter als Glas. Leider hatte ich noch keine eigens dafür eingerichteten Plattenhalter, weshalb das Wechseln ein wenig zeitraubend wurde. Ich trug während vieler Tage außer Proviant und der Camera 12 Dutzend solcher Platten von 13 X 18cm Größe. Sie sind in dreifachen Enveloppen verpackt, und man kann sie wie aufgezogene Photographien per Post verschicken, ohne die geringste Gefahr des Brechens oder Zerreißens. Ich pflegte sie, selbst bei Tage, in einem weiten leichten Sack aus Kautschuktuch und unter einer doppelten Lage von Schlafdecken zu wechseln, ohne irgend eine Dunkellaterne. Ueberhaupt sind tragbare Dunkellaternen nie dicht und trocken. Bei einiger Besonnenheit und Uebung kann man das Licht sehr gut entbehren. Indessen einen Pinsel zum Abstauben der Platten kann man nicht entbehren, und ich empfehle seine Anwendung allerdringlichst. Einige Platten, die ich an einem sandigen Lagerplatz am Grand Glacier, Selkirks, gewechselt, sind durch kleine weiße Punkte entstellt, deren Ausfüllung zwar nicht schwierig, aber zeitraubend ist. Mehrere Platten litten auch offenbar durch Feuchtigkeit, welche sich in die Zwischenräume zwischen den eng auf einander liegenden Stücken hineinzog; manche Platten, mitten aus einer Menge ausgezeichneter heraus, am gleichen Ort exponirt, entpuppten sich als von untergeordneter Qualität. Das vier Wochen lange Herumschleppen in Hitze und Kälte, in Schnee und Regen, und die lange nachherige Reise haben ohne Zweifel auf einzelne Platten einen schlechten Einfluß gehabt. Alle sogleich entwickelten Platten waren ausgezeichnet. Zur Zeit habe ich etwa 90 von den über 200 in den Selkirks exponirten Platten vor mir, und nur eine einzige, wenig werthvolle, ist durch meine eigene Schuld verloren gegangen. Mein Ausschuß auf Glas in der Schweiz betrug in zwei Jahren etwa 6 % aller Aufnahmen, wovon fast 4 % durch Bruch. Auf Celluloid werde ich wahrscheinlich kaum 2 % verlieren.

Aus Allem dem erhellt die Bedeutung von Celluloid statt Glas für die photographirenden Bergsteiger. Ohne ein Gramm mehr zu tragen, kann ich statt ein Dutzend Glasplatten zwölf Dutzend Celluloidscheiben mitnehmen, und weiß, daß keine brichtIhre Behandlung ist mit der von Glasplatten identisch. Ob aber für die Zwecke des Bergsteigers doch vielleicht die dünnern aufgerollten Celluloidfilms der Eastman Company den Carbutt'schen Celluloiden vorzuziehen sind, möchte ich selber erst in Erfahrung bringen. Die letztern sind beim Entwickeln, Trocknen und Drucken entschieden leichter zu handhaben; erstere dagegen ermöglichen die Verwendung des sogenannten Rollenhalters, und es können mit einem solchen 50, ja 100 Aufnahmen gemacht werden, bis man eine neue Rolle von Film einsetzen muß; allein es ist auch möglich, durch den Bruch des Rollenhalters oder durch eine nie unmögliche Unvorsichtigkeit 50, ja 100 Platten zu verlieren.

In den Selkirks führte ich noch einen äußerst handlichen und nützlichen kleinen Momentapparat von der Firma C. F. Shew in London mit mir für Platten, auch Celluloid, von 3 ¼ X 4 ¼ Zoll englisch, welcher, rasch aus der Rocktasche gezogen und wieder eingepackt, für gelegentliche. Episoden ungemein brauchbar ist.

Das „ Amateurphotographiren " ist eine Modekrankheit; es ist eine äußerst leichte Art scheinbarer Kunst. Allein das Photographiren auf Bergen erhebt sich in verschiedenen Hinsichten über jenes, durch die wissenschaftlichen Zwecke, denen es dienen kann, und durch die Anforderungen, welche das Wandern im Hochgebirg an den Photographen stellt. Selbstgemachte Bilder sind schöne Andenken an manche frohe Bergfahrt, und es muß ein Genuß sein, sie nach Jahren wieder zu durchblättern und schönste Stunden noch einmal zu verleben.

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