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Erfolg am Malubiting

Hinweis: Questo articolo è disponibile in un'unica lingua. In passato, gli annuari non venivano tradotti.

Jerzy Hajdukiewicz, Zakopane ( Polen )

Am 23. August 1971, zwischen 14.30 und 16.30 Uhr, erreichen den Gipfel des Malubiting 1Auf der Höhe des Hochlagers III ( 6200 m ), am Nordgrat des Malubiting- Nordgipfels. Hinten der Spantik ( 7030 m ) 2Das 4,5 Kilometer lange Gipfel-Plateau des Malubiting, das mit Ski überquert wurde Photos Horst Schindlbacher West ( 7453 m ) der Reihe nach: Horst Schindlbacher ( 37 ), Hilmar Sturm ( 32 ), Hans Schell ( 33 ) und Kurt Pirker ( 27 ). Es sind die Teilnehmer der Österreichischen Himalaya-Karakorum-Expedi-tion, an welcher auch ich als Delegierter des Polnischen Bergrettungsdienstes auf Einladung und Kosten des Veranstalters teilnehmen durfte.

Wie kam es dazu? Hier möchte ich die Geschehnisse ganz kurz rekapitulieren. Unsere Expedition war die siebente, welche einen Ansturm unternahm auf das fünfgipflige Bergmassiv des Malubiting, das die Gletscher Chogo-Lungma, Barpu, Puparash und Baskai im Karakorum ( pakistanisches Baltistan ) überragt.

Reich ist die Geschichte der Angriffe auf den Malubiting, aber gleichzeitig auch voller Misserfolge und Katastrophen. Von sechs bisherigen Expeditionen können nur zwei auf ihrem Konto teilweise Erfolge buchen.

Die Frankfurter Karakorum-Expedition im Jahre 1955 erreicht nach Eroberung des Spantik ( 7021 m ) am Malubiting East ( 6971 m ) die Höhe von 6200 Metern. Dieser Gipfel wurde dann von der Army Mountaineering Expedition am 2. August 1959 von A.J. Imrie und J. Akhter erreicht. Nach dem tragischen Unglücksfall von Brian Ripley im Jahre 1968 zieht sich die Manchester-Karakorum-Expedition aus der Höhe von 6800 Metern auf dem Malubiting East zurück.

Das Jahr 1969 bringt den Durchbruch in der Erforschung des Malubiting. Die aus 4 Personen bestehende Polnische Karakorum-Expedition unter Leitung von Dipl.Ing. Ryszard Szafirski entdeckt den zugänglichsten Aufstieg auf Malubiting West ( 7453 m ).

Die Polen A. Heinrich, A. Kus und R. Szafirski besteigen am 8. Oktober den Malubiting North ( 6843 m ), und am Malubiting West erreichen sie die Höhe von 7100 Metern, werden aber durch fatalen Wetterzusammenbruch zum Rückzug gezwungen o. Oktober 1969 ).

Im Jahre 1970 erreicht die Münchner Karako-rum-Kundfahrt den Pass zwischen dem Malubiting East ( 6970 m ) und dem Malubiting Central ( 7291 m ) und an diesem Gipfel die Höhe von ungefähr 7000 Metern. Während dieser Expedition verunglückte in einer Eislawine Dr. Bernd Melzer.

Am Anfang des Sommers 1971 startet die Japanische Karakorum-Expedition aus Kyoto, welche den Sturm auf den Malubiting vom Baskai-Gletscher beginnt. Nach Verlust zweier Hunza-träger zieht sich auch diese Expedition zurück.

Die Österreichische Karakorum-Expedition 1971 erhielt anfänglich durch die pakistanische Regierung den wunderschönen Gipfel Laila ( 6985 m ) von seiten des Baskai-Gletschers zugeteilt, was von vornherein als aussichtslos zu bezeichnen war. Erst nach der Niederlage der Japaner und ihrem Rückzug vom Malubiting wurde dieser Gipfel unserer Expedition zugeteilt. Das Telegramm der österreichischen Botschaft erreichte Graz am 19.Juni, einen Tag nach meiner Ankunft in Wien. Mit zwei VW-Minibus-sen verliessen wir am 28.Juni Graz, um nach achttägiger Non-Stop-Fahrt in Rawalpindi, West-Pakistan, einzutreffen. Unser Weg führte über Belgrad, Sofia, Istanbul, Ankara und Kabul - insgesamt 7300 Kilometer.

Nach achttägigem Aufenthalt in Rawalpindi und der Erledigung sämtlicher Formalitäten ging es weiter mit drei Jeeps, dreieinhalb Tage lang, über den Babussar-Pass ( 4300 m ) und entlang dem oberen Indus bis Skardu, der Hauptstadt von Baltistan ( 18.Juli 1971 ), am nächsten Tag per Traktor 60 Kilometer bis ins Dorf Yuno, danach in dreitägigem Marsch zum Dorf Arandu ( 2765 m ), welches einige hundert Meter vom 43 Kilometer langen Chogo-Lungma-Gletscher entfernt liegt.

Entlang oder auch über den Gletscher ging 's dreieinhalb Tage lang von Arandu zum Basislager. Unsere Begleiter waren 31 Kulis; unser Expeditionsgut wog nicht ganz 800 Kilogramm. Auf dem Chogo-Lungma-Gletscher schlugen wir am 26. Juli drei Zelte in 4300 Metern Höhe auf, an der gleichen Stelle wie die polnische Expedition zwei Jahre zuvor.1 3 Hochlager IV ( 6550 m ) am grossen Plateau des Malubiting Photo Hanns Schell 4 Teilpanorama vom Gipfel des Malubiting, Hispar-Karakorum. Von l. nach r.: Trivor, Distaghil Sar, Khiangyang Kish; darunter, am r. Bildrand, der Spantik Photo Hilmar Sturm Acht Tage auf dem Polnischen Pass Nach einem Ruhetag ziehen wir zu fünft weiter. Im Basislager bleibt lediglich der Verbindungsoffizier Kapitän Mohammed Azad Khan mit einem Träger. Kapitän Azad begleitet uns ab Rawalpindi, immer hilfsbereit und ausgezeichnet seine Aufgabe ausführend.

Nach achtstündigem Marsch, vorerst über die Hänge von lockerem bräunlichem Schiefer und dann wechselnd zwischen Gletscherspalten, erreichen wir die Höhe von 5200 Metern, und dort, wo die polnische Expedition ihr zweites Lager hatte, schlagen wir mit einem Zelt unser erstes auf. Während der Gesamtdauer unserer Expedition hatten wir also ein Lager weniger als unsere Kollegen im Jahre 1969.

Fünf Tage lang dauert der Transport ins erste Lager, das Sprungbrett zu höher gelegenen Stützpunkten. Diesen unerhört beschwerlichen Weg mache ich dreimal mit Gepäck.

Am 4. August beginnen wir mit dem Sturm auf den Gipfel, und am 6. August sind wir alle im Lager 2 auf dem Polish Pass ( 5840 m ). Schindlbacher und Sturm legen drei fixe Seile über die felsige Stufe oberhalb des Passes an. Wir sind alle guten Mutes; doch da kommt der Wetterzusammenbruch - Nebel, Schneesturm, Wind.

Nach achttägigem Aufenthalt erfolgt der Rückzug zum Basislager. In ewiger Erinnerung werden mir diese acht Tage und Nächte im kleinen Sturmzelt « Giewont » bleiben, welches kaum noch die anfallenden Schneemassen tragen kann. Verpflegung und Brennstoff sind zu Ende. Im Nebel wird der Rückzug angetreten.

Ansturm Zum zweiten Ansturm brechen am 18. August vier Österreicher auf. Ich selbst bleibe im Basislager. Weshalb? Mit meinen 53 Jahren bin ich durchschnittlich 20 Jahre älter als meine Kollegen und mindestens 20% langsamer. Besonders ersichtlich ist dies dort, wo es keine technischen Schwierigkeiten gibt. Da drängt die jugendliche Kraft gewaltig voran. Mein Organismus regeneriert auch langsamer, und die acht Tage auf dem Polish Pass spüre ich in Mark und Bein. Der Sturm auf den Gipfel muss aber blitzartig mit neuer taktischer Variante erfolgen, bei wechselbaren Lagern oberhalb des Polnischen Passes.

Um den Gipfelsturm nicht zu verzögern, da der Erfolg der Expedition das Wichtigste ist, werden eigene Ambitionen tief und schmerzlich in die Tasche gesteckt. Dieser Entscheid wurde mir selbst überlassen, und mein Gewissen sagte mir, dass dies das einzig Richtige sei.

Das Wetter bessert sich. Am zweiten Tage nach Verlassen des Basislagers erreichen die Österreicher den Polish Pass, und am dritten Tag überklettern sie mit Hilfe der fixen Seile die felsige Stufe. Dann wird auf dem Grat des Malubiting North Lager 3 ( 6200 m ) aufgeschlagen.

Am vierten Tag traversie ren sie rechts unterhalb der riesigen Gletscherspalte, welche das Great Malubiting Plateau durchzieht, und schlagen zwei Sturmzelte des Lagers 4 ( 6550 m ) auf.

Von dort aus sind es noch 850 Höhenmeter bis zum Gipfel, wobei drei Kilometer über ein leicht geneigtes Plateau führen. Schindlbacher — Leiter der Expedition - sowie Sturm und Schell haben Kurzski dabei. Pirkner, nachfolgend, sinkt bis zu den Waden im Kristallschnee ein. Auf halber Distanz übergibt Sturm seine Ski Pirkner. Die Ski werden 100 Meter unterhalb des Passes zwischen dem Malubiting Central und Malubiting West zurückgelassen. Der Gipfelweg vom Pass aus gibt keine Probleme auf: Der Kamm ist breit, der Schnee phantastisch. Endlich - Gipfel und Erfolg! Ideales Wetter. Hilmar Sturm verbleibt in Hemdsärmeln zwei Stunden lang auf dem Gipfel.

Ende einer Epopöe Und so endete am 23. August 1971 zwischen 14.30 und 16.30 Uhr die grosse Epopöe der Kämpfe um den Malubiting, welche 16 Jahre dauerte. Wir müssen anerkennen, dass Polen hierbei eine ausschlaggebende Rolle spielte, indem Dipl.Ing. Szafirski und seine Mannschaft den taktisch einzig vernünftigen Aufstiegsweg entdeckten. Nach der polnischen Expedition 1969 war der Erfolg auf den Malubiting nur noch eine Frage der Witterung sowie einer gut eingespielten Mannschaft.

Vom Gipfel geht es zum Lager 4. Die drei Kameraden fahren Ski, Pirkner stampft hinterher. Am nächsten Tag wird der Abstieg bis zum Polish Pass und von dort am 25. August direkt bis zum Basislager bewältigt. Nach Räumung des Lagers i verlassen wir am 29. August den Basisstützpunkt. In anderthalb Tagen ziehen wir gemeinsam mit 16 Kulis nach Arandu und von dort in drei Tagen bis Skardu.

Der Abstieg ist für Hilmar Sturm der reinste Leidensweg von Golgatha. Eine Fussstich-wunde, bewirkt durch Einschlag des Steigeisen-zackens, macht ihm sehr zu schaffen. Der Fuss schwillt, eine Fussphlegmone droht. Auf zwei Skistöcken hinkend, geht er weiter. Ich folge Hilmar wie ein Schatten, fünf Tage lang Peni-cillin einspritzend, sei es auf dem Gletscher, in Busch oder Feld. Mit Hilfe von zusätzlichen anderen Medikamenten, wie Vibramycyn und Sulfamiden, wird die Hauptgefahr gebannt.

In Skardu erwarten uns nicht gerade erfreuliche Nachrichten. Die Flugverbindung mit Rawalpindi ist bereits seit Tagen unterbrochen, die einzige Strasse entlang dem Indus infolge von Überschwemmungen und Zerstörungen blockiert. Eine dritte Möglichkeit besteht nicht...

Am B. September - nach fünftägigem Warten auf das Flugzeug - treffen wir endlich in Rawalpindi ein.

Zwei Tage verbringen wir noch in Pindi; dann geht 's mit unseren VW-Bussen zurück Richtung Europa. Am Montag, dem 20. September, sind wir wieder in Graz.

Wie ich über das Malubiting-Unternehmen urteile? Es war eine gutvorbereitete und konsequent durchgeführte Kleinexpedition - ein bemerkenswerter Erfolg durch fachmännische Arbeit.

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