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Frühlingsfahrt zum Gross Ruchen

Hinweis: Questo articolo è disponibile in un'unica lingua. In passato, gli annuari non venivano tradotti.

Mit 3 Bildern ( 72-74Von Rob. Schönbächler

( Zürich ) In der Reihe der prächtigen Frühlingstouren im Urnerland nimmt sicher die Ruch Chalen-Gross Ruchen-Tour einen der schönsten Plätze ein. Wie kaum anderswo bietet sie dem begeisterten Frühlingsskifahrer oft bis über den Mai hinaus frohe Fahrt über gut 1600 m Höhendifferenz. Diese ausserordentlichen Verhältnisse in einem den Voralpen angrenzenden Gebiet mögen den Grund in dem nach Nordwesten orientierten Lauweli, dem Auslauf der Ruch Chälen, sowie im dortigen hehren Sonnenschirm, gebildet von der Nordwand des Ruchen bis zur Gross Windgällen und dem Kranz der Berge östlich des Bälmeten haben. Unterschächen, das letzte Dorf der Urner Seite am Klausenpass, weist den Weg ins wilde Brunnital und zur 400 m höher gelegenen Alp Brunni, woselbst zwar keine gastliche SAC-Hütte Unterkunft bietet, sich aber beim alten Kaspar Schuler in einfacher Weise und bei von Herzen kommender Gastlichkeit übernachten lässt. Und wenn anderntags dem frohgelaunten Berggänger ideale Schneeverhältnisse in der Chäle und gutes Wetter beschieden sind, dann trägt er am Abend mit besonderer Genugtuung und lauterem Herzen seine Bretter wieder das schöne Brunnital hinaus.

Mit Velos, Rucksack und Sommerski hatten wir Mitte Mai Unterschächen erreicht. Gerne liessen wir dortselbst unsere staubigen, dann und wann doch recht mühsamen Vehikel in einem der Heuschober stehen, um den sanft ansteigenden Weg zwischen aufblühenden Wiesen und durch den würzigen Nadelwald ins Brunnital anzusteigen. Zuhinterst im Brunni, unweit der steil aufgerichteten Nordwand von Gross Ruchen und Gwasmet, fanden wir freundliche Aufnahme und stille Kameradschaft bei Kaspar Schuler in seiner einfachen Älplerhütte. Wie hatten wir dort Freund Kaspar und seinem zu ihm auf Besuch gekommenen Urner Landsmann während dem Zvesper gelauscht, als sie die in der Talschaft lebenden Geissböcke in ihrem urchigen Dialekt wertschätzten. Alles hatten wir zwar nicht verstanden, was sie einander sagten, doch konnte aus ihren rauhen, unzweideutigen Gebärden unschwer die Meinung abgeleitet werden. Beizeiten verzogen wir uns dann in den nebenan liegenden Gaden, wo uns Kaspar am frühen Morgen zuverlässig zur abgemachten Zeit aus dem Heu klopfte. Im Herd prasselte bereits Feuer, wie wir in seine Hütte traten. Eifrig, und doch gemächlich, werkte Kaspar an unserem Morgenkaffee. Wir spürten, er hatte Freude, uns bei dem herrschenden guten Wetter beizeiten wegzubringen.

Als die Dämmerung mit ihrer letzten fahlen Bläue einem mit ganzer Schönheit anbrechenden Tag vollends Platz gemacht hatte, zischten wir auf unsern Sommerski mit den angebrachten Harschzähnen bereits in weitausholenden Serpentinen im Gleichschritt die harte Chäle hinauf. Geblendet standen wir nach dem Ausstieg von den obersten Chälenfelsen auf dem Ruchenflrnplateau. Ein grossartiger Firnspiegel leitete hinüber zum Gross Düssi mit seinen drei prächtigen Felsgräten und nach rechts zu Gross Ruchen und Gross Windgällen. Mit unserem Weiterwandern öffnete sich der Bergzirkus rund um das Hüfibecken immer mehr, und wie wir die leichten Gipfelfelsen des Gross Ruchen noch erklommen, befanden wir uns auf einem der schönsten Aussichtspunkte des Urnerlandes. In Licht und Schatten standen sie da, die so geliebten Ski- und Kletterberge beidseits des Maderanertals und ennet dem Reuss- und Schächental. Genügend Zeit und ein warmes Rastplätzchen an der Sonnenseite ermöglichten uns wieder einmal ein ausgiebiges « Weisch no säb Mal? » in mancher Richtung zu deuten. Wiederum kam uns zum Bewusstsein, dass doch mancher Die Alpen - 1955 - Les Alpes9 Grat und Gipfel des vor uns liegenden Panoramas nur Wunschtraum des Ersteigen wird sein können.

Noch lange liessen wir die glitzernde Umwelt mit den kontrastierenden schwarzen Felsgraten, den im Schatten liegenden Bergflanken und den aus dem Tal heraufgrüssenden Alpweiden auf uns einwirken. Dann stiegen wir unter Sicherung mit unserer Reepschnur zum Skidepot ab. Nach Auftragen eines guten Schusses Naßschneewachs auf unsern Latten legten wir alsbald den ersten Schwung ins Ruchenfirnplateau und fügten demselben noch deren viele hinzu, bis wir uns am Eintritt zur Ruch Chälen befanden. Zwischen einigen Felsgruppen hindurch schwenkten wir alsdann in die prächtige Rinne, deren mehrere hundert Meter Länge und respektable Steilheit im oberen Drittel wohl ihresgleichen suchen dürfte. In zirka halber Höhe erreichten wir eine Zone von total durchweichtem Naßschnee, der an die nur 1,40 m langen Ski und unser Können ausserordentliche Ansprüche stellte. Spitzkehren verhalfen uns aber auch hier wieder einmal in tiefere Regionen, woselbst die Unterlage wieder festgepresst war. Bald tauchten neben uns die ersten aperen Felsrücken und daneben vom Schmelzwasser durchtränkte Grasplätzchen auf. Krokusse und Soldanellen streckten ihre Köpfchen aus dem alten, fahlen, wohl erst vor wenigen Tagen vom Schneedruck befreiten Grasteppich hervor, über den wir von Schneefeld zu Schneeflecken glitten.

Nach nochmaliger Einkehr beim lieben Kaspar wanderten wir durchs Brunnital auswärts. Noch einige Male stellten wir Ski und Rucksack ab und schauten zurück über die schwarze Nordwand des Gross Ruchens zu seinem leuchtenden Firndach. Überaus saftiges Wiesland an sonnigen, tieferen Lagen erinnerte uns auf der Heimfahrt daran, dass es wieder einmal die letzte Fahrt mit den Ski vor einem neuen Sommer und dann folgendem Winter war... und wir freuten uns auf die kommenden Sommerfahrten.

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