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Gletscherfahrten

Hinweis: Questo articolo è disponibile in un'unica lingua. In passato, gli annuari non venivano tradotti.

Von Alfred Flückiger.

In meiner Firne feierlichem Kreis Lagr'ich am schmalen Felsengrate hier, Aus einem grünerstarrten Meer von Eis Erhebt die Silberzacke sich vor mir.

C. F. Meyer.

Gletscher — fliege einmal bei tinteblauem Himmel über die BergeGletscher sind das Berückendste, das die Alpen vor unsern Wunderaugen hinbreiten können. Lauter glitzrige Herrlichkeiten! Sie mahnen uns aus der Höhe an langschmale Blattzungen riesiger Edelweiss.

Gletscher? Ein übriggebliebenes Stück Winter! Letzter, hartkrustiger Schnee; eine weite Wanne voll herunterbrockenden Eises, mehr oder weniger zerschrundet und ausgelaugt; beharrlich sich behauptend im ausgemachtesten Sommer. Die Schweiz ohne Gletscher zu denken — unmöglich!

Es gibt Berggänger, denen alles ellenlanggleich ist: Alpenrosenplätze, gerissener Fels, überwältigende Aussicht! Nur über Gletscher soll einer nicht versuchen mit einer Wimper zu zucken. Gletscherfahrer bedeuten unter den Bergsteigern eine besondere Gilde. Sie sind eine Art Epikureer, alpinistische Feingeniesser und — so selten heuteRomantiker der Seele, die dem Gletscher ihre Schönheitsschwärmerei entgegenbringen wie Paddler dem Wildwasser und Skiläufer ihrem Leibberg. Ja, das ist 's.

Sicher: ein befreiendes Gefühl — aus Glut und Staub der Stadtstrassen-kännel herkommend —, unversehens körnigen Firnschnee, knisterndes Eis mit den Füssen zu treten! Statt Glut und Hitze Eisfrische und Schneekühle; statt menschlichen Gehetzes Stille und Weite, dann und wann darin eine fliegengrosse Eisspinne, ein einsames Pärchen Schneehühner und eine leichte Handvoll schönheitsdurstiger Wanderer schwelgend in feriensüsser Arbeits-leere.

Gletscher verstehen, uns mit ihren hundertfältigen Stimmungen zu locken. Ist der Himmel schneetrüb, sturmüberzogen, dann scheint der Gletscher eisengrau, bleiern, stumpf und farblos. Seine Spalten gähnen hechtgrau wie Fischmäuler, hundertklafterweit und menschenhungrig. Zieht Nebel über das grau-sudelige Eis herab, narren uns die Gletscher, verlocken uns in die kniffligsten Gänge, lassen uns verhext über teufelsfreche Schneebrücken irren. Aber uns ist so herrlich satt und wohl dabei.

Zuckt gar Sonne über dem Eise, glüht des Gletscherfahrers Herz auf wie purpurner Mohn. Dann wird der schlafende, verträumte Gletscher munter; er erwacht und blendet uns die Augen wund vor lauter Pracht, blendet mit seeblau und ozeangrün angelaufenen Eisspiegeln. Perlend lässt er das goldene Sonnenlicht über seinen Leib hinunterrieseln, lässt es bis auf den frostigsten Eisgrund hinuntertropfen.

VIII17 Stolze, strebende Türme aus getriebenem Silber takeln im stechenden Sommerlicht ab wie ein menschliches Wrack; zerrinnen, zerfurchen, werden alt und mild. Unser Ebenbild! Riesige Eisblöcke starren durcheinander geschmissen. Bogen und Tore und Grotten öffnen und schliessen sich, daran gedrechselte Eiszapfen wie Vorhangquasten herunterstechen. Schlankes Gefröre mit diamantheller Durchsicht, das trocken klirrend zerscherben kann wie edle Weingläser! Türme, Blöcke, Nadeln, Gänge und Höhlen aus dem verwunschenen Reich des Traumes, aus einer faustischen Welt des Verwandeins, Verzauberns, Zertropfens. Das selige Reich des Gletscher-fahrersIch habe dabei oft an einem Rätsel herumgegrübelt zu Nutz und Frommen eines jeden. Warum gibt es keine ärztlichen Befehle: Alljährlich — zur Zeit des Stadtschirokkos —vierzehn Tage lang Einschlürf en von Gletscherluft? Wäre das nicht die seligste aller Vorschriften?

Untergehen, untertauchen, versinken in frischest gelieferter Gletscherluft wie in einem hochbauschigen Berge von Schaum; das Rieseln und Perlen des Milchbaches in den Ohren.

Gut. So sei 's! Futtern, einschlürfen, trinken in langen, wohligen Zügen von prickelnder Gletscherluft, wie es die Gletscherfahrer tun, diese unverbesserlichen Geniesser. So dürfte jeder dem Leben auf den innersten Nerv kommen. Einem jeden müsste weit und jubelnd zugleich die Schönheit des Weltdaseins neu aufgehen!

Oder nicht?

Besteigung des Huascaran in Peru.

Berichtigung.

Im Aprilheft von « Die Alpen » 1932, Seite 135, hat Friedrich Ahlfeld einen Irrtum begangen, indem er sagt, dass die Amerikanerin Miss Peck mit ihren Schweizer Führern Rudolf Taugwalder und Gabriel Zumtaugwald den Gipfel des Huascaran nicht erreicht habe.

Unterzeichneter sieht sich daher veranlasst, die Tatsache hier festzustellen: Der Nordgipfel des Huascaran ( 6650 m ) wurde von den drei Obgenannten anfangs September 1908 bestiegen.

Zermalt, 3. Mai 1932.Gabriel Zumtaugwald, Führer.

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