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In den Wassern sind alleTugenden

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Hermann Kornacher, D-UnterpfafFenhofen

oder: Frischer Wind im alpinen Heilgarten Graubündens Bevor noch die kreatürliche Furcht vor den himmelhohen, schneebedeckten Bergen im Menschen sich zur forschenden Neugier wandelte, war er doch schon ein häufiger Gast bei den Gesundbrunnen des Alpenlandes. Schon die ersten bescheidenen Badehäuser über den heilenden Quellen waren Stätten einer wahrhaft hilfreichen Gastfreundschaft, wo man sich Stärkung und Heilung von den Kräften und Säften der Natur erhoffte.

Rund 250 Heilquellen sprudeln heute in der Schweiz. Gemessen an der Kleinheit dieses Alpenlandes, ist das viel. Und nicht den geringsten Anteil an diesem Reichtum hat der selbst wieder fast nur aus Gebirgen bestehende Kanton Graubünden. Einige dieser Brunnen waren ja schon sehr früh im Gebrauch; in St.Moritz z.B. badeten bereits die Römer. Andere wieder wurden im späten Mittelalter als Volks- und Bauern-bäder benutzt. Doch viele dieser Quellen gerieten, überschattet vom Ruhm stärkerer Heilwäs-ser, wieder in Vergessenheit. Trotzdem haben gerade im Bündnerland verhältnismässig kleine Badeorte ihr Renommee bis in unsere Tage hinüberretten können. St.Moritz-Bad zum Beispiel oder Andeer und Bad Vals, Val Sinestra, Scuol natürlich und Passugg.

Man wird allerdings den schweizerischen Heilbädern und vorweg denen im Bergland Graubündens nicht gerecht, wenn man sie nur als Stätten betrachtet, an denen ausgesprochen kranke Menschen Heilung von ihrem Leiden suchen und finden können, besitzen doch gerade die Heilbäder im Gebirge dank ihrer klimatologisch bedingten intensiven Reizfaktoren weiterreichende Möglichkeiten. Eine Heilkur in diesem Klima hat eine Allgemeinwirkung auf den Organismus, und zwar nicht nur auf den kranken, sondern im gleichen Mass auch auf den erholungsbedürftigen und gesunden.

Von dieser unspezifischen Heilwirkung der mehr nebenher genossenen Klimakur hat man in den Badeorten Graubündens von jeher gewusst, man hat sie unbewusst mit in Rechnung gestellt, obwohl sie die Badbesitzer und Kurdirektoren praktisch keinen Rappen kostete. Andererseits haben aber die Einrichtungen für die anderen beiden Kurmittel in den seltensten Fällen mit der neuesten Entwicklung auf dem baulichen Sektor, auf dem Gebiet des Fremdenverkehrs sowie der medizinischen, sanitären und hygienischen Anlagen Schritt gehalten. Mit heruntergekommenen, lieblos renovierten Badehäusern und gelbfleckigen Badewannen ist nun einmal kein Staat zu machen.

« Opas Kurort ist tot - es lebe das Rehabilita-tionszentrum! » - Unter dieser Devise ist jedoch das Selbstbewusstsein zumindest der grösseren Badeorte gerade in den letzten Jahren wieder gewaltig gestiegen, nicht nur in der Schweiz. Unter dem Einfluss der Sozialmedizin wird neuerdings die zeitgemässe Aufgabe der Heilbäder mit den Stichworten « Prävention » und « Rehabilitation » umrissen. Vorbei ist die Zeit, da man ein Bad wie ein Medikament nahm. Auch die « ortsgebundenen Kurmittel » werden ja immer weniger im Sinne einer Arzneimittelbehandlung bestimmter Krankheiten angewandt, seit die « aktive Kur » auch in den alpenländischen Heilgarten eingezogen ist.

BAD VALS Bad Vals zum Beispiel — es « liegt am Ende der Welt, aber am richtigen! » - könnte zum Prototyp eines modernen alpinen Rehabilitationszentrums werden, das aus den Resten eines ehemals renommierten Heilbades erwachsen ist. Denn wo schon vor 3000 Jahren Menschen Linderung in ihren Leiden suchten, wo ab 1893 das alte Kurhaus Therme mit 60 Betten und einem Badehaus allsommerlich recht und schlecht seinen Dienst tat, da wartet seit Weihnachten 1970 ein modernes Kurzentrum mit fünf Haupt- und einigen Nebengebäuden auf Gäste aus aller Welt. Vor allem natürlich wird das « Valser Wasser » für Trinkku-ren, Badekuren und zur Inhalation verwendet. Mit seinen 250 Celsius ist es jedoch auch wichtigster Bestandteil des ersten modernen Kneipp-Thermal-Mineral-Heilbades der Schweiz sowie des ersten hochalpinen Thermal-Mineral-Wel-len-Freischwimmbades der Alpen.

Bad Vals, als Kurzentrum basierend auf Hydrotherapie, Kneippkur, Thermal- und Mineralbad, schliesst mit dieser einmaligen Kombination eine wichtige Lücke im schweizerischen Bäderwesen. Zudem ist es die einzige Therme Graubündens, deren Heilwirkung durch das stärkende Reizklima der über 1200 Meter hoch gelegenen Talschaft unterstützt wird. Wichtiger Bestandteil der physikalischen Therapie ist in Bad Vals die Bewegungstherapie im Hallenbad und im Wellenbad, bei Gymnastik und an Fit-nessgeräten, bei dosierten Spaziergängen, auf Wanderungen und Bergtouren. Die Voraussetzungen dafür sind in Bad Vals ideal: eine reizvolle alpine Landschaft, der die hochaufragenden Berge ( über 3000 m ) des Adulamassivs das Ge-prägegeben.

Im Kurzentrum von Bad Vals umgibt nicht « steriler Spitalgeruch » die Gäste, sondern die angenehme, ja vornehme Atmosphäre eines komfortablen Erholungsparadieses fern der grossen, lauten Welt. Hervorragende internationale Küche bei erträglichen Preisen, dazu Sonnenterrassen, mehrere Bars, Kegelbahn, eigene Läden usw.

700 Betten stehen im Kurzentrum zur Verfügung, der grösste Teil davon in 345 recht komfortabel eingerichteten Hotelappartements. 500 Gästebetten hat das nahegelegene Vals-Platz ( drei Gasthöfe, ein Hotel, mehrere Pensionen, zahlreiche Privatquartiere ) zu bieten. In absehbarer Zeit sollen es 2000 bis 3000 sein. Es wird viel gebaut in Vals, auch an der Zufahrtstrasse. Im Dorfjedoch, das mit seinen dunkelbraunen, gra-nitplattengedeckten Holzhäusern seinen Walser Charakter noch weithin bewahren konnte, baut und plant man in eigener Regie. « Der Walser Boden ist zu kostbar, als dass man ihn nach auswärts verkaufen dürfte. » PASSUGG Wie die ergiebige St.Petrus-Quelle in Bad Vals sind auch die Wasser zu Passugg unweit Chur schon in alten Zeiten Ziel von Heilungsu-chenden gewesen. Breit hingelagert liegt in 830 Meter Meereshöhe der Bau des Kurhauses auf einer grünen Hangterrasse hoch über der rauschenden Rabiosa, direkt im Keil der vielbefahrenen Verkehrswege nach Arosa und zur Lenzerheide. Dank eines guten « Windregimes » ist das Klima mit seinen subalpinen Heilfaktoren angenehm erfrischend. Zahlreiche Spazierwege im Umkreis ermöglichen die Terrainkur als ideale Ergänzung zur Bade- und Trinkkur.

Im Rahmen einer längst fälligen Erneuerung und Erweiterung der Kuranlagen von Passugg wurde auch die Modernisierung der Abf ulianla-gen - heutiger Tagesausstoss 100000 Flaschen -in Angriff genommen, zumal die Nachfrage nach dem begehrten Passugger Mineral-Tafelwasser die vorhandene Kapazität seit 1958 weit überstieg. Abhilfe konnte hier durch den Neubau der durch die Passugger Heilquellen AG übernommenen Mineralquelle Rhäzüns erreicht werden. Auch hier wurde der ganze Reinigungs- und Ab-füllprozess vollautomatisiert. Die Stundenleistung beträgt heute 20000 Flaschen, an denen neben dem eigentlichen Mineraltafelwasser allerdings auch die Rhätisana-Süssgetränke einen grossen Anteil haben.

ANDEER UND ZILLIS Am Hinterrhein liegt in 1000 Meter Meereshöhe das alte Mineral- und Moorbad Andeer. Seit Jahrunderten durch seine von Pignia her- übergeleitete « subthermale, eisenhaltige Kalzi-umsulfatquelle von 20° C » bekannt, ist Andeer schon seit 1968 ein « Badekurort ohne Bäder ». Die Türen zum Bädertrakt sind verschlossen, die Badeinstallationen rosten leise vor sich hin. Mit dem zwei Jahre dauernden Umbau des Kur- und Badehotels Fravi ( 1969 ) war als zweite Bauetappe die längst fällige Modernisierung des Badetrakts vorgesehen. Infolge nicht vorherseh-barer Baukostenüberschreitungen musste jedoch die Bädersanierung auf unbestimmte Zeit zurückgestellt werden. Und dies, obwohl der Kraftwerksbau in der Roflaschlucht und der Bau der das Dorf nun südlich umgehenden Nationalstrasse N 21 sowie der sprunghaft anwachsende Tourismus dazu beigetragen haben, dass sich zumindest das Gastgewerbe in Andeer sanieren konnte.

Da aber ein noch länger andauernder Ausfall der Kurmöglichkeiten den Gesamthaushalt des Ortes arg beeinträchtigen würde, soll nun eine Bädergesellschaft versuchen, den Neubau eines Bäderzentrums in die Wege zu leiten. Vorgesehen sind acht medizinische Einzelbäder, 18 Einzelka-binen, eine Ruhehalle, ein Inhalationsraum und eine Sauna für acht Personen. Später wird dann auch noch ein Hallenschwimmbad mit den Ausmassen 25X1 o Meter dazukommen. Gleichzeitig soll die Zahl der Gästebetten in Andeer ( zur Zeit knapp 500 bei etwa 1000 Einwohnern ) auf mindestens 2000 bis 3000 auch winterfeste Betten erhöht werden; denn der geplante Ausbau ist ja nur dann sinnvoll, wenn der Betrieb auch auf den Winter ausgedehnt werden kann. In diesem Zusammenhang denkt man an die Erschliessung des Schamser Berges mit den Dörfern Wergenstein und Mathon für den Wintersport. Hier wird eine enge Zusammenarbeit mit dem Nachbarort Zillis nötig werden, das gleichzeitig mit dem Aufbau eines grosszügig dimensionierten Wintersport-und Badezentrums ( mit Hallenbad ) und vorerst 850 Fremdenbetten begonnen hat. Es wäre gut, wenn man in diesem Falle einmal ohne Konkurrenzneid und ohne ortsegoistische Scheuklappen an diese grosse und gemeinsame Aufgabe heran-ginge.

ST. MORITZ-BAD Bergsteigen und Heilbaden - Badekur und WintersportLetzteres dürfte möglich werden, wenn der geplante Um- und Neubau des Badezentrums in St. Moritz-Bad vollendet sein wird. Denn vorerst bleiben die Türen zum langgestreckten Badehaus den Winter über noch geschlossen. Die Neukonzeption des weltberühmten Heilbades am St. Moritzer See sieht Neubauten für ein Kurmittelhaus, ein Schwimmbad, eine Trinkhalle, eine umfangreiche Therapie- und Bäderabteilung für Kohlensäure- und Moorbäder sowie die Einrichtungen für das erste Kneipp-Bad der Schweiz vor. Das Projekt, Kostenpunkt etwa 20 Millionen Franken, soll bis 1975 realisiert sein.

SCUOL-TARASP-VULPERA Eingebettet zwischen die wildzerrissenen Gipfel der « Unterengadiner Dolomiten » und die Gletscherberge der Silvrettagruppe, liegt sonnig und windgeschützt Bad Scuol-Tarasp-Vulpera. Das milde Alpenklima, das tiefe Himmelsblau und die ungemein reiche Vegetation verraten die südliche Nachbarschaft. Malerische Dörfer mit uralten, oft reich verzierten Häusern zeugen von der frühen kulturellen Blüte des Unterengadins, das seit jeher ein Zentrum der romanischen Sprache und Kultur gewesen ist. Wohl kaum ein Alpenwinkel ist von der Natur mit einer solchen Fülle heilkräftiger Quellen versehen wie gerade Scuol mit seinen jenseits des Inn gelegenen Trabanten Tarasp und Vulpera. Zwischen dem Gneis der Silvretta und dem Dolomitgestein der S-charl-Decke hat die Erosion die unteren Schichten des typischen Bündner Schiefers aufgedeckt. Durch diesen vom Druck der Alpenauffaltung zerquetschten Schiefer steigen nun die heilenden Wasser aus der Tiefe nach oben. Wo sie an die Oberfläche gelangen, sind sie reich beladen mit mineralischen Salzen und Säuren, so dass sie mühelos zwei Dutzend Quellen und dazu noch Dorfbrunnen und Viehtränken speisen können. Nur die acht ergiebigsten, darunter die einzige Glaubersalzquelle des ganzen Alpenraums, sowie verschiedene mit natürlicher Kohlensäure gesättigte Eisensäuerlinge werden für Trink- und Badekuren verwendet. Das Klima dieser 1250 Meter hoch gelegenen Kurorte vereinigt die schonenden Faktoren subalpiner Regionen mit den anregenden Reizfaktoren der eigentlichen alpinen Stufe. Reichtum an Sonnenschein, Armut an Regen, grosse Lufttrockenheit und windgeschützte Lage gehören zu den Hauptcharakteri-stiken dieses Kurgebiets. In der schweizerischen Bäderstatistik liegt Bad Scuol-Tarasp-Vulpera mit über 150000 Nächtigungen pro Jahr immerhin an vierter Stelle, nach Bad Ragaz, Baden und Leukerbad. Scuol-Tarasp-Vulpera zählt jedenfalls zu den sechs Heilbädern der Schweiz, in denen dank der Anerkennung als « Heilklimati-scher Kurort » Trink- und Badekuren mit Klima-und Terrainkuren verbunden werden können. Dem entsprechen ja auch die Möglichkeiten für Wanderungen, leichte und schwere Bergtouren in der Umgebung des Badeortes. Auf der neuen, durch die Spöl-Kraftwerke gebauten Strasse ist man z.B. schnell in S-charl, dem Ausgangspunkt für grossartige Wanderungen in und am Rande des Schweizer Nationalparks. Mit der Gondelbahn schwebt man rasch hinauf zur Höhenterrasse von Motta Naluns ( 2136 m ).

Um nun diesem gesteigerten und in den nächsten Jahren sicherlich noch anwachsenden Bedarf gerecht zu werden, hat sich die Direktion des « Engadiner Hofes » - nach der Wiedereröffnung des « Belvedere », eines der grossen Häuser am Platze — entschlossen, den bisher bestehenden Hotelkomplex mit Trink- und Badehäusern zu einem supermordernen Kur- und Ferienzentrum umzubauen.

Frischer Wind im alpinen Heilgarten Graubündens!

t Tadat; im Hintergrund Biginussen ( 4002 m )

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