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Matterhorn

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DER GIGANT VON ZERMATT VON FRITZ LÖRTSCHER, BERN

Mit 1 Bild ( 93 ) Schon die Fahrt in die gewaltige Bergwelt des Zermattertales war ein Erlebnis. Die meisten Viertausender der Schweizer Alpen türmen sich hier als ragender Wall aus Fels und Eis zum Himmel, wie wenn sie sich schützend um dieses Tal stellten. Nachdem die rote Bahn in die « Gare » von Zermatt eingefahren war, schritten wir vorerst die Front der vielen Hotelboys, die sich in einer langen

Reihe aufgestellt hatten, ab. Doch keiner wollte uns den schweren Rucksack abnehmen! Es wäre nett gewesen, sich unter die internationale Schar der Kurgäste zu mischen. Allein, wir konnten nicht verweilen, wir mussten weiter, der Berg der Berge lockte und zog uns in seinen Bann. Beim Kirchplatz ging es vorbei, wo noch eine schlichte Erinnerungstafel das Haus bezeichnet, wo die Taugwalder gewohnt haben, die Edward Whymper bei der Erstbesteigung des Matterhorns am 14. Juli 1865 begleiteten.

Nach der Brücke, ennet der Vispa, sahen wir unser Ziel, den kühnen Obelisken am Horizont, dessen Silhouette zum Symbol des Hochgebirges geworden ist.

Dann stiegen wir mit der silbernen Kabine in lautloser Fahrt über die verträumten Weiler Winkelmatten und Blatten zur Zwischenstation Furi, dann nach dem Umsteigen über Hermettje nach Schwarzsee an den Fuss des Matterhorns hinauf, das da so nahe steht, dass man ehrfürchtig-staunend es mit der Hand zu berühren glaubt. Bescheiden klein wird der Mensch, wenn er den eindrucksvollen Kranz der majestätischen Viertausender betrachtet.Die Luftseilbahn Zermatt-Schwarzsee machte es uns möglich, die 980 m Höhendifferenz zu Fuss zu überwinden zu ersparen. Besonders beim Abstieg ist mancher über diesen Lufttransport froh.

Es war ein heisser Sommertag. Unversehens traten wir aus der schattig-kühlen Endstation hinaus ins warme Licht, das wundersam von den Gletschern zurückstrahlte. Nach der langen Bahn- und Kabinenfahrt war männiglich froh, den breiten Hüttenweg, vorbei am idyllischen Schwarzsee mit der Kapelle « Maria zum Schnee », unter die Füsse zu nehmen. Auffällig war, dass an diesem vielbegangenen Höhenweg zur Hörnlihütte fast keine Blumen mehr anzutreffen sind. Schon waren wir am kleinen Kreuz vorbei, kamen auf das « Hirli » ( 2872 m ), wo wir gerne eine Rast einschalteten.

Während die Schatten länger wurden und dem Talhang entlang krochen, erreichten wir im Dämmerlicht die Hütte auf 3260 m, wo uns Hüttenwart Mäthaus Kronig nicht gerade mit offenen Armen empfing, denn es waren noch andere Sektionen angemeldet und für die zwanzig Schlafstellen allzu viele Anwärter. So entschieden sich einige Kameraden für eine Unterkunft im nebenanstehenden Berghotel « Belvedere », das von der Gemeinde Zermatt geführt wird.

Gewaltig stand der schattenblaue Dreikant über den Gletschern, und bedrückend wirkte die vor uns stehende Ostflanke im Halbschatten. Eine Spannung lastete auf dem Gemüt, wie vor jeder grösseren Bergfahrt. Die Sterne stiegen empor. Matt schimmerten sie aus der Tiefe des Raumes. Je kälter es wurde, desto klarer traten ihre Bilder aus dem dunklen Nachthimmel. Der Nordwind wurde stärker und trieb uns in die Hütte, in die Wärme.

Kaum war man eingeschlafen, flüsterte irgendwo eine Stimme: « Es ist Zeit ». Und dann war die Wirklichkeit da! Im Halbschlaf suchte man nach den Schuhen, Eisen klirrten leise. Der schwache Schein einer Lampe gab den sich in der Hütte bewegenden Gestalten ein phantastisches Aussehen. Dann traten wir fröstelnd vor die Hütte. Bei hellem Mondschein seilten wir uns in Zweierpartien an. Allgemeiner Aufbruch! Das Tageswerk begann auf 3260 m. Um den andern Gruppen zuvorzukommen, hielt unser Führer Stephan von Anfang an auf Tempo. Beim Einstieg musste man fast befürchten, sich gegenseitig auf die Hände zu treten, so gross war der Andrang. Aber der Berg ist breit. Pickel schlugen gegen die Felsen. Gesprochen wurde fast nichts, bis plötzlich welsche, führerlose « Gipfelstürmer » beim zaghaften Dämmern des Tages über uns nach dem Aufstieg suchten und uns mit heruntergetretenen Steinen das Leben sauer machten. Als mein Oberländer Seilgefährte einen Brocken an die Wade erhielt, hättet ihr seine im akzentfreien Französisch hinauf gerufenen Anweisungen hören sollen!

Wir stiegen auf dem längsten, technisch aber leichtesten Nordostgrat auf. Noch leuchtete uns der Vollmond beim Queren des untersten, mit lockerem Schutt bedeckten Couloirs. Dann versteckte; er sich hinter dem Furgengrat. Vom Osten her drang fahles Licht über die Mischabel und den Monte Rosa und verscheuchte die Nacht aus allen Winkeln. Schon glühte die Spitze der Dent Blanche in einem zarten Rot. Über die drei Couloirs, Elw Fatt, die Eselstritte, vorbei an den Überresten der alten Hütte, dann über die untere Moseleyplatte, kamen wir prächtig aufwärts. In nicht sehr solidem Fels, in wechselnder Folge auf dem Grat, dann wieder in die Ostflanke hinausquerend, ging es in ansprechender Kletterei in die Höhe. Die aufgehende Sonne wärmte Fels und Herzen, und manch munteres Wort wechselte von Mann zu Mann.

Da-die Solvayhütte! Ein Refugium für Notfälle im Abstieg, 4003 m ü.M., duckt sie sich wie ein Schwalbennest an die felsigen Strebepfeiler. Im Jahre 1916 wurde sie eingeweiht, nachdem man die Bretter für deren Bau in 50 Pfund-Bündeln hinaufgetragen hatte.

Nun war die obere Moseleyplatte an der Reihe, worauf wir nach dem Schnee-und Eishang den Schneegrat betreten konnten. Gewaltig fällt die Nordwand, weissverkleidet und unnahbar, in die Tiefe.

Über die Wand ob der Schulter und die Kettenplatte ging es bergan. Hinter Stephan, unserem « guide », turnte Dölf, der Senior unserer heutigen Bergfahrt, am ersten Fixen Seil in den Roten Felsen, die mit einer dünnen Eisglasur überzogen waren, empor. Das Tempo Hess nach, denn die dünner werdende Luft und die Anstrengungen eines auf Sicherung bedachten Steigens machte sich bemerkbar; auch hatten wir seit dem Einstieg praktisch keine Verpflegungspause eingeschaltet. Nach 414 Stunden sahen die Dohlen, die den Matterhorngipfel kreischend umflogen, eine Gruppe glücklicher und entspannter Kameraden beim wohlverdienten Rasten auf dem Schweizergipfel!

Alles was die Hochgebirgswelt an Schönem zu bieten hat, lag vor unseren Augen. Es war ein ungewöhnlich schöner Tag, einer jener ruhigen und heiteren Tage, denen schlechtes Wetter zu folgen pflegt. Wir waren still, ohne Gleichgültigkeit, ernst, ohne Melancholie, nur mit offenen Augen und offenem HerzenAuch der 1,1 m weniger hohen « Becca », dem Italienergipfel mit dem Kreuz, das die Führer der Valtournanche errichtet haben, machten wir noch einen Besuch.

Die Steigeisen wurden angeschnallt. Der Abstieg begann, vorbei am Kreuz, das die Bergsteiger an die Absturzstelle erinnert, an die Mittagsstunde jenes unheilvollen Tages, als sich der schon errungene Sieg bei der Erstbesteigung des Horns so plötzlich in Unheil verwandelte. Unerfreulich war das lange Warten, auf schmalen, vereisten Standplätzen, bei den Fixen Seilen, als wir die vielen noch im Aufstieg begriffenen Seilschaften kreuzen mussten. Lang ist der Weg zurück! Bei der Solvayhütte teilten wir brüderlich den letzten Rest aus den Teeflaschen. Plötzlich ein metallenes Sirren in der Luft! Ein glänzender Pickel wirbelte in tollen Sprüngen die Ostwand hinab. Er war einem Teilnehmer entglitten, welcher ihn erst vor zwei Tagen erstanden hatte.

Gewaltigen Eindruck machte ein alles mit sich reissender Steinschlag, der sich in einer Rinne der Ostflanke gelöst hatte, und polternd, Staub aufwirbelnd an uns vorbeischoss, bis er in der Randkluft sich verlor.

Peter überliess mir beim Abseilen das Material und beeilte sich, beim Hüttenwart noch eine Portion Tee für die Nachkommenden herrichten zu lassen. Dann begann der beschleunigte Rückmarsch über die 42 Kehren hinunter nach Schwarzsee, um die letzte Fahrmöglichkeit nach Zermatt nicht zu verpassen.

Drunten in Zermatt, über dem bei unserem Einzug schon die abendlichen Schatten lagen, fand eine einzigartige Bergfahrt, bei einem kameradschaftlichen Hock ihren beglückenden Abschluss.

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