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Mount Everest

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Haben Mallory und Irvine am 8. Juni 1924 den Gipfel erreicht Mit 2 Skizzen.

Von Paul Montandon

( Glockenthal, Thun ).

Wenn der Alpenveteran die Berichte liest über Forschungsreisen und Bergfahrten, welche in den letzten zwanzig Jahren die gigantischen Gebirge des Himalaya zum Ziele hatten, wenn er die Bilder betrachtet, welche junge Männer aller Nationen von dort heimbrachten, wallt in ihm unwillkürlich das alte Bergsteigerblut auf. Traurig steht sein stillbescheidener Freund, der Eispickel, in der Ecke, vergangener Taten gedenkend, neue Arbeit erhoffend. So gerne möchte dessen Besitzer auch Anteil haben an der Eroberung jener fernen Gebirge. Oder er möchte doch einen Blick werfen dürfen in jene Welt der alle Vorstellungen übersteigenden Grössenverhältnisse. Sie ist ihm nicht mehr erreichbar. Bescheide er sich! Bedenke er, dass uns immerhin vergönnt ist, in unseren Alpen einen guten Teil der Wunder dieser Erde zu sehen, diesen nahezutreten und damit unsere schönheitsdurstige Seele zu erquicken. Betrachten wir — zum wievielten Male — von Isenfluh oder von Interlaken aus den wunderbar harmonischen Aufbau unserer Jungfrau, den Glanz ihrer Gletscher! Oder wandern wir an einem schönen Sommernachmittag hinauf ins Zermatter Findelental und bestaunen im Gegenlicht den überirdischen Aufschwung des unglaublich hohen Matterhorns, um nur diese zwei Bilder unserem Geiste vorzuführen.

Solche Herrlichkeiten birgt auch der Himalaya viele. Sie aufzusuchen und bis zum höchsten Gipfel unserer Erde vorzudringen, veranlasste die englischen « Everester » — und damit auch die zwei jungen Stürmer Mallory und Irvine —, hinzureisen und die damit verbundenen Anstrengungen sowie das grosse Risiko auf sich zu nehmen. Mallorys dritte R 3ise ( 1924 ) war auch seine letzte überhaupt — beide Männer kehrten nicht wieder.

G. L. Mallory, 1887-1924, studierte in Cambridge und war sodann Lehrer. Er war verheiratet und hatte drei Kinder. Ihm war Bergsteigen, das er während zwanzig Jahren zu allen Jahreszeiten mit Leidenschaft ausübte, die schönste Lebensäusserung. In den Reihen des Alpine Club genoss er als willensstarker, vorzüglicher Gänger hohen Ruf. Seine zehn Himalaya-Briefe an seine Frau wurden in Col. Nortons « The fight for Everest 1924 »veröffentlicht.

Sandy Irvine, 1902—1924, hatte sich eine gewisse Erfahrung auf Spitzbergen, in Norwegen und auf den englischen Bergen geholt. Nach Aussage Odells war er auf Fels und Eis ein sicherer Gänger, körperlich sehr kräftig, praktisch veranlagt und, als Konkurrent Odells, auch in der Handhabung und Instandstellung der Sauerstoffapparate sehr geschickt.

Mallory hatte bei seinen zwei früheren Reisen den wohl einzig möglichen Zugang zum Gipfel des Everest erforscht. Er führt vom östlichen Rombuk- x ) Ich beziehe mich auf den in den « Alpen » von 1927 erschienenen, illustrierten Bericht Odells über Mallorys und Irvines Versuche.

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gletscher ( mit Camp III ) südwärts zum Nordcol hinauf, wo in zirka 7000 m Höhe das vierte, grossere Lager mit vier Zelten eingerichtet wurde. Dasselbe bildete nun den Ausgangspunkt aller Everest-Gipfelexpeditionen. Über die Fläche des sogenannten Nordgrates ( eigentlich Nordwestgrates ) wurde jeweils in der Richtung des grossen Nordostgrates des Everest vorgestossen und in Höhen von zirka 7815 und 8212 die Lager V und VI aufgeschlagen. ( Letzteres wurde in späteren Jahren bis 8394 — Via — vorgeschoben. ) Hier fallen nun in Betracht entweder der Weg über den Nordostgrat selber mit seinen zwei Erhöhungen, oder aber die Limestonebänder längs des Westhanges unter dem genannten Grat ( Nortonweg ). Diese führen wenig ansteigend zu einem unregelmässigen grossen Schneecouloir, das vom Gipfel nordwärts steil abfällt und dessen Zugang bilden würde.

Der Weg über den Nordostgrat selber lag am besten in Mallorys Kampfnatur. Dessen erster Versuch Ende Mai 1924 mit Geo. Bruce ( ohne Oxygen-zylinder ) scheiterte hingegen schon weit unten wegen Streiks der Träger.

Am 4. Juni 1924 kamen auch Norton ( schneeblind ) und Somervell ( halsleidend ) von einem energischen Vorstoss längs den Bändern des Westhanges zurück. Norton und sein Gefährte waren ( unter Mitnahme von Sauerstoffzylindern ) bis zum obgenannten Nordcouloir, einer Rekordhöhe von zirka 8607 m, gelangt. ( Vide Bild Seite 341 der 1927er « Alpen ». ) Dieser « Nortonweg » habe in Zukunft als Zugang zum Gipfel die meisten Aussichten, falls die Schwierigkeiten des eigentlichen Nordostgrates sich definitiv als zu grosse erweisen sollten.

Am 6. Juni 1924 machte sich Mallory ( er war Vizeleiter der 1924er Expedition ) vom Nordcol zum zweitenmal auf den Weg zur Höhe. Er nahm diesmal den nur 22jährigen, sehr eifrigen Irvine sowie acht Träger mit sich. Einige derselben begleiteten sie am nächsten Tage vom Camp V 7815 m zum obersten, Nr. VI 8212 m.

Mittlerweile war ihnen Odell, der sich in vornehmer Weise mit der Rolle des Reservisten begnügt hatte, am 7. Juni mit Trägern bis zum mittleren Lager V nachgestiegen. Dort erwartete ihn ein Zettel Mallorys. Angesichts des günstigen Wetters und der guten Verhältnisse war es eine Botschaft voller Hoffnung. Unterwegs, in zirka 7500 m Höhe ü. M., fand der Geologe Odell zu seiner Freude Fossile.

Wie die « Alpen » von 1927 ausführlich berichten, machten sich am Morgen des 8. Juni Mallory und Irvine zu nicht bekannter Stunde vom Camp VI ( 8212 m ) auf den Weg. Sie luden je zwei Sauerstoffzylinder auf, ohne ihren prismatischen Kompass und ohne ihre elektrischen Laternen. Klares Wetter und relativ massige Kälte begünstigten sie. Einige Nebelbänke strichen von Westen her bei wenig Wind über die Bergflanken hinweg.

Odell seinerseits verliess das Lager V 7815 m gegen 8 Uhr morgens Richtung VI 8212 m. Es war ein mühsamer Aufstieg über plattige, zirka 45° geneigte kleine Steilstufen, ohne eigentliche Schwierigkeiten. Aus einer Höhe von etwa 7800 m, von einem zirka 30 m hohen Vorsprung aus gesehen, entblösste sich plötzlich der ganze Gipfelgrat von den darüberstreichenden Nebeln. Odell entdeckte nun auf einem Schneehang « am Fuss der vorletzten MOUNT EVEREST.

Stufe von der Basis der letzten Pyramide » ein gewisses Etwas, das sich in der Richtung gegen die Stufe bewegte. Ein zweites ebensolches Wesen folgte, und die erste Gestalt erstieg hierauf die Anhöhe. Sehr bald verhüllten dann Nebel die dramatische, etwa 5 Minuten dauernde Szene, bevor Odell sich hätte vergewissern können, ob die zwei Gestalten sich auf 1er Erhöhung vereinigten. Er hatte offenbar keinen Feldstecher bei sich. Es war schon 12.50 Uhr mittags. Gemäss Mallorys einer Voraussage hätte diese Stelle spätestens um 10 Uhr erreicht werden sollen. Die zwei Männer hatten offenbar Eile und wollten die verlorene Zeit wieder einholen. Nur einer bewegte sich aufs mal auf scheinbar massig schwierigem Grund — ob sie angeseilt waren, konnte Odell nicht unterscheiden. Anscheinend lag ziemlich viel Schnee auf den Felsen, und dies mochte sehr wohl die Verspätung bewirkt haben. Auch hatten die zwei schwer zu tragen, und es ist möglich, dass trotz anfänglicher Untersuchung mit Odell ein Versagen der Sauerstoffapparate und deren Wiederinstandstellung den Zeitverlust verursacht hatten.

Odell stieg nun ganz zum VI. Camp hinauf. Dort setzte um 2 Uhr nachmittags ein Schneesturm ein, der etwa zwei Stunden dauerte, wonach die ganze Bergflanke wiederum in Sonnenschein gebadet erschien. Von den zwei Freunden war nichts mehr zu sehen. Pfeifen und Jodeln blieben ohne Antwort.

Die englischen Autoritäten sagen seitdem, es sei soviel wie sicher, dass Odell die zwei Männer niemals auf dem Grat bemerkte, dass es eine Täuschung war. Ähnliches sei 1933 geschehen, als zwei Felszähne beim ersten Step im Nebel für Smythe und Shipton gehalten wurden, obwohl diese niemals in jener Gegend gewesen waren. Dem lässt sich die geübte Beobachtungsgabe des Geologen Odell und dessen sehr genaue Beschreibung entgegenhalten, welche von einer raschen Aufwärtsbewegung der zwei spricht. Auch habe er die zwei Männer an der Verschiedenheit ihrer Ausrüstung voneinander unterscheiden können. Wir möchten daher annehmen, dass immerhin starke Gründe dafür sprechen, dass Odell sich nicht täuschte und die beiden um 12.50 Uhr wirklich sah.

Nennen wir jenen Ort die « Sehstelle ». Deren Höhe wurde hernach von Hazard mit Theodolit zu 8605 m il. M. gemessen, während der Fuss des 30 m hohen zweiten Steps 8620 m hoch liegt. Die zwei haben daher wohl an der Sehstelle ( zirka 15 m unter dem Fuss des Steps II ) in den paar Minuten eine kleine Erhöhung erstiegen, wonach alles weitere im Nabel verborgen blieb.

Kehren wir zu Odell zurück. Das kleine Zelt 7 X 4 m auf Posten VI hatte höchstens Raum für zwei Insassen, und gemäss Abmachung mit Mallory und Irvine verliess es Odell noch am gleichen Tag, um Platz zu machen. In zweieinviertel Stunden kehrte er zum Lager IV auf dem Nordcol zurück. Die folgende Nacht war hell mit etwas Mond, aber keinerlei Lichtzeichen waren in der Höhe zu gewahren.

Am nächsten Morgen, 9. Juni 1924, stieg der pfliclitgetreue, unermüdliche Odell bei heftigem Wind wiederum zum Camp V hinauf, wo er und seine zwei Träger bei grimmiger Kälte eine fast schlaflose Nacht zubrachten. Am 10. Juni kehrten die Träger zum Col zurück, während Odell allein noch einmal zum obersten Camp hinaufstieg. Dort musste er nach unten signalisieren, dass keinerlei Spuren der zwei Verschwundenen sichtbar seien. Das Innere des Zeltes befand sich im gleichen Zustand wie vor zwei Tagen, und mit einem Feldstecher war in der Höhe nichts zu sehen. Es blieb keinerlei Hoffnung, und schweren Herzens kehrte der einsame Mann zum Nordcol und am 11. Juni zum tieferen Lager zurück.,, Die hehre Einsamkeit des Chomo Lungma blieb nun aus verschiedenen Gründen neun Jahre lang unberührt. Einzig der Himalaya-Lämmergeier, König der Lüfte, wusste, wo die erstarrten und wahrscheinlich zerschmetterten Körper der zwei jungen Männer lagen. Im April 1933 schwebten jedoch zwei gewaltigere Vögel, die Flugzeuge der englischen Houston-Aero-Expe-dition, zu zwei Malen über den Mount Everest ( am 3. und 19. April ) und einmal ( 4. April ) über seinen grossen Rivalen, den Kanchenjunga, hinweg. In dreiviertel Stunden flogen die Insassen ( mit Erlaubnis ) über Nepal. Sie erreichten eine Höhe von 9500 m ü. M. und liessen den gelbrot-felsigen Gipfel Gipfel des Mount Everest 1933, mit dünner Schneelage auf dem Grat. Phot. Blacker, vom Flugzeug aus, nach « First over Everest ».

des Everest in bloss 30 m Distanz unter sich. Von Purnea in Indien aus dauerte jeder Ausflug hin und zurück bloss zwei Stunden. 85 photographische Aufnahmen waren das wertvolle Ergebnis der zwei Everestflüge. Bei grosser Kälte wurde stetsfort Oxygen inhaliert. Die Südflanke des Berges ist schauerlich steil, der Gipfel selber erscheint als ein fast horizontaler, kurzer Felsgrat mit wenig Schnee ( vide Skizze nach Flugzeugaufnahme ). Wäre dieser höchst interessante Doppelflug im Juli 1924 erfolgt statt 1933, so wären möglicherweise Spuren der zwei vermissten Bergsteiger ( Steinmann? Oxygenzylinder ?) ausfindig gemacht worden. Die technische Beschreibung möge man im publizierten und übersetzten Buch nachlesen. Finanziert wurde die Unternehmung grösstenteils durch Lady Houston ( total ca. 10,000 £ ). Vielleicht wird das Experiment in späteren Jahren wiederholt und bringt doch noch Aufklärung., * Im Mai 1933 wurde endlich mit Erlaubnis der tibetanischen Behörden unter der Leitung von Ruttledge ein neuer Versuch der Besteigung des Everest ins Werk gesetzt, an dem vierzehn englische Bergsteiger teilnahmen. Neu war dabei die Verwendung von asiatisch-arktischen Zelten ( Yurten ) und eine Ausrüstung drahtloser Télégraphie. Schon in Rongbuk zeigten sich bei den Teilnehmern eine Menge körperlicher Beschwerden1 ). Am MOUNT EVEREST.

29. Mai gelang es Longland in 8394 m Höhe, 200 m oberhalb und näher dem Gipfel, ein neues Lager, Camp VI a, einzurichten, und am 30. unternahmen Wyn-Harris und Wager als erste einen Angriff. Sie sollten die Ersteigbarkeit der zweiten Stufe des Nordostgrates untersuchen. War das Resultat ein ungünstiges, so sollten sie, etwas absteigend, die gelben horizontalen Bänder des Nortonweges gewinnen und dort einen neuen Vorstoss machen. Wyn-Harris und Wager machten sich um 5.40 Uhr vom neuen Camp Via auf den Weg und stiegen über plattige Hänge schräg rechts empor. Nach zirka einer Stunde fanden sie in zirka 8455 m Höhe einen Eispickel. Erstes und einziges Wahrzeichen der vor neun Jahren Verschwundenen! Denn niemand sonst war hier je so hoch vorgedrungen. Die Eisaxt war von Willisch-Täsch, lag lose auf den 30° geneigten Platten, zirka 20 m unter dem Grat. Sie war nicht einmal angerostet. Fiel sie beim Auf- oder beim Abstieg hinunter? Ruttledge glaubt ersteres — uns will dies fast unmöglich erscheinen. Wager tauschte sie gegen seine eigene Waffe aus; sie bildet nun ein Memento mori in den Sälen des Alpine Club.

Die Untersuchung der beiden Stufen ergab folgendes: die erste ( 8562 am Fuss ) besteht aus zwei glatten Türmen auf gezacktem, schmalem Grat, kann aber diesseits nordwärts leicht umgangen werden. Die zweite hingegen ( 8620 am Fuss ) von unterhalb der ersten gesehen, erhebe sich 30 m hoch über dem sehr schmalen Hauptgrat — « ungebrochen », « zum Teil überhängend », « gänzlich unbezwingbar in direktem Angriff », « sicherlich äusserst schwierig ». Keinenfalls sei diese zweite Stufe in fünf Minuten zu ersteigen. Wyn und Wager machten nun den Versuch einer Umgehung, d.h. seitlich durch eine Art Schlucht den Grat oberhalb zu gewinnen: unmöglich, eine FiktionDie meisten « Everisten » sind daher der Meinung, dass die Route Nordostgrat nicht weiter in Berücksichtigung zu ziehen sei. Jeder fernere Versuch solle ohne weiteres über die Bänder unten durch quer zum Norton-Couloir unternommen werden.

Wyn und Wager, etwas absteigend, wandten sich nun diesem letzteren nicht leichten Weg zu. Ihn zurücklegend, traversierten sie um halb 1 Uhr über Pulverschnee hinüber zum Westufer des steilen und gefährlichen Couloirs und ferner 50 m weiter bis zu einer Höhe von 8607 m ü. M. Was den weiteren Weg anbetrifft, so konstatierten sie, dass die Felsen oberhalb und diejenigen rechter Hand wenn nicht unmöglich, so doch schwierig und gefährlich aussahen. Dieser « Nortonweg » wäre demgemäss ebenfalls problematisch. Denn wenn ein « Everester » schon zum Teil erschöpft En einer solchen Stelle anlangt und in diesen Höhen kaum mehr genügend « schnaufen » kann, lassen sich schwierige Felsen auch bei Mitführen von Extra-Oxygen kaum bewältigen.

Im Rückweg, über etwas tiefere Bänder, stieg Wager mit Aufgebot seiner letzten Kräfte auf die eigentliche Höhe des Nordostgrates ( 8475 m ), etwas östlich der ersten Stufe. Er ist also der einzige Leben le, welcher je von der Grathöhe einen Blick über den grossen Südosteisabsturz des Everest hinabgeworfen hat. Den Nordostgrat überhaupt beschreibt auch er als « extrem schmal und schwierig aussehend ». Also überall wenig Aussichten auf Gelingen!

MOUNT EVEREST.

Am 1. Juni 1933 begingen Shipton und Smythe neuerdings die Norton-traverse, wobei letzterer ebenfalls bis zum Westufer des Couloirs vordrang ( 10 Uhr ). Er fand dort ausnahmsweise harten Schnee, wohl windgehärtet. Er erwähnt dabei ein weiteres Schneecouloir, jenseits des grossen, quer durch den Limestonewall des Berges führend als einzige Bresche. Falls begehbar, dürfte sie eine gute Chance der Ersteigbarkeit des Gipfels bieten. Mehr als einen ernsthaften Versuch überhaupt werde aber einer in einer Saison kaum unternehmen können.

KokeHoh

1935,1936 und 1938 wurden von Shipton, Ruttledge und Tilman weitere Expeditionen organisiert und geleitet. 1935 fanden sie im dritten Lager ( 6440 m ) den entseelten Körper Maurice Wilsons, jenes englischen Offiziers, welcher im Jahre vorher allein bis hieher vorgedrungen war und einen Versuch zur Besteigung des w « f.?eaW 753«

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»Campila

H. Hombuk Nordcols unternommen hatte. Er war aus Erschöpfung oder

Krankheit einsam gestorben, nicht wegen Mangels an Lebensmitteln. Eine enorme Lawine riss 1935 zwei Meter tief den ganzen Nordhang des Nordcols in die Tiefe, ohne dass die oberhalb kampierenden Männer etwas hörten!

LhoKe 853S Diese drei letzten Expeditionen verliefen ohne wich- Maßstab 1:63,360 ( 1 Inch = 1 Mile ) der Ch. Jacotschen Karte.

tigere, den Everest betreffende Resultate. In diesen Jahren wurden immerhin eine Anzahl weniger hohe Gipfel im Chomo-Lungma-Massiv erstiegen. Die zweite Stufe des Everest von Westen unter der Nordostschulter gesehen präsentierte sich wiederum als ein « formidables » Hindernis. Auch blieb die Ernährungsfrage wie immer ein schwieriges Problem, da es faktisch unmöglich sei, in Höhen von über 7000 m genügend zu essen. Im übrigen sei es unsicher, ob Tibet auch in Zukunft derartige Expeditionen gestatten werde.

Mallory hatte an allen drei ersten, 1921, 1922 und 1924, teilgenommen, an der letzten als Vizeleiter und als Leiter der Stosstruppe. Er war sozusagen immer in bester Form und erzählte, einst in 6300 m Höhe eine Stunde lang Stufen geschlagen zu haben, zu seinem Erstaunen ohne Ermüdung. Er litt wenig unter den so lästigen Halsbeschwerden, die sich zum Beispiel bei MOUNT EVEREST.

Somervell bis zu starkem Blutauswurf steigerten. Dass er als Begleiter für seinen grossen Vorstoss den nur 22jährigen, relativ wenig erfahrenen, wenn auch in jeder Beziehung tüchtigen und unternehmenden Irvine wählte, musste überraschen. Dieser litt mehr unter Atmungsschwierigkeiten als Mallory.

Zur selben Zeit stand der vorzüglich geeignete, alterfahrene Odell zur Verfügung. Dieser hatte elf Tage im 7000 m hohen Nordcollager zugebracht und sich in bester Weise akklimatisiert. Es hiess daher in der Folge: « Wäre Mallory mit Odell gegangen, so hätten sie nicht bloss den Gipfel erreicht, sondern wären auch gesund und wohl ins oberste Lager zurückgekommen. » Damit solle nichts gegen den sympathischen, stets willigen Irvine gesagt sein. Eine gewisse alpine Erfahrung war aber bei dem plattigen Terrain des Mount Everest vonnöten und unersetzbar, und de- Allerbeste war für eine so schwere Aufgabe gerade noch gut genug. Der optimistische Mallory war aber in bester Zuversicht und hatte sogar einmal davon gesprochen, um 8 Uhr am Fuss der Gipfelpyramide zu stehen und am Abend der Besteigung bis zum Nordcol oder sogar noch ins unterste Lager III abzusteigen! Früher hatte er die Chancen weit weniger hoch eingeschätzt.

Wann brachen die zwei am B. Juni 1924 vom damaligen 8212 m hohen Lager VI auf? Die Stelle, wo Odell sie in Aufwärtsbewegung erblickte, wurde wie gesagt von Hazard mit 8605 m gemessen, der Fuss der zweiten Stufe 8620 m. Differenz « Sehstelle » bis Gipfel über II. Stufe hinweg 277 m. Falls die zwei Männer sagen wir um 5.50 Uhr sich auf den Weg machten und die « Sehstelle » um 12.50 Uhr erreichten, ergäbe dies für 393 m in sieben Stunden 56 m per Stunde. Im gleichen Tempo gehend, wären sie dann um 17.50 Uhr auf dem Gipfel angelangt. Bei einem späteren Aufbruch, zum Beispiel um 7.50 Uhr, und Ankunft « Sehstelle » um 12.50 Uhr ( 5 Stunden = 78,6 m per Stunde ) konnte der Gipfel bei diesem rascheren Tempo rechtzeitig ( um 16.20 Uhr ) erreicht werden, was bei den langen Tagen im Juni zur Not genügte. Dabei ist der Erschöpfung in hohem Masse Rechnung getragen.

Das Problem liegt in der Frage der Ersteigbarkeit ( von Norton nicht unbedingt verneint ) oder Umgehungsmöglichkeit des ominösen Second Steps, den Wyn-Harris und Wager 1933 nicht überwinden konnten. Der kleine, von Mallory in fünf Minuten erklommene Absatz ( 8605} etwas unterhalb des eigentlichen Stepgipfels ( ca. 8650 ) war offenbar nicht der Step selber, und als die zwei im Nebel verschwanden, hatten sie das Hindernis immer noch vor sich.

Mallory war ein vorzüglicher Kletterer. Wenn es ih:n gelang, den schwierigen, 30 m hohen Absatz in relativ kurzer Zeit zu ersteigen oder zu umgehen, so dürfen wir annehmen, dass das verbleibende Stück ( 230 m ) nach übereinstimmenden Berichten negozierbar war. Aber 30 m schwieriger Fels sind in 8600 m Höhe mit oder ohne Extrabelastung keine Kleinigkeit und können auch einen Mallory so lange aufgehalten haben, dass er die fernere Besteigung baldigst aufgeben musste.

Die Stelle, wo 20 m unter dem Nordostgrat nach neun Jahren der Täscher Pickel gefunden wurde, liegt ca. 8455 m ü. M., eine Stunde Steigens über dem neuen obersten Lager VI a ( 8394 m ). Dass dieses so notwendige Instrument beim Aufstieg dort liegen gelassen wurde, ist sicherlich ausgeschlossen. Dann hätte der eine auf durchaus nicht leichtem, scharfem Grat und später auf Schnee ohne Pickel gehen müssen. Viel eher erscheint, dass die zwei Männer oberhalb der Pickelstelle beim Rückweg entweder biwakieren mussten und als erstarrte Körper vielleicht abfielen oder dass bei raschem Abstieg sie hier ein Unfall ereilte, wobei einer ihrer Pickel abrutschte und liegen blieb. Jedenfalls hatten sie bei der Rückkehr Eile. Dabei wurde ohne Zweifel der junge Irvine ans Seil gebunden, ist dann wohl auf den schneeigen Platten oberhalb der Pickelfundstelle ausgeglitten und hat seinen Gefährten unversehens mitgerissen. Von 2 bis zirka 4 Uhr nachmittags herrschte im Everestmassiv gemäss Odell starker Sturm. Zu dieser Zeit arbeiteten die zwei Touristen, falls ihnen die Überwindung der zweiten Stufe gelang, hoch oben in eisigem Sturmwind. Dies bedeutete riesige Anstrengung, verunmöglichte wohl den weiteren Aufstieg und erhöhte das Frostschäden- und Unfallrisiko. Nach 4 Uhr wurde es wiederum hell, aber die zwei Männer waren trotz der geringen Distanz nirgends mehr zu erblicken. Der Abend war schön, und später war Mondschein. Die Mitnahme von je zwei immerhin schweren und unhandlichen Sauerstoffzylindern musste ihnen den Aufstieg stetsfort erschweren, falls sie sich derselben nicht ganz oder zum Teil entledigt hatten. Odell ist überzeugt, dass der Berg auch ohne solche erstiegen werden kann — Norton ist dessen nicht sicher. Die Inhalationen sind nicht angenehm, und jedes Übelfühlen wirkt lähmend.

Haben die zwei den Gipfel des Everest erreicht? Die Engländer sind begreiflicherweise bei aller Objektivität geneigt, die Frage zu bejahen. Wenn man alle Umstände in Betracht zieht, die mehrstündige Verspätung vormittags, das « formidable » und « unbesiegbare » Hindernis des zweiten Steps, den zweistündigen Sturm auf dem Grat in der kritischen Nachmittagszeit, die Möglichkeit fernerer Hindernisse hoch oben und schliesslich Irvines Halsempfindlichkeit für Inhalationen, müssen wir die Erreichung des Gipfels als unwahrscheinlich ansehen. Ein berühmter Wiener Bergsteiger habe sich vor zehn Jahren in Gegenwart von Dr. Ch. Simon und H. Koenig dahin geäussert, eine Hellseherinhabe ihm gesagt, die zwei Engländer hätten den Gipfel erreicht, und er sei davon vollständig überzeugt. So wäre also mein langer Artikel in den Wind gesprochen. Vor zehn Jahren war allerdings der Pickel des einen noch nicht gefunden worden. Bestenfalls möchten wir die Beantwortung der Frage offen lassen, so sehr den zwei Tapferen, die den Versuch mit dem Leben bezahlt haben, der ganze Erfolg zu gönnen gewesen wäre. In späteren, ruhigen Zeiten wird der Versuch sicherlich wiederholt werden. Er kann jeweils Ende Mai bis Anfang Juni bei günstigem Wetter vor Eintritt des Monsuns und bei viel Glück sehr wohl zum Ziele führen, besonders wenn das oberste Lager mit Hilfe tüchtiger Träger nochmals höher und näher aufgeschlagen werden könnte. Auch kann die wünschbare Wiederholung des Überfliegens gewisse Anhaltspunkte ergeben und vielleicht sogar das Auffinden der Körper Mallorys und Irvines in diesen konservierenden Höhen zur Folge haben.

Das Everest-Komitee publizierte 1925 eine prachtvolle Karte des Chomo-Lungma-Gebietes, gezeichnet von unserem Topographen Ch. Jacot-Guillarmod MOUNT EVEREST.

nach photographischen Aufnahmen von Major Wheeler von der Survey of India, im Maßstab 1: 63,360 ( 1 Inch = 1 Mile ). Auf dieser Karte und in allen offiziellen Publikationen ist die Höhe des Mount Everest mit 29,002 englischen Fuss8840 m ) aufgeführt. Aufnahmen von sechs trigonometrischen Stationen der indischen Ebene ( 200-300 Fuss über Meer und 100-120 Meilen vom Berg entfernt ) ergaben aber als Mittel 29,141 Fuss = 8882 Meter. Andere Aufnahmen ergaben als wahrscheinliche Höhe 29,050 -I- 15 Fuss, alles gemäss ausführlichen Ausführungen im Himalayan Journal von 1934, Seiten 154 ff. ( kürzer in 1937, S. 111 ). Hoffentlich äussert sich einer unserer kompetenten Topographen, nach Kenntnisnahme des Artikels von 1934, zu dieser Frage. Das Indian Survey hat 29,002 Fuss beibehalten, « um nicht sämtliche Höhen des Chomo-Lungma-Gebietes abändern zu müssen », und bemerkt, dass keine Instrumente noch Basen noch menschliche Arbeit absolut fehlersicher seien.

In vorstehendem Artikel und auf der Höhenskizzu wurde die höchste Kote: 29,141 Fuss = 8882 Meter, akzeptiert. Die in den englischen Everest-büchern publizierten Höhen der verschiedenen Camps, Steps und erreichten Höhen wurden daher um je 140 Fuss = 43 Meter, majorisiert, spätere Neu-messungen vorbehalten.

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