Vom Gipfelstürmer zum Clubveteranen | Club Alpino Svizzero CAS
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Vom Gipfelstürmer zum Clubveteranen

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Hugo Se/iweingruber, Bern

Wem es vergönnt ist, vom Schweizer Alpen-Club das goldene Abzeichen für seine 50jährige Mitgliedschaft in Empfang zu nehmen, den will leise Wehmut beschleichen. Man beginnt alt zu werden, langsam, aber sicher. Auch dann, wenn man jung seiner Sektion beigetreten ist. Der Leser möge aber ruhig bleiben. Ich werde mich hüten, meine Memoiren zu schreiben, wenn ich auch ganz gerne in Erinnerungen an längst vergangene Zeiten schwelge. Mein « goldenes Jubiläum » hat mich jedenfalls bewogen, das Rad der Zeit einmal um fünfzig Jahre zurückzudrehen und mir die damalige Situation, die mich zum Eintritt in den Club veranlasste, zu vergegenwärtigen. Ich erinnere mich dann gerne daran, was mir die langjährige Mitgliedschaft geboten hat. Unwillkürlich ziehe ich aber auch Vergleiche zwischen dem Damals und dem Heute und beschäftige mich kurz mit den seither eingetretenen Veränderungen in den Bergen und in mir selber, ganz allgemein aber auch mit gewissen Alters- und Indivi- dualistenproblemen des Club-Bergsteigers. Ich bin kein Philosoph. Ich bin auch kein extremer Alpinist gewesen. Also ein blosser Durchschnitts-mensch, wie immer in meinem Leben. Ein guter Durchschnitt, hoffe ich. Für heute mögen einige Streiflichter zum gewählten vielseitigen Thema genügen.

EINTRITT IN DEN SAC Gar mannigfaltig sind bei den jungen Bergfreunden die Beweggründe, die in ihnen den Gedanken an einen Beitritt zum Alpen-Club reifen lassen. Das war schon früher so. Der eine suchte die Möglichkeit, sich zum Bergsteiger auszubilden. Der andere ersehnte vielleicht vor allem das hübsche kleine Clubzeichen, die Zeitschrift « Die Alpen » oder den Zugang zur Clubbibliothek. Ein Dritter suchte Geselligkeit, Kameraden, die er vornehmlich im Kreise Gleichgesinnter zu finden hoffte. Nicht wenige Bergbegeisterte traten dem Club bei, um unter kundiger Führung an den Clubtouren teilnehmen zu können. Es gab auch solche, denen schon das Einstehen für die Ideale des SAC allein die Clubmitgliedschaft vollauf rechtfertigen konnte. Aber lassen wir es bei diesen wenigen Beispielen bewenden. Zu meiner eigenen Schande muss ich gestehen, dass der Grund meines Clubanschlusses kaum eindeutig in einer der genannten Richtungen lag. Er war für mich Gipfelstürmer keineswegs ideeller, sondern vielmehr recht prosaischer, nämlich finanzieller Natur. Heute schäme ich mich deswegen ein wenig.

Eintrittsjahr 1923/24. Ich war damals igjährig und stand kurz vor der Matura. Im Club war das Jahrbuch « Alpina » gerade durch « Die Alpen » ersetzt und meines Wissens die Jugendorganisation gegründet worden. So ganz unerfahren in den Bergen war ich nicht. Vielleicht erinnern sich einige der älteren Kameraden jenes herrlichen Bergsommers des Jahres 1923, in welchem es —so will mir heute scheinen - kaum einmal regnete. Mit meinem ungefähr gleichaltrigen Bruder waren uns auf den ersten Anhieb und ohne Führer Touren wie Gr. Rinderhorn, Jungfrau, Mönch, Gr. Fieschhorn, Finsteraarhorn, Wetterhorn und andere gelungen, selbstverständlich alle auf der Normalroute. Doch nein, nicht gerade alles auf der üblichen und kürzesten Route; denn als einmal der überwachsene Einstieg zum Kalli bei Grindelwald nicht gerade zu finden war, machten wir kurzentschlossen links-um und erreichten das Jungfraujoch von der Strahlegghütte aus in einem Tag via Agassizjoch—Finsteraarhorngipfel! Sonst aber wurde eifrig in den Clubhütten übernachtet. Das kostete für Nichtmitglieder des SAC « viel » Geld, wie auch die Bergbahnen, auf denen der Club damals noch wesentliche Ermässigungen genoss. Die Jungfraubahn konnten wir uns allerdings ohnehin noch nicht leisten. Auch ohne diese rechneten wir unserm Vater vor, wieviel wir uns mit der Mitgliedschaft bereits hätten ersparen können. Und schon war der Eintritt in den SAC eine beschossene Sache und das Eintrittsgeld bezahlt.

5OJAHRE MITGLIEDSCHAFT Im Club zeigten wir uns jahrelang kaum jemals, bis dann für mich nach ungefähr zwanzig Jahren nicht allzu häufig, aber ziemlich regelmässig die Clubtouren folgten. Der Beginn machte eine Skitour von der Axalp übers Faulhorn auf den Wildgerst im Jahre 1941. Damit war der Anfang getan, um auch das übrige Schöne und Angenehme zu geniessen, das einem der Alpen-Club bieten konnte. Ein halbes Dutzend Clubtouren genügten bereits, die aktiven Bergfreunde und die Kameradschaft kennenzulernen, ohne dass ich mich sehr lebhaft am übrigen Vereinsgeschehen zu beteiligen brauchte.

Die Leistungen, die der SAC in den verflossenen Jahrzehnten erbracht hat, sind ausgezeichnet und vielfältiger Art.

Dem Club gehört der Dank dafür. Das wird anlässlich der alljährlichen Veteranenehrungen immer wieder betont. Eines aber wurde bis jetzt wohl noch nie ausgesprochen. Es soll hier nachge- holt werden. Der Bergsteiger ist seit jeher ein kleiner oder gar grosser Individualist gewesen. Das zeigt sich beileibe nicht nur an seiner vielfach konservativen, auf praktischer Erfahrung beruhenden Bekleidung, an der das Zeitalter der Wadenbinden heute allerdings auch vorübergeschritten ist. Er liebt die persönliche Freiheit, und das auch innerhalb seiner Vereinigung. Zu irgend einer riskanten Bergfahrt lässt er sich zum Beispiel - wie es anderswo etwa vorgekommen sein soll — nicht gerne abkommandieren. Das Vereinsleben schätzt er nicht immer. Nun kann er aber dem Club beitreten oder nicht beitreten, als Mitglied an den Monatsversammlungen teilnehmen oder nicht, teilnehmen vielleicht auch nur als stiller Zuhörer. Er braucht sich auch am übrigen Vereinsleben nicht unbedingt aktiv zu beteiligen, wenn er das nicht wünscht. Kameraden findet er trotzdem, und er wird gleichwohl als vollwertiges Clubmitglied angesehen und geschätzt. Der Club lässt ihm die erwünschte Ungebundenheit, die volle Freiheit. Als Veteran möchte ich im Namen vieler Kameraden dem SAC für diese Freiheit für einmal herzlich danken.

TEMPORA MUTANTUR... ( DIE ZEITEN ÄNDERN SICH... ) Die Zeiten haben sich geändert. Fünfzig Jahre bilden im Werden und Vergehen unserer Bergwelt eine lächerlich kurze Zeitspanne. Und doch sind Ansätze einer Strukturänderung in der Natur nicht zu übersehen. Da und dort haben sich am Berg selber die Verhältnisse geändert. Die Gletscher sind im allgemeinen zurückgewichen. Die Übergänge von den Moränen oder vom Fels zum Gletscher oder umgekehrt sind schwieriger geworden. Ich möchte hier kurz einige Beispiele erwähnen. Wo seiner Zeit die Bergführer mit ihren Touristen am Obern Grindelwaldgletscher die « berühmte Gletschertour » ausführten, wo man inmitten grüner Lärchen am untern Gletscherrand das Eis betrat und in direktem Weg das Chalet Milchbach erreichte, klafft heute eine wilde Steinwüste. Die Schwierigkeit, oberhalb der Leitern den Gletscher zu betreten und am andern Ufer wieder zu verlassen, hat ebenfalls zur Routenänderung beigetragen. Der Glecksteinhütten-weg führt heute kaum mehr am Chalet Milchbach vorbei, sondern über dem östlichen Gletscherrand zum verfallenen, aus dem Jahre 1908 stammenden « Wetterhornaufzug » hinauf. Auch der Trifthüttenweg hat verschiedene Änderungen erfahren. Ferner dürfte es auf dem Untern Grindelwaldgletscher kaum mehr möglich sein, vom Eis aus den linken Moränenrand bei Bonern leicht zu ersteigen. Die früher einmal angebrachte Leiter oder Strickleiter habe ich Vorjahren schon nicht mehr auffinden können. Die Eismeer-Zäsenberg-Frühlingsskiroute, die ich mir vor Jahren für Zeiten aufgespart hatte, in welchen mir ein längerer Aufstieg Mühe bereiten würde, ist ganz aus der Mode gekommen; denn auch von der Station Eismeer aus ist die Fahrt schwieriger und gefährlicher geworden.

Auch die Felsen haben in fünfzig Jahren schon einen kleinen Verwitterungsprozess durchgemacht. Hier und dort scheint der bequeme Griff ausgebrochen zu sein. Gewisse Zähne lassen sich nicht mehr so leicht überklettern oder umgehen wie früher. Sogar im Vorgebirge sind sie bisweilen regelrecht abgebrochen. Das luftige « Vreneli » weit über dem Lütschenthal besteht nur noch aus einem rudimentären Gratstück. Vielleicht ist es auch ein wenig die zunehmende Schwierigkeit verschiedener Felsrouten, die zu einer künstlichen Sicherung durch Haken, fixe Seile oder gar Leitern geführt hat, wenn man damit nicht einfach bloss die durch den Massentourismus erhöhten Gefahren weitgehend herabsetzen oder gar ausschalten wollte. Mit der Errichtung derartiger künstlicher Hilfsmittel sind übrigens auch einzelne, nicht als schwierig, aber eher als gefährlich ( das gibt es nämlich auch !) bekannte Firn- oder Eisrouten, wie zum Beispiel die Jungfrau vom Rottalsattel aus, etwas sicherer geworden.

Die Zahl der Bergsteiger und damit der Besteigungen hat trotz anderweitiger Interessen der Jugend zugenommen. Vor einem halben Jahrhundert begegneten wir auf den Normalrouten kaum je andern Seilschaften, wenn auch zugegeben werden muss, dass wir häufig wochentags statt am Sonntag auszogen. Und heute? Aber auch die sogenannten Normalrouten selber sind hin und wieder geändert worden, sei es wegen schwieriger gewordener Passagen, den infolge der vielen Seilschaften vermehrten objektiven Gefahren oder gar zufolge früherer mangelhafter Geländekenntnis. So staunte ich beispielsweise nicht wenig beim Lesen eines Tourenberichtes über eine heutige Jungfraubesteigung vom Joch aus. Den Rottalsattel scheint man nicht mehr wie früher zu ersteigen. Und wer begeht heute das Gr. Schreckhorn noch durch das Schrecksattelcou-loir? An einen Schreckhorn-Südgrat dachten wir vor fünfzig Jahren schon gar nicht, wenn dieser auch schon damals vielleicht leichter zu erklettern gewesen wäre als sehr oft das Couloir. Apropos Normalrouten. Während wir es als selbstverständlich erachteten, unsere Gipfel über die Normalroute zu erreichen und dabei über unsere « Erstbesteigungen » eine Riesenfreude empfanden, wendet sich der junge Bergsteiger von heute von Anfang an vielfach grossen und schwierigen Problemen zu. Allerdings ist er technisch und konditioneil meistens auf einer Höhe, wie man es sich vor fünfzig Jahren kaum hätte träumen lassen! Daraus hat sich ja einerseits die Extremkletterei, andererseits aber auch das Expeditionswe-sen in ausländische, anspruchsvollste Gebirge entwickelt. Diese unbedingt kühnere Zielsetzung der heutigen jungen Bergsteigergilde ist bemerkenswert.

... ET NOS MUTAMUR IN ILLIS (... UND WIR ÄNDERN UNS MIT IHNEN ) Auch wir haben uns verändert. Die Berge sind -wie bereits angedeutet - im allgemeinen nicht leichter geworden. Wir glauben das schon zu bemerken, wenn wir eine früher ausgeführte Besteigung heute wiederholen. Allerdings lässt uns die Erinnerung hin und wieder im Stich, nicht nur hinsichtlich der Dauer einer Bergfahrt. Wir finden die Besteigung heute länger und mühsamer als beim ersten Mal. Und dann liegt der Grund natürlich auch in der nachlassenden Kondition oder im schwerfälligeren Können, also am Alter. Zweifellos hat beim Veteranen die körperliche Leistungsfähigkeit erheblich nachgelassen. Aber auch die seelische Einstellung und vor allem diese hat sich verändert. Es ist vom Schöpfer wohl richtig geplant, dass auch in einem Bergsteiger die physischen Möglichkeiten mit der Psyche im Einklang stehen sollen. Wäre dem nicht so, dann könnte die Bergsteigerei gefährlich werden. Das Schicksal eines tüchtigen, aber alternden und dennoch scharfen Alpinisten der dreissiger Jahre war für uns erschreckend und bezeichnend zugleich gewesen. Wir sahen bei diesem Kameraden das Unheil kommen, und leider war es eines Tages soweit. So halte ich es für ganz in Ordnung, dass der Veteran beginnt, sich vor schwereren Bergfahrten ein wenig zu fürchten. Das muss wohl so sein, will man sich nicht eines Tages « überlüp-fen ». Es dürfte auch natürlich sein, dass der Senior bei Wanderungen oder Klettereien den Graten gegenüber den Flanken und Wänden den Vorzug geben möchte. Im allgemeinen kann man dabei ja leichter — umkehren, wenn 's nicht mehr weitergehen sollte! Das scheint durchaus einer vernünftigen, altersbedingten menschlichen Einstellung zu entsprechen. Seien wir ehrlich.

INDIVIDUALISTENPROBLEME Viele Alpinisten haben soweit ihre « Bodenständigkeit » bewahrt, dass sie beim Bergsteigen nur volle Freude geniessen, wenn sie allein gehen. Auch ich bin recht häufig und gerne, speziell im Vorgebirge und auf Ski, allein gegangen. Der Spass hört natürlich dort auf, wo die Gletscher beginnen. Aber nun doch eine Frage, die etwas ketzerisch erscheinen mag: Wäre eine Matterhornbesteigung auf der normalen Route, bei ausgesprochen trockenen Verhältnissen, für einen tüch- tigen Alleingänger wirklich so tollkühn und unverantwortlich, wie es die Zeitungen gleich rasch zu berichten wüssten? Man überlege gut, bevor man diese Frage beantwortet! Jedem das Seine, im Rahmen der Vernunft. Bei andern käme es ferner zum Beispiel nie in Frage, dass sie sich einem Bergführer anvertrauen. Nicht etwa, weil sie ihm kein Zutrauen schenken, im Gegenteil. Aber sie wollen die Schwierigkeiten selber meistern. Wieder andere bevorzugen es, die Seilschaft wenigstens zu führen, wenn sie schon in Gesellschaft gehen. Sie sind zum Seilführer geworden, mit dem nötigen Organisationstalent und Einfühlungsvermögen auch zum Tourenleiter. Als Seilzweite würde ihnen die Fahrt vielleicht weniger Spass machen. Es gibt aber auch geborene Zweit- oder Drittgänger. Auch diese sind wertvoll.

Allmählich, nach einigen Jahrzehnten, fragt sich der Berggänger nun gelegentlich doch, ob er der geplanten Tour überhaupt noch gewachsen sei. Beim Seilersten wird diese Frage unter Umständen bedeutend früher auftauchen als beim geborenen Zweitgänger. Seine Verantwortung beginnt ihn vielleicht etwas zu bedrücken. Es braucht eine gewisse Überwindung, zum Zweitgänger zu werden. Das ist eigentlich bedauerlich. Wer diese Überwindung vollbringt, dem ist zu gratulieren. Sonst aber wird er in dieser Bergstei-gerphase grössere Bergtouren überhaupt von seinem Programm absetzen, während sein Kamerad, der Zweite am Seil, möglicherweise bedeutend länger auf den Teilnehmerverzeichnissen zu finden ist. Letzterer hat es im Grunde genommen etwas leichter, seine bergsteigerischen Entschlüsse zu fassen, soweit dies nicht der andere tut. Es mag sein, dass ihm das aktive Bergsteigen sogar bedeutend länger Freude macht als dem verantwortlichen Tüchtigen. Es scheint das eine etwas groteske Situation zu sein. Aufgefallen ist mir aber doch, wie einzelne als tüchtige Alpinisten bekannte Kameraden sich trotz guter Gesundheit eines Tages plötzlich von den grösseren Clubtouren zurückgezogen haben. Das gab mir zu denken. Ist in den Sektionen noch nie die Idee auf- getaucht, die in Frage kommenden Seilführer möchten sich bei derartigen Clubtouren schon bei ihrer Anmeldung als solche zu erkennen geben oder spätestens bei der Tourenbesprechung als solche vorgemerkt werden, auch wenn sie der Tourenleitung bekannt sind? Vielleicht könnten dadurch einzelnen an der Fahrt interessierten Kameraden, die altershalber an ihrem Können etwas zu zweifeln beginnen, aber dennoch mitmachen möchten, gewisse innere Konflikte erspart bleiben. Nicht zuletzt würde das auch der Sicherheit einer Seilschaft dienen, weil persönliche Unsicherheit allein schon ein kleines Gefahrenmoment in sich birgt. Eine möglichst lange bergsteigerische Betätigung ist aber bestimmt erstrebenswert.

Vielleicht liegt der Grund eines allmählichen Rückzugs bei gewissen Clubtouren aber auch anderswo. Vermisst der eine oder andere Kamerad bei Klettereien in grösserer Kolonne nicht gelegentlich etwa das geruhsame Klettern, das sogar zeitsparend sein könnte? Oder deutlicher gesagt, missfällt ihm im Fels nicht etwa die Hast, wie sie zufolge einer oft kaum zu vermeidenden Handor-gelbewegung bei längeren Kolonnen anzutreffen ist? Und von der beinahe üblich gewordenen Jagd ins Tal wollen wir gar nicht reden! Das gilt vielleicht auch für die Skitouren. Im Rausch der Geschwindigkeit pflegt man dort der Begeisterung etappenweise freien Lauf zu lassen. Rück-sichtsvoll wartet man dann selbstverständlich auf den letzten, meist schwächsten Kameraden. Dieser sollte auch noch etwas ausruhen, bevor man wieder losschiesst. Der geruhsame Abfahrer, wie es der ältere Skifahrer geworden ist, würde für die gesamte Strecke nicht viel mehr Zeit benötigen, da seine Pausen in der Regel viel kürzer sind. Er würde aber mehr Freude an der Fahrt empfinden. Im kleineren Verband ist die Sache natürlich einfacher. Da hat jeder ein wesentliches Mitspracherecht. Da kann man sich verständigen. Wo aber sind bei Clubfahrten die kleineren Verbände geblieben?... Eine häufigere Kolonnenbildung würde einige Abhilfe schaffen. Aber der Clubveteran beginnt vielleicht doch etwas zu resignieren.

DIE KATZE LASST DAS MAUSEN NICHT Die Mäuschen sind bloss nicht mehr alle zu erwischen. Ganz allgemein gesagt, ist es erstaunlich und erfreulich zugleich, dass unsere Senioren und Veteranen, denen es die Gesundheit gestattet, so lange bei der Stange bleiben und sich bloss dann von ihrer aktiven Tätigkeit in den Bergen etwas zurückziehen, wenn sie beginnen, auf gewisse Unannehmlichkeiten einer Bergfahrt Rücksicht zu nehmen, auf Kleinigkeiten, denen sie in früheren Jahren überhaupt keine Bedeutung beigemessen haben. Beim einen ist es der lange Hüttenanstieg oder der schlechte Schlaf in der überfüllten Clubhütte, beim andern das jedem Bergsteiger vertraute unangenehme Gefühl, elend früh aufstehen und zur Nachtzeit über endlose Moränenfelder stolpern zu müssen. Wieder andere können sich je länger, desto schwerer aufraffen, eine Tour überhaupt nur zu planen oder ihren Rucksack zu packen. Sie trauen dem Wetter bedeutend weniger als früher. Sie haben ihren jugendlichen Optimismus, den Schwung etwas verloren. Das sind alles Zeichen des Alters, die immerhin nicht zu verwechseln sind mit weiser, auf langjähriger Erfahrung beruhender Vernunft. Ein jeder wird früher oder später dazukommen, sich seine Bergsteiger-ziele allmählich zuerst etwas weniger hoch zu stecken und schliesslich zum einfachen Wanderstab zu greifen. Wie der einzelne diese Umstellung bewältigt, das dürfte die grosse Lebenskunst sein. Leider ist nicht jeder ein Lebenskünstler. Im Namen der Veteranen glaube ich aber versichern zu dürfen, dass wir auch in Zukunft dem Alpen-Club die Treue halten werden. Wenn wir aus bescheidener Höhe hinüberschauen werden zu den Gipfeln, mit denen wir mit so vielen Erinnerungen verbunden bleiben, werden wir das goldene Abzeichen nicht nur mit Wehmut über die vergangenen schönen Bergsteigerjahre, sondern auch mit ein wenig Stolz zu tragen wissen, auch wenn es vielen unter uns nicht vergönnt ist, sehr aktiv am Clubleben teilzunehmen. Zum Schluss aber sollten wir wahrlich eines nie vergessen:

Seien wir der gütigen Vorsehung dankbar, die uns so viele Jahre in unsern herrlichen Bergen beschert und uns dort vor verhängnisvollem Unheil bewahrt hat!

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