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Von Zeneggen nach Törbel

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Winkelried bis Gstein. Mährenfälli. Das feurige Schwein. Ruinpelikess.

Burgen. Von Burgen nach Törbel. Von Stalden nach Törbel. Brunnen.

Stächeleweg. Über die Lehne.

Ein aussichts- und abwechslungsreicher Saumweg führt von Zeneggen in anderthalb bis zwei Stunden nach Törbel. Mit dem Wege über die Hellelen nach Birchen ist es einer der schönsten Gebirgspfade im Wallis und der Schweiz. Er führt am Hange über die Weiler Winkelried, Auf dem Blatt und Gstein ( Fig. 11 ), immer mit der herrlichsten Aussicht auf das an der gegenüberliegenden Talseite hoch am Hang gelegene Visperterminen J ). Beim ersten Haus im Gstein biegt der Weg in den erst vor einem Jahr neu erstellten Saumpfad rechts ab, der in allmählicher Steigung durch ein Chaos eines vorhistorischen Bergsturzes auf die Mährenfälli führt. Hausgrosse Felsblöcke liegen am Weg. Der alte Weg geht anfänglich ziemlich eben weiter, dann im Zickzack bergan und mündet unter der Mährenfälli in den neuen. Die Mährenfälli, 1750 m ü. M., ist ein vorspringender Felskopf; ein in den Felsen eingehauenes Kreuz bezeichnet die Grenze zwischen den Gemeinden Zeneggen und Törbel. Der schmale Fussweg ist teilweise in den Felsen eingehauen. Links gähnen, viele hundert Meter tief, schaurige Felsabstürze. Die Aussicht ladet zu einem Halt ein. Nach Osten hat man das ganze untere Goms vor Augen. Bei hellem Wetter kann man die Kirche von Ernen deutlich erkennen; im fernen Osten leuchtet am Furkapass die stolze Vgl. Stebler, F. G. Ob den Heidenreben, Zürich 1909.

Pyramide des Galenstocks, und tief unten unter den Felsabstürzen rauscht die Vispach, deren Lauf man eine weite Strecke verfolgen kann. Im Sommer, wenn die Gletscher des Saas- und des Mattertales abschmelzen, ist der Fluss wasserreich; grünlichgelb wälzt sich die Gletschermilch dem Tale zu. Den Blick nach Norden wendend, hat man den ganzen Berg von Zeneggen mit den zahlreichen Weilern vor Augen ( s. Tafel S. 16 ), den Hintergrund bildet das Bietschhorn, begleitet von den Bergen des Baltschiedertales ( Gerstenhorn, Schilthorn, Rotlauihorn, Gredetschhörnli, Breithorn, Breitlauihorn und Nesthorn ). Nach Süden gewendet, gegen das Saastal, sieht man die Saaser Berge, den Balfrin und die Mischabel.

Der Name « Mährenfälli » soll aus der Zeit stammen, als Zeneggen eine Rossalp von Visp war. Die Wiese beim Brunnen Unterm Biel heisst noch heute der Rossboden. Damals hätte man die Rosskadaver und die abgehenden, untauglichen alten Pferde ( Mähren ) den viele hundert Meter hohen Felsabsturz der Mährenfälli hinuntergeworfen, um sie so auf die einfachste Weise in den Rosshimmel zu befördern, wo sie dann von den Raubtieren verzehrt und aus der Welt geschafft wurden. » An der Mährenfälli ist es in dunklen Nachten nicht geheuer, und schon mancher ahnungslose Wanderer hat hier ein Abenteuer erlebt, von dem er mit Schaudern erzählt. Hören wir, was die Sage berichtet:

Das feurige Schwein.

Eine alte, alleinstehende Frau in Burgen hatte ein Schweinchen. Sie hät-schelte und kosete es und liess es sogar aus der eigenen Schüssel fressen. Als das Ferkel gross und ein respektables Schwein geworden war, verkaufte sie das Tier an einen Bauern in Zeneggen. Eines Tages wollte sie dasselbe dem neuen Besitzer zuführen und trieb es vor sich hin. Willig trottete es vor der Alten her. Als es aber in der Mährenfälli an die Gemeindegrenze gekommen war, blieb es stehen und war weder mit Lockrufen noch mit Schlägen vorwärts zu bringen. Endlich wandte die Alte Gewalt an und packte es an den Ohren. Das Schwein widerstrebte aber mit. allen Kräften und grunzte mit verständlicher Stimme: « Hier bin ich zu Hause, und hier bleib ich! » Beide kämpften eine Zeitlang, und schliesslich stürzte die Frau mitsamt dem Schwein in die schaurige Tiefe. Seitdem treibt das Schwein in finsterer Nacht in der Mährenfälli als Botz sein Unwesen und hat schon manchen einsamen Wanderer geängstigt.

So kamen einmal des Nachts von Visp vom Markte zwei Männer von Burgen mit der Tschiffere am Rücken, in welcher jeder ein Ferkel hatte. Nachdem sie sich am Markte genügend erquickt hatten, gingen sie den Berg hinauf nach Zeneggen, wo sie vor Nacht noch einen Stärkungshalt machten. Es war schon finster, als sie mit ihren Lasten aufbrachen. Als sie gegen Mitternacht in der Mährenfälli anlangten, hörten sie ein Schwein grunzend die steile Felshalde heraufstürmen. Jeder meinte, der andere hätte sein Schweinchen verloren und dieses irre herrenlos umher. Als sie sich beide vergewissert hatten, dass sich ihre gekauften Tiere noch im Korbe befanden, sahen sie, wie ein grosses Schwein alle Anstrengungen machte, den Berg hinaufzuklettern, um in den Weg nach Burgen zu gelangen. Die Männer stiessen es wiederholt mit den Füssen zurück, bis es schliesslich als feuriges Ungetüm den Berg hinunter in der Dunkelheit verschwand. Von Schrecken erfasst, mussten die Männer die ganze Nacht an Ort und Stelle stehenbleiben und konnten erst vorwärts kommen, als die Morgenglocke in Terbinen das Ave Maria läutete.

Rumpelikess.

Ein andermal in finsterer Nacht kam auch ein italienischer Kesselflicker ( ein « Biezeni » ) mit seiner Ware am Rücken in der Mährenfälli vorbei, als ihm ein Botz in Gestalt des leibhaftigen Teufels den Weg versperrte. Erschrocken bekreuzigte sich der Mann und rief die Mutter Gottes um Hilfe an. Doch das Gespenst ging nicht von der Stelle. Alle Stossgebetlein verfingen nicht. In der höchsten Not wusste sich der Mann nicht anders zu helfen, als dass er seine Kesslerware vom Rücken nahm und sie mit kühnem Wurfe den Felsen hinunterwarf. Dadurch entstand ein so fürchterliches Geklirr, dass der Teufel erschreckt Reissaus nahm und verschwand. Nun konnte der « Biezi » ungehindert weiterziehen. Nachträglich erzählte er das Erlebnis und fügte bekräftigend bei: « Rumpelikess ist mehr wert als hundert-tusig heilig Chrütz! », das nun zum geflügelten Wort geworden ist. Der Felsen, wo dies geschehen, heisst heute der « Biezigraben », er liegt etwa 20 Meter nördlich der Grenze auf Eggerboden.

Den Felsenpfad von der Mährenfälli hinter sich lassend, tritt man in ein parkähnliches Lärchenwäldchen, das zum Ausruhen geeignet ist. Beim Austritt aus dem Wäldchen in das freie Gelände gabelt sich der Weg. Der untere und breitere geht durch die Wiesen der « Gersternen » in einer guten Viertelstunde bergab nach Burgen ( Fig. 12 ). Dieser Weiler, der zu Törbel gehört, besteht aus etwa 20 Hütten und Ställen. In alter Zeit war Burgen eine eigene Gemeinde. Das alte Gemeindehaus, ein altes Heidenhaus, ist erst vor wenigen Jahren abgebrannt. Auf einem Felsen inmitten der Häusergruppe steht eine Kapelle mit einem zierlichen Glockentürmchen aus Tuffstein, wie sie in der Gegend ziemlich allgemein sind. Die Kapelle wurde in alter Zeit von einer in Burgen ansässigen Familie ( namens Wyss ) gestiftet. Der Stifter bewohnte das zweite HausFis-12- Burgen. unterhalb des Brunnens.

Eine Wiese ob der Kapelle heisst jetzt noch der « Wyssboden ». Der Mann war als Offizier in spanischen Diensten und war zu Pferd mit seinem Bedienten auf der Heimreise begriffen, als er eines Abends in eine Räuberherberge geriet. Die Räuber waren glücklicherweise gerade auf einem Beutezug abwesend. Eine alte Frau, welche die Aufwartung machte, warnte die zwei Reisenden, die Räuber könnten jederzeit zurückkommen und täten jeden des Weges Kommenden morden. Nur ein Weg führe aus der Gefahr, es sei aber unterwegs ein gefahrvoller Steg über einen reissenden Fluss zu passieren. Gottesfürchtig, wie der Walliser ist, erhob der Offizier sein Gebet zum Himmel und gelobte, in seiner Heimat eine Kapelle zu erbauen, wenn er der Gefahr entrinne und heil zurückkomme. Glücklich in sein Heim im Wallis zurückgekehrt, erfüllte er das Gelübde. Links und rechts am Altar sieht man etwa 40 cm hohe Holzfiguren, die den Stifter und seine Familie darstellen ( Vater, Mutter, zwei Söhne und drei Töchter ).

Burgen liegt geschützt auf einer nach Osten und Süden offenen Bergterrasse, umgeben von fruchtbarem Gelände mit zahlreichen Obstbäumen. Im Winter ist es nur von einer einzigen Familie bewohnt. Im Sommer aber ziehen mehrere Familien von Törbel herüber, um daselbst das Land zu bebauen und zu nutzen; F. G. Stebler.

dann herrscht reges Leben. Trotzdem liegt das einsame Bergdörfchen weltverlassen, und selten kommt ein Fremder in die Gegend. Misstrauisch und weltfremd schauen die Leute den Eindringling an, der ihre ländliche Ruhe stört; man hüte sich deshalb, vom Wege abzugehen, sonst wird man barsch zurechtgewiesen.

Ein Verbindungsweg leitet nach oben an der Kapelle vorbei in den sogleich zu erwähnenden Weg von den « Gerlenen » nach Törbel. Der meistbegangene Saumpfad von Burgen nach Törbel geht aber zunächst abwärts, dann wieder ansteigend über die « Husachere » und nochmals hinab in dem « Hohlen Tschuggen », wo eine prächtige Quelle wie aus einer Brunnenröhre aus dem Felsen hervorsprudelt. Nach dem Erdbeben 1855 versiegte die Quelle gänzlich, kam aber vor vier Jahren in der alten Stärke wieder. Bei der Dürre 1921 verschwand sie neuerdings. Einige Schritte weiter mündet der Weg in das neue, von Stalden kommende Strässchen. Bald erreicht man das Bethäuschen « in den Flühen », wo am Wege das prächtige Walliser Leimkraut ( Silène vallesia ) blüht. Tief unten, direkt unter dem Felsen, liegen die fruchtbaren « Burg-achere », und 500 m tiefer unten im Grunde, einem Spielzeug gleichend, das eng ineinandergebaute Stalden, wo sich das Vispertal in das nach Süden abzweigende Saastal und in das Matter- oder Nikolaital teilt. « Kein Teil der Schweiz ist vielleicht merkwürdiger, als dieses Doppeltal, sowohl wegen der ungeheuren Alpen, die dasselbe krönen, als wegen der unermesslichen Gletscher », sagt S. Furrer 1850. Wie ein weisses Band kann man im Talgrunde die Saaservisp bis nach Eisten verfolgen. Der Weg nach Törbel wendet sich den Flühen entlang, und plötzlich steht das stattliche Dorf vor uns, mit der schneeweissen Gebirgsgruppe des WTeisshorns im Hintergrund. Der mit den Bergen vertraute Tourist wählt jedoch nach dem oben beschriebenen Lärchenwäldchen nach der Mährenfälli den obern Weg, ob der Gersternen, einen schmalen Fussweg, der. anfänglich ansteigend, dem Waldrand entlang, dann an einigen steilen Äckerchen vorbei zu den Ställen von Gerlinen, unterhalb Hofstetten, führt. Man kann jedoch auch, noch weiter ansteigend, über Hofstetten gehen. Wir zweigen jedoch bei dem zweiten Stall in die Gerlinen links ab, durchqueren die untern Wiesen von Hofstetten, gehen nach Oberburgen oder Änderhäusern, mit einem Wohnhaus und einigen Ställen. Dann senkt sich der Weg etwas, um nach kurzer Zeit wieder zu steigen. Fast auf der Höhe liegt rechts am Wege der Lufenstein, ein über mannshoher Felsblock, der in alter Zeit, als Burgen noch eine eigene Gemeinde war, die Grenze zwischen Burgen und Törbel gebildet haben soll. Vor uns liegt das ganze untere Saastal, in dessen Hintergrund die schönen Kuppen des Nollen- und des Stellihorns ins Tal hinausschauen.

- Die Vispertaler Sonnenberge.

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Etwas weiter, im Tschuggen, auf der Höhe ob Furren, tritt uns mit einem Male das ganze Massiv des Weisshorns ( Fig. 13 ) mit seinen beiden Trabanten, links dem Brunegg- und rechts dem Bieshorn, entgegen; weiter südlich guckt das Mettelhorn bei Zermatt, und ganz im Süden grüsst in der Ferne der Theodul. Der Ausblick, den man hier geniesst, ist überwältigend' schön und wetteifert mit dem schönsten in den Bergen. Wie aus einer andern Welt schauen dunkel einige alte Häuser von der « Bine » auf den Wanderer herab. In wenigen Minuten gelangen wir nach Furren ( Fig. 14 ) und gleich hernach in das Dorf Törbel selbst.

Von Stalden nach Törbel. Die schnellste Verbindung vom Rhone tal nach Törbel führt im Sommer, wenn die Visp-Zermatt-Bahn im Betriebe ist, über Stalden. Die Bahn fährt in 25 Minuten von Visp nach Stalden. Die Kirche von Stalden liegt 795 m hoch, jene von Törbel 1491 m, die Höhendifferenz beträgt somit 696 m, was einem Zeitaufwand für einen gewöhnlichen Berggänger von zwei Stunden entspricht.

In den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde ein bequemer Weg nach Törbel gebaut, der zur Not mit einem kleinen Gebirgswägelchen befahren werden kann.

In Stalden nimmt man zunächst den gewöhnlichen Talweg nach St. Nikiaus und zweigt etwa 10 Minuten oberhalb des Dorfes bei einem Kreuz und zwei Stadeln rechts ab. In einer halben Stunde erreicht man nach mehreren Kehren den zu Törbel gehörenden Weiler Brunnen, zirka 1150 m ü.M., mit einer alten Kapelle ( Fig. 15 ). Den Namen hat der Ort von einer zwischen den Häusern hervorsprudelnden, reichen Quelle, die sich in ein grosses, steinumsäumtes, natürliches Wasserbecken ergiesst. Die Quelle steht unterirdisch mit einer Wiesendole auf dem Tschuggen ob dem Dorfe Törbel in Verbindung. Bei dieser Dole wird jeweilen am 9. und 10. Tage des Kehres mit der Springerin gewässert. Dann fliesst F. G. Stebler.

die Quelle z'Brunnen reichlicher, ein Beweis des unterirdischen Zusammenhanges. Oberhalb Brunnen biegt der neue Weg rechts ab in die « Brenne » und führt, allmählich ansteigend, zwischen sonnigen Äckern hindurch bis in die Burgäcker hinauf, wo der Rebenweg von Unterfluh her einmündet. Hier steigt er nach dem « Hohlen Tschuggen » hinauf in den bereits beschriebenen Weg von Burgen durch die Flühe nach Törbel.

Ein kühner Felsenpfad zweigt vom Stächeleweg links durch die « Lehne » nach dem Weiler Im Feld ab. Derselbe leitet einem Felsenband entlang in etwa einer halben Stunde zu der Kapelle Im Feld. Links gähnen schwindlige Felsabstürze fast senkrecht hinunter, so dass man sich an einzelnen Stellen gerne rechts an die Felswand drückt. Ein Bildstöcklein am Felsen ( Mutter Gottes an der Lehne ) ladet zum Gebete ein. Es wird erzählt, dass seinerzeit zwei übermütige Bettler hier auf der Zaunlatte « gegeitet » ( geschaukelt ) hätten, der eine an der Bergseite, der andere draussen in der freien Luft. Da dieser schwerer war, warf er den andern kopfüber in die Höhe, und beide stürzten in der schaurigen Tiefe zu Tode.

.>: .^ Die Vispertaler Sonnenberge.

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