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Von Zwergen, Riesen und Feen in den Alpen

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Alax Liniger. La Chaux VD

Es gibt viele Legenden, deutschen wie französischen Ursprungs, die uns die Existenz der Völker von Zwergen, Riesen und Feen in den Alpen in Erinnerung rufen. Verschiedene Forscher haben diese Geschichten mit den Völkern der jüngeren Steinzeit und den Kelten - besonders was die Zwerge anbetrifft - in Verbindung gebracht.

DIE ZWERGE Von den Zwergen, Wichten, Holzmännlein und anderen wilden Wesen wird erzählt, sie wären hässlich gewesen, hätten hingegen einen gu- INFOR MATIONS MÖGLICHKEITEN:

Quellenverzeichnis La Conquête des Gastlosen von Raymond de Girard. Edition Atar, 1921 ( vergriffen ).

Les Gastlosen von L. Seylaz, B. Favre, L.Hen-choz. Editions du Griffon, 1950 ( vergriffen ).

Wir danken allen, die uns geholfen haben, diesen Artikel zu schreiben, insbesondere E. Loréthan, P. Morand, E. Rémy, C. Sonnenwyl, D. und E. Sonney, F. Winckler, L. VVuilloud und Edmond Pidoux. Freiburger Voralpen, SAC-Führcr von Maurice Brandt.

Aus dem Französischen übersetzt von E. Blaser, Bern ten Charakter besessen. Einige behaupteten, dass sie den heutigen Lappen1 glichen. Nach dem Einzug höher entwickelter Völker wären sie in die Alpen geflüchtet, wo ihre Rasse mit der Zeit verschwunden sei. Heute noch erinnern Kinderlieder an diesen Mythos ( « Les petits nains de la montagne », von J. Dalcroze, zum Beispiel ) sowie die Legende vom Zwergen Zachéo, der bei der Christianisierung der Bewohner des Val d' Anniviers mitgeholfen haben soll. Ein anderes Zwergenvolk wurde ebenfalls in der Gegend von Brienz2 beobachtet.

Geht man näher auf die deutschen Legenden ein, scheinen sie uns auf einen al ta ischen Ursprung dieser kleinen Wesen sowie auf eine'«schwarzhäu- tige und körperlich missgestaltete'Rasse » hinzuweisen. Bei Tegethoff wird zwischen zwei verschiedenen Typen deutscher Zwerge unterschieden:

1. die, welche von « Lichtelfen » stammen, sind lustig und zärtlich; 2. die, welche von « Dunkelelfen » stammen, sind hässlich und missgestaltet. Sie gelten als Beschützer der Unterwelt und der Schmiede. Alle sind sie aber hilfsbereit. Sie helfen im Haus, im Stall, bei der Ernte und im Handwerkeratelier. Dies können wir in der Walliser Legende « Le petit nain de la montagne » von Bouvier'nachlesen. Es wird erwähnt, dass der Zwerg, nachdem er als Lohn ein hübsches kleines Kleid erhalten hat, sich so schön fand, dass er aufs weitere Arbeiten verzichtete und floh.

Bei den Zwergen in Frankreich finden wir andere Charakterzüge als bei den deutschen und schweizerischen Zwergen. Im allgemeinen führt man hier ihre Fehler und Qualitäten auf die Feen zurück.

Die eher mittlere, ja sogar kleine Statur der Alpenbewohner - die derjenigen der neusteinzeit-lichen Menschen unserer Gegenden entspricht -hat gewisse Autoren dazu bewogen, von einer Pygmäenrasse zu sprechen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts greift die englische Zeitung « Nature » das Thema der sogenannten Zwerge ( Pygmäen ), die in den spanischen Pyrenäen " lebten, auf. Mit diesem Artikel beginnt die Diskussion über diese Pygmäen. R.G. Haliburton erwähnt in der Pariser Zeitung « Kosmos » ( 1887 ) die Existenz von Pygmäen in der Provinz von Gerona ( Ribas-tal, Tosaspass ) sowie in der Region von Salamanca ( hier soll es seit dem 16.Jahrhundert Pygmäen gegeben haben ). Er glaubt, eine markante Ähnlichkeit mit den afrikanischen Pygmäen zu entdecken. McPherson greift das Thema wieder auf. Er ist in seinen Angaben präziser und umschreibt das Gebiet, wo diese « Zwerge » leben, mit dem Collado de Tosas. Er fügt hinzu, dass sie sehr oft als Hirten tätig sind, und sagt darüber hinaus:

« Man hat mir auch mitgeteilt, dass diese Zwerge nicht sehr intelligent sind und sich nur mühsam verständlich machen können. » Vor allem aber spricht er von einer Vielzahl von Schwachsinnigen ( Kretinen ) in der Nachbarschaft. In der Tat muss es sich bei diesen sogenannten « Zwergen » um Schwachsinnige von Zwergenwuchs handeln, eine Erscheinung, die häufig anzutreffen ist. Dies bestätigt übrigens die Beschreibung, die Haliburton selber gibt: Augen mit leicht mongoloidem Einschlag, breites, gelbes Gesicht, I,10-1,15 Meter gross und rote Haare. Die Geschichten um diese Zwerge verstummen dann rasch dank einem Interview von Carthaillac, ansässig in Toulouse und damals Direktor der Zeitschrift « Anthropologie ». Nach seinen Aussagen handelt es sich auf gar keinen Fall um eigentliche Zwerge, sondern um « einige kleinwüchsige Schwachsinnige ». Die Beschreibung vom Aussehen und vom Verhalten dieser Pyre-näen-«Zwerge » deckt sich mit dem, was man über die Schwachsinnigen in den Alpen weiss. Sicherlich müssen wir viele unserer Legenden-zwerge unter diesen armen Kreaturen suchen.

Der Vater der Theorie einer europäischen Pygmäenrasse ist der Italiener Sergi. Er beruft sich vor allem auf Aussagen von Homer, Herodot, Aristoteles und Plinius sowie auf Skelettfunde. Die zahlreichen Überreste, die man in der Schweiz und anderswo entdeckte, stellen vielleicht den Ursprung der in den Germanen- und Kelten-legenden auftretenden kleinen Menschen dar. Nach Lahovari würden sie vor allem aus der Bronzezeit stammen, da ihre Grosse zwischen 1,38 und 1,42 Metern liegt - entsprechend den heutigen Pygmäen - zudem hätten sie ebenfalls eine massige Langköpfigkeit aufgewiesen6.

Dies beweist allerdings nicht, dass diese hier wirkliche Pygmäen waren. Verschiedene Krankheiten wie Rachitis und Schwachsinn können in der Tat zu Zwergwuchs führen. Fr. Schwerz, Kritiker der Pygmäenthese, hat nicht grundlos behauptet, dass man mit Hilfe einiger Skelette, deren Grosse über dem Durchschnitt liegt, ebensogut die Theorie einer Bevölkerung von Riesen auf- stellen könnte. Nach Überprüfen der statistischen Angaben kommt Schwerz zum Schluss, dass vor allem die Menschen der Steinzeit kleiner waren als die heutigen, aber auf keinen Fall als Pygmäen zu bezeichnen sind. Tatsache ist, dass man beim Ausmessen der durchschnittlichen Grosse der Menschen von Chamblandes ( Pully, Lausanne ), Nachbarn derer von Grimaldi ( Negroide ), die man im Waadtland und im Wallis entdeckt hat, eine Länge von 1,58 Metern für die Männer und 1,57 Metern für die Frauen nachweisen konnte. Die Menschen von Chamblandes waren lang-köpfig und nicht verwandt mit den Pfahlbauern, die eher über breite Köpfe verfügten. Einige vermuten, dass uns die zahlreichen Geschichten über die Kobolde in den Alpen und im Jura an die Völker noch vor der Pfahlbauerzeit, vielleicht Ligurer ( von denen die Überlieferung allerdings berichtet, sie seien eher Riesen gewesen ), erinnern könnten. Es scheint, als ob die Berge vor allem den Menschen kleinwüchsiger Rasse als Zuflucht gedient hätten, denn hier gelingt es, dank der besonderen Beschaffenheit der Gebirgsregionen, auch den Kleinen und Schwachen, stark zu werden '. Was die Menschen der jüngeren Steinzeit aus dem Wallis und der Westschweiz im allgemeinen anbetrifft, so hat Sauter unterstrichen, dass ihre Statur klein bis knapp mittelgross war. Der Beweis ergibt sich dabei aus der abstam-mungsmässigen Verknüpfung des Hauptteils der westschweizerischen Bevölkerung der jüngeren Steinzeit mit den Völkern derselben Epoche aus Südeuropa ( Zivilisation von Chassey—Cortaillod— Lagozza ), aber auch mit Völkern nördlicherer Herkunft ( Châlons-sur-Marne ). Die im Wallis beheimateten Menschen der jüngeren Steinzeit unterscheiden sich als vorwiegend mediterrane, zierliche, meistens langköpfige Rasse stark von den Menschen des Mittelalters. Von ihnen haben wir Knochenüberreste, welche von Menschen mittlerer bis grosser Statur, mit breitem, ja sogar sehr breitem Schädel, zeugen. Auf alle Fälle bildeten die Alpenvölker keine einheitliche Rasse. Die alpinen « Pygmäen » fielen nur auf, weil sie von'93 grösseren Menschen umgeben waren. Nicht ohne Grund erläuterte J. Loewenberg 1834, dass die Alpen ihre Bewohner erdrückten, da man dort nur Legenden von Zwergen, nicht aber von Riesen kenne8.

DIE RIESEN Die Behauptung von J. Loewenberg stimmt aber nicht ganz. Im Gegensatz zur Ansicht dieses Reisenden gibt es viele Sagen über Riesen in unseren Bergen und im Raum des Mittellandes. Wir begegnen in den Legenden deutschen Ursprungs, wie bei den Zwergen, zwei Typen von Riesen:

1. die Riesen mit gutartigem Charakter, die den Ackerbau weiterverbreiteten. Diese hätten ursprünglich Schlösser, Kirchen usw. erbaut; 2. die Riesen mit bösartigen Zügen, die Frauen und Kinder misshandelten, das Getreide zerstörten und Feinde des Christentums gewesen seien.

Meistens treten die Riesen der deutschen Legenden in grösseren Haufen auf und werden dann als « Riesen, Türschen, Hünen » bezeichnet. In den meisten Texten wird ihre Dummheit hervorgehoben.

Die Riesen der französischen Legenden erscheinen eher als einzelne Individuen. Sie gelten als Erbauer keltischer Baudenkmäler ( Dolmen ) und anderer aus Felsblöcken errichteter Monumente. Sie sind dem Christentum in keiner Weise feindlich gesinnt. Einige glaubten in ihnen die Basken erkannt zu haben.

Es ist eigenartig, dass man bei den germanischen Riesen mit den bösartigen Zügen die gleichen Fehler feststellen kann, wie sie den Hunnen des 5. Jahrhunderts und den Ungarn des Io. Jahrhunderts vorgeworfen werden. Deshalb hat man die Ähnlichkeit zwischen dem Wort « Hunne » und « Hüne » ( Riese ) unterstrichen. Hier bekräftigt man die Idee derer, die behaupteten, dass das Wort « ogre » ( Menschenfresser ) von « Hongrois » ( Ungar ) komme9.

Zu den bekannten Riesen zählt man Gargantua, der dank Rabelais der Vergessenheit entrissen wurde. Nun findet sich dieser Gargantua verschiedenerorts in unseren Regionen. In der Westschweiz macht ihn die Legende für umfangreiche topographische Landschaftsveränderungen verantwortlich.

« Man schreibt ihm folgende Taten zu: Der Hügel von Château-d'Œx, die Dent de Jaman, der Montet von Bex, der Hügel von Bcrtigny und die Pierre-à-Besse im Tal von Bagnes. Auch habe er den Genfersee ausgehoben und seinen Korb auf dem Salève gefüllt und so die Teilung zwischen dem kleinen und dem grossen Salève herbeigeführt. Als er den Hafen von Genf zuschütten wollte, habe er unterwegs Erde aus seinem Korb verloren, woraus der Hügel von Monthoux entstanden sei Auch habe er die Saane ausgetrunken und sie während drei Tagen trockengelegt; dann beschmutzte er einen kleinen See, den man alsdann Schwarzsec nannte10 ».

Während die germanischen Riesen mit den Eroberern, die von Ost- und Zentraleuropa herkamen, verschmolzen, zählt man die französischen Riesen eher zum sarazenischen Mythos. Erinnern wir uns daran, dass Pantagruel, nachdem er 300 Riesen besiegt und ihren Chef « Loup Garou » getötet hatte, ausrief: « Mahom, Mahom, Mahom !» und so auf den Zusammenhang zwischen diesen Riesen und den « bösen » Mohammedanern hinwies ". In dem zum Sagenkreis Karls des Grossen gehörenden Fierabras, Held eines altfranzösischen Heldenepos des ausgehenden 12. Jahrhunderts, kommt der Sarazener ( Araber ) vor. In zwei anderen Heldenliedern erkennen wir den Riesen Roboastre, dessen Name sicherlich eine orientalische Bedeutung hat. Es ist anzunehmen, dass sich ein Teil des sarazenischen Mythos in der Westschweiz in der grossen Menge der auf die Kreuzzüge folgenden Heldengedichte niedergeschlagen hat. Im Nahen Osten waren die Riesen ebenfalls gegenwärtig: wir brauchen nur jene zu erwähnen, welche die von Josua gesandten Kundschafter terrorisiert hatten, bevor sie den Jordan über- querten, oder auch die noch bekanntere Geschichte von David und Goliath.

Es ist zu vermuten, dass ebenso wie viele unserer Bergzwerge Opfer der Kropfkrankheit waren, verschiedene der Riesen an einem übermässigen Wachstum litten. In seiner Monographie von 1913 « Sonnige Halden am Lötschberg»12 zeigt G. Stebler die Photo eines dieser Unglücklichen, Moritz Kämpfen, dessen Grosse die 2-Meter-Grenze bei weitem überschritt. Es handelt sich hier nicht um eine erbbedingte Charakteristik ( die Tante Josephina, mit ihm zusammen photographiert, weist eine normale Grosse auf ), sondern offensichtlich um eine Missbildung.

DIE FEEN Was die Feen anbetrifft, so bringt man ihren Namen mit auffälligen Geländeformen, besonders mit Grotten und anderen felsüberwölbten Zufluchtsorten, in Verbindung. Auch hier bestehen Unterschiede zwischen den Feen aus dem deutschen und denen aus dem französischen Bereich. Während in Deutschland die Feen eher jüngere Wesen sind und als Bewahrerinnen von Bäumen, heiligen Flüssen und Quellen auftreten, handelt es sich bei den « französischen » um ältere und mehr auf die Verwirklichung von Wundern im Sinne eines « deus ex machina » ausgerichteten Feen. Vielfach erwähnt werden Feen in den westlichen Alpen, in Savoyen und im Wallis14.

In der Tat werden die meisten landschaftlich schönen Stätten den Feen zugeschrieben. Dies auf Grund einer schlechten Übersetzung aus dem Altfranzösisch und der Verwirrung, die daraus zwischen den Wörtern « fée » und « fez » ( Herde ) sowie den Wörtern « faye » ( Schaf und Fee ) in Savoyen, « faya », « faa » im Wallis ( Nendaz ) als gebräuchliches Wort für Schaf, oder auch « faeta » ( kleines Schaf ), entstanden ist. Im weiteren kam es zu Verwirrung zwischen den Wörtern « fata » ( niedrige Gottheit ) und « feta » ( trächtiges Weibchen ). So ist also Saas Fee nichts anderes als:

Schafsberg, « Föberg », ein Name, der manchmal auch für den Mischabel verwendet wurde. Im Jahre 1544 erwähnte Stumpf das Vieh im Saaser Tal, genannt « Foe », und 1758 sprach Tschudi vom nahen Mont Martis, den man mit « Foë » bezeichnete. Constantin und Désormaux konnten daraus schliessen, dass eine bestimmte Anzahl der Feengrotten nichts anderes waren als Zufluchtsstätten von Schafherden, die sich dorthin zurückzogen ". Dies sieht man vor allem in Filiinges, in Régnier ( wo ein Dolmen « Feenstein » genannt wirdin Hérémence mit der Feenhöhle ( « Faïes » ) von Arzinol ( oder Ardzino ) sowie in der Legende, die eine andere Fee im Bach von Martemoz im selben Tal situiert. Auch in der Feengrotte von Cierfs im bündnerischen Münstertal oder in St-Maurice, wo man vom « Feenloch », ursprünglich « Fayesloch » genannt, glaubte, es sei von Geistern und Gespenstern bewohnt, lässt sich diese Herkunft erkennen. Es scheint, dass die « Feengrotte », lange bevor sie den Feen zugeschrieben wurde, eine vorgeschichtliche Grabstätte darstellte. Man sagt, dass in der Grotte von St-Mau-rice zwei Feen wohnten: eine gute Fee ( die « Frisette » ) und eine schlechte Fee ( die « Turlure » ). Ist es daher nicht bezeichnend, dass man eine Kuh oft Frisette nenntWenn man hingegen das Wort « Turlure » hört, denkt man da nicht an einen Plagegeist, an einen Viehdieb oder Urheber anderer alberner Streiche? ( « Turlupina-dcs ». ) Hier wäre noch zu erwähnen, dass man das Wort « fée » als Zusatzbegriff für gewisse Stein-geschirre von Tieren sowie vom Teufel, von Heiden, von Hexen, oder von Frauen verwendete, die man alle oft als Synonyme oder Ersatz für « Sarazener » gebrauchte. Das letzte Wort ruft uns in Erinnerung, dass man verschiedenerorts glaubte, bei den Sarazenern handle es sich um die Ehemänner dieser Feen. Gemäss den Bergbewohnern besässen diese « die Macht, Glück oder Unglück zu verteilen. Die Frauen waren zart, hatten eine braune Haut und schwarze Haare ( ein Zeichen dafür, dasssie aus dem Orient stamm- ten ) ...w17, was sie ohne Zweifel den Völkern des Morgenlandes annäherte. Auch Van Gennep hat aufgezeigt, dass die häufige Identifikation der Sarazener mit den Feen, infolge der gleichzeitigen beziehungsweise aufeinanderfolgenden Verwendung dieser zwei Begriffe, ein interessantes Über-lagerungsphänomen darstellt. Die Übereinstimmung der beiden Wörter wurde schon von Manabréa erwähnt, und man hat davon auch in Forez ( Gegend im Massif central ) gesprochen, das unter der « sarazenischen » Invasion allerdings nicht besonders stark gelitten zu haben scheint. Über Le Bugey ( zwischen Genf und Lyon ) zögert J. Tournier nicht, folgendes zu schreiben:

« Das Massiv von Pierre Châtel an den Ufern der Rhone ist von den Sarazenern besetzt worden. Im Westen,gegenüber dem Weiler von Lasignieu, bemerkt man am Abhang des Felsen von Parves ein schwarzes Loch, das ohne Hilfe einer Leiter nur schwer erreichbar ist. Es ist dies die Feen-grotte18 ».

Es scheint mir angezeigt, hier noch auf den populären Ausdruck « être fada » hinzuweisen, der im Französischen gebraucht wird und « verrückt », « eigenartig », « extravagant sein » heisst, damit man die Gleichsetzung der Feen ( « fada » ) mit den Sarazenen, diesen Fremden mit den « barbarischen » Sitten - ob es nun Araber, Berber, Juden, Zigeuner, Lombarden oder eingeborene Räuber waren -, besser versteht.

Die Überlieferung von Zwergen, Riesen und Feen lässt sich wahrscheinlich auf die alten keltischen und nordischen Mythen zurückführen. Es mag sein, dass darüber hinaus alte indo-euro-päische Ursprünge bestehen. Aber die jüngeren Legenden haben sich von ihrem ursprünglichen Sinn entfernt und sich auf die mehr oder weniger literarisch begründete Erinnerung an die « besessenen » Ungarn und Sarazener, die das verdorbene Europa desto. Jahrhunderts durchstreiften, ausgerichtet.

Aus dem Französischen übersetzt von Th. Haudenst hild, Bern.

Wäber, A., Die Sprachgrenze in den Alpen. Jahrbuch des Schweizerischen Alpenclubs, XIV. Bern 1879 ( Separata ), S.3.

2 Studer, M., Le servant des Alpes. Coopération, 6. Basel, 7.Februar 1970; Gusset, H., Die Alpwirtschaft in ihrem ganzen Umzüge, Erster Teil. Bern 1869, S.82-83.

3 Tegethoff, E., Die Damane im deutschen und französischen Märchen. Ein Beitrag zur Lösung des Problems der Märchenwanderung. Schweizer Archiv für Volkskunde, XXIV, 3. Basel 1923, S. 137-166.

4 Bouvier, J.B., Légendes valaisannes, Lausanne 1931, erneut unter dem Titel erschienen: Les plus belles légendes suisses. Lausanne 1942, S.36fr.

" Haliburton, R.G. und McPherson, W., Racial dwarfs in the Pyrenees. Nature 1213. London 1893, S. 294-295; Stuart Glennie, J.S., Racial dwarfs in the Pyrenees. Nature 1389. 6 Lahovari,N., Les peuples européens. Neuchâtel 1946, S.245 ff.; Schwerz, Fr., Die Völkerschaften der Schweiz von der Urzeit bis in die Gegenwart. Stuttgart 1915, S. 101-108.

7 Laur-Beiart, L., Urgeschichte und Schweizertum. Basel 1939, S. 12-23; Loewenberg, J., Schweizerbilder. Berlin 1834, S.80; Sauter, M.R., Eléments d' une diagnose anthropologique comparative des populations néolithiques de la Suisse occidentale. Cronica del VI° Con-gresolnternacionaldeCienciasPrehistóricasy Pro tohistôricas. Madrid 1951. Zaragossa 1956, S. 113-115; Sauter, M.R., Aspects du Valais ily a cinq millénaires. Archives de la Société helvétique des sciences naturelles. Sion 1963, S. 19-30.

* Das Phänomen des äusserst hartnäckigen Weiterbestehens von Zwergenlegenden scheint weltweit zu existieren. So wird auch die Langlebigkeit der Zwerge in den negro-airika-nischen Zivilisationen bestätigt. In seiner « Histoire des peuples de l' Afrique noire » ( Paris 1962 ), sagt René Cornevin: « Es ist sicher, dass die Zwerge in der Folklore die Riesen überleben; und wir alle erinnern uns an die Korzigans ( Zigeuner ) der Bretagne und an die Kobolde der deutschen Legenden. Zeltner erklärt den westafrikanischen Reichtum an Überlieferungen bezüglich kleingewachsener Wesen durch die weit verbreitete Existenz von Zwergenrassen, den ebenfalls weit verbreiteten Glauben an böse Geister und schliesslich durch das Vorhandensein von Merkmalen, die Zeugnis ablegen von der « ungebildeten, asozialen und räuberischen Menschheit » ( S. 125 ). Cf. Zeltner, Fr., de, « Les nains et les géants dans les traditions soudanaises ». Anthropologie. Paris 1910, S. 248-250.

9 Tegethoff, E., vgl. Anm. 3.

10 Christinger, R., Mythologie de la Suisse ancienne. Genève 1965, Bd. II « Gargantua », S. 71-95.

11 Rabelais, Pantagruel, Roy des Dipsodes, restitué à son naturel avec sesfaiezt et professes espoventables. Ed. La Pléiade. Paris 1955, S. 176, 288ft ".

12 Stebler, F.G., Sonnige Halden am Lötschberg. Beilage zum Jahrbuch des SAC, XLIX. Bern 1913, S. 101, Abb. 34.

13 Tegethoff, E., vgl. Anm. 3.

14 Grellet, P., Pérégrinations valaisannes de la Furka au Léman. Société d' histoire du Valais romand. Sion i960, S.231; Ritz, R., Über die Ortsbenennung und Sagen des Eringerthal, Jahrbuch des Schweizerischen Alpenclubs. Bern 1869-70. Bern 1870, S.377; Duby, H., Saas-Fee und Umgebung. Bern 1946 ( Neuauflage ), S. gi; Loup, R., Contes de Grimentz- Cahiers valaisans de folklore, 4. Genève 1928, S. 7-12, Les sorcières et les fées; Carroz, U., Contes d' Arbaz. Cahiers valaisans de folklore, 6. Genève 1928, 5. 7—12, Les sorcières etles fées; Luyet, B., Contes de Savièse. Cahiers valaisans de folklore, 7. Genève 1929, S. 35-36. Les fées.

13 Constantin et Désormaux, Dictionnaire savoyard. Paris/An-necy 1902, S. 189.

16 Bertrand, J.B., Le folklore de St-Maurice. Cahiers valaisans de folklore. Sierre 1935, S. 29—31; Gielly, G. de, La grotte des Fées de St-Maurice ( Valais ). Vevey 1865. Nach der Geschichte von Seyssel gibt es in Vingnin ( Bresse ) eine « Feengrotte », in welcher man sarazenische Waffen und Schmuckstücke gefunden hätte. Seyssel, Cte M. de, Deuxième Royaume de Bourgogne et les empereurs. Bulletin de la Société « Le Bugey ", I. Belley 1909, S. 23—24.

17 Reinach, S., Cultes,mythesetreligions, III, S.388; Gras, C, Essai de classification des monuments préhistoriques du Forez- 18 Tournier, J., L' oliphant des Portes. Les Sarrasins dans le Bas Bugey. Le Bugey. Société scientifique, historique et littéraire, XVII, 19. Belley, septembre 1925, S. 507; Manabréa, De la marche des études historiques en Savoie. Chambéry 1839. S. 54-55.

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