W. A. B. Coolidge : Die deutschredenden Gemeinden im Grauen Bunde. | Club Alpino Svizzero CAS
Sostieni il CAS Dona ora

W. A. B. Coolidge : Die deutschredenden Gemeinden im Grauen Bunde.

Hinweis: Questo articolo è disponibile in un'unica lingua. In passato, gli annuari non venivano tradotti.

Endlich hat mich Prof. Frischauf in Graz darauf aufmerksam gemacht, daß in der Abhandlung von Prof. Boßhard „ über die Anwendung des Thermometers zu Höhenmessungen " ( S.A.C. XXVIII, pag. 375 ) die Maßstabangaben zu verdoppeln seien, wie dies aus der Länge des Instrumentes 25,5 om und :/io1 ram hervorgehe.

Ich bitte also den geneigten Leser, alle diese Fehler in seinem Exemplar zu verbessern und mich vor allfällig sonst noch vorgekommenen-oder künftig vorkommenden Fehlern zu warnen; denn wie mein Kollege L. zu sagen pflegt: „ einer allein kann das nicht wissen".Red.

W. A. B. Coolidge: Die deutschredenden Gemeinden im Grauen oder Oberen Bunde ( Rhätien ) der Schweiz

und idem: The German speaking colony in the Calfeisen valley.

Professor J. C. Muoth: Über Bündnerische Geschlechtsnamen. II. Teil. Ortsnamen.

R. Hoppeler: Die Meier von Simpeln.

L. E. Iselin: Walliser Ortsnamen und Walliser Urkunden.

Über die Frage der mittelalterlichen Völkerverschiebungen in den Schweizeralpen, die mich schon seit Jahren beschäftigt, ohne daß ich bis jetzt zu einem Abschluß gekommen wäre, sind im letzten Jahre wieder so manche neue Studien erschienen, daß meine Faulheit, oder wenn man will, meine Vielbeschäftigtheit daraus neue Hoffnung schöpfte, es werde mir eines schönen Tages nichts weiter übrig bleiben, als hier meine Genugthuung über die wohlgelungene Monographie eines andern über dieses Thema auszusprechen. Da aber eine solche Schlußarbeit noch nicht vorliegt und ich für meine Marotte in diesem Jahrbuch einen sichern Ableger habe, so will ich wenigstens wiederum in einer Recension der obgenannten Arbeiten den Stand der Frage kurz beleuchten.

Der um die Schweizergeschichte, wie die alpine Historie wohlverdiente Oxforder Gelehrte berichtet in dem deutsch geschriebenen Artikel den Lesern der Österreichischen Alpenzeitung, Nr. 376/7, was er über Einwanderung, Rechte und Siedelungen der Walliser im Rheinwald, Safien, am Heinzenberg, auf Obersaxen, in Vals und in vier vereinzelten Dörfern des Vorderrheinthals und des Hochgerichts von Flims aus Urkunden und litterarischen Quellen ermittelt hat. Der englisch geschriebene Artikel wird in dem neuen Bändchen der Climbers Guides ( Tödigebiet vom Oberalppaß bis Ragatz ) erscheinen, und ist mir vom Verfasser noch vor dem Druck in freundlichster Weise zur Einsicht gegeben worden. Er betrifft die jetzt verschwundene Walliser-Kolonie im oberen Taminathal, über welche Herr P. H. Kind in diesem Jahrbuch XXV, p. 53 ff. die Hauptthatsachen verständig besprochen hat.

Gegenüber dem Material, mit welchem Mr. Coolidge aufrückt, muß ich meine früher ( S.A.C. XXVIII, p. 384/5 ) geäußerten Zweifel über die Herkunft der „ Freien Walser " fallen lassen. Ebenso läßt sich in seinen sachkundigen Auseinandersetzungen das sogenannte Walserrecht besser verstehen, als in manchen früheren Schriften. Zu den in der Ö.A.Z. niedergelegten Argumenten, die leider durch eine offenbar schlechte Übersetzung aus dem Englischen manches von ihrer Schärfe verloren haben, kommen noch einige Ergänzungen und Verbesserungen, die mir Mr. Coolidge schriftlich mitgeteilt hat und die ich dem Leser nicht vorenthalten will. Die Privilegien der Walser, unter denen der Rheinwaldbrief von 1277 das älteste ist, das wir kennen, bestehen außer der persönlichen Freiheit darin, daß sie unbestimmt festgestellte Steuern zu zahlen hatten, ferner in der von der Gerichtsbarkeit der Herrensitze unabhängigen Organisation ihrer Niederlassungen, in dem Recht, ihren eigenen Ammann zu wählen, sich eigene Statuten zu geben, in der eigenen Jurisdiktion mit Ausnahme der Fälle von Verbrechen ( niedere, nicht hohe Gerichtsbarkeit ) u.a. Es sind also ähnliche verbriefte Rechte wie die der bevorzugten Städte in der Ebene. Es ist übrigens eine gewisse Abstufung im Rechtsstand der verschiedenen Walsergemeinden zu konstatieren. Am höchsten standen der Rheinwald und das Thal von Safien, am niedrigsten Valendas, Fidaz und wahrscheinlich auch Sculms. Die mittleren wie Tschappina, Tenna, Obersaxen und Vals genossen mit teilweiser Steuererleichterung die persönliche Freiheit, übten auch hie und da die Polizeigerichtsbarkeit aus. Diese Unterschiede scheinen mir im Zusammenhang mit Alter und Herkunft der einzelnen Kolonien zu stehen, wie man aus folgendem ersehen mag. Die älteste Ansiedlung, von der wir Kunde haben, ist die der Teutonici des Schamserthals, denen Walther IV. von Vatz am 10. Oktober 1277 einen Schenkungsbrief ausstellte und versprach, alle von ihnen aufgestellten „ guten Gesetze " zu achten. Nun werden in einem Dokument vom Jahre 1301 die Namen der drei Gemeinde -vorstände der Rheinwaldcommunen genannt, wie folgt: Gualterinus von Simpeln, Rossinus von Formazza und Johann von Piliana im Eschenthal. Da nun die Walliserniederlassung in Simpeln und Formazza lange vor diesem Termin nachgewiesen ist, so ist höchst wahrscheinlich, daß diese drei Amnaänner als Führer oder Teilnehmer einer Kolonie von Landsleuten über die Berge eingewandert seien. Hinterrhein und Nufenen tragen einzig germanische Namen, sind also wahrscheinlich die ersten Kolonien. Daß die Deutschen auf der oberen Stufe der engen Saßen-schlucht eine ähnliche Stellung hatten, wie die Rheinwalder, geht daraus hervor, daß ihnen beim Aussterben der Familie Vatz 1338 ein Vogt aus den Grafen von Werdenberg-Sargans gesetzt wurde; daß ihnen, als sie 1450 vorübergehend unter die Herrschaft Räzüns kamen, dieselben Rechte eingeräumt und die gleichen Pflichten auferlegt wurden, wie den Rheinwaldern; daß sie mit Ausnahme der Räzünservogtei immer zu der gleichen Herrschaft gehörten, wie die Rheinwalder, nämlich der Vatz, Werdenberg-Sargans und Trivulzio, was natürlich Auswanderung und Übertragung von Rechten aus einem Thal ins andere begünstigen mußte; daß 1617 Gerichtsbeamte aus dem Rheinwald nach Saßen dirigiert wurden, um dort ihres Amtes zu walten; daß in einem Dokument von 1326 Saßen einen Ammann, Jurati und eine Gemeinde besitzt, das Siegel aber von Rheinwald entlehnen muß. Saßen war also wohl ein Ableger von Rheinwald und die Einwanderung geschah über den leicht zu begehenden Safienberg. Hinwiederum ist Tschappina am Heinzenberg wahrscheinlich von Saßen aus über den Glaspaß, auch „ die Stäge " genannt, kolonisiert worden, wenn das nicht von Obersaxen her erfolgt ist, wo ein Gehöft dieses Namens schon im Testament des Bischofs Tello 766 vorkommt. Eine Gemeinde freier Männer scheint hier zwischen 1338 und 1383 entstanden zu sein. Der Kirchenheilige ist St. Joder ( Theodul oder Theodor ), was ( nicht unbedingt ) ebenfalls auf Walliserherkunft schließen läßt.

Der Weiler Tenna hoch über dem linken Ufer der Rabiusa scheint eine Filiale von Satien zu sein, gegründet in unbekannter Zeit. Daß die deutschen Bewohner von Obersaxen ursprünglich aus dem Wallis stammten, ist lokale Tradition und das Dorffest fällt auf St. Joderstag, aber ein positiver Anhalt fehlt. Höchstens ließe sich die Urkunde verwenden, nach welcher im Jahr 1398 der Herr von Räzüns seinen Tochtermann Guiscard von Raron für das Heiratsgut durch Verpfändung des Landgutes Obersaxen sicherstellt. Daß noch so spät eine ausgiebige Einwanderung von Walliserkolonen erfolgt sei, will mir aus verschiedenen Gründen nicht recht einleuchten. Auch Vais gehörte zu diesen deutschen Kolonien. Im Anfang von Saie. XI1I. hatten die Vatz daselbst einen Vogt, welcher die seinem Herrn zahlbaren Steuern kund zu geben hatte. In dessen lateinisch geschriebenem Bericht kommen deutsche Namen, wie Henz, Kunz Spiteler und Guzver, vor. Wenn im Bund von 1400 zwischen dem Grauen Bund und Glarus die Herren von Sax für ihre Leute von Rheinwald und die Ansiedler ihres Hochgerichts schwören, so sind unter den letztern wohl die Valser verstanden. Wahrscheinlich sind die Kolonen aus dem Rheinwald über den leichten Paß des Valserberges herübergekommen. Aus verschiedenen Dokumenten der Jahre 1475, 1461 und 1547, durch welche die Lugnetzer den Übergriffen der Valser in Besiedelung ihres Gebietes ein Ziel zu setzen versuchten, ersieht man nämlich, daß die Valser bei ihrer Einwanderung das Gebiet der Lugnetzer nicht berührt hatten. Ferner ist der Schutzpatron von Vals der gleiche, wie von Rheinwald, nämlich St. Peter, dessen Bild auch im Valsersiegel steht.

In Valendas und Versam, welche von Tenna aus leicht zu erreichen sind, begegnen uns deutsche Namen in einer Reihe von Dokumenten aus dem 14. Jahrhundert, und 1528 wurde für Valendas eine besondere Verwaltung eingesetzt, weil die Bevölkerung im Gegensatz zu ihren romanischen Nachbarn meist deutsch sprach. Allerdings mag der Übergang zum Protestantismus die Einwanderung deutschsprechender Leute begünstigt haben.

Von Sculms erwähnt Sererhard, daß sich dort eine einsame deutsche Niederlassung befinde. Besonders werthvoll wird der Artikel durch die vollständige Bibliographie, die ihm angehängt ist.

Die deutsche Kolonie im Cal feisenlhal unterscheidet sich von den Ansiedlungen im Formazza und am Rhein dadurch, daß wir ihren Ursprung nicht kennen, und daß sie jetzt gänzlich verschwunden ist. Aber im 14. Jahrhundert war daselbst eine Bevölkerung, deren Eigennamen deutsch sind ( Michel im Wald, Pantli, Martin und Konrad Nufer, Walliser aus Calfeisen u.a. ), und sie dienen dem Abt von Pfävers für die ihnen übertragenen Lehen nach Walserrecht mit Schild und Speer, wie die von Rheinwald, Safien und Davos. Auch die Männer, welche für das Lehen der Sardonaalp sich dem Abt 1346 pflichtig erklären, tragen deutsche Namen. Ein „ Amanenguot ", aber nicht am gleichen Ort gelegen, wie der jetzige Ammansboden, kommt 1379 vor, und ein Amman wird noch 1518 genannt. Sie bildeten keine Gemeinde und hatten kein Siegel; gerichtsgenössig waren sie nach Freudenberg bei Ragatz. Seit 1477 zeigt die Bevölkerung in Calfeisen die Tendenz, auszuziehen; wie es scheint, waren es politische und ökonomische Gründe, welche sie in die reicheren Gefilde von Sargans herauslockten. Jetzt ist nur noch ein ständig bewohntes Haus im Thale, am Gigerwald. Die Kapelle gehört St. Martin, dem vielleicht auch das älteste Gotteshaus in Vals geheiligt war. Auch hier sind urkundliche und litterarische Quellen vollständig angegeben. Daß Tamina in der Form Tamingen bei Stumpf 1606 p. 639 und Guler 1616 p. 210 eher auf germanischen als auf romanischen Ursprung deute, möchte ich nicht unterschreiben. Mr. Coolidge hat sich vorgenommen, zunächst Avers, später auch Davos auf seinen Walliser-ursprung zu prüfen; wir wünschen, daß das recht bald geschehen möge.

In der vortrefflichen Studie, welche Professor Muoth über die bündnerischen Geschlechtsnamen und ihre Verwendung für die Bündnergeschichte schreibt und von der letztes Jahr ein zweiter Teil, die Orts- namen enthaltend, als Beilage zum Programm der Bündner Kantonsschule in Chur erschienen ist, erhalten wir eine auf genaue Kenntnis und Kritik dieses Materials gestützte Darstellung der fremden Ansiedlungen in Bünden, ihrer Mischung mit der einheimischen Bevölkerung, ihrer politischen und socialen Entwicklung im Mittelalter. Dabei wird eine genaue Scheidung der wirklich deutschen und wirklich romanischen Ortsnamen vollzogen, wobei einer Menge von Vorurteilen und Spielereien der Garaus gemacht wird. Die Etymologie von Fanas, Tusis, Davos, Panix, Truns, Bergün, Sedrun, Tavetsch, Lugnetz, Domleschg und andern auch Clubisten interessierenden Orten wird in nüchterner aber ganz zuverläßiger Weise gebracht. Die auf den ersten Blick so auffallend groß erscheinende Zahl von deutschen Burgnamen wird durch die Untersuchung bedeutend reduziert und es erscheint auch hier das romanische Sprachelement als das vorherrschende; die Mehrzahl der rätischen Burgen gehörte eben schon der romanischen Zeit an, und der seit dem XI. Jahrhundert mit den deutschen Bischöfen und Grafen einwandernde Adel mußte sich vorläufig darauf beschränken, alte Burgen und Dorfcastelle als Lehen zu übernehmen. Dieses deutsche Element im Gebiet der Bischöfe und Barone stand unter schwäbischem und hohenstaufischem Einfluß.

Der burgundische Einfluß in Bünden ging dagegen von der Fürst-abtei Dissentis aus, die durch ihre Vorsteher und Konventualen mit Wallis und Uri in Verbindung stand, selbst mit Bern und noch weiter entfernten Punkten. Auch der Zähringer-Einfluß ist hier seit dem XL Jahrhundert spürbar. Namen, wie Albert de Novenzano, Aymo de Turre, Turing von Attinghausen ( das Geschlecht stammt bekanntlich von Schweinsberg im Emmenthal ), Petrus de Brunnentrutt in Dissentis, die Burgen Rinkenberg ( von Brienz stammend ) und Friberg sind hier beweisend. Diese politischen Beziehungen hörten auch mit dem Aussterben der Zähringer 1218 nicht auf. Der Grund liegt wohl in der verwandten Nationalität der drei Thäler. „ Denn ", sagt Professor Muoth, „ nach den Ortsnamen und Dialektresten zu schließen, war die erste Bevölkerung von Uri und Oberwallis ebenso gut romanisch, wie die von Tavetsch und Truns. Die deutschen Elemente, die in Wallis und Uri die romanische Bevölkerung germanisiert haben, sind erst später eingewandert. "

An die „ rätselhafte, noch lange nicht genügend aufgeklärte Wanderung von deutschen Bauernsippen, die bereits im frühen Mittelalter beginnt und bis zum XII. Jahrhundert anhält, wodurch nicht nur die Waldstätte und Oberwallis, sondern auch das Berner Oberland, die ehemaligen Besitzungen des Klosters Einsiedeln etc. und namentlich auch verschiedene Gegenden in Ober-Italien deutsche Kolonien erhielten ", schließt nun Muoth die Geschichte der deutschen Kolonie Hinterrhein an, über die er allerdings nur ganz kurze, aber urkundlich sichere Angaben macht, die mit den oben nach Coolidge gegebenen übereinstimmen. Auch von der versprochenen Fortsetzung von Muoths Arbeit, welche die höhere Klasse der Familiennamen behandeln will, die ihren Ursprung der Grundherrschaft oder einem Lehensverhältnis zu Dorf oder Burg verdanken, versprechen wir uns neue Aufschlüsse.

Auch aus einer kleineren Arbeit, welche R. Hoppeler über die Meier von Simpeln ( im Anzeiger für Schweizergeschichte 1893, Nr. 4 ) geschrieben hat, erfahren wir Bestätigung der eben besprochenen Zusammenhänge. Neben den Inhabern der Herrschaft am Simplonpasse, als welche urkundlich Wilhelm von Mörel, Jocelin von Castello, Viztum zu Sitten, Heinrich und Rudolf von Raron, daneben auch die von Naters, von Aosta, Jocelin von Urnavas, Nicolaus von Aernen als Inhaber des Kirchensatzes erscheinen, finden wir seit 1257 auch eine eigene Ministerialfamlie, welcher vom Bischof das dortige Meieramt samt dem ( vor kurzem eingestürzten ) Turm zu Simpeln als Lehen gegeben war. Der letzte Meier dieses Geschlechtes, Junker Johannes I., vermählt mit der Tochter Wernhers II. von Attinghusen, des Landammanns von Uri, verkaufte seine Rechte an Meieramt und Turm 1334 dem Bischof von Sitten. Nach seinem Tode ( vor 1360 ) zog die Witwe mit ihren zwei Söhnen sich nach Uri zurück, wo das Geschlecht „ der von Sum-pellen " als Landmänner von Uri erloschen ist, wohl bald nach den Attinghusen, deren letzte Ursula „ etzwenne elichiu wirtin Johans ( I. ) von Sumpellen war ", f 1360,65.

In seiner Untersuchung über Walliser Ortsnamen und Urkunden, erschienen im Anzeiger für Schweizergeschichte 1894, Nr. 1 und 2, macht Herr L. E. Iselin mit Recht darauf aufmerksam, daß die vielen ähnlich lautenden Formen der Ortsnamen aus dem Wallis in Text und Indices der Mémoires et Documens de la Suisse Romande bei der Benutzung dieses Quellenwerkes die größte Vorsicht nötig machen, und daß Verwechslungen oder falsche Gleichungen zu weittragenden Irrtümern führen können. Gerade die Verwechslung von Morgia = Stalden im Visperthal mit Morgia = Mörel im Oberwallis sei die auffälligste und folgenreichste in der ganzen Sammlung. Anderseits diene die richtige Deutung zum wichtigen Anhaltspunkt über die ehemalige französische Bevölkerung der Visperthäler und zur Bestimmung der Periode einer größeren Einwanderung des deutschen Völkerschlags. Nachdem er sodann die weite Verbreitung des Namens Morgia oder Morgi in der südlichen französischen Schweiz und den angrenzenden Alpengebieten von Savoyen und Piémont konstatiert hat ( Städtchen Morges, drei Flüßchen Morges und Morge, Mörel, Märjelensee oder Bettmersee ob Mörel, Märje bei Macugnaga und Merjen bei Stalden u.a. ), sucht er die Grundbedeutung „ Geröll " herauszubringen, die auch im Wort Moräne stecke. Ich folge ihm auf diesem Gebiet, wo man leicht auf schlüpfrige Rollkiesel tritt, nicht weiter und begnüge mich mit der Erklärung, daß meiner Meinung nach Herr Iselin Recht hat, wenn er sagt, daß das Merjen im Saasthal in viel mehr Fällen gemeint sei, als dies Abbé Grémaud, der Herausgeber der Urkunden-Bammlung, annimmt oder angiebt. Für uns am interessantesten ist die sesprechung des Friedensvertrags vom 16. August 1291 in loco de Armenzello de Valexio, zwischen den Grafen von Blandrate und den Leuten de Valle Solxa et de Morgano vallis Solxae et de Zauxon et de Prato Borno einerseits und den Leuten de Valenzasca et de Macugnaga anderseits. Die sonderbare Orthographie kommt von dem italienischen Notar aus Domo d' Ossola her, der x wie s, z wie französisch ch oder italienisch gi gesprochen hat. Daher Armenzell für Almengell, Valexio für Valesio, Solxa = Sausa ( Saas ) und Zauxon = Chouson ( St. Nikiaus ). Morgano ist also nicht der deutsche Name Zermeiggern zu hinterst im Saasthal, der Meykerron lautet, sondern Mörjen auf dem Plateau von Törbel bei Stalden. also am Eingang des Thaies. Auf ebendiese Gegend führen Iselins scharfsinnige Deutungen einer weitläufigen Urkunde von 1250 und einer Reihe anderer mit der Bezeichnung Actum Morgie: es scheint also der Hauptort gewesen zu sein, der später durch die deutsche Ansiedlung Stalden verdrängt wurde. Auf der gleichen Terrasse liegen auch die Weiler Furon ( Purren ) und Burgunan ( Burgen ), sicherlich die Heimat der Furrer und Burgener. Und wenn die Saracenen den Heidenwein von Stalden nicht gepflanzt haben sollten, wie die Kritik behauptet, so ist doch sehr wahrscheinlich, daß der Weinzehnten, welchen „ apud Vespiam et Morgi " das Domkapitel von Valeria im XIII. Jahrhundert besaß, von Visp und Stalden bezogen wurde und nicht von Mörel, wo nur ein „ Wustey Winegarto " erwähnt wird und von dessen Wein Thomas Platter im Jahr 1572 schreibt: „ der was gar grusam sur, dan es ist do gar wild und der obrest Win, der im Land waxt.Red.

Feedback