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Walserspuren

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Dem Andenken an J. Coaz gewidmet.

Von Manfred Szadrowsky.

Schlans hat einen Wald Colbrénners und eine Heimwiese Pet, was vielleicht Bett ist ( vgl. Schweizerisches Idiotikon, Bd. 4, 1811 ).

Dass freie Walser, livers, nach Breil ( Brigels ) kamen und Anteil an den Alpen erhielten, ist vor kurzem eingehend gezeigt worden durch Ch. Latour in dem schönen Jahrbuch Il Glogn, Bd. 14, 1940, und wird bestätigt durch Forschungen des Herausgebers G. Gadola, der mit den Oberländer Alpen und ihrer Geschichte vertraut ist wie kaum ein anderer.

Da kann denn die Galtviehalp Frisai, romanische Deutung vorbehalten, mit den freien Waisern zu tun haben. Einen Wald Fri und einen andern Fri d' Arblätsch hat Brigels auch. Fri konnte ein freier Mann sein, ein Vollfreier, ein freier Walser, aber auch ein freies Grundstück, frei von Zinspflicht ( s. dazu Schweizerisches Idiotikon, Bd. 1, 1256 f. ). In Versam ist ein Heimwesen Friamatt, in Untervaz Friewis. In solchen Namen kann freilich auch einfach der Familienname ,Fri'vorliegen. Bei Frisai kommt das nicht in Betracht. Im Mittelhochdeutschen bedeutet sai ( männlich und sächlich ) nicht nur « Saal », sondern auch « Wohnsitz, Haus ». Ein anderes Wort sai heisst « Gut, das laut Testament zu übergeben ist, Vermächtnis », und sai, sale ist auch « rechtliche Übergabe eines Gutes ». Ältere Bedeutungen des Wortes 5a/, Säl « Saal » sind auch im Schweizerdeutschen lebendig, und zwar besonders im Wallis, auch in Uri und in Avers ( s. Schweizerisches Idiotikon, Bd. 7, 687 f. ). Ein Vorratsraum ist damit gemeint, zum Beispiel das zweite Stockwerk des Hauses oder das Erdgeschoss unmittelbar über dem Keller; der Sai kann auch in verschiedene Räume abgeteilt sein; er kann auch ausserhalb des Hauses liegen, zum Beispiel im Stadel, im Speicher; in Avers ist der Sai, das Sali eine Vorratskammer neben dem Keller, der Küche, der Stube. Auf Frisai konnten die Frien sehr wohl einen solchen Sai haben oder mehrere Säl.

Auch der Alpname Rubi in Brigels ( nicht weit von Frisai ) und Val de Rubi, Name einer Ziegenweide in Waltensburg, können walserisch sein: der Familienname ,Rubin'kommt im Berner Oberland und im Wallis vor. Auch an das Walliserwort rUb « rauh, kraus » sei erinnert.

Brigels hat auch ein Bielti, ferner die Namen Trescala ( zu Triste !), Riedbóden, Waldboden.

Der Name Mettel kann Mättli sein oder das Eigenschaftswort mittel « in der Mitte befindlich ». Metnerbrünnen ist etwa mit der Alpweide Mittneregg in Untervaz zu vergleichen.

Der Maiensässname Rendi ist mehrdeutig: der Vor- und Familienname Ringg kann darin stecken ( wie wohl in Ringgenberg ) oder ein Flurname ,Ringli'oder ,Ränkli'oder am ehesten ein Rönggli wie in Jenaz, Ronggli in Obersaxen, Rünggli in Urmein, also « kleine Rodung ».

Der Gütername Träjer hat ein Gegenstück in Tschappina im urkundlichen Hofstattnamen ,Trayer '. In Vals sind ein Wald Träi und ein Hof Tröia. Häufig sind auch sonst Namen wie Träja in Fanas, Träiamedji in Davos. Meistens handelt es sich um ein vorromanisches Wort für « Pfad, Viehweglein ». Im Namen Träjer ist der deutsche Ausgang zu beachten.

Waltensburg oder Vuorz hat eine Gadenstatt Metli, wie etwa Valzeina ein Medii ( zu Mad ), Klosters ein Mättli.

Vogelberg und Caföghel stehen nebeneinander. Vergleichen lässt sich VogelhvLS in Signina.

Zu den Heimgütern Nustein gehört ein Felskamin Fueina de Nustein.

Gerba, Name eines kleinen Tobeis, erinnert an den häufigen Flurnamen Garbi ( zum Beispiel in Fuma, Grüsch, Seewis, Valzeina ), der keineswegs ohne weiteres einen Ort, wo man gerbt, bezeichnet, sondern einen Ort, wo man « bereitet, zubereitet » auch in anderm Sinne ( wie Reiti: reiten ). Es wären aber noch andere Zusammenhänge zu erwägen, etwa mit Gürba, Girbe « Krummholz » ( s. Schweizerisches Idiotikon, Bd. 2, 415 ), was den krummen Lauf des Tobeis beträfe ( in Tamins ist ein Bach Gerbs ), oder mit Järb, Jerb, Gärb « Holzrahmen als Käseform » ( s. Schweizerisches Idiotikon, Bd. 3, 68 ).

Auf Gerp in Bondo, Gerbdsc in Verdabbio, Gerb in S. Vittore, Gerb in Rossa sei noch hingewiesen.

Im Namenverzeichnis von Andiast ( Andest ) weist der Name ,Va-lendaser Guot'auf Walserzuzug aus Valendas; er kommt 1461 neben ,Helgen Guot'vor.

Pigniu ( Panix ) hat den Wald- und Weidennamen Birc: das kann Birch « Birkengehölz » sein oder Pirg, Gebirg.

Auch der Name Gerba ist vorhanden.

Tuola, Name eines Alpteils, wird Tola « Bodenvertiefung, Mulde » sein, wie etwa in Versam, Mutten, Davos.

Si at ( S et h ) hat eine Wiese Fri, Maiensässe Latta und Fest ( vergleiche Surfesti in Somvix ), einen steilen Weg Stotz dil Gion: Stutz kommt allenthalben vor, zum Beispiel in Obersaxen, Avers, Nufenen, Splügen, Sufers, Valzeina, Seewis, Schiers. Der Wiesenname Eglisch mutet wie ein walserischer Wesfall an ( wie etwa Lörischboda in Obersaxen, Töntschisch in Klosters ).

In Ruein ( Ruis ) sind ein Wald Run Hänsli, ein Wald Hirschboden, eine Wiese Schmelza, ein Alpteil Latta, urkundlich 1372 ein Hof ,Frowenberg ', 1506 ein ,Pelgmanser Bach '.

Schnaus hat einen Wald Hauita. Halda, Halta kommt massenhaft vor, zum Beispiel in Obersaxen, Vals, St. Martin, Valendas, Versam.

Die Gadenstatt Spitz erinnert unter anderm an Spitzli in Avers ( Weide mit Felskopf ), Fanas, Spitzmös in Seewis im Prätigau, Spitzsluck, Spitz-bündti in Grüsch, Spitzi in St. Antonien.

In Ladir ist eine Weide Run Stachas: der Name mag mit .Stecken'zu tun haben, wie etwa Stäckabärga in Nufenen, Steggaböda in Haldenstein, Steggatobel in Untervaz. Der Name Riebendul kann im ersten Bestandteil verwandt sein mit Rieberalp, Rieberbach in Davos.

Zum Bergbaunamen Falera ( Fellers ) stimmen die walserischen Flurnamen Schallas und Schlaccas ( Berggüter ).

Fancrengia, Name von Heimgütern, gehört in die Gruppe der -ingen-Namen.

Schluein ( Schleuis ) hat ebenfalls ein Maiensäss Schallas, auch ein Berggut Fri, Wiese und Wald mit dem Namen Spilberg ( mit Spil kann auch auf .Freiheit'hingewiesen sein, s. Schweizerisches Idiotikon, Bd. 11, 116 ff. ), eine Wiese Prau de Lattas, eine Wiese Canzla. Lagher ist vielleicht dasselbe wie Läger, was « Viehlager » und anderes bedeutet ( s. Schweizerisches Idiotikon, Bd. 1, 1169 f. ).

Urkundlich erscheint ein Hof ,Ca etzel'.

Auf der rechten Talseite, am Piz Mundaun, hat das starke Walsertum von Obersaxen sich natürlich weiter gegen Ilanz erstreckt.

In Surcuolm ( Neukirch ) setzen sich die alten Obersaxer Hof namen auf -ingen, Misanenga, Platenga, fort in urkundlichen Namen, die 1480 bezeugt sind: ,Dulenga ', ,Lutterengai ,Puntenga '. ,Furzaniga ', ebenfalls 1480 und der lebende Maiensässname Permanigia stimmen zu Giramga Gischnlga Miramga Purminlga in Obersaxen: diese Namen hielt R. v. Planta für Zeugen eines späteren Walserschubes, weil sie das n vor dem g nicht mehr haben, gerade wie die häufigen Flurnamen Schmidigen, Treppigen, Bolligen und so weiter. J. U. Hubschmied will in jenen Namen auf -iga ein Adjektivsuffix erkennen, das die Rätoromanen von den keltischen Lepontiern geerbt hätten ( Zeitschrift für Schweizerische Geschichte, Bd. 16, S. 380 f.; Mélanges A. Du-raffour 1939, S. 211 ff. ).

Urkundlich hat Neukirch 1480 auch einen ,Pfiferhof'und 1570 ,Siben Hoffe '.

Wiesen haben die Namen Loch, Venkelméss de Mumma, Spetsabiel ( wie auf Schall ), Schluoc. Spitzabüel kommt sonst zum Beispiel in Peist vor, Spüzenbüel in St. Antonien. Schluoc ist wohl der häufige Name Schluocht; im benachbarten Obersaxen fehlt er nicht, auch nicht in Vals, Valendas, Versam, Safien.

Der Waldname Valli ist vielleicht Waldi « Wäldchen », hier und andernorts.

Casastdt wird Gadastatt sein.

Auch Flond hat eine Gadenstatt Casastdt und einen Wald Loch, Luven ( Luvis ) einen Dorfteil Reschbdch; der Name kann Ris, Ris enthalten ( vergleiche Fantauna da Ris im Tavetsch ) oder mittelhochdeutsch risch « schnell ».

In Glion ( Ilanz ) wäre Deutsches aus verschiedenen Zeiten und Richtungen zu sondern. Auf Walser deuten etwa die Namen Prau Fri, Böden, Loch, Buhdul, was auf Buochwald beruht: diesen Namen haben sonst zum Beispiel Grüsch, Schiers, Fideris, Klosters.

Sevgein ( Seewis ) hat ebenfallsHof und GadenstattFri, ferner ein Maiensäss Rita, urkundlich 1505 ein Gut ,Säga '.

Castrisch ( Kästris ) hat einen Wald Crap 1a Schmelza, einen andern Steclis, was an Veia als Stecs in Ferrera erinnert und mit ,Steglein, Stieglein, Stöcklein, Stücklein'zu tun haben kann. Zum Beispiel in Mutten kommt als Name Stegli vor ( Steg ), in Avers Stiggli, in Sufers Stüggli, in Tamins eine Wegabkürzung Stiggelloch, eine Waldlichtung Stegg ( Stegg « Stock » sind Strünke ).

Val de Cögas entspricht dem Chogatobel in Luzein, dem Chogaloch in Klosters und Davos ( Chog, Choga « gefallenes Tier, Aas » ).

Urkundlich erscheinen 1485 ,Frowenberg ', ^ichenzan ', ,Sant Bläsis Gut ', ,Sant Michels Gut ', ,Stampf ', ,Widem '. Eine Wiese Widern, das heisst « Pfarrgut », hat auch Vals.

In Sagogn ( Sagens ) sind ein umzäuntes Gut .Fri und eine Weide Crestde Haida ( wie in Disentis ), in Lags ( Laax ) Wiese und Ried Paliu della Gerba.

Im Namenverzeichnis von Flem ( Flims ) wimmelt es unter der romanischen Namenmenge von deutschen. Diese nach zeitlichen Schichten zu ordnen, wäre eine Sache für sich. Walserisches ist in grosser Fülle darunter. Die Geschichte besitzt urkundlichen Aufschluss über die Walser von Fidaz, dessen früherer Name Hofs noch bekannt ist, und Scheia.

Schon dieser Name heimelt uns walserisch an. Da ist denn auch wieder ein Tschucli ( hier ein Legföhrenwald ), dazu Bergwiesen Sut il Tgucli. Griblis, Name einer Magerwiese, erinnert an Gribel in Ausserferrera. Da heissen Bergwiesen, Maiensässe, Alpteile zum Beispiel Bleica ( wie in Obersaxen, St. Martin, Davos, Klosters und andernorts ), Plenggi, Egga, Gruoba, Halda, Hella, Säss, Ritli, Rida, Steina, Stidli, Wisli, Stutz, ein Grasband Gang-.

Die Bergwiese Schat hat wohl eine schattige Lage, und gerade bei Waisern ist die Form Schalt ( ohne Endung ) vorhanden ( s. Schweizerisches Idiotikon, Bd. 8, 1492 ); in Hinterrhein ist ein Schaltwang, in St. Antonien ist eine Schattbodableisa.

Die Weide Schlagbüel hat den Namen wohl von einem Holzschlag.

Ein Wald heisst Prichels, vielleicht von einem Knüppelweg, vielleicht von « Brügeln », die man dort holt; ein Brügel ist in Graubünden nicht nur ein Stück Rundholz von massiger Dicke oder ein Knüppel ( brügglen heisst « mit Rundholz belegen » ), sondern auch ein Baumstamm, aus dem Bretter geschnitten werden, ein Sägeblock.

Schleif ist eine Heu- oder Holzschleife.

Schluocha entspricht wohl dem Namen Schlücha in St. Antonien; im Schweizerischen Idiotikon, Bd. 9, 18, findet man das Wort mit der Bedeutung « Schlucht » und als Pflanzennamen für den Wiesenknöterich.

Der Ackername Tumpf ist ein alemannisches Wort für « Einsenkung, Mulde »; er kommt zum Beispiel auch in St. Antonien vor, Sacklaubtumpf, Bêritumpf in Untervaz. Die Namen Tola und vielleicht auch Tüll bedeuten ungefähr dasselbe wie Tumpf.

Noch einmal: damit ist nur ein vorläufiger Blick in den deutschen Namen-bestand von Flims getan.

Trin ( Trins ) hat unter anderm Deutschen eine Alpweide Murégg, eine Weide Trutg la Latta, eine Wiesenmulde Töla, ein Wisli, einen Wald Zengli, ein Tobel Val da Cogas.

In Stavel 1a Crenna, dem Namen einer Alpweide, scheint deutsch Chrinna wirksamer zu sein als rätoromanisch crena.

Prau Birli enthält wohl das Wort Birli(n)g, Birli « Heuhaufe » ( kleiner als Tristen ), das im Schweizerischen Idiotikon, Bd. 4, 1502 f., für Graubünden reichlich belegt ist. Nicht ausgeschlossen ist auch eine Verkleinerungsform Bürli zu Bür « Haus, Hütte, Speicher, Stall »: man erinnert sich an Bürs in Tinzen. In Klosters kommt der Name Bürlisch Gaden vor. Eine dritte Möglichkeit ist, dass mit Birli ein Birchli « Birkengehölz » gemeint war.

Val Birghel ( Tobel ) kann ein solches Birchli enthalten, oder das Wort ist Verkleinerungsform zu Burg, was als Name burgähnlicher Felsgestelle im Schweizerischen Idiotikon, Bd. 4, 1577, bezeugt ist. Damit ist auch ein Weg zur Deutung des Maiensässnamens Pures und des Waldnamens Vauld da Pures gewiesen.

Damit sind wir aber in « bedenklicher » Nähe der Bischofsstadt Chur: die hat Deutsche und Deutsches rheinaufwärts geschickt, auch über den Flimserwald hinauf, auch in die Gruob von Ilanz und weiter.

Vielleicht ist mit den Waisern von der Oberalp herunter weniger gekommen, als unsere rasche Wanderung vermuten liess. Ein andermal steigen wir — bedächtiger — dem Vorderrhein nach aufwärts, nehmen den Waisern ein paar Namen ab — und sprechen ihnen dafür ein paar andere zu.

Überhaupt: die ganze Walsersuche lässt die Bergsteigertugend Vorsicht stellenweise vermissen. Wagen ist auch Bergsteigersache.

Zum Andenken an den am 1. Dez. 1940 in Bern verstorbenen Bergfreund.

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