Zur Nomenklatur des Clubgebiets | Club Alpino Svizzero CAS
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Zur Nomenklatur des Clubgebiets

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Von Prof. Dr. Ferd. Vetter ( Sektion Bern ).

Zur Nomenklatur des Clubgebiets Eine Anzahl sehr gelegentlicher und unsystema-tischer Bemerkungen zu den Ortsnamen der Karten und des trefflichen Itinerariums für das Exkursionsgebiet 1882 und 1883 erscheinen hier auf Wunsch zusammengestellt, lediglich im Sinne einer Anregung für be-wandertere Mitglieder.

Zum „ Wildhorn-Massiv11:

Die beiden Punkte rechts ( westlich ) und links ( östlich ) vom Aufstieg zum Geltengrat heissen in Lauenen: Arpelihorn ( im Dufour - Atlas, Blatt St. Léonard: Hundhörnli, 2878 ) und Hühnerhörnli ( Atlas: Punkt 2739 ). Roththal nennt man dort nicht die ganze Gegend oberhalb des „ Geltenschusses ", sondern nur den linken, östlichen der beiden von dort ausgehenden Thalarme, während der rechte Furki heisst. Zum n Wüdstrubel-Massiv ":

Die äusserste Südost-Ecke dürfte definitiv ( nach der Uebersichtskarte für 1882/83 ) Schwarzhorn und nicht Lämmernhorn ( Itinerar S. 21 ) zu benennen sein: Lämmern heisst, wenigstens nach den Kandersteger Führern, die jenseits des Gletscherabflusses liegende Gegend zwischen Daubensee und Lämmern-(besser wohl Lammern-)Gletscher.

Die Südwest-Ecke ( 3000 m, Itin. 21 ) ist bisher unbenannt geblieben; nach nunmehr erfolgter Ersteigung sei hier der Name Todthorn ( le Sex mort} empfohlen, der sich für diese zerstörte, mit todtem Gestein besäete Felsenwarte, inmitten einer Umgebung von einzigartiger Monotonie, wohl eignen dürfte. Der Grat, der in dieser verhältnissmässig unbedeutenden, aber günstig gestellten und von der Walliserseite weither sichtbaren Spitze gipfelt, beherrscht einerseits die ganze Länge des Todten Gletschers ( der Plaine morte ), anderseits die grauenhaft öden Felsenreviere am Südabhange des Rohrbachsteins mit ihren rost- des von Studer in den „ Berg- und Gletscherfahrten " beschriebenen Geltenpassweges auch Andern empfohlen werden darf. Der an prächtigen Bildern und Kontrasten reiche Tagesmarsch von dem idyllischen Hochthal von Lauenen durch ein ganz ausserordentlich gemsenreiches Gletschergebiet nach der halbitalienischen Hauptstadt des Wallis nimmt ( mit Aufenthalt ) etwa 14 Stunden in Anspruch ( derjenige Studer's 13 ): ab Lauenen ( 6. Aug. v. J. mit Führer Schwitzgebel von Lauenen ) Morgens 5 Uhr, Gletscher 93/*, Geltengrat 11, Arpelistock 113/*, Grat oberhalb der Sanetschhöhe 1; von hier nach Alp Zanfleuron und auf dem Sanetschweg bis Sitten, 7 Uhr.

rothen Geröllhalden und trüben Seen, welche den Dersence-ßach und die künstlich angelegte Wasserleitung Bisse du Layston speisen.* ) Für die nördliche „ Nebengruppe " dieses Massivs ( It. 17 ) möchten wir die Orthographie des Itinerariums, ,Spillgerten ", der Schreibung Spielgerten ( so die Uebersichtskarte ) oder Spielgärten unbedingt vor- ziehen. Spillgerte, die Spindelstange ( spüle mhd. aus spinnele = Spindel; gerte wie in segelgerte, mhd. Segelstange ) stellt sich gut neben andere vom Spinnen und Hecheln hergenommene Lokalnamen, wie das hübsche Windspille ( bei Saarbrücken gab es im 14. Jahrhundert einen Felsen, Criemildespil genannt, jetzt Spillstein ) oder das vielleicht ursprünglich einen Hechelplatz bezeichnende Unspunnen ( and. uspunna, nach Stalder noch in Bern und Wallisdas zuerst Abfallende des Hanfes bei der Hechel, " Vorwerg, Abwerg ).

Das nahe Ganihorn ( It. 48 ) dürfte, wenn die Aussprache des Volkes es irgend erlaubt, ein d statt des t erhalten, ebenso wie der Hohgant, und das Hohganthorn an der Schwalmeren; das keltische Wort Gand für Stein, Steinfeld kommt auch allein als Lokalname vor, und Gandeck ( meist Plur., Schweiz. Idiot. 157; bei Justinger als Eigenname für eine Oertlichkeit am Lötschenpass ) möchte sich zur Wiederaufnahme als Appellativ statt des fremden „ Moräne " empfehlen.

Bei „ Tschingellochtighorn " ( It. 23, 24 ) könnte man zwischen einfachem und doppeltem l schwanken; ersteres wäre etymologisch richtiger, indem die hier zu Tschingel ( cingulum ) gesetzte Endung das altd.oht/ic/,eht/ic/ ist ( vgl. roesel-oht = rosenartig, rosig; also: das wie mit einem Zingel, einer Umwallung umgebene Horn ); das II scheint aber durch die übliche dialektische Anlehnung dieser Endung an eine andere Ableiiungssylbe i lich(tj] entstanden zu sein und mag daher als sekundäre Bildung der Volks- spräche ( vgl. blau-lochtig, schlecht-lochtig ) bestehen bleiben.

Zur „ Balmhorn-Gruppeu:

Das männliche Geschlecht von „ Alteis " ( It. 50 ) ist, auch nach meinen Beobachtungen, das allein übliche und wird daher ebenso ausschliesslich zu gebrauchen sein, wie bei „ Rigi " ( zu rîhen, Part, gerigenAufreihung, Aufschichtung, geschichteter Berg ) umgekehrt das weibliche, da dieses hier in der Volkssprache noch erhalten ist; aber dort wie hier könnte das Mask, im Volke erst sekundär entstanden sein, als Ellipse von „ Altels-Berg ", wie man auch wenigstens im Mittelland „ der Stockhorn " hört, und die Ableitung des Namens jener schimmernden Schneekuppe von der glänzend verjüngten „ Rauhen Eis " im „ Wolf-dietrichdarf angesichts des alten Namens „ Wild-Elsigleinufür einen nahen Felsen nicht unbedingt als „ willkürliche Interpretation " verworfen werden, f ) Ist „ Sagigrat ", „ SagigletscherItin. 56 ) nicht besser und der Volksaussprache gemässer als „ Zagi-grata ( ebd. 50. 53 )? Der erstere Name ( zu Sagi, Sage ) wäre für den langen zerrissenen Kamm passend; der Gletscher wäre dann erst nach diesem benannt.

Zur nBlümlisalp-Gruppe ":

Hier möchten wir ein Wort einlegen für die im Kienthal übliche Bezeichnung des Hauptstocks. Unsere Karten könnten wohl den Doppelnamen „ Blümlisalp oder Frauunbeschadet der passenden Spezial-Benennung des mittlern Gipfels ( „ Weisse Frau " ) wieder aufnehmen, indem er ein gutes Gegenstück zum Namen des dominierenden östlichen Gipfels der Oberländerberge, der „ Jungfrau ", bildet und besser als das einfache „ Blümlisalp " die Vorstellung einer bedeutenden und charakteristischen Gebirgserhebung erweckt. Die Sage, an welche diese letztere Bezeichnung übrigens recht passlich erinnert, bezog sich wohl immer nur auf die Abhänge, nicht auf die Gipfel dieses Gebirges.

Für das Gspaltenhorn ist im Kienthal der höchst anschauliche Name « Breitaxt » — neben der nicht minder bezeichnenden Benennung der « Rothen Zähne- » für die einzelnen Zacken ( It. 73gebräuchlich.

Mit der „ Frau " und ihren Vasallinnen, der „ Wilden " und „ Zahmen Frau ", scheint die « Witwe » demselben poetischen Vorstellungskreise anzugehören. Doch müssen wir konstatieren, daß der betreffende Grat- gipfel in der Umgegend stets « das Wittli » ( Hoh-Wittli, Dünden-Wittli ) heisst, was allerdings Diminutiv einer frühem „ Wittwe " sein kann, obschon die von uns befragten Anwohner diesen Zusammenhang nicht mehr fühlen.

Der Hohthürligrat ( It. 82 ) heisst in der That durchaus „ fälschlich " Dündengrat. Wenn mit Nächstem Weg und Wegweiser* ) von der Passhöhe zur Clubhütte erstellt sein werden, so wird das hübsche Naturspiel, wovon der Kamm den Namen hat, diesen hoffentlich noch mehr befestigen.

Der verwitterte Grat, der vom Bundstock gegen die Bundalp hinstreicht, heisst « RisendHorn«, welchen guten Namen ( zu rîsen, fallen, hier: abbröckeln ) die Karten wohl aufnehmen dürften. Er ist wahrscheinlich ein Gegenstück zu dem vermuthlich volksetymologisch umgedeuteten Namen des „ Riesengebirges ".

Für « .Aer miglior n » ( It. 83 ) habe ich « Märbig-horn » gehört, was angesichts von Bergnamen wie « Märbegg » ( ebenda 118 ) das Ursprünglichere sein und zu mhd. merwel ( noch Hans Sachs Merbel ) für marmel ( Marmor ) und zum dialektischen Marbel neben Murmel ( aargau ., bez. ben. = Spielkügelchen; vgl. engl. marble ) gehören könnte: ein nicht ungeschickter Name für die leuchtend weisse Felskuppe dieses Berges. Die höchste rundliche Erhebung des gegenüberliegenden Abendberges heisst der Nacken ( bei 1967 ); für die höhere südöstliche Fortsetzung des Grates, gewöhnlich Zahm- und Wild-Andrist genannt, wird wohl das von Studer angeführte An-dreashörnlein ( It. 87 ) den etymologischen Schlüssel geben. Der Restituierung der Namen « Gorneren-grund » und « Spiggengrund » für die beiden Ausläufer des Kienthals ( durch Pfarrer Müller, It. 88 ) wünschen wir besten Erfolg. Die Erklärung von « Loosplatte » und die zugehörige Sage ( ebd. ) werden wohl Volksetymologie für eine früher dort befindliche „ lose Platte " sein. Gute Namen sind in der Nähe das Gerihorn ( sofern es wenigstens die spitze, „ ger"-förmige Gestalt des Gipfels bezeichnet und nicht von einem Eigennamen herkommt ), « die Grinde » für eine Reihe von Felsköpfen, ferner « Kessel » und « Becher » für das grössere Becken und den daranstossenden merkwürdigen Riesentopf oberhalb des untersten Dün-denbachfalls ( so die von mir gehörten Bezeichnungen; das It. nennt den Riesentopf Kessel * ), endlich ScherWir schliessen hier gelegentlich von diesen Wasserkünsten des Gornerengrundes eine Beschreibung an, die wir im Sommer 1880 entworfen, und die bei den sehr möglichen künftigen Veränderungen des Phänomens einmal Interesse gewinnen könnte.Vgl. dazu die beifolgende Skizze.

Der Bach hat sich in zwei Armen durch das anstehende Kalkgestein durchgefressen und stürzt zu beiden Seiten eines stehengebliebenen Blockes ( A ) in doppeltem Fall über die 8 Ferd. Vetter.

Planskizze der Kessel und Trichter des Dlindenbachs.

etwa 3'hohe Felsenbank hinunter. Der linke, stärkere Sturz fällt als kompakte Säule von l'/a—2'Durchmesser in ein auf seiner obern Seite von senkrechten, theilweise überhangenden Felsen eingeschlossenes Becken ( B ) hinunter ( den sogenannten Kessel ), von wo die brodelnde, weissbeschäumte Masse, mit starker Wendung nach rechts, einen Ausweg thalwärts über einen niedrigem Theil des Randes findet, unterwegs aufgehalten von einem mächtigen Baumstrunk, der, längst entrindet und entastet, durch einige hartnäckige Moosreste auf seinem nackten Holze beweist, dass er schon lange in diesem Zustand droben im Wald gelegen, ehe der angeschwollene Bach ihn hieher getragen. Der rechte, bei Weitem schwächere Fall stürzt gegenwärtig durch eine tiefe Rinne, auf deren geglätteter Oberfläche härteres Gestein in zahlreichen Warzen stehen geblieben ist, in einen etwa T unter dem Hauptbecken liegenden Trichter ( C ) hinunter und vereinigt dort seine stiebenden Fluthen mit denen des Hauptfalles. Unterwegs schlägt er in seiner Rinne auf einen Absatz auf, der eine alte Mühle zu sein scheint, und fährt beinahe wagrecht wieder heraus; zur Seite gewahrt man verschiedene alte leere Rinnsale mit Trichtern oder halbrunden Nischen, l'/a—2'unter jenem grössern Trichter folgt ein drittes, schmaleres Bassin ( D ), durch das sich die ganze sax* ) für den messerscharfen schartigen Felskamm über dem Tschingelgrund. Der Name ist nicht hybrid ( It. 96 ), sondern auch in seinem zweiten Theile gut deutsch: scharsahs ( sahs urverwandt mit saxum, nicht entlehnt ) ist das mhd. Wort für Schermesser. Auch AgniIt. 96 ) bedeutet gewiss nicht Schafalp; eine solche erhaltene Pluralform wäre unerhört, und man dürfte eher an eine Bedeutungsübertragung des dialektischen Agne ( sonst T Splitter, Hanfsplitter, Wassermaase hindurchdrängt, um dann in mächtigem freiem Sturze durch einen schwarzen Schlund hinunterfallend die Tiefe der Schlucht zu gewinnen. Zu beiden Seiten sind wieder Spuren mehrfacher sukzessiver Veränderung der Fallrichtung zu bemerken. Oberhalb dieses grossen Sturzes aber geht ein Theil des Wassers durch ein unter dem Niveau verborgenes Loch in einen Felsblock hinein, der eine regelmässig elliptische, oben offene Höhlung birgt, den sogenannten Becher ( E ), worin das Wasser, in der Richtung gegen links, mit grosser Gewalt herumgewirbelt wird, um durch die gleiche Oeffnung wieder auszuströmen. Früher fand der Ausfluss, wie eine tiefgeschnittene Rinne zeigt, über den Rand dieses Topfes gegen den Hauptfall hin statt; jetzt steht das Wasser des „ Bechers " tief unter dieser Rinne.Von unten her gesehen, steht der Topf ganz frei, mit senkrechten Wänden über das Felsgestell des Hauptfalles hinausgebaut. In den flachen zerfressenen Felsen, links vom dritten Bassin, findet sich ein ähnlicher, jetzt trockenliegender Topf, stehengebliebene härtere Steinköpfe und Sand bergend.

Ein Rinnsal, das den Kessel gar nicht berührte, vielleicht seinerzeit das einzige, gieng früher vom Bache oberhalb der ersten Stürze rechts ab; das Wasser drückt bei großer Fülle auch jetzt noch in dieser Richtung, wie die dort aufgehäuften Trümmer zeigen.

auch Tannennadel, was hier unmöglich ) auf Steintrümmer od. dgl. denken. Sonst sind allerdings romanische Namen für unsere deutschen Alpen, speziell die des Exkursionsgebiets, nicht abzuweisen. So Tschingel ( cingulum, als Appellativ für Umfassungsmauer altes Lehnwort ), Gorneren ( cornu? vgl. Gurnigel ?), Furke ( furca ), Sefinen ( les sapins ), Gredetsch ( It. 147; gradatio ?), Lattreien ( la laiterie ?), Itramen ( Inter amnes ??), ( Wild- ) Ger st u. dgl. ( crista, crête; der Mont d' Orge bei Sitten scheint eine Umwelschung der Umdeutschung Gerstenberg für Grestenberg zu sein ), wohl auch Oeschinen und Ueschinen ( Dative Plur. von Oesch, Oeschi = Aix, Oex, gedeutscht Oesch: Wasser ?) sowie Fründen ( zu frons, frontis ?? jedenfalls nicht „ Freunden " zu schreiben ); Margofel-Alp, das auch romanisch aussieht, könnte zu einem deutschen Eigennamen Markolf gehören.

Bei Benutzung der Ortsarchive könnte für die Aufhellung und richtige Schreibung unserer Lokalnamen jedenfalls noch sehr Vieles gethan werden.

IL Freie Fahrten.

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