Alpine Unglücksfälle 1893 | Club Alpin Suisse CAS
Soutiens le CAS Faire un don

Alpine Unglücksfälle 1893

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

Von den cirka fünfzig Unglücksfällen mit tödlichem Ausgang, welche nach dem instruktiven Aufsatz von Dr. W. Schultz ( M. D. Ö.A.V., 1894, Nr. 6 u. 7 ) letztes Jahr in den Alpen vorgekommen sind, werden wir zunächst alle diejenigen Fälle ausscheiden, welche sich beim Edelweißsuchen oder auf der Jagd im Gebirge ereignet haben; sodann solche Ereignisse, welche dem Personal von Schutz- oder Sennhütten in der Ausübung seines Dienstes in der Nähe der Hütten begegnet sind, ferner die Todesfälle durch Herzschlag oder Erschöpfung auf kleinern Bergwanderungen; endlich den Fall Süßmilch bei Chiavenna, weil wahrscheinlich Raubmord, und den Fall Charbonnet trotz des Sturzes in eine Gletscherspalte, weil das Wesentliche doch die Katastrophe des Ballons Stella war.

Es bleiben dann nach unserer Rechnung noch 25 Fälle übrig, in welchen insgesamt 30 Touristen oder Führer in Ausübung touristischer Thätigkeit ums Leben gekommen sind. Von den 25 Fällen gehören 8 dem Hochgebirge resp. der Gletscherregion, die übrigen 17 den Vor- und Mittelalpen, resp. den Felsgebirgen an. Die Einzelheiten sind:

A. Iiu Hochgebirge.

1Juli. Titlis. W. Rau oder Krauß ( die Angaben schwanken, wie auch als Heimat bald Karlsruhe, bald Darmstadt, bald Frankfurt a. M. angegeben wird ), 19jährig, hatte beim Abstieg mit dem Führer den Gletscher bereits verlassen, eilte voraus, kam auf einer mit Neuschnee bedeckten, sonst ungefährlichen Stelle zu Fall und erlitt den Tod, indem er an einem Felsen aufschlug. E.d.A.. Nr. 3; Alp. I. Nr. 3; Ö.T. Z. XIII, Nr. 15.

2August. Brenvagletscher. Vittorio Cumani, Beamter der Eisenbahnverwaltung in Turin, begab sich allein, trotz Warnungen, von Courmayeur auf eine Gletscherwanderung ins Montblancgebiet und ist seitdem verschollen. R.M. pag. 374.

37. August. Matterhorn. Andreas Seiler, 19jährig, von der bekannten Gasthoffamilie, ein tüchtiger Bergsteiger, war mit dem 24jährigen, aber geübten Führer J. Biner, und in Gesellschaft des Herrn Gysin, eines in Manchester ansäßigen Schweizers, der von den Führern Taugwalder und Moser begleitet war, um 5 Uhr 30 Min. morgens vom Hotel Schwarzsee aufgebrochen, hatte das Furggenjoch überschritten und umging die Südseite des Matterhorns, um auf dem üblichen Wege die neue italienische Clubhütte bei „ La Tour " ( 3890 m ) zu erreichen, wo übernachtet werden sollte. Um 2Va Uhr nachmittags trennten sich Biner und Seiler etwa 100 m unter La Tour, wo eben eine dritte Hütte ( die älteste, bei „ La Cravatte ", 4114™, wird nicht mehr benutzt ) gebaut wurde, von den andern und mochten am obern Ausgang eines Couloirs angelangt sein, das auf eine steile Platte mit angebrachtem Seil ausläuft, als plötzlich die Zurückgebliebenen die Beiden rücklings und mit dem Kopf nach unten auf kaum zwei Meter Entfernung lautlos an sich vorbeischießen sahen. Sie sahen noch, wie Biner sich überschlug, und dann waren die Unglücklichen verschwunden, deren Leichname man später, 400 bis 500 m tiefer, auf dem kleinen Gletscher am Fuß und südlich des Col du Lion, fand. Sobald Herr Gysin und die Führer sich vom ersten Schrecken erholt hatten, gingen sie zurück und erreichten abends spät die Theodul- Iiütte, von wo Moser morgens früh die Nachricht nach Zermatt brachte. Herrn E. Perrig, dem Schwager Seilers, gelang mit 20 Führern und Trägern der Transport der Leichen nach Zermatt. Alp. I. Nr. 3 u. 4.

421. August. Schwarzenstein. Der sächsische Staatsrat Balduin von Chaumontet, aus Altenburg, erstieg mit dem 65jährigen Träger Gruber, der noch nie auf einem Gletscher gewesen war und sich als Ausrüstung nur ein 4 lk Meter langes, 6 bis 7 mm dickes Heuseil verschaffen konnte, von der Berlinerhütte in cirka fünf Stunden den Gipfel, indem sie zwei andern Partien folgten. Diese stiegen nach Taufers ab; Gruber und von Chaumontet zur Berlinerhütte. Unterhalb des Sattels brach der vorangehende Tourist, ein schwerer Mann, durch den Rand einer oben etwa 25cm offenen Kluft. Das Seil riß an der scharfen Eiskante. Chaumontet fiel etwa 23 m tief ab, verletzte sich schwer am Hinterhaupt, brach ein Bein und wurde von der Masse, nachstürzenden Schnees so begraben, daß die von dem Träger aus der Berlinerhütte herbeigeholte Httlfsmannschaft ihn am gleichen Tage nicht mehr herausbrachte. Erst am folgenden Tage wurde die Leiche mit Schaufeln bloßgelegt und geborgen. Es ist konstatiert, daß der Träger sich weigerte allein mitzugehen und von seinem Touristen dazu genötigt wurde. Ö.A.Z. Nr. 383; Ö.T.Z. XIII, Nr. 17; M. D. Ö.A.V. Nr. 16.

527. August. Aiguille Noire de Péteret. Gius. Poggi, ein bekannter italienischer Alpinist, hatte mit den Führern Dav. Proment und Fénouillet aus Courmayeur von einem Bivouac am „ Fauteuil des Allemands " die Spitze um 8 Uhr 45 Min. erreicht und war wegen kalten Windes sogleich umgekehrt. Beim Abstieg, als die dem Steinschlag am meisten ausgesetzten Stellen schon passiert waren, wurde die Gesellschaft in einem nur 4 m breiten Couloir, in dem sie, wie es scheint, abstiegen, von einem stürzenden Block überrascht, der etwa 10 m über ihnen zersplitterte. Der eine von den Führern, die sich gegen die Seitenwände des Couloirs geworfen hatten, wurde leicht, der andere gar nicht von dem Hagel berührt; Poggi dagegen wurde unglücklicherweise hinter dem linken Ohr getroffen und auf dem Flecke getötet, so daß er bewegungslos im Seil hing. Nachdem die Führer sich davon überzeugt hatten, stiegen sie eilig nach Courmayeur hinab, von wo eine Kolonne von 12 Mann unter Leitung des Cav. Gonella, Präsident der Sektion Turin C.A.I., die Leiche unter großen Anstrengungen und Gefahren ins Thal schaffte. R.M. XII, Nr. 8 u. 9.

6August. Jungfraujoch. Ein junger deutscher Tourist, dessen Name nicht festgestellt werden konnte, stürzte in eine Kluft und wurde als Leiche zu Tage gebracht. Nähere Umstände nicht bekannt. Ö.T. Z. XIII, Nr. 17.

Da über diesen mysteriösen Vorfall sonst nirgends selbständige Nachrichten vorliegen, bin ich geneigt, das? welches die Redaktion der Ö. T. Z. zu der Bezeichnung „ Jungfraujoch " gesetzt hat, auf die ganze Erzählung zu beziehen. Bei dieser Gelegenheit will ich berichtigen, daß auch der im Jahrbuch XXVIII, pag. 327, unter Nr. 8 verzeichnete Tod eines sächsischen Touristen am Alpeiner Ferner nach den von unserm Clubgenossen, Herrn Luders, im Stubai eingezogenen Erkundigungen „ ein leeres Gerücht ohne irgendwelche Begründung ist ".

7 ) 25. Dezember. Großglockner. Dr. L. Colin, Dr. Sigm. Patzau und Rob. Pick aus Wien waren am 25. Dezember morgens 3 Uhr nach zehnstündigem mühsamem Nachtmarsch von Kais aus in der Stüdlhütte angelangt. Der Träger, Johann Groder, kehrte von hier nach Kais zurück, die drei Touristen setzten den Anstieg über den Ködnitzkees nach der Adlersruhe fort. Als sie am 26. nicht nach Kais zurückkamen, gingen die Kaiserführer auf die Suche, fanden in der Erzherzog Johann-Hütte die Schneereifen und Rucksäcke der Partie und auf dem Rückweg nach der Stüdlhütte auf dem Ködnitzkees den Leichnam des Dr. Colin in liegender Stellung, am Arm noch ein Stück Seil, neben ihm seine Handschuhe. Die Leichen der beiden andern wurden von einer größern Expedition erst am 29. gefunden, an den steilen Firnhängen, halbwegs zwischen Kleinglockner und Adlersruhe. Dr. Patzau stak mit den Füßen in einer Gletscherspalte, den Oberkörper abwärts geneigt; Pick hatte eine Hand unter den Kopf gestützt, die andere an die Brust gepreßt. Da alle drei fast keine schweren Verletzungen zeigten, so wird angenommen, daß die Unglücklichen durch den Absturz, der nahe dem Kleinglockner erfolgt sein muwie, weiß man natürlich nicht —, nur betäubt waren und in diesem Zustand erfroren. Die Leichen wurden von der Kaiser Führerschaft, die sich sehr wacker benahm, zu Thal geschafft. Von den Dreien war nur Dr. Cohn ein geübter Gänger und sie waren alle für eine Winterpartie ungenügend ausgerüstet. Ö.A.Z. Nr. 391 -, M. D. Ö.A.V. 1894, Nr. 1.

8 ) 31. Dezember. Punta Gnifetti. Die Herren N. Vigna, CeBare und Alfred Fiorio, G. Pizzini, G. Morassuti, die Lieutenants Perol, Giani und Coller vom 8. Alpiniregiment, und der Kapitän De Angelis vom 29. Artillerie-regiment mit den Führern Guardi und Perotti und drei Trägern verließen das Wirtshaus auf dem Colle d' Ollen ( 2865 m ) morgens nach 6 Uhr bei schönem, ruhigem Wetter ( —13° ) und guten Schneeverhältnissen. Am Stolenberg teilten sie sich in drei Seilpartien und passierten den Indren-gletscher, um gegen 11 Uhr in der Nähe der Capanna Gnifetti Halt zum Essen zu machen. Nach einer halben Stunde wurde der Marsch nach dem Lysjoch unter den besten Bedingungen fortgesetzt, immerhin ziemlich langsam, und schon in der Nähe des Lysjoehes zeigte der Lieutenant Giani, der ziemlich schwer und ganz ungeübt war, Symptome von Bergkrankheit, ohne daß die andern Seilpartien davon merkten. Auf dem Wege vom Lysjoch an über den Grenzgletscher unter der Punta Parrot und dem Sesiajoch durch bis zum Colle Gnifetti wurde der Wind stärker und steigerte sich schließlich zum Sturm. Giani, der ganz erschöpft war und viel Alcoholica zu sich genommen hatte, konnte gegen 5 Uhr abends absolut nicht mehr weiter, ein Teil der übrigen erreichte, indem die Partien, teilweise durch Zerschneiden des Seils, sich auflösten, vereinzelt die nur 80 m höher gelegene Capanna Regina Margherita, wo die Vettern Corradino und Maurizio Sella mit zwei Führern oder Trägern sich schon seit dem 30. abends befanden. Alfr. Fiorio, der ebenfalls sehr ermüdet war, sein Bruder Cesare, N. Vigna und der Lieutenant Perol, der wieder umgekehrt war, um seinem Waffengefahrten zu helfen, blieben nun auf dem Gletscher liegen, notdürftig vor dem Winde durch einen Felsblock geschützt, aber bei — 20 °. Daß trotz ihrer wiederholten Aufforderung an diejenigen ihrer Freunde und Führer, welche die Capanna erreichten, und an die Träger, die Corradino Sella ihnen entgegenschickte, ihnen wenigstens Decken aus der Hütte herabzubringen, dies nicht geschah, ist leider nicht das einzige Unbegreifliche an dem Benehmen der übrigen. Im Anfang der Nacht, wo vielleicht ein Transport mit Aufbietung aller Kräfte noch möglich gewesen wäre, geschah nichts; ein später von Corradino Sella ( Maurizio war krank ) mit seinen zwei Leuten unternommener Versuch mußte wegen des Sturms aufgegeben werden. Erst morgens um 4 Uhr, als der Wind aufgehört hatte, gingen die Führer und Träger mit C. Sella an das Rettungswerk. N. Vigna, C. Fiorio und Perol konnten mit ihrer Hülfe hinaufsteigen, Alfr. Fiorio wurde hinaufgeschleppt und Giani, der kurz nach Eintreffen der Hülfe gestorben war, wurde auf eine Leiter gebunden und mittelst eines 100 Meter langen Seils, das sich erst jetzt in der Hütte gefunden hatte, hinaufgezogen. Das Rettungswerk hatte drei Stunden gedauert. Am nämlichen Tage noch stiegen die beiden Sella, Pizzini, Morasutti und De Angelis mit den zwei Leuten Sellas und einem der ihrigen, teils nach Alagna, teils nach Gressoney ab, von wo aus am 2. Januar Hülfskolonnen abgingen. Der am 2. Januar aus eigenen Kräften den Abstieg versuchende Rest der unglücklichen Expedition traf bei der Capanna Gnifetti mit den Leuten von Alagna zusammen und stieg teilweise mit deren Unterstützung nach Gressoney ab, wo sie in der Nacht eintrafen. Die Kolonne aus Gressoney verfehlte sie, brachte dagegen den Leichnam Gianis herunter, der von einer Abteilung Alpini in Empfang genommen und in Gressoney-La Trinité begraben wurde. Nachträglich mußten dem Alfr. Fiorio beide Füße, dem Cesare Fiorio vier Zehen des rechten Fußes amputiert werden; die andern Teilnehmer kamen ohne bleibenden Schaden davon.

Es ist nicht unsere Sache, hier die Moral aus dieser traurigen Geschichte zu ziehen; im ganzen hat der im Band XIII, Nr. 1, der „ Rivista Mensile " veröffentlichte Bericht einer eigenen Untersuchungskommission das Richtige getroffen, während die ebenfalls in der „ Rivista " erschienenen Berichte von Vigna, Corradino Sella, Pizzini und ein mir in Übersetzung zugekommener Bericht von De Angelis naturgemäß subjektiven Charakter tragen. Jedenfalls ist das Grundgesetz einer gemeinsamen Besteigung: kameradschaftliche Solidarität, bei dieser Gelegenheit nur von einzelnen gehalten worden, welche aus obenstehendem Bericht zu ersehen sind. R.M. XIII, Nr. 1, 2, 3, 4.

B. Im Mittelgebirge.

913. Februar. Raxalpe. Georg Krüger und Richard Scheibe, geübte Bergsteiger und Kenner der Gegend, waren mit zwei Gefährten vom großen Höllenthal aus durch das Gaisloch emporgestiegen in vierstündiger Arbeit, wobei Krüger immer voran war. Auf dem Weg zum Trinkstein-sattel trennten sich die zwei andern Teilnehmer von der Partie, um wieder abzusteigen, während Krüger und Scheibe den Weg über das tief verschneite Plateau mit Schneereifen fortsetzten. Zwischen dem Trink-stein und der Pehoferalm wurden sie von Schneesturm und Nebel überfallen, so daß sie sich verirrten und schießlich in einer ausgegrabenen Schneehöhle die Nacht zubringen mußten. Krüger, der lederne Kniehosen trug, war am Morgen so erstarrt, daß er nach wenigen Schritten niederstürzte und bald starb. Sein Gefährte erreichte nach neunstündiger Wanderung das Binderwirtshaus im Reißthal, von wo er heimgeschafft wurde. Der Leichnam Krügers wurde von Daniel Innthaler und einem Holzknecht zu Thale geschafft. Ö. T. Z. XIII, Nr. 5; M. D. Ö.A.V., Nr. 3.

107. Mai. Rochers de Naye. Ein junger Mann, namens Berger, aus Karlsruhe, verunglückte bei den Chalets de Bonaudon hinter den Rochers de Naye, indem er etwa 200 Meter tief abstürzte. Der Gemsjäger Adrien Borloz, der dem Verstiegenen zu Hülfe kommen wollte, wäre beinahe mit hinabgerissen worden. E.d.A.. Nr. 2.

1121. Juni. Hochthor. Der Kaufmann E. Eßletzbichler hatte in größerer Gesellschaft und mit Führer von der Ennseckhütte aus in cirka drei Stunden den Gipfel erreicht. Beim Abstieg in derselben Richtung, eine halbe Stunde vom Gipfel, erfaßte er an einer Stelle, wo eine Beihülfe der Hände gar nicht nötig war, mit beiden Händen eine seitwärts liegende Platte. Dieselbe war locker, fing an zu rollen und kam ihm zwischen die Beine, so daß er den Halt verlor. Ohne einen Laut oder den Versuch, sich irgendwo zu halten, rutschte er, auf der Platte sitzend, anfangs abwärts, kam dann ins Kollern und wurde angesichts seiner Begleiter, die nichts thun konnten, von Terrasse zu Terrasse geworfen, bis er tot unten liegen blieb. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Herr Eßletzbichler das Opfer eines plötzlichen Unwohlseins, vielleicht eines Schlaganfalls, wurde. M. D. Ö.A.V. Nr. 14; Ö.A.Z. Nr. 381.

1222. Juni. Passering. Der junge Kaufmannssohn Liebermann aus Hamburg hatte den Aufstieg von Gerlosbach aus im Begleit zweier anderer junger Leute unternommen. In halber Höhe kehrten diese um; Liebermann kletterte allein weiter, um nicht mehr zurückzukehren. Nach zweitägigem Suchen fand man den zerschmetterten Leichnam am Fuße einer hohen Wand. Ö. T. Z. XIII, Nr. 14.

1321. Juli. Kaisergebirge. Der seit Wochen vergeblich gesuchte 19jährige Gymnasiast Fritz Stammberger, aus München, wurde am 25. August durch einen Jäger im Winkelkar am Nordabfall des Kaiser -gebirgs als Leiche gefunden. Die Pyramidenspitze, die er bestieg, ist der am leichtesten zugängliche Gipfel des Kaisergebirges. M. D. Ö.A.V. Nr. 17; Ö. T. Z. Nr. 17 u. 18.

1428. Juli. Winnebachkogel. A. Menzel, evangelischer Oberpfarrer und Schulinspektor aus Gefeil bei Erfurt, der nach eigener Angabe schon 75 Spitzen zumeist ohne Führer erstiegen hatte, ging morgens 4 Uhr 30 Min. allein vom Curaten in Gries fort, um den Winnebachkogel zu ersteigen. Da er nicht zurückkam, ging man auf die Suche und fand am 30. den Leichnam des Abgestürzten. Eine spätere Partie fand auf der Hintern Winnebachspitze ( 3194 m ) die Karte des Verunglückten mit folgender Notiz: „ Bei günstiger Witterung in 5 Stunden von Gries, hoffe abwärts kürzen zu können. " Bei diesem Versuch muß er in die Platten geraten sein, die den Gipfel in seinem mittleren Teil gefürchtet machen, dabei trat Nebel und Unwetter ein. Zu seinem Verhängnis verlor er den Eispickel, der bei der Leiche nicht gefunden wurde, und noch konnte man im Grase die Eindrücke wahrnehmen, die der Unglückliche zuerst durch Einkrallen mit den Händen, dann durch Ausgleiten mit den Bergschuhen hervorgebracht hatte. M. D. Ö.A.V. Nr. 16 u. 17.

15 ) 31. Juli. Catogne. Mr. Jones, ein 22jähriger Engländer, wurde bei der Besteigung dieses als leicht bekannten und oft besuchten Gipfels ob dem Lac de Champex von einem Stein getroffen und stürzte in einen Abgrund. E.d.A.. Nr. 3. ( In andern Berichten, z.B. Alp. I, Nr. 3, wird als Name Fr. Arnold, als Alter 17 Jahre, als Datum der 2. August angegeben. ) 16 ) Ende Juli. Zillerthaleralpen. Der 26 Jahre alte Lehrer Ludwig Schultz aus Hamburg wurde am 27. Juli in der Berlinerhütte im Schwarzensteingrund gesehen. Damals äußerte er die Absicht, am folgenden Morgen über den Schwarzenstein oder über die Mörchenscharte zu gehen. Seitdem ist er verschollen. M. D. Ö.A.V. Nr. 17 und 22.

17August. Gumfluh. D. Pilet, Gendarme von Château d' OEx und Wildhüter des Bannbezirks Rubli-Chaussy, fiel, während er zwei englische Touristen begleitete, in einen tiefen Abgrund. E.d.A.. Nr. 3.

18August. Hochgolling. Der 20jährige Techniker Julius Fielder aus Graz, ein tüchtiger Fußgänger, aber für größere Besteigungen nur mangelhaft ausgerüstet, verließ Schladming am 9. August, um in der Umgegend einige Hochtouren zu machen. Im Gedenkbuch der Prein-thalerhütte und auf der nahen Waldhornspitze fand man seinen Namen eingetragen, dagegen am Hochgolling nicht. Am 13. September fand man den Leichnam des Abgestürzten im Gollingwinkel. Wahrscheinlich hatte der Verunglückte den Versuch gemacht, von dieser Seite den Gipfel zu besteigen, war in schlechtes Wetter geraten und bei dem Bestreben, von der Ganglscharte ins Thal zu gelangen, zum Sturz gekommen. Ö. T. Z. XIII, Nr. 19. M. D. Ö.A.V. Nr. 17. Ö.A.Z. Nr. 389.

1913. August. Tamischbachthurm. Die Wiener Gymnasiasten Joseph Nitsche und Karl Pohl unternahmen, mit einem dritten Studiengenossen, der indes wegen Erschöpfung unterwegs umkehrte, ohne jede touristische Ausrüstung in gewöhnlichen Sommerkleidern, ganz leichten Schuhen und mit Spazierstöcken die Ersteigung dieses ganz leicht zugängliches Berges ( im Gesäuse ), dessen Hauptanstiegsrouten gut markiert sind. Seitdem sind sie verschollen. M. D. Ö.A.V. Nr. 16.

2016. August. Kienacker oberhalb Randa ( 2000 m ). Zwei junge englische Studenten, Williamson und H. N. Lucas, hatten mit Ad. Andermatten und Franz Zurbriggen von Saas aus das Täschhorn traversiert und sich im Abstieg über den schwierigen Kiengletscher verspätet, so daß sie um 10 Uhr nachts in den Felsen etwa zwei Stunden oberhalb Randa bivouakieren mußten. Die Schlafstelle war ein ebener Grasplatz von 20 Fuß Länge und 12—14 Fuß Breite. Nach Süden und Norden fiel er in Felsabstürzen ab. Man legte sich unangeseilt zum Schlafen, die Führer auf der Südseite, die Herren auf der Nordseite. Zwischen Lucas ( dem äußersten ) und dem Abgrund war, außer zwei je mehrere Fuß breiten Rasenstreifen, das Wachtfeuer. Als Zurbriggen um 1 Uhr ungefähr erwachte, war Lucas verschwunden und sie fanden, als es Tag geworden war, seinen Leichnam nahe dem Lager am Fuß eines 60 Meter hohen Felsens. Lucas muß aufgestanden und herumgegangen sein, vielleicht um nach Wasser zu suchen, und dabei über den Felsen hinabgefallen sein. A.J. Nr. 122 u. 123.

21August. Melkerscharte. Im Gunkelbache wurde am 28. August die Leiche eines Handwerkers aus Finkenstein in Steiermark, Namens Alois Köllig, aufgefunden. Wunden am Kopf und an der Seite ließen annehmen, daß er durch Absturz verunglückte, und vermutlich geschah dies beim Übergang über die Gunkelplatte und Melkerscharte zur Berlinerhütte. O. T. Z. XIII, Nr. 18.

22September. Brienzer Rothhorn. Dr. med. Ambühl von Schötz ( Deutschland ) stürzte ab und blieb tot. Ö. T. Z. XIII, Nr. 18.

23September. Karwendelgebirge. Hans Rinke aus Schlesien, Stud. med. in München und zur Zeit in Partenkirchen zum Sommeraufenthalt wohnend, hat Ende September den Karwendel ohne Führer bestiegen und wird seit dieser Zeit vermißt. M. D. Ö.A.V. Nr. 19.

24 ) 22. Oktober. Pointe des Avoudruz. Eugène Sessely, ein junges Mitglied der Sektion Genf ( S.A.C. ), und sein Freund König hatten von Sixt aus den Gipfel erreicht. Beim Abstieg wollte Sessely durch ein steiles Couloir abkürzen. König trennte sich von ihm und stieg den gleichen Weg ab, den sie heraufgekommen waren. Da er seinen Gefährten weder unterwegs, noch in Genf wieder traf, wurde Nachsuchung gehalten und der Leichnam an einer sehr schwer zugänglichen Stelle gefunden. Nach Notizen, die man bei dem Verunglückten fand, war Sessely beim Abstieg auf einen Platz gekommen, wo er weder vorwärts noch rückwärts konnte. Da er auch Pickelstock und Proviantsack vorausgeworfen hatte, sah er sich in Gefahr zu verhungern, wenn man ihn nicht rechtzeitig finde. Er wagte deshalb einen Sprung von 6 Metern auf ein schmales Band unter ihm, konnte sich aber dort nicht halten, wie die Spuren bewiesen, und rollte in die Tiefe. E.d.A.. N. 4.

25 ) 26. Dezember. Raxalpe. Die Wiener Touristen Joh. Deinzer und R. Lischke verließen zwischen 3 und 5 Uhr nachmittags die Pehofer-alm auf der Raxalpe, um noch das Erzherzog Johann-Haus zu erreichen. Bei dem plötzlich ausbrechenden Schneesturm verloren sie die Richtung, irrten die ganze Nacht umher und kamen bei Tagesgrauen in die Nähe der Seehütten, wo sie von vorüberkommenden Touristen erstarrt aufgefunden wurden. Deinzer war tot, Lischke konnte momentan gerettet und nach dem Schutzhaus geschafft werden, erlag aber am 11. März 1894 den Folgen dieser Nacht. Mangelhafte Ausrüstung und zu später Aufbruch waren offenbar die mittelbaren Ursachen der Katastrophe. Deinzer soll auch von etwas schwächlicher Konstitution gewesen sein. M. D. Ö.A.V. 1894, Nr. 1 und 6. Ö.A.Z. Nr. 391.

Von diesen 30 Todesfällen sind in den Centralalpen 9 jüngere, 4 ältere Leute, zusammen 13 Personen, in den Ostalpen 14 jüngere, 3 ältere, zusammen 17 Personen, so daß ich keine Veranlassung habe, meinen letztes Jahr geäußerten Eindruck, daß bei diesem „ Rennen um den Tod " die östlichen und unter diesen die jüngeren Konkurrenten einen nicht beneidenswerten Vorsprung haben, zu widerrufen. Beachtenswert ist wieder der große Prozentsatz Führerloser und Alleingeher und so groß wie noch nie die Zahl der Verschollenen.

Dagegen wurde letztes Jahr am Rosenlauigletscher der Leichnam des seit August 1891 verschollenen Albert Naudorf aus Sachsen aufgefunden. M. D. Ö.A.V. Nr. 20.Redaktion.

Feedback