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Australien - ein fernes Paradies

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

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ein fernes Paradies

Thomas Suter, Interlaken

Riesenechse auf Besuch in unserem Camp 75 Schon lange spielte ich mit dem Gedanken, diesen fernen Kontinent zu besuchen. Ende 1986 ist es dann endlich soweit: Nach einem dreissigstündigen Monsterflug erreichen mein Bruder Konrad und ich Melbourne, froh, endlich wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Am Ausgang werden wir bereits von unseren australischen Freunden erwartet, die uns im Verlauf der nächsten Tage die City und Umgebung dieser Drei-Millionen-Stadt zeigen. Bei sommerlichen Temperaturen geniessen wir Strand und Meer und können uns so gut auf die Zeitverschiebung einstellen. Der kräftige Sonnenbrand, den wir uns dabei einhandeln, gibt uns allerdings zu merken, dass wir aus einem Land kommen, in dem Schnee und Kälte das Zepter führen. Noch lange würden wir es hier aushalten, doch ein Kribbeln in den Fingerspitzen lässt uns fühlen, dass wir noch nicht an unserem eigentlichen Ferienziel angelangt sind. Wir verlassen deshalb Melbourne in Richtung Westen, um - wie es heisst - eines der schönsten Klettergebiete der Welt aufzusuchen. Die nervenaufreibende Fahrt, im ungewohnten Linksverkehr und zur verkehrsintensiven Mittagszeit, wird uns noch lange in Erinnerung bleiben! Nach vierstündiger Reise durch eine flache, jedoch abwechslungsreiche Landschaft haben wir es geschafft: Der Mt. Arapiles liegt vor uns. Dieser Berg - der allerdings eher als mächtiger, langgezogener Buckel zu bezeichnen ist - weist auf der einen Seite steile Wände und tiefe Schluchten auf, die sich hervorragend für Sportklettereien eignen. Auf dem Zeltplatz angekommen, werden wir sogleich von einem Schwärm rot-blauer Papageien begrüsst, die gekonnt zwischen den Eukalyptusbäumen herumkreisen. Dieser Ort wird für die nächsten Wochen unser Zuhause und für unsere Klettertouren sein.

Bald müssen wir jedoch feststellen, dass sich die einzelnen Routen mit dem veralteten Führer oft nur mühsam lokalisieren lassen. Dank der Hilfe unseres Schweizer Kollegen Martin Scheel und seiner Freunde sowie der einheimischen Kletterer finden wir uns dann aber recht bald im Gebiet zurecht.

Der Mt. Arapiles bietet abwechslungsreiche Klettereien in steilem, orangefarbenem Quarzsandstein, wobei es auch eine Fülle von schönen und langen Felsfahrten ( bis 200 Meter ) in den unteren Schwierigkeitsgraden gibt. Die zahlreichen Möglichkeiten und die grossartige Landschaft üben eine starke Anziehungskraft aus, so dass sich an jedem Wochenende das Camp von neuem mit Leuten füllt, die Freude an der Natur haben.

Täglich gibt es neue Dinge zu entdecken, seien es eine der 1,5 Meter langen Riesenech-sen oder die Opossums1, die sich das Abendbrot gleich von unserem Tisch holen wollen, oder sei es eine neue Aufstiegslinie, die in einer der unzähligen Schluchten auf eine Begehung wartet.

Die prächtige Umgebung mit ihrer faszinierenden Flora und Fauna und nicht zuletzt die tolle Campingatmosphäre beeinflussen Stimmung und Motivation positiv. Mit zunehmender Angewöhnung an den Fels steigern sich auch Kraft und Ausdauer. Nach den Standard-routen Cobwebs ( 28, UIAA: 9 ) und India ( 29, UIAA: 9, fühle ich mich fit genug, um Ma-sada ( 30, UIAA: 910- ), eine der Spitzenrouten Australiens, in Angriff zu nehmen. Der erste Eindruck ist überwältigend: 25 Meter, ständig überhängend mit nur einem Bohrhaken, der die Schlüsselstelle auf 15 Meter markiert! Im ersten Versuch gelange ich immerhin gleich bis zum Bohrhaken, worauf aber meine hart gewordenen Arme keinen weiteren Versuch mehr gestatten. Entkräftet lasse ich mich zu Boden gleiten. Am Einstieg hängen die Seile bereits 7 Meter über. Im Verlauf der nächsten paar Tage bekomme ich dann zunächst den unteren Teil der Route in den Griff. Die Schlüsselstelle, eine Abfolge von technisch sehr anspruchsvollen Zügen, lässt eine durchgehende Begehung jedoch noch nicht zu.

Während einer Hitzeperiode mit Temperaturen bis 45°C besuchen wir zur Abwechslung die höher gelegenen Grampians. Diese etwa zwei Fahrstunden entfernte Hügelkette bietet mit dem tropenähnlichen Wald einen phantastischen Kontrast zu der steppenartigen Landschaft, wie sie am Arapiles vorherrscht. Neben den vielen Känguruhs, die auf dem Parkplatz von Halls Cap auf Besucher warten, sieht man mit etwas Glück auch Koalas und Emus. Und für den Kletterer gibt es hier Wände, die in ihrer Struktur ( mit Kieseln und Waben ) an die Südpfalz erinnern.

Zurück am Arapiles, hänge ich mich erneut in Route. Mit der zunehmenden AnOppossums sind nachtaktive Beutelratten, die auf ihrer Futtersuche durch das Licht unserer Gaslampen angelockt wurden.

Klettern bei Abendstimmung zahl der Versuche und den dabei jeweils erzielten Fortschritten steigt und fällt auch meine Motivation. Immer wieder scheitere ich mitten in der Schlüsselzone. Doch eine Änderung der Fussposition bringt schliesslich den gewünschten Erfolg: Leicht überstreckt erreiche ich die feinen Seitgriffe, ziehe ein letztes Mal durch. Aufschnaufen, Arme ausschütteln, ich bin an der Rastposition angelangt. Noch 7 Meter trennen mich vom , der durch ein breites Band markiert wird. Vorsichtig lege ich meine beiden RP's2, bevor ich weitersteige. Nachchalken, die Hände saugen das Magnesia förmlich auf, ein letzter Zug - und ich schnappe nach dem Ausstiegsgriff. Riesige Freude steigt in mir auf, ich habe es geschafft, der Traum ist Wirklichkeit geworden. Bereits zählen wir - fast - zu den Einheimischen, als auch schon das Ende unseres Aufenthaltes näherrückt. In den letzten Tagen, die uns noch verbleiben, bohren wir noch eine Die Felsen von Arapiles Erstbegehung ein. Wir geben ihr den Namen Mamagei(26, UlAA: 89- ), als Anspielung auf die vielen bunten Vögel, die uns jetzt drei Monate lang begleitet haben. Viel Erfreuliches haben wir erlebt, und ein ungezwungenes Lagerleben hat viel dazu beigetragen, dass uns Australien in bester Erinnerung bleiben wird. Wir werden sicher zurückkehren in dieses phantastische Land und zu diesen wunderbaren, farbigen Felsen!

2 Kleine Messingkeile

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