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Das Val di Lodrino

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( Zürich ) Mit einem Bild ( 120 )... der ausgeprägte Typus eines Tessiner Seitentales, mit wilder Talschlucht und jäh aufragenden, kahlen Felsgipfeln. Ein Besuch des Tales lohnt sich auch ohne Gipfelbesteigung... Cf.

Es sollte mir ja nur als Durchgang dienen! In Vorfreude und Vorbereitung hatte ich den Klubführer gelesen, mit dem Vergrösserungsglas die Siegfriedkarte studiert und mit meinen Erfahrungswerten die Zeit berechnet, um von Lodrino nach Lavertezzo zu gelangen. Aber es kam anders. Nun, da ich zurückblicke auf jenen ersten Gang durch dieses Tal, das ich seither in seiner Ganzheit und in allen seinen Verästelungen kenne, lassen mir die unmittelbaren Aufzeichnungen den Tag in lebensnaher Frische neu erstehen, und wieder spüre ich seinen heissen Atem.

Noch war überall Militär und Militärisches. In der Osteria, wo ich nach einem Probe-Quintino die Feldflasche auffüllen lasse, sitzen Gotthard-Kanoniere. Ein wenig später ist auch die Dämmerung in die Kirche getreten und hüllt die lebensgrossen Heiligen im stillen Raum in mystisches Halbdunkel. Dort, beim starken Brunnen - ich ahnte nicht, dass er mir 26 Stunden später wieder köstlichen Trunk spenden werde - setzt unvermittelt, steil und felsig der Berg an. Ich beginne zügig, aber schon muss mich die Lampe vor Stolpern schützen. Nach einer guten Stunde erreiche ich eine freiere Terasse, auf der im Licht des wachsenden Mondes die Umrisse einer Häusergruppe sichtbar werden. Es ist wohl Ciduglio. Ich höre weder Mensch noch Tier und bereite mir al fresco unter einem freistehenden Baum neben den Hütten das Lager. Aus dunklem Grunde flimmern die Sterne, und wie in einer andern Welt verliert sich fernes Rollen eines Gotthard-Zuges. Leise flüstern die Blätter in der Baumkrone, dann bin ich eingeschlafen.

Ich breche frühe auf, es ist weit über die Forcarella zu meinen Freunden nach Acquino und diesen gleichen Samstag - da die Post sonntags nicht fährt - das Verzascatal hinaus nach Gordola zur Bahn und nach Hause. Zwischen 4 und 5 Uhr, der Mond ist nun verschwunden, passiere ich Lagua. Von dort holt das Weglein nach Norden aus und erreicht endlich, immer scharf ansteigend, das Plateau von Piancora. Erst hier, schon 1000 m über dem nahen Lodrino, beginnt das Tal seine herbe Schönheit zu zeigen. Der Blick, dem sich bis hieher türmende Bastionen entgegengestellt hatten, dringt nun plötzlich, fast erschreckend frei, in den weiten zerklüfteten Talraum mit seiner verwirrenden Steigerung von gewaltigen Felswänden, ragenden Aufschwüngen, Gipfeln und Schluchten. Und über allem blaut ein wolkenloser Himmel.

Piancora ist bewohnt, aus einem der Steinhäuschen kommen helle Kinderstimmen und auf mein buon giorno werden schwarze und blonde Köpfchen sichtbar. Doch ich kann nicht verweilen.

Kurz vor Mto. di Töira ist eine kühle Quelle, die des Sommers Glut überstanden hat. Es ist Zeit und der Ort für etwas Siesta, Verpflegung und per fare la barba. Derweilen kommen junge Sennen und Mädchen mit Vieh von Vacariscio vorüber. Gras- und Wassermangel zwingen sie einen Monat früher in die Monti und ins Tal. Mto. di Töira, fast im Brennpunkt der Grossen des Tales, des Rosso, Precastello und der Zwillinge Van und Laghetti, schiebt sich schmal, gleich einem Flugzeugträger, aus der steilen Bergesflanke. Mit dem ersten Grün und den Frühlingsblumen muss es hier wundersam sein; jetzt knistert verdorrtes Gras unter dem Fuss. Dann gehe ich, im steten Banne seiner Kühnheit, den verwegenen Pfad durch den grandiosen Felsenkessel zwischen Cima die Negroso und Cima di Stuello hinauf zum Horste der Alpe Stuello. Bewunderung erfüllt mich für den Lebenswillen und die Tatkraft der anspruchlosen Geschlechter, die dem steinigen Boden ihrer geliebten Heimat den Zugang zu den abgelegensten Weidgründen abgerungen haben, und wieder einmal verneige ich mich im Geiste auch vor den tapferen Tessiner Kühlein, die still und ergeben ihren Herren solche und übrigens noch viel mühsamere Wege folgen.

Stuello ist nicht beladen, aber aus dem Schatten seiner zwei Ställe brechen erschreckt Schafe aus. Ich habe dann Mühe, sie los zu werden, sie sind einsam und suchen einen Hirten. In Neghescio, dem fondo del valle, breiten sich, übersät mit Trümmern, kleine Weiden aus und steigen in den Hängen bis zu den Felsen des Poncione del Rosso. Mit Baumstämmen und Felsplatten richten ein Senne und sein rothaariger Sohn, hier, auf fast 2000 m Höhe, ein neues Dach für einen offenen Viehunterstand. In der Kühle der cascina labt mich duftende Milch. Vor dem türlosen Eingang, die Arme um ein Zicklein gelegt, sitzt die kleine, barfüssige Hirtin. Ich fühle mich müde. Habe ich mir einmal mehr zuviel vorgenommen? Wäre es nicht besser, nur bis zur Passhöhe zu steigen, um einen Blick ins Verzascatal zu tun und Übersicht zu gewinnen? Dann könnte ich nachher in einer gemütlichen Rundtour über Pasturascia, Mercori und Bercogn wieder nach Piancora und sähe so auch meinen Weg in der vergangenen Nacht. Fein, das will ich beschliessen und mit dem früher nach Hause kommen, zugleich ein schlechtes Gewissen, immer auszureissen, etwas beschwichtigen!

Als ich, nur den Pickel tragend, den schmalen Grat erreiche, steht die hochsommerliche Sonne im Zenith, doch nimmt ihr ein sanfter Wind - un arietta - alle Schwüle. Hie Leventina, hie Verzasca. Oh selige Höhenstunde in der unaussprechlichen Schönheit von Himmel und Erde! Gruss Euch, meine hehren Freunde, ihr Täler und Wasser, ihr Berge und ihr schlichten Hirten und Euer braves Getier! Wieder fühle ich mich für eine Spanne Glück als Teil von Euch! Habt Dank, tausendmal Dank, wie macht ihr frei und froh! Wie nichtig wird, was im Alltag bedrücken möchte!

Endlich eile ich zurück zum Rucksack, den ich unten hinter einem Felsen verstaut hatte. Er scheint mir doppelt so schwer geworden zu sein. Auch beginnt die « gemütliche Rund tour » recht unprogrammässig mit allerlei Schwierigkeiten, schon nur das Weglein nach Pasturascia zu finden; das wenige, das von ihm noch existiert, liegt tief unter hohem neuem und dichtem altem Gras und Gestrüpp; es ist offensichtlich seit Jahren nicht mehr im Gebrauch. So ist es denn nicht verwunderlich, dass die beiden Ställe, die ich schliesslich erreiche, bemooste Ruinen mit eingestürztem Dach und überwachsenem Innern sind. Verflixt, auch in der Steilstufe nach Mercori suche ich den eingetragenen Abstieg vergebens! Oh diese Tessiner Siegfriedkarten mit ihren Vorspiegelungen falscher Tatsachen! Nun gut, also noch den Umweg nach Pianca! Auch bis dorthin und von dort bis nach Mercori sind sentieri vermerkt und - wenn ich Glück habe - vielleicht gar noch vorhanden. Doch nach einer halben Stunde gebe ich auch das auf und schiebe, ziehe und stosse mich und meinen Rucksack durch die niederliegenden Erlen - die mir immerhin Halt gegen das Abgleiten geben - reumütig zu den « ehemaligen » Pasturascia-Ställen zum Verschnaufen zurück. Es ist nun drückend heiss geworden und jetzt,Weg hin oder her, muss etwas gehen! Ich will nach Mercori! So unbedeutend sie scheinen mögen, ist doch auch in diesen Bergen Harmlos und Gefährlich sehr nahe zusammen, oft nur durch die Breite eines prekären, dürftigen Wegleins getrennt. Nach einem mehr oder weniger « Fall-Linien-Abstieg » von fast 500 m Höhendifferenz landeich geschunden, zerkratzt, zerzaust und dampfend wie ein Siedekessel, auf dem Mercori-Boden. Allerdings, weder bei Ställen, noch einer offenen friedlichen Matte, sondern bei einem Pozzo des Sturzbaches aus den Wänden des Van und Laghetti. Aber ich bin es schon zufrieden, wenig- stens aus der Steilheit heraus zu sein und mich am Anfang des horizontalen Querganges nach Bercogn zu wähnen. Das andere wird sich finden, vorerst wird jetzt gebadet, denn dieses Talinnerste ist eine wahre Brutkammer. Kennt ihr das unwahrscheinlich klare, blaugrüne Wasser der Verzasca, das jedes Steinchen und jedes Fischlein zeigt? In den Pozzi, den natürlichen Felsschalen der Tessiner Bergbäche, bietet es sich zum herrlichen Bade. An der tiefsten Stelle muss ich auf die Zehen stehen. Mit der Abkühlung meldet sich auch der Hunger. Mein Sitz ist ein Stein unter Wasser, mein Tisch der Wasserspiegel, Tischtuch und Serviette sind frisches Wasser, doch Arme und Kopf sind frei und der Thonsalat schmeckt gross. Ich glaube ja nicht, dass ein unbekannter Zuschauer auf einen Doktor der technischen Wissenschaften geraten hätte, aber ebenso wenig hätte er sich des Eindruckes entziehen können, einen sehr vergnügten Menschen zu sehen.

Erfrischt und neu gestärkt beginne ich die Rekognoszierung von Mercori, das sich auf der Karte als zwischen den zwei Armen des Riale di Mercori sanft abfallende Dreiecks-Weide zeigt. Die heutige Wirklichkeit ist jedoch eine Wildnis, die für einen Nationalpark Ehre einlegen würde. Wie Pasturascia und Pianca ist auch Mercori seit wohl 20 Jahren verlassen. Ein einziges kurzes Wegstücklein ist in den Tannen zum Bach hinab noch erkennbar, aber auf der schroffen Naseda-Seite kann ich keine gangbare Fortsetzung finden. Leise kündigt sich des Tages Neige an. Seit über einer Stunde suche ich einen Ausweg. Auch nach Matro hinauf fehlt jede Spur!

Ach was, morgen ist ja erst Sonntag, ich habe genügend Verpflegung, habe den Schlafsack, es wird wieder eine warme Sommernacht! Warum mich nicht dem urweltlichen Zauber ergeben und bei oder in einer der beiden Hütten zu baldiger Ruhe rüsten?... und über Nacht kommt neue Kraft und guter Rat!... Doch was ich finde, was einst Schutz und Herd für warmes, tätiges Leben war, sind nur noch unregelmässige Steinhaufen. Nun ist es aber auch hier genug! Mein Bedarf an solcher Einsamkeit ist jetzt mehr als gedeckt. Es bäumt sich in mir, ich will aus dieser Atmosphäre des Zerfalles und der Melancholie hinaus und zurück zum Leben. Mit grimmiger Entschlossenleit gehe ich die Spur zum Bach, überquere ihn und dränge mich kurzerhand, coûte que coûte, Richtung Bercogn, weglos in den hoch und dicht überwachsenen Naseda-Absturz hinein. So geht es 10, 20, 30 m, und da rutsche ich auch schon, trotz Pickel und allem Wollen, haltlos gegen das Bachtobel ab. Plötzlich aber werde ich gestoppt und komme zum mühelosen Stehen. Was ist das? Ich scharre mit den Schuhen -Santa Polenta - da ist ja ein etwa 20 cm breites, sandiges Wegstücklein. Zurück zum Bach ist alles weggerissen, längst fortgeschwemmt und ins Tal getragen. Aber die Fortsetzung gegen Bercogn, die Fortsetzung, die ich wie eine Stecknadel gesucht habe, ist da! ist wirklich da, und zwar für Einen, der in den letzten 4 Stunden so wenig verwöhnt wurde, sehr bald recht manierlich. Schon nach weiteren etwa 200 m führt mich das Weglein in die Rinne zwischen Naseda und Costa. Wie Spannung fällt es von mir ab. Das Tal, das mich ja schon in Pasturascia warnte, hat mich, wenn auch zögernd, wieder frei gegeben.

Ein plattiger Absatz führt das Wasser des Stuello-Baches als flaches Bett aus verborgener Felsenkammer zum nächsten Sprung in die Tiefe; wenn ich mich längs hineinlege, mag es kühlend gerade über mich hinwegfliessen. Erhebliche Illusion, es langt bei weitem nicht! Die Schale ist ja wohl auch weniger tief als ich glaubte; aber sei es wie es wolle, ich wate und klettere tieferem Wasser entgegen. Und schau, da öffnet sich der kaum 2 m breite Riss zu einem intensiv grünen, märchenhaften kleinen See! Gleich einem wunderbar durchsichtigen Smaragd ruht er in der würdigen Fassung von senkrechten und überhängenden Felswänden. Auf dem Rücken schwimmend sehe ich - wie ein Licht der Unendlichkeit - ein Fetzlein blauen Himmels.

Ohne Schwierigkeit und Zeitverlust erreiche ich Bercogn. Einsam stehen die beiden Ställe in der kleinen Weide, es ist direkt wohltuend, dass sie ganz sind und noch ihrem Da-seinszwecke dienen. Der « Weg » von hier, durch die sich drohend über 1000 m aufrichtende Wand des Cima di Negroso, in seiner Exponiertheit den Aufstieg von Töira nach Stuello noch übertreffend, ist eine unerwartete weitere Steigerung. Ich durcheile ihn im Wettrennen mit dem Dunkelwerden, fast nur im Unterbewusstsein die ununterbrochene Ausgesetztheit und den Tiefblick in die Lodrinoschlucht erfassend. Aufatmend, wie wenn ich endlich wieder festen Boden unter den Fussen hätte, betrete ich das Plateau von Piancora. Vor mehr als 12 Stunden grüsste ich hier erwachende Kinder, jetzt ist es wieder still, sie ruhen wohl, müde vom Spiel und vom Helfen in der Hitze des Tages, in ihren Laubsack-Bettlein. Buon riposo. carini!

Nun aber rasch der Tiefe zu! Schon schluckt mich das Halbdunkel des jähen Bergwaldes. Nur mit knappest genügender Sicht komme ich noch bis zu meinem vorabendlichen Biwak in Ciduglio. Tausend kleine Lichter, in Reih und Glied an Schiene und Strassen und in Gruppen und Schwärmen in den Dörfern, strahlen die Riviera zu mir herauf. Der Tag ist zu Ende, die Nacht ist da; ich stürme nicht mehr.

Noch ist der Mond nicht aufgestiegen, und es herrscht starke Dunkelheit. So bin ich froh, bei den Mti. Legeri Licht zu sehen. Ich trete näher, nach dem weiteren Weg zu fragen. Der freundlich teilnehmende Senne will sofort mit mir kommen. Wir plaudern noch bei einem nahen Brunnen, er auf dem unteren Rand sitzend, ich - ohne viel Umstände - wohlig im kühlen, vollen Gneissplattentrog liegend.

Barfüssig, aber sicher wie ein Lotse, geleitet mich der liebe alpigiani, von dem ich nur Umrisse und Stimme kenne, durch nächtlich bizarres Gelände, bis da, wo die ersten Lichter des sich an den Berg lehnenden Lodrino sichtbar werden. Das Dorf liegt immer noch tief unter uns, aber ich kann jetzt nicht mehr fehl gehen. Da ist auch schon der grosse Brunnen und da die Kirche mit den sinnenden Heiligen! Es ist mir alles wie ein Traum. In der Osteria sitzen wieder Soldaten und singen. Der Nostrano mundet mir wie nie zuvor.

Fast mitternächtlich habe ich dann diese meine erste - ungewollte - Val-Lodrino-Fahrt mit einer letzten Abkühlung im breiten Ticino beschlossen, und zwar dort, wo auch das Bergwasser des Riale di Mercori, seiner Wildheit los, sich abgeklungen ins grössere Ganze gefügt hat. Das war am 22.August 1943.

Kurz nach der ersten Mittagsstunde bin ich beim Signal des Poncione dei Laghetti 2445,4 m und mache es mir in den grossen, von der Sonne des strahlenden Augusttages erwärmten Gipfelplatten bequem. Und wieder zerfallen körperliche Mühe und Anstrengungen in nichts vor der Macht einsam erhabener Sicht.

Wie ein aufgeschlagenes Buch liegt unter mir das Val di Lodrino. Frei geht der Blick zum Kranze seiner Wächter, des Visghedo, Piota und Picol zur Rechten und des Negroso, Rosso, Precastello und Vanno zur Linken. Precastello und Negroso sind subaltern geworden, aber auch von hier ist der stolze Felsenkegel des Rosso, die königlich dominierende Figur des Grals geblieben.

Fern dort unten in Piancora sehe ich ein Weglein aus der Tiefe auftauchen und sich Schlucht um Schlucht und Vorsprung um Vorsprung unregelmässig und doch zielstrebig hinziehen nach Töira, Stuello und Negescio. Und meine Augen folgen dem verwunschenen, trügerischen Pfade eines bergtrunkenen Wanderers nach Pasturascia und Mercori. Aus meiner Schau ist es nur zu verständlich, dass sein Ausbruchversuch nach Pianca scheitern musste. Der ganze Kessel der Alpe del Vanno - vergandet und überwachsen - ist zu einem Maquis voller Gefahren geworden. Schon heute früh hatte ich in Dureda auch seinen weiteren Weg nach Bercogn und Piancora gesucht und es fast nicht glauben können, dass er durch den gegenüberliegenden Absturz des Negroso führe.

Nur ungerne verlasse ich meine Kanzel, denn nach wenigen Schritten wird dieses Bild, das mir stärkste Erinnerung bedeutet, hinter dem Kamm verschwinden und die Gegenwart meine ganze Aufmerksamkeit beanspruchen. Von da oben scheint auch das Tal, wie damals-fast auf den Tag 3 Jahre her-, nur von der Natur und ihren Stimmen erfüllt. Hier höre ich das Stahlseil nicht, das an die 20 Bergamasken wie eine lange schwarze Schlange auf ihren Schultern ins Tal geschleppt hatten und an dem nun surrend und klirrend Holz in die Ebene hinausgleitet. Ich sehe auch die beiden Baracken für die Boscuaioli nicht, die komplett mit Küche und Koch wie Eindringlinge in der Alpe Nuovo stehen.

Der Weg von Lodrino nach Ron über die Stein treppen und Felsenbuckel längs des letzten tosenden Wassersturzes hinauf bis Dureda und Alpe Nuovo ist im Vergleich zur nördlichen Talseite von geruhsamer Schönheit und, auch von der Val Drosina her, belebter durch alpwirtschaftlichen Verkehr. In den weiteren Ausläufern des Tales wird es aber auch auf dieser Seite immer stiller. Die Alpe da Picol ist längst in Schutt und Trümmer. Und schon liegt auch über den pittoresken Cascine und Ställen der Alpe dei Laghetti die stumme Trauer der Verlassenheit; leise, aber unverkennbar hat der Zerfall begonnen. Die verbliebenen kleinen Wasserspiegel der Laghetti blicken stumpf und mutlos. Noch atmen Matro und Vercasca, wo mir der blondbärtige Luigi Biasca eine Schale Milch zum Steinplattentische auf der Warte vor der Hütte bringt. Wir aber, die in den letzten 9 Jahren, die seither ins Land gezogen sind, wieder und noch, hier auch genächtigt haben und ins Tal und in die Ebene hinausschauten, wir wissen, dass seit geraumer Weile auch diese Alpen nicht mehr regelmässig bestossen werden. Doch wer wollte richten, wo Aushalten oder gar Wiedervordringen so schwer! Das ist ja im Grunde genommen nicht ein lokaler Prozess, sondern nur eine Erscheinungsform weltweiten Zurückweichens vor hartem Leben und Flucht in das Kraftfeld der Technik, mit seinem Glitter und seinem Scheine der Freiheit von Existenzsorgen.

Gegen den Abend erreiche ich von der Alpe Nuovo her Drosina-Sotto und sitze noch bei den Sennen, die in ihrem Nomadenkreislauf eben vonDrosina-Soprakamen; es sei dort ein reichliches Lager. Holperig führt ein Weglein hinauf. Vor der frisch renovierten, guten Cascina, die weiss aus dem Halbdunkel der einbrechenden Nacht leuchtet, stehen bewegungslos und unberührt von meinem Kommen grosse schwarze Ziegen. Ich klettere das « Hühner-leiterli » zum offen und frei im Stallraum liegenden Schlafboden hinauf und finde duftendes Bergheu. Im reinlich trennenden Schlafsack wird es sich darauf gut ruhen lassen. Nun rekognosziere ich für Wasser; es sprudelt aus einer Quelle,über welcher, wie vielerorts in diesen Bergen, ein klarer Steinbau für die Kühlhaltung von Milch und Käse errichtet ist. Dann bin ich in der Dämmerung noch auf dem grossen Felsen vor der Hütte. War das gelegentliche Bimmeln der Geissen am unteren Rande der Wiese freundlicher Beifall zu meinem Singen und Musizieren oder nur die Folge von verwunderlichem Kopfschütteln? « Zu Bett » gehe ich mit der Methodik eines alten Schlafsacktroupiers. Eindrückliche Gegenstände, wie Konserven, Rasierzeug, Besteck usw. vorsorglich in die äusseren Quartiere des Rucksackes verstaut, machen ihn zum gewohnten guten, alpinen Kopfkissen. In aller Herrgottsfrühe weckt mich der Geissenbub, als er mit Jellen und Lockrufen herauf kommt, um seine Schar zum Melken nach Drosina-Sotto zu treiben. Es ist mir aber recht; hinauf zum Poncione Piota und das Val di Moleno hinaus nach Claro zum Zug wird es ein langer Tag. Rasch habe ich gepackt und Ordnung gemacht und steige ungesäumt steil durch Erlen, dichtes Alpenrosen- und Heidelbeergesträuch zum Kamm. Leider verschlechtert sich das Wetter; schon hat der Piota seinen Kopf tief in Wolken. Ich erkenne auch, dass der zackige Grat zum Gipfel hin für mich allein kaum begehbar ist. Ich müsste tief in die Val di Moleno oder Val Drosina absteigen, um an den eigentlichen Berg zu gelangen; dazu reicht aber auch die Zeit nicht. So heisst es wieder einmal Umstellen und Anpassen, « make the best of it ». Um der Wahrheit die Ehre zu geben, der Verzicht fällt mir auch nicht allzu schwer, denn sofort werde ich mir der Möglichkeit bewusst, dafür den nahen Cima Visghedo ( 1923,7 m ) besuchen zu können. Schon oft hatte ich von der Bahn aus diesen ins Tal vorgeschobenen Gipfel, dessen Aussicht der Klubführer hervorhebt, begehrlich ins Auge gefasst. Der Gang zu ihm, zuerst über den Kamm bis Pianascio, dann durch die Alpmulden und lichten Wälder von Sbordangh, ward ein restloser Genuss.

Auf den grossen Felsenklotz, der wie ein eigenständiger, trotziger Monolith auf dem Gipfel lastet, werfe ich den Rucksack hinauf, um mich dann mit dem Pickel nachzuziehen. Ja, das ist wirklich ein « Lueg is Land »! Das Val di Lodrino ist noch sonnig, doch um seine Berge ballen sich Wolken. Um so mehr ist der Blick gefangen von der Riviera zwischen Arbedo und Biasca und ihrem aufblinkenden Tessinfluss. Wie kleine Raupen schieben sich Züge durch das Bild, und scheinbar ebenso lautlos rollen Punkte auf Strassen. Von einem Felde steigt ein Räuchlein auf, sich ins Unendliche verlierend. Und wie in spielerischer und doch mit Sinn behafteter Umwertung der Dinge und menschlichen Tuns, verkörpern unmittelbar und gross vor mir Berggräser, Alpenrosen und dunkle Tannenwipfel die Wesentlichkeit der Gegenwart.

Eine rudimentäre Wegspur leitet nach Front und Bolgri hinunter. In Paron nehme ich gerne die kühle Milch, welche mir Pietro, der Wildheuer, anbietet.

1600 m Höhendifferenz bis zum Talgrunde machen dann warm, und ich kann mich nicht enthalten, zwischen den Felsblöcken des Flüsschens ein erfrischendes Bad zu nehmen. Dafür muss ich in Moleno ein Velo requirieren und mit Pickel und schwerem Rucksack zur Station Claro radeln, um knapp den Zug zu erreichen. Aus seinem Fenster öffnet sich mir in Osogna das Val di Lodrino; ich bin ihm wieder näher gekommen e ritornerò ancora!

In Legeri gehen wir zum Brunnen hin, den ich vor drei Jahren als Badewanne benutzte. Und da wieder ein Senne aus der nahen Cascina tritt, wird aus Frage und Antwort mit meinem damaligen inkognito « Führer in der Nacht » Francesco Ambrosini ein fröhliches Sich-Erin-nern und Sich-post-festum-Erkennen.

Auch Ciduglio ist noch bestossen, wir brauchen nicht al fresco unter dem Baume zu schlafen! Lindo Mazza, erfreut über unser Kommen und unsere Gesellschaft, macht uns Milch und Kaffee, während wir im Nebenstall auf gutem Heu unsere Schlafsäcke zurechtlegen. Schon um 5 V2 Uhr hat unser gastfreundlicher Wirt dann auch das Frühstück bereit. Der Tag ersteht in makelloser spätsommerlicher Schönheit; es ist der 27.September 1946. Die höheren Alpen sind bereits leer und einsam. Wir passieren das mir vertraute Piancora, dann Alva und halten erst wieder bei der Wegquelle in Groso. Unser Ziel ist vorerst der Poncione Rosso 2505,2 m. ., der kühnste und interessanteste Gipfel der gesamten Verzascagruppe. Er dominiert die Täler von Lodrino, Iragna und Piancascia... ( Clubführer ).

Leider fühle ich mich, schon vom Vorabend oder vom Morgenkaffee her, nicht ganz fit und bin entsprechend auch nicht voll aufnahmefähig für die wilde Szenerie zwischen Töira und Stuello.

Heinrich Schmidt, mein Bündner Führer, ist zum erstenmal in den Tessiner Bergen, und das ist ein anderes als um und an Keschnadel und Aela; aber auch hier haben Mut und Können Erprobungsmöglichkeit, und über 2200 m Höhendifferenz bleiben an sich respektabel. Wir ruhen noch etwas in Negescio und steigen dann zum Grat, wo wir unsere Säcke deponieren. Am Seil und in sicherer Führung erweist sich der grosse plattige Felsenaufschwung des Poncione Rosso nicht so schwer wie sein von unten drohendes Aussehen erwarten liess. Vielleicht hat mich auch mein Übelsein etwas gegen Gefahr und Exponiertheit abgestumpft. Die letzten 10 m der grasigen Gipfelkuppe muss ich mich auf die Schulter des Führers stützen. Dann aber wird die Freude am doch Erkämpften und an der Schönheit des Tages eine Medizin, die mich rasch wieder zu Kräften bringt.

In der Grossartigkeit und Fülle der Aussicht hat das Val di Lodrino Mühe, prominent zu sein, denn der Poncione Rosso ist nicht nur seine Krönung, er ist auch der beherrschende Eckpfeiler des Val Piancascia und des Val d' Iragna. Und doch wende ich ihm bald - wie einem lieben Bekannten - Schauen und Denken zu. Mein Blick folgt der südlichen Begrenzung von Visghedo über Sbordangh zum Piota -ja ich werde balde zu Dir kommen, denn meine Jahre gehen dahin. Und auch Du, kleiner, sonderbarer Picol, bist in meinem Sinnen.

Nach langer Gipfelrast war der Abstieg zur Fuorcla und die Wanderung durch das Val Piancascia hinaus nach Lavertezzo beschwingt. Ein Hoffen war in Erfüllung gegangen und neue Horizonte hatten sich aufgetan.

Göschenen. « Drei Minuten Aufenthalt - Tre minuti di fermata! » - Sie reichten gerade aus, am Souvenir-Kiosk einen währschaften Pickel zu erwerben; mit den drei zu Hause gebliebenen sind es jetzt vier. Aber nun erst fühle ich mich in Ordnung und bergbereit.

Beim grossen Christophoros in Moleno verweile ich einige Minuten; wie behutsam er seiner kostbaren Last, dem kleinen Christuskind, Kraft und Stab leiht!

Wenige Tage zuvor war ich von New York weggeflogen, wo Millionen von Menschen fremd aneinander vorbeihasten. So empfinde ich es doppelt beglückend, da ich das kleine Val di Moleno hinansteige, wie jeder, der des Weges kommt, vertrauter Bruder ist. Calderone, der junge Steinhauer, machte eine zweijährige Lehrzeit, um fullfledged scalpellino zu werden; doch die Berg- und Fischerleidenschaft ist ihm geblieben. Er hilft auch alle zwei Jahre oben in Alpe Lai beim Einsetzen des Fischnachwuchses in das Moleno-Flüsschen. Heute war er bei Tagesanbruch mit Seil und Fischgerät den pozzi nachgeklettert und will mir jetzt von seinem guten Dutzend wunderbarer Bergforellen mitgeben. Tante grazie per la sua gentilezza! Und ein wenig später steht mein alter Visghedo-Freund Pietro, der Wildheuer, vor mir; er bringt der Freundin einen Strauss Arnika ins Tal. Seine Schwester sei wieder oben in Paron.

Als ich die Sohle des Hängetales erreiche, führt das Weglein bequem, fast eben hin gegen Alpe di Ripiano. Dort sitze ich beim Sennen und seinen Buben, und wir plaudern. Er rauche überhaupt nicht, aber zu einem bicer di vino sage er nicht nein. Dann quere ich den Bergbach zur Alpe Lai und über kleine Absätze und Mulden geht der Pfad weiter nach Alpe Confiend. Von der cascina aus ist das ganze Tälchen übersehbar, und hier liegt- am 6.Juli 1947 - auch noch etwas harter Winterschnee; ich esse ein wenig davon. Gegen Alpe Les hinauf wird es steil, der neu erstellte Weg macht aber den Gang leicht. Es beginnt einzu-dunkeln, und noch sehe ich die Alphütten nicht; was ficht mich das an, ich trage ja Häuschen und Bett mit mir, und es ist Sommer! Neben einem Bächlein ist weiches, dichtes Gras;mit der Regenpellerine als Unterlage bin ich da im Schlafsack wohl... Nach Mitternacht ver- schwinden leider die Sterne, die mir mit südlicher Klarheit und Kraft zugeflickert hatten, und leiser Regen beginnt zu fallen. Jetzt hat mein neuer USA-Knirpsschirm seine Bewährungs-chance. Ich öflFne ihn über meinem Kopfe; er deckt mich gut und es ist kein Wind. Bei Tagesgrauen muss ich allerdings feststellen, dass die Bergschuhe zu weit abseits waren; sie haben erheblich Wasser aufgefangen und beweisen ihre Undurchlässigkeit. Immerhin hat sich das Wetter wieder einigermassen gefunden, so dass ich mein Vorhaben, den Poncione di Piota, 2498,9 m, riskiere; er soll mir weitere Einsicht in das Val Drosina und das Val di Lodrino geben. Um Zeit zu gewinnen, will ich in Alpe Les gar nicht anhalten; aber diese Rechnung war ohne Vater Martinelli und Sandro, seinen Sohn, gemacht, und der heisse Caffèlatte in der geräumigen cascina war ja nach der etwas prekären Nachtruhe wirklich köstlich. Ich höre mit Anteilnahme den Nomadenkreislauf der beiden alpigiani, der sie Mitte Juni von Preonzo nach Alai-Confiend-Les-Moroscetto und Ende August wieder ins Tal zurückführt... Der Piota sei nicht einfach, meint Sandro, doch bestehe ein guter Übergang nach Rognoi. A rividerciamo - in gamba e guarda di male! Unter dem scharfen Kamme, der die Täler Moleno und Drosina trennt, lasse ich den Rucksack zurück und stecke mir nur den ausziehbaren Schirm und zwei Orangen in die Taschen. Nach ein paar Versuchen bin ich auf dem Grat, und der Aufstieg liegt offen vor mir; er geht nach rechts zu der grossen Nordrippe, die aus dem Val Drosina mit einer einzigen starken Einkerbung bis zum plattigen Gipfelplateau leitet. Das Wetter will leider doch nicht, die Aussicht bleibt beschränkt, aber um so mehr wird der Berg selbst zum Erlebnis.

Was mir, vom Poncione di Piota hinunterblickend, durch Wolken verdeckt blieb, das durchschreiten mein Freund und Führer, Heinrich Schmidt aus Bergün, und ich, nun, 2 Jahre später, am 14. Juni 1949 - bei schönstem Wetter. Unsere Blicke folgen der Piota-Nord-rippe zum Gipfel im Blau des Himmels. Die Alpe Piota ( 1781 m ), unser Nachtquartier, erreichen wir von Osogno her durch das Val di Lodrino in insgesamt 6 Stunden. Die kleine Alp liegt wie ein Adlerhorst über der Val Drosina. Drosina-Sotto,Sopra, Sbordangh und Visghedo sind nahe. Drosina-Sotto war noch nicht bestossen, und wir hatten Mühe, das Weglein zur Alpe Piota, das am Zerfallen ist, überhaupt zu finden. Die cascina, oder baita, wie sie hier sagen, ist - wahrscheinlich durch Jäger - in relativ guter Ordnung gehalten, und die Schlafpritsche - das giaciglio - trägt etwas Heu. Wir essen noch am klaren Bächlein vor der Hütte, aber schon um 18.00 Uhr schlüpfen wir in die Schlafsäcke. Etwa drei Stunden später, es ist draussen noch nicht dunkel, sind wir wieder wach und richten uns die Schlafsackhüllen mit frischem Gras zu prallen Kissen. Dann wird es aber still, wir ruhen bis um 4 Uhr früh. Um 4.30 sind die Schlafsäcke wieder gerollt.

Wir hoffen, mit dem Übergang von der Val Drosina nach Fornà und Garet in der Val Carecchio die Besteigung des Poncione di Picol verbinden zu können und halten daher rechts über nasse, gefährliche Plattenpartien direkt gegen seinen Gipfel. Schliesslich zwingen uns aber immer schroffere Felswände zum Abschwenken gegen den Sattel zwischen Punkt 2394 und den Poncione di Picol ( 2440 m ). Wohl von Schafen getreten, werden Wegspuren sichtbar, die auf den Grat leiten, der sich als auch für einen erfahrenen Einzelgänger durchaus passierbar erweist. Wir kommen etwas oberhalb der Passhöhe auf den für die Verzascagruppe charakteristischen, wie ein Strässchen begehbaren Plattengrat und steigen zur Passhöhe und von dort zu einem kleinen See auf der Alpe Carecchio ab. In naher, wundervoller Eindrücklichkeit und Grösse stehen Vogorno, Orgnana, Giovo und Masné vor uns. Später gehen wir noch hinüber zum Passo Laghetti, um ihn für einen späteren Aufstieg zum Picol, der mich nun ein erstes Mal abgewiesen hat, zu rekognoszieren. Wegspuren bestehen nicht oder sind zerfallen, aber sowohl der Pass einerseits, wie der Picol andererseits scheinen nicht zu schwer.

Von Fornà bis Garet « führt » ein verfallenes Weglein. In den Steilpartien sind noch ver-wackelte Steinplattenaufbauten, und gegen Garet hin hat jemand das gröbste Hochgras und die Stauden ausgehauen. Dort verlieren wir aber jede Spur und finden auch den Übergang und Anschluss nach Piano dei Nicci nicht, sondern landen schliesslich wieder auf einem kleinen Pfad, der uns zur Alpe Carecchio bringt. Ein starkes, dunkles Mädchen trägt einen grossen Baumstamm zur cascina, wo Hühner sind und Vieh weidet. Wie in Paron Pietros Schwester, so bewirtet auch Laura Marcelli die kleine Alp ganz allein, und es war sie, welche vor wenigen Tagen das Weglein nach Fornà freier machte, damit sie dann mit den Kühlein hinauf könne. In Valle sind zwei Familien mit Kind und Kegel und allem, inklusive Hund mit Jungen. Wir trinken gute, kalte Milch und wandern dann das Tal hinaus. Das klare, wilde Bergwasser der Carechia schiesst in zauberhaften Bildern über weisse Felsen und stürzt tief in verborgene pozzi, aus denen Gischt in die Luft steigt.

Wie viele Male bin ich todmüde und doch zutiefst glücklich bei der Kapelle am Eingang des Tales, in Rancone gesessen? Und wieder einmal stellen im Ristorante Victoria in Lavertezzo kühles Bier und Spaghetti das innere und äussere Gleichgewicht her. Die Abendpost bringt uns nach Frasco; aber vor meinem Auge breitet sich noch das Val di Lodrino. Und nun zum Ausklang hört, was ein junger Lodrinese mir schrieb:

«... La valle di Lodrino è molto ampia: si apre tra due monti, Legn e Pön, sovrastanti il villaggio e s' inoltra fino a Teasco, ove si bivorca. Una valle si spinge fino in Drosina e Piota e l' altra valle s' allunga fin'a Mercori e la Pasturasela. La valle fino a Drosina è profonda e incassata tra due pareti a picco, mentre la valle di Mercori è più dolce e il fondo valle può essere percorso, ciò che è assai interessante per i pescatori.

I fianchi della valle sono cosparsi di alpi, la maggior parte dei quali però oggi non vien più caricata. Sulle falde dei monti vi sono bellissimi boschi di faggio, betulle, pini e larici.

Ho sentito pure dire da mio nonno che nella nostra valle si trovava pure il sasso im-pegato per fare le coti e le mole degli arrotini, ma ora non saprei dare altre precisazioni in merito.

L' altra richezza della valle di Lodrino consiste negli alpi. Gli stessi appartengono al patriziato e sono organizzati col sistema delle bogge, cioè solo determinati famiglie, i boggesi, possono pascolare su certi alpi, altri boggesi possono pascolare solo su altri alpi. Benché questo sistema valga ancora oggi, ha però praticamente perso la sua le diverse famiglie: ciò perché oggi pochissimi sono i proprietari che vanno sugli alpi. Ciò non di meno le bogge restano.

Sugli alpi di solito c' è la baita della boggia e la stalla della boggia, che possono essere sfruttati da tutti i boggesi, mentre qualche boggese, per conto suo, ha fabbricato la sua baita e la sua stalla. Le costruzioni sono molto antiche: ad esempio la baita di Vercasca data dal 1614, quidi prima della Guerra dei Trentanno. Altre costruzioni sono invece più recenti: avranno forso un secolo. A questo proposito possiamo notare l' ingegno del nostro contadino, sopra tutto nella carpenteria del tetto. Le baite da secoli sfidano le bufere di neve e anche le piccole valanghe: esse di solito sono costruite al sicuro delle valanghe.

Fino a trent'anni fa, cioè fino a quando il raggruppamento dei terreni non era ancora fatto e il fiume Ticino non era ancora incanalato, il contadino sfruttava al massimo la valle. Al 18 maggio la mandra saliva ai monti ( Pön-Roredo-Mairengo-Legri-Lagua-Paglio-Forno-Sacco-Alnido ) poi sugli alpi bassi ( Lareccio-Alva-Piancora-Bergnauri-Pianes ) poi a Dureda-Alpe Nuovo-Drosina Sotto-Alpe del Foc-Piota-Vercasca-Laghetti-Piangeira- Pasturascia-Neghescio-Stuello-Vaccariscio-Groso-Bercogno ). Oltre e produrre latticini ( burro-formaggio-ricotta fresca- e le famose ricotte affumicate ) il contadino preparava molta erba per foraggiare capre e pecore che seguono numerose la mandra e che aiutano a tenere puliti i sentieri meno battuti. Tutti questi alpi hanno ottime baite: il turista vi trova il giaciglio per dormire, legna secca da bruciare e la sorgente dell' acqua buonissima.

E pure molto bello compiere il giro Lodrino-Pon-Bergnauri-Scendavacche-Pianezzo-(alpi in mezzo a magnifici boschi di pini e lanci, vero paesaggio dove viveva Pablo e la sua gente nel libro di Hemingwai « Per chi suona la campana » ).... Visghedo-Sbordango-Pianes-Drosina sopra-Drosina sotto e ritorno in paese... » Und er schliesst in Deutsch: « Ich liebe mein Tal und meine Berge! » Ist das nicht ein Hohelied der Heimat?

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