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Die besondern ausseralpinen Expeditionen im Jahre 1950

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

Zusammengestellt von M. Oe.

Im Jahre 1950 wurden eine Reihe besonders hervorragender Expeditionen in das ausseralpine Gebirge durchgeführt, über die wir nachfolgend in aller Kürze berichten wollen, um unsern Lesern die Ereignisse wieder in Erinnerung zu rufen.

An erster Stelle steht unzweifelhaft die zweite französische Himalaya-expedition, bei der die Bezwingung des Anapurna, 8078 m, gelang. ( Die erste französische Expedition in den Himalaya kam im Jahre 1936 zur Durchführung. Sie stand unter der Leitung von Henri de Ségogne und galt der Bezwingung des 8068 m hohen Hidden Peak, doch konnte das Ziel nicht erreicht werden.Die französische Expedition stand unter der Leitung von Ing. Maurice Herzog und zählte im weitern folgende Teilnehmer: Marcel Ichac, Louis Lachenal, Gaston Rebuff at, Lionel Terray, de Noyelle, Marcel Schatz, Jean Couzy und Dr. Oudot, als Expeditionsarzt. Das Basislager wurde im Kalital in Tukucha errichtet, auf 2500 m Höhe, hatte man sich als Expeditionsziel doch die Besteigung des Dhaulagiri ( 8176 m ) gesetzt. Ende April wurde versucht, diesen Gipfel über den Ostgrat zu bezwingen, doch ergaben sich hier, wie in der Ost- und Nordwand, derartige Schwierigkeiten, dass das Vorhaben aufgegeben werden musste. Die Expedition wandte sich dann dem Anapurna zu, der in forschem Anhieb gewonnen werden konnte. Beim Dhaulagiri hatten die Alpinisten bei einem ersten Versuch bis 4800 m vordringen können ( Lachenal und Rebuffat ), bei einem zweiten sogar bis 5480 m ( Herzog und Ichac ). So waren die Leute gut trainiert und akklimatisiert, so dass die Gipfelbezwingung des ersten Achttausenders mit besonderm Elan durchgeführt werden konnte, trotz dem harten Kampf, den die Bergsteiger im Abstieg gegen die Naturgewalten zu bestehen hatten. Der Zugang erfolgte durch das obere Kolital und von Lefe aus, wo das Basislager in Tukucha eingerichtet wurde, und in der Hauptsache durch die Nordflanke des Berges. Am 23. Mai war das Lager 2 auf 5900 m bereits errichtet, nachdem ein erstes Lager auf 5100 m errichtet war, von dem aus der weitere Vorstoss über ausserordentlich steile Eishänge, die bis zu 70° Neigung aufwiesen und eine eigentliche « Eiskletterei » verlangten, erfolgte bis zu Lager 3 auf 6600 m Höhe, das erst am 31. Mai errichtet werden konnte. Am 1. Juni konnte der Lagerplatz 4 auf 7100 m und anderntags Lager 5 auf 7400 m erreicht werden. Die Aufteilung der Seilschaften war am 2. Juni abends wie folgt: Lager 3: Couzy und Schatz; Lager 4: Terray und Rebuffat, und Lager 5: Herzog und Lachenal. Am 3. Juni konnten Herzog und Lachenal den Gipfel des Anapurna erreichen, wobei die Sieger berichten, dass das letzte Stück des Berges von 678 m Höhe keine besondern technischen Schwierigkeiten mehr bot. Es war mittags 14 Uhr, als der 8078 m hohe Gipfel betreten wurde. Aber schon zeigten sich die ersten Anzeichen des Monsuns.

Die beiden Bergsteiger mussten den Abstieg bald wieder antreten, wobei Herzog, schon weit unter dem Gipfel, bemerkte, dass er seine Handschuhe auf der Höhe zurückgelassen hatte. Sie erreichten Lager 5, wohin Terray und Rebuffat angestiegen waren. Am 4. Juni setzten Sturm, Schneefall und Nebel ein, so dass die beiden Seilschaften nur mit grösster Mühe tiefer steigen konnten. Auf rund 7000 m musste ein Notbiwak bezogen werden in einer Schneehöhle, die mehr einer Gletscherspalte glich, in die Lachenal eingebrochen war. Sie hatten nur einen Schlafsack und verloren in Schneerutschen und kleinern Neuschneelawinen verschiedene Ausrüstungsgegenstände. Herzog und Lachenal erlitten hier schwere Erfrierungen. Als am 5. Juni das Wetter wieder aufhellte, wurde unter unzähligen Mühen weiter abgestiegen. Unter Lager 4 kamen Schatz und einige Scherpas zu Hilfe. Herzog und zwei Scherpas wurden durch eine Lawine erfasst und zur Tiefe gerissen, glücklicherweise ohne schweren Schaden zu nehmen. Aber die Ausrüstung wurde dabei noch mehr dezimiert. Aus Lager 2 kamen die Kameraden zu Hilfe, und im Camp zurück musste der Expeditionsarzt Oudot unter schwierigsten Verhältnissen Herzog die Finger und Zehen, Lachenal die Zehen amputieren. Erst am 10. Juni wurde das Basislager in Tukucha erreicht und die Heimkehr angetreten. Die Anapurnabezwinger hatten schwerste Bergnot zu überstehen.Eine englisch-schweizerische Himalayaexpedition, die unter dem Patronat der Schweizerischen Stiftung für alpine Forschung ( Zürich ) stand, startete im Spätfrühjahr ins Garhwal-Himalaya-Gebiet und hatte die Besteigung des Nilkanta, 6596 m, zum Ziel sowie die weitere Erforschung dieses Gebirgsmassivs. Der Expedition gehörten der Engländer K. Berill, von der Universität Cambridge, an und die Schweizer Dr. med. Alfred Tissières, Lausanne, Dr. med. Georges Chevalley, Bex, und René Dittert, Genf. Der Anmarsch erfolgte über den Kuaripass bis Badrinath, von wo aus einerseits das Tal des Sarasroati gegen den Manapass, der nach Tibet hinüber führt, erkundet wurde, sowie eine Anstiegsmöglichkeit auf den Nilkanta, 6596 m. Da die Bezwingung des Nilkanta nicht verwirklicht werden konnte, wandte sich die Expedition dem an der tibetanischen Grenze stehenden Kametmassiv zu, wo es Dittert, Tissières und Chevalley am 22. August gelang, den Abi-Gamin, mit 7355 m Höhe, zu bezwingen, den sie in zähem Ringen über den Ostgrat erreichten. Berill musste im Lager V auf 7000 m Höhe infolge Unwohlseins zurückbleiben. Am 29. August waren alle Expeditionsteilnehmer wieder in Badrinat, dem Pilgerort, zurück.

Wir möchten hier auch erwähnen, dass die Schweizerische Stiftung für alpine Forschung eine Karte im Maßstab 1:150 000 mit 100 m Äquidistanz des Garhwal-Himalaya-Ost von Dipl.Ing. Ernst Huber nach den Kartengrundlagen des Survey of India und eigener Aufnahmen herausgegeben hat.Eine norwegische Expedition hatte im Sommer den Tirich Mir, 7700 m, im Hindukuschgebirge zum Ziel. Sie stand unter der Leitung von Prof. Arne Naess, dem sich die Norweger H. Berg und Kvernberg und der Engländer Captain Streather zugesellten. Die Expedition wurde von der Geographischen Gesell- schaft und vom Alpenklub Norwegens organisiert, die schon im Jahre 1949 Erkundungsfahrten in dieses Gebiet entsandt hatten, wobei Höhen von 6100 und 6400 m erreicht wurden. Die Expedition 1950 erreichte am 22. Juli den Tirich Mir, so dass im Hindukusch nun vier der höchsten Gipfel bezwungen werden konnten. Das sehr stark gegliederte Hindukuschgebirge liegt zwischen dem Kunar-Yarklum-Tal und Nordost-Afghanistan, südwestlich des Pamir.In Mittelafrika hielt sich im Gebiet von Südruwenzori eine private Expedition des Österreichers Ing. Gaston Radio-Radiis auf, welche das Gebiet des Nyamgasanisees, 3750 m, und den Waiamagu f u, 4560 m, erforschte.In Südamerika waren zwei Expeditionen tätig. Einmal die Deutsche Anden-Kundfahrt 1950, die ihre Heimat Mitte Dezember 1949 verlassen hatte und anfangs März La Paz erreichte. Es gehörten ihr an: Hans Erti, als Expeditionsleiter, Frau Milli Bau, als Dolmetscherin und Berichterstatterin, Dr. Walter Forster, Zoologe, Dr. Heinrich Hawickhorst, Arzt, Friedrich Michel, Tierphotograph, und Dr. Gert Schroeder, Meteorologe. Die Fahrt hatte sowohl bergsteigerische als auch wissenschaftliche Ziele. Schon im März begann bei gutem Wetter das Training, wobei der Chacaltaya, 5400 m, erstiegen wurde, und am 3. April konnte der Südgipfel des Illimani, 6420 m, von Hans Erti als Alleingänger bestiegen werden. Gert Schroeder musste zurückbleiben, da er erkrankte. Am 4. April erreichten drei Mitglieder des Bolivianischen Anden-Clubs ebenfalls den Südgipfel. Ende April wurde der Nordgipfel des Illimani, 6480 m, erstmals von Hans Erti und Gert Schroeder bezwungen, wobei langwierige und schwierige Eisarbeit in steilem Gelände nötig war. Am 5. Juni konnten Hans Erti und der in Bolivien lebende Alfons Hundhammer in der Cordillera Real die dritte Besteigung des Condoriri, 5850 m, ausführen; der Berg heisst auch das « Bolivianische Matterhorn ». An Besteigungen gelangten weiter zur Durchführung: Hancouma, 6427 m, Erti und Hundhammer; Pico Esperanza, 5840 m, erste Besteigung, Hertl und Hundhammer; Pic Laramcota, 5825 m, erste Besteigung, Erti und Hundhammer; zwei namenlose Gipfel anlässlich einer Aufklärungsfahrt in der Nordwestflanke des Illampu, 5716 und 5300 m, erste Begehung, Erti und Hundhammer.

Eine italienische Expedition führte sodann ins Gebiet der peruanischen Anden. Es ist die erste italienische Expedition in dieses Gebiet. Es nahmen an ihr teil: Pierro Ghiglione, Giuseppe Giraudo und Bruno Manghi, als Geologe. Sie bezwang erstmals den Chachani, 6035 m, und bestieg den Coropuna, 6613 m, und Ampato, 6350 m, letztern durch Ghiglione mit einem peruanischen Soldaten, wobei festgehalten werden darf, dass Ghiglione bereits im 68. Altersjahr steht. Bei der Bezwingung des Coropuna, am 23. Juli, musste auf 5680 m Höhe bei —22° Kälte biwakiert werden. Ein Versuch, den Ausau-gate zu besteigen, der 6230 m Höhe besitzt, musste infolge Gewittersturms bei 6140 m Höhe aufgegeben werden.Auch das arktische Gebiet erhielt Besuch durch Expeditionen. Eine amerikanische Arktisexpedition stand unter der Leitung von Colonel P. D. Baird und begab sich Mitte Mai ins Gebirgsgebiet des Baffinland. Der Expedition konnten sich dank der Mithilfe der Schweizerischen Stiftung für alpine Forschung auch drei Schweizer anschliessen: Hans Rudolf Mülli, Assistent am Institut für Mineralogie und Pétrographie der ETH, Hans Röthlisberger, Assistent am Institut für Geophysik der ETH, und Franz Elmiger, Geologe, Zürich. Sodann gehörten der Expedition, die von Seiten des Arctic Institute of North America, in Montreal, organisiert war, auch Kanadier, Norweger und Engländer an, sowie ein von Pilot Morry King gesteuertes Flugzeug, mit dem Erkundungen, Materialtransporte und Versorgungen der Lager besorgt werden konnten. Die Expedition dauerte vom Mai bis September. Die Schweizer bezwangen einen nadeiförmigen Felsberg, den Lake Peak, 1790 m. Abschliessend sei auch erwähnt, dass André Roch, Davos und Genf, mit Norman Read und einem Eingebornen, Alaskaner, die zweite Bezwingung des Mount Logan im westlichen Eliasgebirge ausführen konnte, 6050 m.

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