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Ein Spaziergang im Rhätikon

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

Otto v. Pfister ( Section Uto ).

Von Sie wünschen von mir einen Beitrag aus dem Clubgebiete zum nächsten Jahrbuch; aber was soll ich Ihnen bieten, Herr Redactor? Für eine umfassendere oder eingehendere Arbeit ist die gesetzte Frist zu kurz. Die namhaften Gipfel des Rhätikon sind bekannt und beschrieben. Wenn ich dennoch Ihrem Wunsche nachkommen möchte, so bleibt mir nichts Anderes übrig, als Ihnen eine flüchtige Schilderung von einem meiner zahlreichen Streifzüge in jenem Gebiete zu geben. Es ist nur eine harmlose Plauderei, welche auf Ihre und der Leser freundliche Nachsicht vertraut. Also hören Sie:

An einem Augustmorgen des Jahres 1883 trat ich zu früher Stunde aus meinem Sommerquartier im „ Löwen " zu Schruns. Die Sterne funkelten am tiefblauen Firmament, und der Mond goß sein silbernes Licht in die stillen Straßen und Baumgärten des freundlichen Marktfleckens. Die hehre Ruhe der Nacht wurde durch das gleichmäßige Rauschen des Litzbaches nicht unterbrochen, sondern wie mit geheimnißvoller Musik begleitet.

Raschen Schrittes wanderte ich in der thaufrischen Luft den in dunkeln Umrissen sich aufthürmenden Bergen des Rhätikon zu. Die Höhlen der Sulztluh waren mein Ziel und zugleich die Wiederbegehung des Grubenpasses, der bei mir in schlechter Erinnerung stand.

In den sechsziger Jahren war ich als junger Mensch einmal von Schruns nach Küblis gewandert. Es war mein erster Gang im Hochgebirge. Ein Schmuggler, welcher Zucker und Kaffee von St. Antönien herüberholen wollte, war mein Führer. Durch seine Schuld verloren wir schon vor dem Aufbruch und unterwegs ungebührlich viel Zeit, und als wir endlich nach Partnun kamen, verwandelte sich die Schlenderei in ein Rennen, da ich in Küblis noch die Post nach Lanquart erreichen sollte. Natürlich umsonst! Die Post war eben weggefahren. Schneebrand und Otto v. Pfister.

Uebermüdung schafften mir aber ein ordentliches Fieber, und die Folge war ein Abscheu vor allen Bergen auf Jahre hinaus.

Es bedurfte eines gebrochenen Beines und eines durch Typhus geschwächten Herzens, um mich zur Probe zu reizen, ob ich an körperlicher Leistungsfähigkeit eingebüßt hätte. Der Versuch auf der Weißkugel und anderen Oetzthaler Firngipfeln fiel gut aus, und seit jener Zeit war ich ein leidenschaftlicher Berg- und Alpenfreund geworden.

Kein Wunder, wenn ich neugierig war. wie mir heute, nach fünfzehn Jahren, jene Gegend gefallen würde, die mir einst ein so übles Andenken hinterlassen hatte!

Es gewährt mir ein wahres Vergnügen, auf der vortrefflichen Excursionskarte, die glücklicherweise von der ( wenigstens für mich ) störenden Schattirung frei geblieben ist, meinen damaligen Weg zu verfolgen. Von Tschagguns zieht er sich über den häuserbesäeten Hang des Ziegerbergs in die enge Falte des Gampadelzthales. In ungangbarer Schlucht braust tief unten der Bach. Während ich einsam dahinwanderte, verblaßte allmälig das stählerne Blau des Nachthimmels mit seinen funkelnden Lichtern, die Vöglein regten sich in Busch und Wald und im Osten verkündete ein heller Schein das Nahen des allbelebenden, allerwärmenden Tagesgestirns. Welches Menschenherz könnte fühllos bleiben, wenn die Natur in solcher hehren Morgenandacht die Herrlichkeit ihres Schöpfers preist?

Eben als ich an dem alten, nun eingegangenen „ Bädle " ( auf der Karte mit „ Heilquelle " bezeichnet ) vorüberschritt, schlugen die ersten Sonnenstrahlen an die höchsten Gipfel und übergossen die bleichen Kalk-häupter des Rhätikon mit rothgoldigem Schimmer.

Oberhalb der Gampadelz-Alp bog ich rechts in den schmälern Fußpfad ein, der zur Walser-Alp und über endlose Terrassen, dem finstern Schwarz-hornspitz entlang, zu der flachen Mulde hinaufführt, in welcher der Tilisuna-See in tiefern Farbentönen das Blau des Himmels wiederspiegelt. Ich pochte vergeblich an die Thüre der gastlichen Tilisuna-Hütte. So früh erwartete man drinnen noch keinen Besuch. Zur wohlverdienten Rast ließ ich mich auf der Steinbank vor dem Hause nieder. Aus einem merkwürdig gekrümmten Stück Kalkgestein gebaut, hat sie die bequeme Form eines geschweiften Canapés.

Nicht lange war ich gesessen, als aus der Hausthüre ein sonderbares Antlitz guckte. Aus einem von unzähligen Falten und Fältchen gerunzelten Gesicht blinzelten ein Paar halb schlauer, halb treuherziger Augen, ein struppiger grauer Bart bildete die schmale Umrahmung von einem Ohr, unter dem Kinn hindurch, zum andern. Allmälig kam auch die kleine, fast zwerghafte Gestalt, auf welcher dies Haupt saß, zum Vorschein. Wahrhaftig, man hätte glauben mögen, ein Bergmännlein aus der Märchenwelt vor sich zu haben. Ich aber kannte die Gestalt und wußte, daß es Ein Spaziergang im Rhätikon.

der brave Hüttenwart Johann Josef Marent, oder, wie er im Lande kurzweg genannt wurde, „ das Marentle " war.

Unter Assistenz der braven Kathrine, einer ehemaligen Köchin des Gasthauses zum „ Löwen " in Schruns, setzte er mir in kurzer Zeit ein treffliches Frühstück vor, und als er mit seinen Kreuz- und Querfragen gar herausgebracht hatte, daß ich der sei, der das Büchlein über 's Montavon 1 ) geschrieben, das so manchen Fremden anlocke, kannte seine Freude keine Grenzen.

Unaufgefordert erbot er sich mir zum Führer nach den Sulzfluh-Höhlen, obwohl der alte Mann erst acht Tage vorher das Unglück gehabt hatte, vom Dachboden köpflings auf den steinernen Fußboden zu stürzen. Ob dabei eine der Steinplatten zersprungen ist, weiß ich nicht. Daß es aber dem grauen Schädel nicht geschadet hat, konnte ich wohl wahrnehmen, denn der war so frisch und launig, wie nur je ein Montavoner Kopf gewesen.

Mit einigen Kienfackeln, die das Marentle sich noch zugerichtet hatte, versehen, machten wir uns auf den Weg. Nach dem eigentlichen Grubenpaß, durch den ich seiner Zeit gegangen war, kamen wir nicht. Seine Begehung hätte uns einen namhaften Umweg und Zeitverlust gekostet. Meinen Zweck, die Gegend von Tilisuna und Partnun wiederzusehen, erreichte ich auch so. Die Hauptobjecte waren mir in deutlicher Erinnerung geblieben. Sonnenglanz umwob sie heute wie damals. Aber wie sehr entzückte mich nun diese erhabene Dolomitenwelt mit ihren Plateaus, ihren bizarren Hörnern und ihren prallen Steilwänden, da ich dem Hochgebirge vertrauter geworden, seine stumme und doch so beredte Sprache verstehen gelernt habe! Dem träumenden Auge belebte sich der einsame Grenzkamm; kampflustige Schaaren zogen hinüber und herüber. Kriegsgeschrei und der Schmerzensruf Verwundeter hallte von den Wänden wieder. Wie oft in den Kriegen der letzten Jahrhunderte hatte auch der schmale Fußsteig zwischen Partnun und Tilisuna dazu dienen müssen, die Brandfackel des Krieges in das Land des Nachbars zu tragen!

Das Marentle rieß mich aus meinen Träumen, indem es mir mit gerechtem Stolz das tüchtige Stück Weges nach der Sulzfluh wies, das er ganz allein in seinen Mußestunden in die steilen Grashänge eingeschnitten hatte. Groß war die Versuchung, dem Pfad zu folgen, aber der Wunsch, die mir noch fremden Höhlen kennen zu lernen, behielt die Oberhand. Durch das Grüne Fürkeli traten wir in den imposanten Felsencircus der Gruben hinaus. Links von der Scheienfluh, rechts von der Sulzfluh umrahmt, breitete sich ein gewaltiges Stück der schweizerischen Alpenwelt vor uns aus, zu viel, um die Zeit mit seiner Entzifferung zu verlieren. Auf mäßig breiten Schutt- und Rasenbändern gelangten wir erst zur 1 ) Otto v. Pfister: Das Montavon. Augsburg, Lampart's Verlag, 1881.

Otto v. Pfister.

Abgrundhöhle, dann zur Kirchhöhle, welche beide wir besuchten. Ich kann nicht sagen, daß sie mir besonderen Eindruck gemacht hätten. Ihr Inneres bietet nichts Merkwürdiges oder Ueberraschendes. Das Eigenthümlichste und Angenehmste war wohl stets das Wiederheraustreten in 's helle, warme Sonnenlicht und der Contrast zwischen dem öden Dunkel der Höhlen und der strahlenden Pracht der Landschaft.

Nähere Belehrung über die verschiedenen Höhlen der Sulzfluh bietet das Büchlein: Sulzfluh, Excursion der Section Rhätia, Chur 1865, bei L. Hitz, sowie das treffliche Itinerarium des Clubgebietes aus der Feder des Hrn. Seminarlehrers Imhof zu Schiers.

Bei der Kirchhöhle nahm ich Abschied von dem braven Marent, der nur mit Mühe zu bewegen war, einen Guldenzeddel als Führerlohn anzunehmen. Er wies mir, wie über die anscheinend ungangbaren, nur schwach mit Rasenbüscheln besprenkelten Kalkbänke hinabzukommen sei. Als ich unten, auf dem vom Grubenpaß herziehenden Weg war, wollte ich Marent durch einen Jauchzer über meine glückliche Ankunft beruhigen. Leider bewirkte ich das Gegentheil. Sichtlich geängstigt und lebhaft gesticulirend stieg das Männlein ein Stück weit gegen mich herab, bis wir uns durch Rufen verständigen konnten. Er hatte meinen Jauchzer für einen Hülferuf gehalten. Da haben wir den letzten Gruß in dieser Welt getauscht. Den guten Alten deckt nun wohl der Rasen des Friedhofs von Tschagguns, und von seinem Grabe brechen sich die Schönen des Dorfes duftende Nelken, wenn sie in malerischem Sonntagsstaat aus der Messe kommen.

Ich schritt fürbaß, hinab zu dem dunkelgrünen Partnunsee, aus welchem, leise zitternd, die Spiegelbilder der ringsum sich erhebenden Dolomithäupter heraufgrüßten. Der Einladung eines solchen klarfrischen Beckens, mich in seine kühlenden Fluthen zu stürzen, habe ich zu keiner Zeit widerstehen können, und zu ihrer Ehre muß ich es sagen, daß ich mir dabei niemals auch nur den mindesten Schnupfen geholt habe. So schwamm ich denn auch gar bald in dem einsamen See von Partnun, der gar nicht so kalt war, als ich gedacht hatte, und mich länger festhielt, als mancher seiner frostigeren Brüder. Dann aber drängte sich in meine durch das Schwelgen im reinsten Naturgenuß bis zum Entzücken gehobene Stimmung ein recht prosaisches Gefühl — ein ganz gemeiner Hunger. Der reifte rasch die beim Ausmarsch erst schwach mir vorschwebende Idee eines Besuchs der Pension Sulzfluh am Partnunstaffel zum festen Entschluß, und eine halbe Stunde später betrat ich das gastliche Haus, welches die Segnungen der Cultur bis in die Wildnisse des Hochgebirgs trägt, als der ächt moderne Nachfolger der ersten Culturstätten, jener dürftigen Zellen der ersten Glaubensboten. Ich kann nur wünschen, daß heute noch jeder Clubgenosse so treffliche, preiswürdige und freundliche Bewirthung finde, wie ich an jenem Tage gefunden. Die köstlichste Ein Spaziergang im Rhätikon.

Würze des Mahles aber war der Fund des oben erwähnten Büchleins: „ Sulzfluh, Excursion der Section Rhätia ", mit seinem reichen Inhalt und seinem guten Kärtchen. Ich rastete nach meiner Heimkehr nicht, bis auch ich ein Exemplar in meinen Besitz gebracht.

Durch die geschöpfte Belehrung und einen Trunk trefflichen Weines unternehmend gemacht, beschloß ich, meinen Rückweg über Plaßecken zu nehmen. Nach einstündigem Aufenthalt verließ ich kurz nach 11 Uhr die Pension Sulzfluh und wandte mich südostwärts über den „ glatten Boden " der breiten Einsenkung zwischen Rothspitz und Mittelfluh zu. Mühelos wird der Rand der Hochebene von Plaßecken erstiegen, dann wendet sich der Weg scharf links nach Norden zu, diese Ebene ihrer ganzen Länge nach durchschneidend. Als ich gemächlich über die spärliche Weide, welche nur Schafen zur Sömmerung dient, dahinschlenderte, bot sich mir auf einmal ein eigenthümliches Bild. Ein zottiger, dunkler Schafbock jagte mit gesenktem Kopfe an mir vorüber, ihm folgte ein wohlgewachsener, gänzlich nackter Jüngling in gewaltigen elastischen Sprüngen. Eine Weile verfolgte ich die sonderbare Jagd mit den Augen, dann verschwand sie hinter einem Bergvorsprung. Ob der Hirte aus einem Bade in einem der Wassertümpel des Plateaus durch irgend welche Extravaganzen des Bocks aufgestört wurde oder was sonst die Veranlassung zu dieser Scene gab, weiß ich nicht, das aber weiß ich, daß jenes Bild eines der köstlichsten ist, die ich in den Alpen geschaut. Die bleichen Kalkzinnen, durchfurcht von im Mittagssonnenglanz flimmernden Eis- und Schneerinnen, darüber der tiefblaue Himmel, darunter der braune, mit grünen Rasenflecken durchsetzte Alpboden, das Ganze ein Bild der hehrsten Einsamkeit, war auf einmal belebt von einer Staffage der urwüchsigsten und anmuthigsten Antike. Ich jauchzte laut vor Lust. Es war ein Bild, wie Böcklin es in glühenden Farben auf die Leinwand zaubert oder wie Klinger's zügellose Radirnadel sie hinwirft.

Der Tag war zu wonnig, die Stunde noch zu früh, um schon zu Thal zu steigen. „ Aufwärts " winkten die Klippen und Zacken zur Linken. Nicht Höhlen nur, nicht Paßlücken und Thäler allein sollten den Inhalt des frohen Wandertages bilden. Auch eine Fernschau von freier Höhe sollte sich dazu gesellen. Eine Schneerinne zur linken Hand versprach, mich auf den Scheitel des Hauptgrates zu bringen, und sie hielt Wort. Steil, aber ohne Schwierigkeiten, führte sie hinan, und bald betrat ich den mit einem Steinmannli gezierten Gipfel. Aber wenn ich geglaubt hatte, die Weißplatte oder, wie sie auf unserer Excursionskarte heißt, die Scheienfluh ( 2630 m ) unter den Füßen zu haben, so hatte ich mich getäuscht. Ein tiefer Einschnitt mit ungangbar scheinenden Wänden trennte mich von ihr, und in meinem Standpunkt erkannte ich den höchsten Punkt der Mittelfluh, 2549 m. Für die Rundschau blieb sich 's ziemlich gleich. Klar und gewaltig lag das ganze Panorama von den Oetzthalerbergen Otto v.Pfister.

über die Berninagruppe bis jenseits der Rheinwald- und Glarnerberge vor mir entrollt, und nur die allmälig sich gen Abend neigende Sonne zwang mich, nach kurzem Aufenthalt an den Heimweg zu denken. Wer allein in den Bergen wandelt, wird stets gut thun, einen erprobten Anstieg auch zum Rückweg zu benützen und sich in keine Experimente in einem Terrain einzulassen, das er nicht zu übersehen vermag. So stieg ich denn wieder meine schneeige Gasse hinab, bis ersichtlich gangbare Karrenfelder mich einluden, nach Norden abbiegend, den Weg zu kürzen.

Diese im Rhätikon keineswegs seltenen Karrenfelder mit ihren eigenthümlich durchlöcherten und ausgewaschenen Kalkfelsen, welche an einen stark zerschrundeten Gletscher erinnern, sind nicht immer angenehm zu begehen. Gerne hielt ich mich deshalb an die zahlreichen, sie bedeckenden Schneetlecke, welche rascher und angenehmer zu Thal führten. Eben dachte ich darüber nach, daß, wenn der Fuß durch die trügerische Schneedecke in eines der zahllosen Löcher einbräche, eine Verletzung wohl möglich sei, die für einen so gänzlich einsamen Wanderer, wie ich, doppelt schlimm wäre — plumps, da brach ich auch schon bis zur Hüfte ein und fiel mit dem Körper vornüber. Ich war so wunderbar in den Felsen eingeklemmt, daß ich einige Mühe hatte, mich zu befreien. Dann machte ich es, wie alle gebrannten Kinder, ich scheute das Feuer, d.h. ich mied die verlockenden Schneeflecken und stolperte, so gut es eben ging, über die zersägten Kalkplatten hinab. Zum Glück war ich unversehrt geblieben. Nicht so mein armes Beinkleid. Es klaffte da, wo es in solchen Fällen stets zu klaffen pflegt, mit einer tödtlichen Wunde. Noch ein kurzes Stück Weges, und ich kam nördlich von der Paßhöhe der Plaßecken auf den zur Tilisuna-Alp führenden Pfad. Kurz vor 4 Uhr betrat ich die Hütte. Ihre Insassen waren mir bekannt. Während der alte Senn Christian eine Brente kühler Milch holte, erbarmte die Zusennin, die hübsche, junge Marianne, die früher im „ Löwen " zu Schruns gedient hatte, sich meiner zerschundenen Hülle und nahte sie stante pede ( nämlich ich stante pede ) mit grobem Zwirn wieder zusammen.

Nachdem solchergestalt zwei Werke der Barmherzigkeit an mir einsamem Wandervogel geübt worden waren, wofür Gottes Lohn den Braven hoffentlich zu Theil geworden ist, zog ich fürbaß. Länger und länger wurden die Schatten der Berge, sie überschritten den Bach und schoben sich mälig am jenseitigen Thalhang empor. Die Gipfel selbst leuchteten noch einmal auf in der Gluth der Abendsonne, ehe auch sie der fahle, bleierne Schimmer der letzten Dämmerung einhüllte. Aus dem schon dunkelnden Grunde des Hauptthales tönten friedlich die Abendglocken herauf. Von der Arbeit in den Alpen und Bergmädern heimkehrende Männer und Weiber gesellten sich zu mir. Das wohlige Gefühl des Feierabends machte sie gesprächig und fröhlich, und mit harmlosem Geplauder und schelmischen Schlauderwörtchen kürzten wir uns den Weg Ein Spaziergang im Rhätikon.

nach dem bewohnten Thal, wo die Abendmahlzeit mich wieder mit den Meinen und den übrigen Gästen des Hauses vereinte.

Wenn bei einer so anspruchslosen Schilderung, wie die gegenwärtige, von einem Zweck überhaupt die Rede sein kann, so ist es der, unseren Clubgenossen zu zeigen, wie sehr sich gerade das jetzige Excursionsgebiet für den nur einigermaßen Berggewohnten zu Ausflügen und Streifzügen, allein oder in Gesellschaft eignet.

Freilich wird man sich stets gegenwärtig halten müssen, daß man in einem Kalkgebirg ist, das oft da, wo man es am wenigsten vermuthet, in steilen, ja senkrechten Wänden und Stufen abbricht, und daß sich in solchem Terrain zu eigensinnigem Erzwingenwollen stets die Gefahr gesellt. Aber wer mit besonnenem Geist und mit klarem Auge auszieht, der wird, namentlich wenn er die ausgezeichnete Excursionskarte in der Hand hat, sich unschwer zurechtfinden.

Und auch in den Bergen, soweit man sie vernünftigerweise ohne den Beistand eines erprobten Führers begehen darf, schmeckt doppelt, was man ohne fremde Hülfe gefunden und erreicht hat. „ Selbst ist der Mann. "

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