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Eine Mont-Blanc-Fahrt vor 200 Jahren

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Von R. Link

( Basel ).

Kürzlich starb in les Pèlerins bei Chamonix Edouard Favret, ein direkter Nachkomme des berühmten Führers Jacques Balmat, der am B. August 1786 als Erster den Gipfel des Mont Blanc erreicht hatte. Diese Leistung stellte nicht nur die erste gelungene Besteigung eines Viertausenders dar, sondern krönte den schon seit 45 Jahren währenden Kampf um den Berg mit Erfolg. Der erste Anlauf dazu wurde vor genau 200 Jahren von zwei Engländern, den Reisenden Pococke und Windham, mit der Besteigung des Montanvert gemacht. Mit welchen Bedingungen und Schwierigkeiten ein solches Unternehmen verbunden war, hat uns Windham in seinen Aufzeichnungen geschildert 1 ).

« Da uns jedermann versicherte, dass man in dieser Gegend keine Nahrungsmittel fände, nahmen wir Packpferde mit, beladen mit aller Art Mundvorrat und einem Zelt, das uns sehr nützlich sein sollte, obwohl die Vorstellung von diesem Land, die wir in Genf erhielten, ein wenig übertrieben war. Wir verliessen Genf am 19. Juni 1741, 8 Herren und 5 Diener, alle gut bewaffnet. Unsere Pferde begleiteten uns, und das gab uns das Aussehen einer kleinen Karawane. » In dreitägigem Marsch erreichten die kühnen Wanderer Chamonix. Unterwegs spielte sich eine ergötzliche Episode ab: « Während wir das Mahl bereiteten, zog Pococke seine arabische Kleidung ( die er von seinen Reisen her hatte ) an, wir stellten vor dem Zelt eine Schildwache auf und behandelten ihn mit besonderer Unterwürfigkeit. Diese ungewöhnliche Begebenheit verbreitete sich rasch im Dorf, worauf die Bewohner alle kamen, uns zu bestaunen, und ihre verschiedenen Mutmassungen amüsierten uns ausserordentlich. » In Chamonix wurde den Bergsteigern von ihrem Unternehmen entschieden abgeraten, da sich nur Kristallsucher und Jäger in die Berge getrauten. « Allein », fährt der Bericht fort, « unsere Neugierde wuchs, und im Vertrauen auf unsere Kraft und unseren Mut entschlossen wir uns, die Besteigung zu wagen. Wir nahmen mehrere Bauern, die einen als Führer, die andern, um den Wein und den Proviant zu tragen. Die Leute waren so überzeugt, dass wir nicht ans Ziel kommen würden, weshalb sie Fackeln und Feuerzeuge mitnahmen, für den Fall, dass wir, von der Müdigkeit übermannt, die Nacht auf dem Berg zubringen müssten. Um zu vermeiden, dass die Flinkeren unter uns die andern durch ihr rasches Tempo ermüdeten, stellten wir eine Marsch- Ordnung auf, derart, dass niemand seinen Vormann überholen durfte und der Führer langsamen und gleichmässigen Schrittes zu gehen hatte, dass jeder, der müde geworden war, eine Rast verlangen konnte, und endlich, dass wir an jeder Quelle mit Wasser vermischten Wein trinken wollten. » Nach diesen Vorbereitungen wurde der Montanvert endlich, am 22. Juni mittags, in Angriff genommen und sein Gipfel nach 434stündigem « äusserst beschwerlichem » Aufstieg erreicht. « Wir waren auf dem Gipfel eines Berges, der, unserer Meinung nach, wenigstens zweimal so hoch war wie der Salève ( bei Genf ). Von hier hatten wir einen vollständigen Blick auf die Gletscherwelt, das Mer de Glace. Ich gestehe, noch nichts gesehen zu haben, was einen Vergleich aushalten könnte. Die Beschreibungen über die Meere Grönlands scheinen mir am ehesten zuzutreffen. Man muss sich einen, von einer heftigen Bise bewegten See vorstellen, der plötzlich zugefroren ist: und noch weiss ich nicht, ob das den gleichen Eindruck erwecken würde. » Nach einem Abstecher auf den spaltenreichen Gletscher trat die Gesellschaft, bereits von « einer unglaublichen Müdigkeit » betroffen, den Abstieg an. « Wir erreichten Chamonix mit einbrechender Nacht, zum grossen Erstaunen der Bevölkerung und selbst unserer Führer, die uns gestanden, dass sie niemals an das Gelingen unseres Unternehmens geglaubt hätten. » Dieses Unternehmen aber war epochemachend und gilt als Ausgangspunkt des Bergsteigens im Hochgebirge, das Jahr 1741 als Geburtsjahr des Hochalpinismus. Jahrzehntelang wurden immer wieder Versuche unternommen, den Gipfel des Mont Blanc zu erklimmen, angespornt durch die Belohnung, die der berühmte Genfer Naturforscher Horace Benedict de Saussure für diese Tat ausgesetzt hatte. Aber erst 45 Jahre später glückte der Versuch mit der Erstbesteigung durch Balmat und Paccard. Ein Jahr später stand auch Saussure, begleitet von 18 Führern, auf dem Gipfel des höchsten Berges Europas.

( Die folgenden Jahre künden von weiteren Erstbesteigungen in den Walliser und Zentralalpen. Allein diese glänzend begonnene Bewegung, die rasch in aller Welt Geschmack und Nachahmung gefunden hatte, wie auch überhaupt das Reisen, erlitt einen furchtbaren Rückschlag durch die napoleonischen Kriegswirren. Kaum waren Europa durch den Wiener Kongress die Segnungen des Friedens wieder geschenkt worden, als die unterbrochene Bergsteigerei erneut einsetzte. Die meisten Bergriesen wurde so im Laufe des 19. Jahrhunderts ihrer Jungfräulichkeit beraubt: Jungfrau 1811, Finsteraarhorn 1812, Tödi 1837, Bernina 1850, Dufourspitze 1855, Matterhorn 1865, Grossglockner 1799, Ortler 1804, Wildspitze 1861 usw. )

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