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Im Herzen der Glarner Alpen: Claridenhütte (2453 m)

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

Ruedi Angele, Dübendorf

DIE HUTTENANSTIEGE in den Glarner Alpen haben es zumeist in sich. Steil steigen die Talflanken aus dem tief gelegenen Haupttal auf. Erst nach einigen hundert Metern Steilanstieg gelangt man in die flacheren Bergregionen. Für viele Bergwanderer ist daher die Begehung eines der Hüttenwege zur Claridenhütte schon eine Tour. Auf dem kürzesten Aufstieg von Tierfed über Chinzen wird ein vernünftig voranschreitender Bergsteiger etwa vier Stunden rechnen müssen. Diese weiten Zugangswege dürften wohl der Hauptgrund sein, warum die Claridenhütte zu Unrecht eher spärlich besucht wird. Wer den Weg aber nicht gescheut hat, profitiert von dieser Tatsache, denn höchst selten ist die 84 Plätze aufweisende Hütte überfüllt, und der Hüttenwart Balz Marti und seine Frau haben Zeit, den Bergsteiger in echter Gastfreundschaft zu empfangen.

Fünf neu markierte Wege führen zur Claridenhütte. Zwei davon haben ihren Ausgangspunkt in der Gegend des Urner Bodens und drei im Gebiet von Tierfed. Wer nicht zu den allzu eiligen Zeitgenossen gehört und für einen Aufstieg etwa fünf Stunden einsetzen kann, dem sei der Zugang vom Urner Boden geraten, denn dieser ist abwechslungsreicher und landschaftlich reizvoller. Eine Route geht vom Restaurant « Sonne » im Urner Boden aus und steigt durch den Wald nach Hinter Orthalden und dem Fisetenpass ( in der LK I:25000 Punkt 2036 als « Grätli » bezeichnet ). Wer weniger steil steigen will, geht von der Chlus aus, wo die Klausenstrasse zwischen Urner Boden und Passhöhe die grosse Schleife nach Süden macht. Ein Strässchen führt von dort zur Gemsfairenalp, und in gemütlichem Steigen erreicht man auf dem Fisetenpass den erstgenann- ten Aufstiegsweg. Leicht absteigend erreichen wir dann den Talkessel der Fisetenalp. Auf der andern Seite führt nun der Weg unter den Steilhängen des Rotstocks auf den Grat des Malors. Da der Schnee bis weit in den Frühsommer hinein an dieser Flanke liegenbleiben kann, ist dieser Aufstieg normalerweise erst von Mitte Juli an ratsam. Gleichsam auf der Höhenkurve wandern wir nun ins Tal des Walenbachs und erreichen beim Geissstein den Normalaufstieg von Tierfed.

Die Wege aus der Gegend von Tierfed führen alle im Tal des Walenbachs zur Hütte hinauf. Der Normalaufstieg ist der kürzeste, in seinem untersten Teil aber auch der steilste. Etwa eine Viertelstunde oberhalb Tierfed zweigt er vom Strässchen nach Vorder Sand ab und führt steil nach Chinzen hinauf. Von dort geht der Weg auf der orographisch linken Talseite über Altstafel-Geissstein—Gletscherchopf zur Hütte. Bequemer ist der Aufstieg, der von der Reitimatt, etwa 2 Kilometer vor Tierfed, über den sogenannten Polenweg nach der Chrummlaui und von dort über das Plateau von Ahornen in den Normalaufstieg bei Altstafel führt. Neu wurde im letzten Jahr der Zugang über den Sandwald markiert. In der Landeskarte ist er allerdings noch nicht eingezeichnet. Er zweigt von der Strasse Tierfed—Vor-der Sand kurz nach der Einmündung des Walenbachs ab, führt durch den Sandwald hinauf und bleibt bis unterhalb des Geisssteins, wo er in den Normalaufstieg einmündet, auf der rechten Talseite. Während man für den kürzesten Weg über Chinzen vier Stunden rechnet, braucht man für die bequemeren Aufstiege über Reitimatt oder den Sandwald etwa 30 Minuten bis dreiviertel Stunden länger.

Die Claridenhütte ist ein idealer Ausgangspunkt für BERGWANDERUNGEN Schon mit der Kombination verschiedener Routen für den Auf- und den Abstieg lässt sich eine ansprechende Familienwanderung zusammenstellen. Bei einer solchen Exkursion darf man aber nicht verfehlen, den Hausberg, den Gemsfairenstock ( 2972 m ), mit einzubeziehen. Er kann in anderthalb Stunden ohne Schwierigkeiten erstiegen werden und bietet bei schönem Wetter eine prachtvolle Aussicht. Gar nicht weit und sehr lohnend ist der Geissbützistock ( 2719 und 2662 m ). Der Tiefblick zur grünen Insel der Oberen Sandalp und die Aussicht in die Eisabbrüche des Claridenfirns sind von ausserordentlicher Schönheit. Wer sich für Versteinerungen interessiert, wird am Beggistock und am Geissbützistock ohne langes Suchen eine grosse Zahl von zu Stein gewordenen Zeugen unserer Erdgeschichte finden. Geniesser werden auch den Abstieg von der Claridenhütte zu einem Erlebnis gestalten. Statt auf dem kürzesten Weg ins Tal zu springen, steigen sie auf markiertem Weg zur Beggilücke ( 2537 m ) auf, um dann den Abstieg über Ober Sand—Hinter Sand—Vorder Sand nach Tierfed zu nehmen. Die obere Sandalp ist ein Juwel in den Glarner Alpen. Als grüne Oase liegt sie inmitten einer eindrücklichen Gebirgswelt. Auf der einen Seite leuchten der weisse Firn und das grünblaue Eis des Claridenfirns, und auf der andern Seite recken sich die imposanten Steilwände des Tödi in den Himmel. Die Flora ist von einmaliger Pracht und Mannigfaltigkeit. Schon der Altmeister der Botanik, Professor Schröter, besuchte mit seinen Studenten immer wieder die Obere Sandalp. Wer aber Gefallen gefunden hat an der herben Schönheit des Glarner Berglandes, wird von da aus seine Schritte nicht zu Tal lenken, sonderu über Röti zu den Fridolinshütten ( 2111 m ) aufsteigen.

DER HOCHTOURIST kommt im Claridengebiet ebenfalls auf seine Rechnung. Am häufigsten wird der Clariden- stock ( 3267,5 m ) begangen. Die Besteigung ist eine einfache Gletschertour. Etwas schwieriger kann der näher gelegene Bocktschingel ( 3079 m ) dann werden, wenn Blankeis auftritt. Von beiden Gipfeln geniesst man eine wundervolle Aussicht weit über das Mittelland hinweg. Die Kletterer allerdings kommen im Claridengebiet nicht ganz zum Zug. Der Fels ist, wie zumeist im Glarnerland, eher etwas brüchig. Eine schöne Kletterei bietet der Ostgrat des Rotstocks ( 2471 m ). Auch an den Tüfels Stock finden wir einige Routen in gutem Gestein. Als Abschluss einer Klettertour in den Tüfels Stock ist der Westgrat des Speichstocks zu empfehlen.

Der Ostgrat des Gemsfairenstocks ist schon recht lang. Partien mit loserem Gestein können teilweise auf Sekundärrippen umgangen werden. Für eine Tourenwoche kann man nach einigen Tagen in die Planurahütte oder die Hüfihütte wechseln, von wo aus wiederum eine grosse Zahl weiterer Gipfel zur Besteigung einladen.

DER SKIFAHRER wird auf alle Fälle nur durch das Tal des Walenbachs aufsteigen. Bei Lawinen- und Schneebrettgefahr kann der letzte, steile Aufstieg vor dem Gletscherchopf heikel sein. Hat der Wintersportler aber diesen Aufstieg hinter sich, so wartet auf ihn eine klassische Skitour von einmaliger Schönheit. Von der Hütte steigt er auf den Claridenstock, wobei die Ski zumeist unter dem Bergschrund deponiert werden. Die Abfahrt geht dann vom Skidepot auf der gleichen Route hinunter an den Fuss einer Mulde, die östlich des Speichstocks zum Gemsfairenstock hinaufführt. Rund dreiviertel Stunden wird man für den Aufstieg auf den Gemsfairenstock benötigen; dann beginnt eine Abfahrt von eindrücklicher Länge. Um die 2000 Höhenmeter kann man hinunterschwingen. Über den Lang Firn fährt man zuerst zum Fisetenpass, von dort geht 's ( ohne Felle ) praktisch ebenaus bis fast zum Chamerstock. Der zweite Teil der Abfahrt führt zuerst auf der Claridenhütte mit Gemsfairenstock Photo Schönwetter, Glarus Sommeraufstiege zur Claridenhütte: i. von Chlus ( Klausenpass ), 2. vom Restaurant « Sonne » ( Urner Boden ), 3. von Reitimatt, 4. von Tierfed über Chinzen, 5. von Tierfed über Sandwald und 6. Übergang Beggilücke-Ober Sandevtl. Fridolinshütten ) Swissair-Photo AG, Zürich West-, dann auf der Ostseite des Chamerstocks zur Chameralp und zum Alpberg, von wo aus die Ski meistens zu Tal getragen werden.

Hochalpinisten und geübten Skifahrern sei noch eine andere, wenig bekannte Skitour empfohlen: Von der Claridenhütte wandert man an den Fuss der Tüfels Stock. Durch eine schmale Rinne steigt man nun - Ski auf dem Rucksack -über eine Scharte zwischen den Tüfels Stock auf die Westseite des Grates hinüber. Dieser Übergang bietet etwelche Schwierigkeiten. Dann geht die Abfahrt auf dem Rot-Nossenfirn zum Gems-fairenhüttli und zum Urner Boden. Auf dieser sehr steilen und rassigen Abfahrt findet man nicht selten bis weit in den Frühling hinein wunderbaren Pulverschnee. Der Hüttenwart wird Interessenten den genauen Durchstieg zwischen den Tüfels Stock gerne erklären.

In den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg war das Claridengebiet sehr häufig besucht. Dies war auch der Grund, warum man hier oben eine relativ grosse SAC-Hütte baute. Jetzt ist die Gegend irgendwie aus der Mode gekommen. Zu Unrecht, denn der Bergwanderer, der Hochtourist und der Skifahrer kommen im Claridengebiet voll auf ihre Rechnung. Extreme Bergganger werden allerdings keine Gipfel finden, die an der Börse der alpinen Wertschätzung hoch im Kurs sind. Doch wer die Berge liebt, dem alpinen Rummel abhold ist, wer Ruhe und Beschaulichkeit sucht und Touren machen will, die physisch und technisch doch noch beträchtliche Anforderungen stellen, wird die Claridenhütte und ihre Berge bald in sein Herz schliessen.

Literatur:

SAC-Führer, Glarner Alpen.

LK 1:50000 Klausenpass, Blatt 246, oder LK 1:25000 Tödi, Blatt 1193, und Linthal, Blatt 1173.

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