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<Bouldern> in Fontainebleau (F)

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Peter Weibel, Bern

Alles fing mit einem kurzen Artikel über das Bouldern in Fontainebleau an, der vor ein paar Jahren im ( Alpinismus ) erschien. Dieser Bericht wurde mit Bildern illustriert, die mich derart faszinierten, dass ich mich kurzerhand entschloss, selbst dorthin zu fahren.

Schon der erste Eindruck übertrifft die kühnsten Erwartungen. Da stehen, inmitten riesiger Eichen- und Birkenwälder, die man nach der Französischen Revolution aufgeforstet hat und die heute ca. 23000 ha bedecken, einige tausend Sandsteinblöcke in allen Grossen und Formen. Ein Sandstein so kompakt wie Granit!

Mancherorts sind die Wälder durch grosse Sandflächen und -dünen unterbrochen, die Er- innerungen an den Atlantik wecken. Dieser überschwemmte tatsächlich bis vor ca. 30 Mio. Jahren, am Ende des Oligozäns, das Becken von Paris, zog sich dann aber im Laufe der Zeiten zurück. Übrig blieb eine grosse Sand- und Sedimentgesteinswüste. Die zuerst noch zu riesigen Quarzsandplatten geformten Felsen wurden durch Erosion und Temperaturschwankungen allmählich in grosse Blöcke gespalten: die heutigen von Fontainebleau.

Bouldern hat sich hier sozusagen zum Nationalsport entwickelt; was nicht verwunderlich ist, gibt es doch weit mehr als 10000 Routen aller Schwierigkeitsgrade und Dutzende von Kilometern Wanderwege! In dieser beinahe exotischen Landschaft tummelt sich nun eine zusammengewürfelte Gesellschaft von Leuten aller Altersklassen, die eines gemein- Dieser Elefant, obschon aus Stein, hat schon manchen abgeschüttelt.

sam haben: Freude am Bouldern und Wandern. Da sieht man den älteren, schon angegrauten, seriösen Herrn in Turnhosen und EBs, der sich noch an einer schwierigen Stelle versucht. Oder die Mutter, die den Kinderwagen so vor den Block stellt, dass der Kleine sie beim Klettern beobachten kann. Ein Mann, soeben vom Sonntagsspaziergang mit der Familie zurück, vertauscht die Wanderschuhe mit den Kletterfinken, um sich noch für ein Stündchen seinen ganz privaten Problemen zu widmen. Ja, ganze Familien sind anzutreffen, deren jedes einzelne Mitglied sich seinen eigenen Weg nach oben erkämpft: der Vater am Überhang, der Sohn im Riss, Mutter und Tochter auf glatter Platte und der Kleinste, selbstzufrieden im Sand sitzend, macht verwunderte Augen ob solchem Tun.

Doch das Zeremoniell ist immer dasselbe: ein Stück Teppich wird auf den Boden gelegt und bevor man auf diesen tritt, reinigt man die Schuhe sorgfältig mit einem Putzlappen. Dann reibt man mit der Handfläche kräftig die Sohlen der EBs, da sich durch die damit erzielte Erwärmung des Gummis die Haftung am Fels verbessert. Nun den Fels noch etwas mit dem bearbeiten und los geht 's. Ach ja, der ! Von den Alpinisten belächelt, für einen Boulderer in Fontainebleau eine Notwendigkeit. Ein Stück Tuch wird zu einem Beutel geformt, mit fein pulverisiertem Harz ca. zur Hälfte gefüllt und abgebunden. Beklopft man damit nun sanft die Tritte - pof! pofso kann durch die Poren des Tuches etwas Harz ent- Trois Pignons: P. Weibel am Dach des

weichen, was die Adhäsion der profillosen Kletterfinken am Fels merklich erhöht.

Nichts hält mich nun mehr zurück! Schnell sind die EBs an den Füssen und der kleine Beutel griffbereit. Voller Tatendrang stürme ich den nächstgelegenen Blöcken entgegen. Der zum Teil knöcheltiefe Sand verspricht bei einem eventuellen Absprung eine weiche Landung. Der Sprünge werden bald viele, sehr viele!

Schon nach den ersten Versuchen sehe ich ein, dass manche Probleme ohne gezieltes Training nicht zu lösen sind. Mit gemischten Gefühlen, jedoch mit neuen Trainingsideen, kehre ich in die Schweiz zurück.

Seither fahre ich alle Jahre ein paarmal nach Fontainebleau. Anfangs, als Vorbereitung für schwierige Klettertouren in den Al- Bewegungsablauf am Dach des , einem grossen Klassiker unter den sehr harten Passagen pen, später immer mehr aus reiner Freude am Bouldern. Die Freude und Befriedigung nach dem Gelingen eines schweren Boulderweges, auch wenn es sich vielleicht um 5 Meter handelt, sind gleich gross wie die beim Erreichen eines Gipfels über eine grosse Wand. Das Heraustüfteln der richtigen Bewegungsabläufe fasziniert immer von neuem. Ein gutes Auge, Kraft, Beweglichkeit und manchmal auch Mut, alles Voraussetzungen, um ein guter Boulderer zu sein, müssen auf ideale ( VIII + bis IX +, uiaa; je nach Wahl der Griff kombination ). Schwierigkeit, verbunden mit Exponiertheit, stellt auch an die Psyche einige Anforderungen.

Dank intensivem Training gelingen mir nun einige der ganz harten Wege. Doch jeder wird früher oder später eine Grenze erreichen, die für ihn persönlich nicht zu überschreiten ist. Unter anderem lassen sich die eigenen Körpermasse, die beim heutigen Stand der Schwierigkeiten eine entscheidende Rolle spielen, selbst durch intensivstes Training nicht verändern. So bleiben eben gewisse Stellen jener kleinen Elite vorbehalten, die alle Voraussetzungen mit sich bringt.

Dieses Jahr bietet sich mir die Gelegenheit, mit einem der besten ( Bleausards ) zusammen zu bouldern. Ihm zuzuschauen ist höchster Genuss. Unmöglich zu sagen, welches nun die härteste Stelle sei, mit solch unglaublicher Leichtigkeit übersteigt er sie.Vollkommene Ästhetik! Komponist, Dirigent und Spieler finden sich hier in einer Person vereinigt. Wie ein Virtuose fügt er die verschiedenen Einzelstellen zu einer schönen, harmonischen Form zusammen. Ein wahrer Meister seines Fachs!

Wir durchsteigen dann gemeinsam Risse aller Breiten, Kamine, Platten und Überhänge. Überbordend ist die Freude, und dankbar nehme ich all seine Ratschläge und Fingerzeige, mit denen er mich unterstützt, entgegen.

Müde und hungrig, aber zufrieden, sitzt man schliesslich am Abend rund um den surrenden Kocher und tauscht Gedanken und Erfahrungen aus. Leider wird morgen schon wieder zusammengepackt. Viel zu schnell sind auch diesmal die Tage verflogen. Trotzdem, es schadet nichts, den etwas angeschlagenen Gliedern die nötige Ruhe zu gönnen, um dann mit neuem Tatendrang zurückzukehren.

Cuvier: Athletische Kletterei an der .

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