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Karl Anneler

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Zum Kunstblatt „ Fiescherwand ".

Von Hans Duyer.

Von welcher technischen oder inhaltlichen Seite man an Karl Annelers Kunst herantreten mag, immer offenbart sie sich als aus unerschöpflichen Quellgründen gespeist. Immer wird der hervordrängende Strom der Erfindungen in rastlosem Schaffen zu kunstgemässen Formen geballt. Unver-welkliche Jugendfrische und beherrschte Gereiftheit giessen ihr strahlendes Licht über sein Werk, von frühesten Versuchen an bis zu seinen letzten Voll-endungen.

Am 13. April 1886 in Bern geboren, durchlief unser Meister das Freie Gymnasium in Bern, um später bei Prof. Lütkemeier in Coburg und einige Jahre darauf in der Hollosy-Schule in München sein Können zu vertiefen. Aber tiefschürfende Grundlagen verschaffte er sich erst in der Akademie, und erst von einmal dort weg, finden wir Anneler in seiner zweiten Heimat, seinen geliebten Bergen. Dort oben, nahe dem Himmel, fand er seine vielen Vorwürfe und dort erhielt er auch die leuchtenden Vorbilder zu seinen grossen Malwerken, von denen eines, die « Fiescherwand », als Kunstblatt « Die Alpen » schmückt. Ob aber eine Berglandschaft, ein Dorfydill, ein Stilleben, ein Porträt geschaffen wurde — alle seine Arbeiten haben zunächst ein wichtiges Kennzeichen gemein: sie offenbaren uns einen Maler, der seine Lehrzeit genutzt hat und das Handwerkliche mit voller Sicherheit beherrscht. Anneler ist ein Maler, und er kann malen. Das Wort « Meister » findet sich unwillkürlich ein, wenn man seine flott hingeworfenen Striche sieht, die warmen, leuchtenden Farben, wenn man feststellen muss, wie alles sitzt. So sicher sitzt, dass sich auch der Laie sagen muss: So muss es sein, so war das Vorbild.

Aber weit stärker noch als die handwerkliche Vollendung entzückt uns bei Anneler die besondere Art von Farbigkeit. Wie jeder wirkliche Maler liebt Anneler die Farbe mit Inbrunst; er wird im Tiefsten von ihrer Schönheit ergriffen. Anders wäre es ihm gar nicht möglich, ihr den leuchtenden Schmelz, den warmen, weichen Glanz zu geben, die das Entzücken des Beschauers vor jeder seiner reifen Arbeiten erregen. Trotzdem aber ist die Farbe, mag sie für sich allein noch so schön sein, ihm nur Mittel zu höherem Zweck. Sie gilt ihm nicht mehr und nicht weniger als etwa einem Symphoniker irgendein beliebiges Instrument im Orchester. Auf den grossen Zusammenklang kommt es den beiden schliesslich an, und deshalb müssen alle Töne sich einem bestimmten System einfügen lassen, müssen einander ergänzen und steigern zur reinen Harmonie.

Die Gesetze dieser Harmonie in der Farbgebung leitet Karl Anneler nicht von irgendwelchen feststehenden Regeln und Formen ab. Sie werden ihm eingegeben von seinem Gefühl, von seiner besonderen Musikalität, wie man beinahe sagen möchte.Vielleicht, ja sogar wahrscheinlich ist er sich gar nicht bewusst, warum er in seinen vielen Berg- und Volksbildern diesen oder jenen Ton einfügte, warum er hier dämpfte und dort steigerte. Er empfand Die Alpen — 1938 — Les Alpes.28 gewiss bloss, so muss es sein, er empfand aber mit der Sicherheit des malerischen Instinkts. Und hier stehen wir bei Anneler vor dem unergründeten und wohl auch unergründlichen Geheimnis seines künstlerischen Schaffens.

Ist es notwendig, noch zu sagen, dass das Gegenständliche im Bilde für den Maler eigentlich überall ganz nebensächlich ist, dass es ihm nur als Farben-und damit als Stimmungsträger dient? Er hat das ganz besonders in seinem grossen Werk « Lötschen », das er gemeinsam mit seiner Schwester herausgab, bewiesen; mehr noch in den Bildern, die er auf seinen Studienfahrten in Frankreich und Griechenland malte. Nie würde Anneler die Formen der Natur vergewaltigen oder zersprengen. Er ehrt das Seiende und ganz besonders die Berge und ihre Menschen, denn gar zu feste Bande verbinden ihn mit ihnen. Aber wie immer seine Bilder auch sein mögen, auf jeden Fall ist das Gegenständliche nie aufdringlich in den Vordergrund gerückt, weder dadurch, dass der Maler sich in kleinlicher und peinlicher Naturwiedergabe gefiele, noch etwa dadurch, dass er die Natur rücksichtslos verböge und so erst recht die Einbildungskraft des Beschauers nötigte, umformend und umdeutend mit dem Dinge sich zu beschäftigen.

Nein, Anneler hat zu viel Achtung vor seinen Vorwürfen, und in vollen rauschenden Akkorden bricht aus seinen Bildern das Lied freudiger Lebensbejahung; kein ausgelassenes, kein trunkenes Lied freilich — immer weiss Anneler eine gewisse Haltung, eine ungezwungene Würde zu wahren. Und das ist es, was uns den Künstler und sein Werk lieb werden lassen.

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