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Mit dem Wanderer Goethe

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Von M. Szadrowsky

Vortrag zur 80-Jahr-Feier der Sektion Räüa des S.A.C. 1944 Chur ) Bergsteigen war vor Jahrzehnten, ist heute noch und immerfort Naturerleben mit Leib und Seele.Vorfreude und Erinnerung bedeuten viel im Bergsteiger: die gehören seinem Gemüt. Doch auch die Tat ist nicht bloss leibliche Leistung. Die Seele ist dabei, wenn wir den Rucksack auf den Rücken laden, wenn die Hand den treuen Pickel ergreifen darf, wenn wir bald nach Mitternacht aus der heimeligen Klubhütte unter den Sternenhimmel treten, wenn die Nagelschuhe auf dem Gestein ihre liebe Musik beginnen, das Seil uns mit zwei Freunden verbindet, die Steigeisen in den hartgefrorenen Firn i und Gletscher beissen. Aufstieg, Gipfel, Abstieg, Talmarsch: bei allem ist ausser dem Gebein auch das Gemüt dabei. Im Bergwald, auf Alpweiden, in Fels und Eis erwandern und erklettern wir uns geistigen Besitz.

Die Eindrücke auszudrücken, das ist nicht jedem gegeben. Gute Bergsteigerbücher tun uns wohl: sprachliche Gestaltung klärt und festigt unseren eigenen Vorrat an bergsteigerischem Erinnern und Hoffen, erhöht und vertieft unser Bergerleben.

Unter Goethes Werken ist kein einziges Bergbuch. Aber ein Wanderer ist er gewesen, ein Bergwanderer sogar, dazu Naturforscher und Dichter. Seine Sinne, zumal die Augen, waren grenzenlos aufnahmefähig, sein Sinnen und Forschen unermüdlich. Mit der Freude am Greifen und Begreifen verband er die Ehrfurcht vor dem Unbegreiflichen, Unerforschbaren. Er sah das Einzelne im Zusammenhang mit dem All, im Naturgeschehen die Allgegenwart Gottes. Emsig war er in der schriftlichen Rechenschaft vor sich und andern: Reiseaufzeichnungen, Tagebücher, Briefe, Abhandlungen füllen viele Bände. Der Dichter Goethe zehrt von den Sammlungen des Forschers und Wanderers.

Wir machen einen Streifzug durch die grüne Weide seiner Werke und freuen uns darüber, wenn der Sprachgewaltige Natureindrücke ausdrückt, Wander- und Bergerlebnisse gestaltet, die auch unserm Herzen vertraut sind.

Der junge Goethe hat sich nach unserm Bergland gesehnt. Der Rheinfall bei Schaffhausen kündet dem 26jährigen Reisenden ( 1775 ) schon das Bergland an: .Hier wird durch einen mächtigen Stromsturz merklich die erste Stufe bezeichnet, die ein Bergland andeutet, in das wir zu treten gewillt sind; wo wir dann nach und nach, Stufe für Stufe, immer in wachsendem Verhältnis, die Höhen mühsam erreichen sollen. ' Von Bodmers Haus am Zürichberg aus ist ihm der Blick über die Landschaft ,ganz unvergleichlich ', und das noch ferne Gebirge erfüllt ihn ,mit grösster Sehnsucht ': ,Man übersah vieles von dem, was sich von der grossen Stadt nach der Tiefe senkte, die kleinere Stadt über der Limmat sowie die Fruchtbarkeit des Sihlfeldes gegen Abend. Rückwärts links einen Teil des Zürichsees mit seiner glänzend bewegten Fläche und seiner unendlichen Mannigfaltigkeit von abwechselnden Berg- und Talufern, Erhöhungen, dem Auge unfasslichen Mannigfaltigkeiten; worauf man denn, geblendet von allem diesem, in der Ferne die blaue Reihe der höheren Gebirgsrücken, deren Gipfel zu benamsen man sich getraute, mit grösster Sehnsucht zu schauen hatte. ' ,Das Baden in unbeengten Gewässern'genossen die drei wandernden Jünglinge als köstliche Naturfreiheit. Sie hatten sich unterwegs dieser ,Natur-übung'einigermassen enthalten. ,In der Schweiz aber, beim Anblick und Feuchtgefühl des rinnenden, laufenden, stürzenden, in der Fläche sich sammelnden, nach und nach zum See sich ausbreitenden Gewässers, war der Versuchung nicht zu widerstehen. ' Hinter dem Albis im Sihltal trug ihnen die Erquickung Steinwürfe ein, und Lavater nahm man es in Zürich sehr übel, ,dass er junge Leute von dieser Frechheit bei sich aufgenommen, mit ihnen Spazierfahrten angestellt und sie sonst begünstigt, deren wildes, un- bändiges, unchristliches, ja heidnisches Naturell einen solchen Skandal in einer gesitteten, wohl geregelten Gegend anrichte '.

Mit einem der jungen Freunde tritt Goethe die .längst ersehnte Wan-derung'in die Waldstätte an. ,Die rauhen Wege ( von Schindelegi in das öde, baumlose Tal von Einsiedeln ) konnten unserm guten Mute nichts anhaben ', auch nicht der .beschwerliche Weg'nach Schwiz hinüber. Das Be-schwerliche als Genuss: das ist Sache des Bergsteigers! ,Wilde, steinige Höhen mussten überstiegen werden, und zwar in vollkommener Einsamkeit und Öde. ' An den zackigen Felsgipfeln der Schwizer Haken ( Mythen ) hing im Juli noch Schnee. .Ernsthaft und fürchterlich füllte ein uralter Fichtenwald die unabsehlichen Schluchten, in die wir hinab sollten. Nach kurzer Rast, frisch und mit mutwilliger Behendigkeit, sprangen wir den von Klippe zu Klippe, von Platte zu Platte in die Tiefe sich stürzenden Fusspfad hinab und gelangten um zehn Uhr nach Schwiz. ' Wie war den zwei Freunden jetzt zu Mute? ,Wir waren zugleich müde und munter geworden, hinfällig und aufgeregt; wir löschten gählings unsern heftigen Durst und fühlten uns noch mehr begeistert. ' Goethe hatte vor etwa zwei Jahren den .Werther'geschrie-ben, der jüngere Freund sich an dem Werk entzündet, jetzt fühlten sie sich ,in einen Naturzustand versetzt ', durchschwelgten ,im Gefühl behaglicher Kraft das Reich der Phantasie '; .Lachen und Jauchzen dauerte bis Mitternacht '. Tags darauf auf dem Lowerzer See: .Vor lauter Wonne sah man gar nichts. ' Auf dem Rigi Wolken und Nebel, netzend und die Aussicht hindernd. Dafür dann etwas Herrliches: ,Als sie hie und da auseinander-rissen und uns, von wallenden Rahmen umgeben, eine klare, herrliche, sonnenbeschienene Welt als vortretende und wechselnde Bilder sehen liessen, bedauerten wir nicht mehr diese Zufälligkeiten; denn es war ein nie gesehener, nie wieder zu schauender Anblick, und wir verharrten lange in dieser gewissermassen unbequemen Lage, um durch die Ritzen und Klüfte der immer bewegten Wolkenballen einen kleinen Zipfel besonnter Erde, einen schmalen Uferzug und ein Endchen See zu gewinnen. ' Rechte Wanderer, die auch an Nebeltagen Wonne erleben! Übrigens stellten sie sich abends ,an gebackenen Fischen und Eiern und genügsamem Wein wieder her '. Nachher wieder etwas für das Gemüt: .Wie es denn nun dämmerte und allmählich nachtete, beschäftigten ahnungsvoll zusammenstimmende Töne unser Ohr; das Glockengebimmel der Kapelle, das Plätschern des Brunnens, das Säuseln wechselnder Lüftchen, in der Ferne Waldhörner ( wahrscheinlich Alphörneres waren wohltätige, beruhigende, einlullende Momente. ' Rütli, Teilsplatte, Altdorf bedeuten dem jungen Dichter diesmal noch nicht viel. Bei Amsteg ein erquickendes Bad in den Wellen der rauschenden Reuss. Dann hinter einer Reihe Saumrosse über eine breite Schneemasse: erst nachher erfuhren die Wanderer, dass sie unten hohl sei. Das musste man betrachten und ergründen: .Hier hatte sich der Winterschnee in eine Bergschlucht eingelegt, um die man sonst herumziehen musste, und diente nunmehr zu einem geraden verkürzten Wege. Die unten durchströmenden Wasser hatten sie nach und nach ausgehöhlt, durch die milde Sommerluft war das Gewölbe immer mehr abgeschmolzen, so dass sie nunmehr als ein breiter Brückenbogen das Hüben i und Drüben natürlich zusammenhielt. Wir überzeugten uns von diesem wundersamen Naturereignis, indem wir uns etwas oberhalb in die breitere Schlucht wagten. ' Auf dem Rückweg fanden sie nach wenigen Tagen die Schneebrücke völlig zusammengestürzt und .hatten die kolossalen Trümmer einer natürlichen Baukunst anzustaunen und zu bewundern '. Beim Aufstieg wurden von Wassen an die Felsen .immer mächtiger und schrecklicher, der Weg zum Teufelsstein bis zum Anblick der Teufelsbrücke immer mühseliger '. Der Gefährte munterte Goethe auf, die bedeutenden Ansichten zu zeichnen: ,Die Umrisse mochten mir gelingen, aber es trat nichts hervor, nichts zurück; für dergleichen Gegenstände hatte ich keine Sprache. Wir mühten uns weiter; das ungeheure Wilde schien sich immer zu steigern, Platten wurden zu Gebirgen und Vertiefungen zu Abgründen. So geleitete mich mein Führer ( sein Freund ) bis ans Ursener Loch, durch welches ich gewissermassen verdriesslich hindurchging; was man bisher gesehen, war doch erhaben, diese Finsternis hob alles auf. Aber freilich hatte sich der schelmische Führer das freudige Erstaunen voraus vorgestellt, das mich beim Austritt überraschen musste. Der massig schäumende Fluss schlängelte sich hier milde durch ein flaches, von Bergen zwar umschlossenes, aber doch genugsam weites, zur Bewohnung einladendes Tal. Über dem reinlichen Örtchen Urseren ( Andermatt, Urseren an der Matte ) und seiner Kirche, die uns auf ebenem Boden entgegenstanden, erhob sich ein Fichtenwäldchen, heilig geachtet, weil es die am Fusse Angesiedelten vor höher herabrollenden Schneelawinen schützte. Die grünenden Wiesen des Tales waren wieder am Fluss her mit kurzen Weiden geschmückt; man erfreute sich hier einer lange vermissten Vegetation. Die Beruhigung war gross; man fühlte auf flachen Pfaden die Kräfte wieder belebt. ' Beim Aufstieg zum Gotthard .nackte wie bemooste Felsen mit Schnee bedeckt, ruckweiser Sturmwind, Wolken heran- und vorbeiführend, Geräusch der Wasserfälle, das Klingeln der Saumrosse in der höchsten Öde, wo man weder die Herankommenden noch die Scheidenden erblickte. Hier kostet es der Einbildungskraft nicht viel, sich Drachennester in den Klüften zu denken. Aber doch erheitert und erhoben fühlte man sich durch einen der schönsten, am meisten zum Bilde sich eignenden Wasserfall, der, gerade in dieser Jahreszeit vom geschmolzenen Schnee überreich begabt, von Wolken bald verhüllt, bald enthüllt uns geraume Zeit an die Stelle fesselte. Endlich gelangten wir an kleine Nebelseen, wie ich sie nennen möchte, weil sie von den atmosphärischen Streifen kaum zu unterscheiden waren. Nicht lange, so trat aus dem Dunst ein Gebäude entgegen: es war das Hospiz, und wir fühlten grosse Zufriedenheit, uns zunächst unter seinem gastlichen Dache schirmen zu können. ' Im Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre ist im Kind Mignon die Erinnerung an den Weg über das Gebirge:

Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg? Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg; In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut; Es stürzt der Fels und über ihn die Flut — Zwischen Hospental und Gotthard macht dem Wanderer Goethe auf der zweiten Wanderung ( 1779 ) ein grosser Zug von Mauleseln ,mit seinen Glocken die ganze Gegend lebendig. Es ist ein Ton, der alle Bergerinnerungen rege macht. ' Wir Bergsteiger lieben und kennen solche erinnerungsvolle Klänge von Glocken, Schellen, Plumpen!

Das Urserntal ist ihm auf der zweiten Reise wieder .merkwürdig ': in so grosser Höhe noch .schöne Matten und Viehzucht! ' ,Hier wachsen keine Bäume; Büsche von Saalweiden fassen den Bach ein, und an den Gebirgen flechten sich kleine Sträucher durcheinander'( ein anderer schriebe: eine öde, baumlose Gegend !). Und jetzt eine Liebeserklärung: ,Mir ist 's unter allen Gegenden, die ich kenne, die liebste und interessanteste; es sei nun, dass alte Erinnerungen sie wert machen, oder dass mir das Gefühl von so viel zusammengeketteten Wundern der Natur ein heimliches und unnennbares Vergnügen erregt. ' Diese Gegend einmal im Schnee zu sehen, hatte er vor Zeiten gewünscht ( wer sonst wünschte dies um 1775 !). Der Wunsch wurde ihm im November 1779 erfüllt: ,Die ganze Gegend ist mit Schnee bedeckt, Fels und Matte und Weg sind überein verschneit. Der Himmel war ganz klar ohne irgend eine Wolke, das Blau viel tiefer als man es im platten Lande gewohnt ist, die Rücken der Berge, die sich weiss davon abschnitten, teils hell im Sonnenlicht, teils bläulich im Schatten. ' Wer sonst sah und liebte damals das Gebirge im Schnee?

Goethe hatte das Auf- und Absteigen durch den Schnee schon tags zuvor an der Furka geleistet, das Sonderbare und Grosse des Ganges durch das verschneite Gebirge empfunden: ,Es war ein seltsamer Anblick, wenn man einen Moment seine Aufmerksamkeit von dem Wege ab und auf sich selbst und. die Gesellschaft wendete; in der ödesten Gegend der Welt, und in einer ungeheuren einförmigen, schneebedeckten Gebirgswüste, wo man rückwärts und vorwärts auf drei Stunden keine lebendige Seele weiss, wo man auf beiden Seiten die weiten Tiefen verschlungener Gebirge hat, eine Reihe Menschen zu sehen, deren einer in des andern tiefe Fußstapfen tritt, und wo in der ganzen glatt überzogenen Weite nichts in die Augen fällt, als die Furche, die man gezogen hat. ' Er war auf den abenteuerlichen Gebirgsmarsch erpicht und gespannt gewesen. In den Walliser Dörfern fragt er die Leute, ob sie glauben, dass der Weg über die Furka gangbar sei; ,denn das ist der Gedanke, mit dem ich aufstehe, schlafen gehe, mit dem ich den ganzen Tag über beschäftigt bin. ' Wir Bergsteiger kennen solche Spannung. Die Walliser Träger versicherten nachher in Realp, ,dass sie das Wagnis nicht mit jedem unternähmen. Sie gestanden uns nun, dass heute früh, als sie gefordert wurden, erst einer gegangen sei, uns zu rekognoszieren, um zu sehen, ob wir wohl die Miene hätten, mit ihnen fortzukommen. ' Der dreissigjährige Goethe konnte vor dieser Prüfung bestehen! Die Träger hatten schon damals Pflichten, wie unsere patentierten Bergführer. Goethe vernimmt von ihnen, ,sie hüteten sich sehr, alte oder schwache Leute in dieser Jahreszeit zu begleiten, weil es ihre Pflicht sei, denjenigen, dem sie einmal zugesagt, ihn hinüber zu bringen, Die Alpen - 1947 - Les Alpes3 MIT DEM WANDERER GOETHE im Fall er matt oder krank würde, zu tragen und, selbst wenn er stürbe, nicht liegen zu lassen, ausser wenn sie in augenscheinliche Gefahr ihres eigenen Lebens kämen. ' Goethe lässt sich von den Männern dann Geschichten von beschwerlichen oder verunglückten Bergwanderungen erzählen, ,worin die Leute hier gleichsam wie in einem Elemente leben, so dass sie mit der grössten Gelassenheit Unglücksfälle erzählen, denen sie täglich selbst unterworfen sind. ' Dem Dichter und Wanderer aus Deutschland ist klar, was der Gotthard als Kreuzpunkt von Gebirgen und Flüssen bedeutet.

Der Gotthard behauptet ,den Rang eines königlichen Gebirges über alle andere, weil die grössten Gebirgsketten bei ihm zusammenlaufen und sich an ihn lehnen. Ja, wenn ich mich nicht irre, so hat mir Herr Wyttenbach zu Bern, der von dem höchsten Gipfel die Spitzen der übrigen Gebirge gesehen, erzählt, dass sich diese alle gleichsam gegen ihn zu neigen scheinen. Die Gebirge von Schwyz und Unterwaiden, gekettet an die von Uri, steigen von Mitternacht, von Morgen die Gebirge des Graubünder Landes, von Mittag die der italienischen Vogteien herauf, und von Abend drängt sich durch die Furka das doppelte Gebirg, welches Wallis einschliesst, an ihn heran. Nicht weit vom Hause hier sind zwei kleine Seen, davon der eine den Tessin durch Schluchten und Täler nach Italien, der andere gleicherweise die Reuss nach dem Vierwaldstättersee ausgiesst. Nicht fern von hier entspringt der Rhein und läuft gegen Norden, und wenn man alsdann die Rhone dazu nimmt, die an einem Fuss der Furka entspringt und nach Abend durch das Wallis läuft, so befindet man sich hier auf einem Kreuzpunkte, von dem aus Gebirge und Flüsse in allen vier Himmelsgegenden auslaufen. ' ,Bei den Kapuzinern auf dem Gotthard' schrieb Goethe in einem Brief: ,über allem Preis'sei ,das Glück, in dieser Jahreszeit ( November ) seinen Plan rein durchzuführen. ' Daheim »sollen die Erzählungen die Abende kurz machen von braventapferen ) Unternehmungen, Entschlüssen, Freuden und Beschwerden. ' Zu einer dritten Wanderung in die Waldstätte trieb ihn 1797 wieder ,eine unglaubliche Sehnsucht '. Er musste die Landschaft mit der Phantasie bevölkern und ersann eine Teildichtung. ,Der Vierwaldstättersee, die Schwyzer Haken, Flüelen und Altorf, auf dem Hin- und Herwege nur wieder mit freiem offenem Auge beschaut, nötigten meine Einbildungskraft, diese Lokalitäten als eine ungeheure Landschaft mit Personen zu bevölkern; und welche stellten sich schneller dar als Teil und seine wackeren Zeitgenossen? Ich ersann hier an Ort und Stelle ein episches Gedicht. ' Er dachte sich Teil ,als einen kolossal kräftigen Lastträger ', der sein Leben lang rohe Tierfelle und andere Waren durchs Gebirge herüber und hinüber trägt sich nicht weiter um Herrschaft noch Knechtschaft bekümmert sein Gewerbe treibt fähig und entschlossen die unmittelbarsten persönlichen Übel abzuwehren. Auch Gess- ler wäre in Goethes Epos anders geartet gewesen als in Schillers Schauspiel: .Mein Landvogt war einer von den behaglichen Tyrannen, welche herz- und rücksichtslos auf ihre Zwecke hindringen, übrigens aber sich gerne bequem finden, deshalb auch leben und leben lassen, dabei auch humoristisch ge- legentlich dies oder jenes verüben, was entweder gleichgültig wirken oder auch wohl Nutzen und Schaden zur Folge haben kann. ' Der Wanderer Goethe durchwandert und beobachtet ,eine verwickelte Reihe von interessanten Gegenständen, welches dieses sonderbare Land enthält. Sich durch unmittelbares Anschauen die naturhistorischen, geographischen, ökonomischen und politischen Verhältnisse zu vergegenwärtigen und sich dann durch eine alte Chronik die vergangenen Zeiten näher zu bringen, auch sonst manchen Aufsatz der arbeitsamen Schweizer zu nützen, gibt, besonders bei der Umschrie-benheit der helvetischen Existenz, eine sehr angenehme Unterhaltung. ' In Stans las er in einem Buche: .Kleiner Versuch einer besondern Geschichte des Freistaates Unterwaiden'( Luzern 1789 ). In der Dedikation fand Goethe die Anrede sonderbar: Helvetisch grossmächtige.

( Fortsetzung folgt )

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