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Typische Schnee- und Witterungsverhältnisse im Herbst in den Alpen

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VON GIAN A. GENSLER, ZÜRICH

Mit 2 Bildern ( 82 und 83 ) Die in den Quartalheften 1 und 2 des Jahres 1966 für den Frühling und Sommer beschriebenen charakteristischen Wettererscheinungen sollen hier und im nächsten Heft für den Herbst und den Winter fortgeführt und abgeschlossen werden. Die von uns festgehaltenen atmosphärischen Zustände und Abläufe stellen den üblichen Rahmen dar; dass in Einzeljahren hievon namhafte Abweichungen auftreten können, bewies uns der Oktober 1967, dessen Sonnenscheinreichtum und Wärme ungewöhnlich waren und mancherorts Werte erreichten, wie sie seit mindestens hundert Jahren nicht zu verzeichnen waren. Wurde im genannten Oktober in den Hochlagen der Alpen wärmemäs-sig der vorangegangene September egalisiert, so finden wir anderseits im Jahre 1964 einen derart unfreundlichen Oktober, dass der nachfolgende November bezüglich Temperatur und Sonnenschein gleiche Werte brachte, obwohl doch gerade im Herbst wie auch im Frühling die mittleren Wärmeunterschiede zwischen zwei benachbarten Monaten bei uns mit 4 bis 5 Grad am grössten sind.

Wettermässig wollen wir den alpinen Herbst Mitte September beginnen lassen, da im Laufe des zweiten Monatsdrittels nach einer letzten spätsommerlichen Schönwetterperiode gerne die erste empfindliche Abkühlung einsetzt, welche die Schneegrenze um 500 bis 1000 Meter herunterdrückt. Die nun schon wesentlich tiefer stehende Mittagssonne vermag bei der sich Ende September öfters wieder einstellenden Hochdrucklage diesen Neuschnee an den nordexponierten Hängen kaum mehr recht zu schmelzen, wogegen die sonnigen Halden bis in die Firnregion hinauf wieder ausapern können. Gegenüber dem Sommer haben sich die Wärmeunterschiede zwischen Kontinent und Meer ausgeglichen, da keine Übererwärmung des Landes mehr besteht. Wir gelangen in eine gewisse Flaute innerhalb der bei uns sonst vorherrschenden Westwindzirkulation, und eine mehr meridionale, d.h. süd—nord- oder nord—süd-gerichtete Strömung tritt an ihre Stelle, wobei sich des öftern ruhige Hochdruckwetterlagen einschieben. Die fortschreitende Abkühlung der dunklen Polargebiete lässt den dortigen Kaltluftberg rasch anschwellen, und in einzelnen Schüben bricht in der Folge diese Polarluft zungenförmig nach Süden aus. Einmal können wir bereits vom ersten Oktoberdrittel an hievon wiederholt betroffen werden, und eine bleibende Winterschneedecke oberhalb von rund 1500 Meter ist die Folge; das andere Mal verzögern häufige Hochdruck-und Föhnlagen das Einschneien auf dieser Höhenlage bis in den Dezember hinein, vereinzelt bis ge- gen das Jahresende. So ergibt sich auf Grund einer Untersuchung von Th. Zingg ', dass innerhalb eines Zeitintervalles von rund 20 Tagen vor bis etwa 20 Tagen nach dem Mitteldatum des Einschneiens an einem bestimmten Ort erst zwei Drittel aller einzelnen Einschneitermine zu liegen kommen. Dieser Streubetrag ist weit weniger von der Höhenlage der Beobachtungsstation über Meer als vom Landesteil abhängig; ein niedrigerer ( günstigerer ) Wert von rund 15 Tagen findet sich in Mittelbünden, im Engadin sowie im Bereich, der sich vom obersten Aaretal über das Goms in die Visper Täler erstreckt. Hohe Streuwerte, etwa 25 Tage, wo somit sehr frühe Einschneidaten häufiger mit sehr späten abwechseln können, finden sich an den Ausgängen der Föhntäler und vor allem in den Waadtländer Alpen und im westlichen Wallis.

Ein Blick auf die Abstiegsgeschwindigkeit des durchschnittlichen Einschneidatums zeigt uns, dass im mittleren Höhenbereich der Alpen ( 1000-2000 m ) für eine Höhendifferenz von 600 Meter etwa 20 Tage gebraucht werden; das sind 30 Meter im Tag. Das Einschneien überwindet somit rascher einen bestimmten Höhenunterschied als das Ausapern, welches je nach Region und Höhenlage hierfür 35 bis 55 Tage ( 11-17 m pro Tag ) braucht. Auch Beobachtungen im jahresperiodischen Verhalten der Pflanzenwelt bestätigen diesen Sachverhalt: Das Ergrünen der Lärchen im Frühjahr steigt im Mittel in den inneren Alpentälern mit nur knapp 20 Meter im Tag an, das Vergilben senkt sich aber mit 40 Meter im Tag.

Wollten wir das Herbstende allein mit dem mittleren Einschneidatum, also mit dem Beginn der permanenten Winterschneedecke, definieren, dann würde dieser Termin erwartungsgemäss einen breiten Bereich umfassen:

Höhe Mittlere Einschneitermine in Meter über Meer Graubünden Nordabdachung Westliches Wallis 2500 15. Oktober 10. Oktober 20. Oktober 2000 25. Oktober 25. Oktober 15. November 1700 5. November 10. November 30. November 1400 15. November 20. November 10. Dezember 1100 25. November 5. Dezember 25. Dezember 800 5. Dezember 20. Dezember ( 10. Januar ) 500 ( 15.Dezember ) ( 30. Dezember ) ( 15.Januar ) stehen einer frühen Schneedecke. Im westlichen Wallis fallt neben der sonnigeren Witterung auch die gegen Westen generell ansteigende Schneefallgrenze ins Gewicht ( häufig milde Meereswindein-brücheunterhalb 800 Meter ü. M. kann man kaum mehr von der Existenz einer permanenten Winterschneedecke sprechen.

Dem Einschneidatum voraus gehen die Termine des Auftretens der ersten Schneedecke, die früher oder später wieder wegschmilzt; sie sind unten für die Nordabdachung wiedergegeben. Für die Hochlagen ist dieses Datum etwas fiktiv, und wir müssen uns auf einen Grenztermin zwischen späten Frühjahrs- und frühen Herbstschneefällen einigen. Statistisch liegen die 5 wärmsten Tage der unteren 5000 Meter unserer Lufthülle zwischen dem 25. und 29. Juli ( M. Schüepp2 ), so dass wir, wie 1 Th. Zingg: Schneeverhältnisse in den Schweizeralpen; Einschneien, Ausapern und Dauer der permanenten Winterschneedecke 1955/1956 bis 1964/1965 und teils 1946/1965. Winterbericht des Eidgenössischen Institutes für Schnee-und Lawinenforschung Weissfluhjoch/Davos für den Winter 1965/1966, Bern 1967.

2 M. Schüepp: Klimatologie der Wetterlagen im Alpengebiet. Berichte des Deutschen Wetterdienstes Nr.54, Offenbach 1959.

bereits E. Ambühl3, den Übergang vom 31. Juli zum 1. August als Grenztermin wählen. Sowohl für die nun folgenden mittleren Daten der ersten Herbstschneedecke als auch den Beginn der permanenten Winterschneedecke sind die dazugehörigen Mittelwerte der Lufttemperatur ( gerundet ) beigefügt:

Höhe in Meter Datum der ersten über Meer Herbstschneedecke 2500 15. August 2000 15. September 1700 25. September 1400 10. Oktober 1100 20. Oktober 800 5. November 500 25. November Mittlere Lufttemperatur in °C 1. Schneedecke Einschneien + 5,0 -0,5 +6,0 + 1,0 +6,5 +2,0 +6,5 + 1,5 + 6,0 + 1,5 +4,5 +0,5 +2,5 -0,5 In den inneren Alpentälern treten diese Termine etwa 10 Tage, im Wallis und im Tessin etwa 10 bis 15 Tage später auf; die entsprechenden Lufttemperaturen sind zum Teil einen Grad tiefer.

Nehmen wir den eigentlichen Witterungsablauf zu Hufe, um das Ende des meteorologischen Herbstes zu erkennen, so können wir die Mitte der zweiten Novemberhälfte als Übergang zum Winter betrachten. Erstens treten nach dem 20. bis 25. November die spätherbstlichen, in der Höhe öfters noch sehr milden Hochdruckwetterlagen nicht mehr auf ( vgl. Fussnote 2 ), ferner sind die kaltfeuchten Nordlagen im letzten Novemberdrittel wesentlich häufiger als während der ersten beiden Dekaden dieses Monats; sie senken daher die mittlere Schneegrenze erheblich, und auch in den Tallagen des Mittellandes stellt sich dann oft die erste Schneedecke des bevorstehenden Winters ein.

Gehen wir nun zur Beschreibung charakteristischer Wetterlagen des alpinen Herbstes über und beginnen mit den Hochdrucklagen! Nicht nur dem Bergsteiger ist diese Jahreszeit als die stabilste des Jahres bekannt, sondern auch dem nüchternen Statistiker, welchem die für unser sonst so wechselvolles Westwindklima grosse Häufigkeit von Hochdrucklagen in den Monaten September, Oktober und November auffallt. Nahmen von anfangs März an bis Ende August die hochdruckbeeinflussten Wetterlagen nur 10 bis 30 % aller Wetterlagen ein, so steigert sich dieser Wert innert zwei Wochen auf 30 bis 45 %. Erst ab Ende Oktober schalten sich wieder einige, jedoch nur vorübergehende Depressionen auf rund 25 % ein. Stabil ist diese typische Herbstlage nicht nur in bezug auf ihre ausgeprägte Konstanz über mehrere Tage, ja gelegentlich sogar Wochen hinweg ( vgl. Herbst 1965 und 1967 ), sondern auch die vertikale Temperaturschichtung ist, vom physikalischen Zustand aus betrachtet, stabil: Die nicht in unmittelbarem Kontakt mit der Bodenoberfläche stehenden Luftschichten, d.h. die freie Atmosphäre, sind noch sommerlich warm; die längeren, oft klaren Nächte und die bereits schwächere Sonnenbestrahlung kühlen dagegen die Erdoberfläche und damit auch die anliegenden, tiefgelegenen Luftschichten ab. Dadurch aber läuft die sommerliche « Umlaufpumpe », welche die erhitzten bodennahen Luftschichten in die noch nicht so warmen höheren Bereiche der Atmosphäre hinauftreibt, nicht mehr recht, ja sie kann schon im letzten Septemberdrittel ihren Betrieb ganz einstellen. Das ist die für den Alpinisten köstliche Zeit, während welcher es kaum eine Rolle spielt, ob er morgens um 8 Uhr oder erst nachmittags um 3 Uhr den Gipfel erreicht. Die bodennahe, feucht-kühle « Grundschicht », deren Obergrenze über dem Mittelland gerne um 1200 Meter 8 E. Ambühl: 100 Jahre Einschneien und Ausapern in Andermatt ( 1860/1960 ). « Die Alpen », Zeitschrift des Schweizer Alpen-Club, 4. Quartal, Bern 1961.

il. M. herum liegt, nimmt als dunst- oder zeitweise sogar ganztägig nebelerfülltes, ruhiges Meer kaum mehr recht Anteil an den Vorgängen der klaren, oberen Luftschichten. Dadurch treten, im Gegensatz zum Frühling und Sommer, mittags höchstens lokal kleine Kumuluswolken auf; oft bleibt es aber den ganzen Tag über wolkenlos. In diesen begünstigten Höhenlagen oberhalb 1000 bis 1500 Meter il. M. können gegenüber dem klimatischen Mittelwert für diese Jahreszeit Übertemperaturen von 5, ja vereinzelt solche von 8 bis 10 Grad auftreten ( Tag und Nacht zusammengenommen ), falls noch geringe Föhneffekte dazutreten, die auch die Nächte sehr mild gestalten. Die Niederschlagsbereitschaft ist beidseits der Alpen praktisch gleich Null, da im Gegensatz zum Sommer keine Wärmegewitter oder Schauer mehr auftreten. Die Winde sind im Alpeninnern allgemein schwach und in gedämpftem Masse der Tagesperiodik unterworfen. Dieser Umstand hat in den unteren Lagen der Voralpentäler öfters die unangenehme Folge, dass die hochnebelerfüllte Mittellandluft nachmittags, besonders bei leichter Bise, 10 bis 20 Kilometer weit taleinwärts driftet und somit dort nach einem klaren Vormittag und Mittag eine Eintrübung und Abkühlung verursacht. Die mittlere Höhe der Frostgrenze liegt für die drei Monate September bis November bei diesen Hochdrucklagen auf rund 2800 Meter ü. M.

In Flachdrucklagen herrschen nur unwesentlich andere Bedingungen; lediglich die Klarheit lässt auch in den höheren Lagen nach, weil jetzt die Absinkströmungen, die innerhalb eines Hochdruckgebietes saubere Luft aus grösseren Höhen herunterführen, nicht mehr recht zur Geltung kommen. Einzelne in einer aufkommenden Höhenströmung eingebettete Wolkenfelder im Bereiche zwischen 3000 und 6000 Meter ü.M. verursachen nur selten Niederschläge.

Gegenüber den vorerwähnten Wettertypen bringen die Tiefdrucklagen erwartungsgemäss Schlechtwetter, welches sich weniger durch eine starke Abkühlung ( im Mittel bis 2 Grad unterdurchschnittliche Temperatur ) als durch eine hohe Niederschlagsbereitschaft auszeichnet: 50 bis 80% aller Tiefdrucktage bringen der Nordabdachung mindestens einen Millimeter Niederschlagshöhe; die inneren Alpentäler und die Südseite kommen mit 30 bis 50 % besser weg. Die Windgeschwindigkeit erreicht auf den Bergen allgemein noch keine hohen Stärkegrade, da - vergleichbar den Hochdruckgebieten - die horizontalen Luftdruckunterschiede im Kernbereich von Tiefdruckgebilden gering sind. Zu Beginn oder am Ende solcher Tiefdruckperioden stellen sich öfters Föhnlagen im Alpengebiet ein, genauer: Südföhn ( Föhn aus Süden auf der Alpennordseite ) anfangs und Nordföhn ( Föhn aus Norden auf der Alpensüdseite ) am Schluss eines über uns hinwegziehenden Tiefs. Nach einer sommerlichen Flaute nimmt während des letzten Septemberdrittels die Häufigkeit von Tiefdrucklagen zu und verbleibt bis Mitte November im Bereiche von 10 bis 20 % aller Wetterlagen. Die Nullgradgrenze liegt zu Beginn der Tiefdrucklage meist noch bei 2000 bis 2500 Meter und sinkt allmählich auf 1800 bis 1500 Meter, im November bis rund 1000 Meter ü. M. ab.

Im Randbereich der Hoch- und Tiefdruckgebiete finden wir die Strömungslagen, in deren Bereich wir bereits mit dem Erwähnen der Föhnlagen in den Randzonen der Tiefdruckgebiete gelangt sind. Winde führen uns « fremdes » Wetter zu, und wir müssen daher mit ihnen einmal die stärksten Temperaturabweichungen gegenüber dem jahreszeitlichen Mittelwert erwarten, ferner eine stärkere Betonung der Wetterunterschiede zwischen den einzelnen Räumen und Kammern unseres Alpenkörpers, da jetzt Stau- und Föhneffekte auftreten.

Die Westlage hat ihr hochsommerliches Maximum Ende August zugunsten der hochdruckbeein-flussten Wettertypen verlassen und erreicht erst im letzten Novemberdrittel wieder Frequenzen von über 40 % aller Tage. Der Grund liegt in der sich auf Winterbeginn rasch vergrössernden Wärmeunterschiede zwischen den polaren und subtropischen Zonen. Im Gegensatz zum Sommer bringen uns die Westlagen, besonders wenn noch eine Südkomponente in der Strömung enthalten ist, etwas höhere Wärmegrade, als es der Jahreszeit entspricht, da die Meeresoberflächentemperaturen des Atlantiks im Herbst nicht so rasch zurückgehen wie diejenigen der Landoberfläche. Auf der Alpennordseite ist die Niederschlagsbereitschaft mit 50 bis 70 % recht hoch, doch bereits im Alpeninnern sinkt sie auf 30 bis 50 %, und auf der Alpensüdseite bleibt sie sogar nur im Rahmen von 10 bis 30 %. Die Windstärke ist auf den Bergen gegenüber den sommerlichen Westlagen fast um die Hälfte grosser geworden, doch ist sie noch deutlich niedriger als im Winter. Die Frostgrenze liegt bei 2500 Meter im September und bei 1500 Meter im November.

Die Nordlage ( Nord- oder Nordwestströmung ) kann kurzfristig bereits während einer Westwindlage, hinter dem Durchgang einer Kaltfront, auftreten, doch wollen wir, wie in allen übrigen Erläuterungen, nur die typischen, mehrtägigen Perioden betrachten, wie sie sich in unserem Falle hier oft nach der « Umstellung » von einer zonalen Westlage auf eine meridionale Nordlage ergeben und somit als Abschluss einer mehrtägigen Westlage gelten können. Entlang der Nordabdachung der Alpen ist die Nordlage identisch mit der berüchtigten Staulage ( Nordstau ). Entsprechend der im Herbst allgemein stabileren Temperaturschichtung der Atmosphäre, sind solche Nordlagen zu dieser Jahreszeit glücklicherweise am wenigsten aktiv. Die Niederschlagsbereitschaft ist auch in den nördlichen Voralpen und Alpen mit 30 bis 50% deutlich geringer als im monsunalen Sommer ( 60 bis 70 % ), und auch die Ergiebigkeit pro Niederschlagstag ist im Herbst die kleinste aller vier Jahreszeiten; zudem treten im Herbst die Nordlagen nur etwa halb so oft wie im Sommer auf. Die Temperatur sinkt auf 3 bis 5 Grad unter das Normalniveau, d.h. es können Kältegrade auftreten, wie sie sonst erst einen Monat später üblich sind. Die Nullgradgrenze liegt im Mittel auf 1500 Meter, also rund 1000 Meter tiefer, als es dem Herbstdurchschnitt für alle Wetterlagen entspricht. Der tatsächliche Einschneitermin in der Nordalpenkette hängt weitgehend davon ab, wann sich in den einzelnen Jahren die erste mehrtägige Nordstaulage einstellt; ein wiederholtes Abwechseln zwischen Bise, Hochdruck und Föhn, wie z.B. im November und Dezember 1967, verzögert den Aufbau einer permanenten Winterschneedecke erheblich.

Die Ostlage ( Bise, Nordost- und Ostwinde ) erreicht nach dem sommerlichen Häufigkeitsmini-mum im Herbst knapp den Jahresdurchschnittswert. Sie bringt der Alpennordseite und dem Mittelland mit der Bise, aber zeitweise auch dem Alpensüdfuss mit der Bora von der Adria her meist zähen Hochnebel, dessen Obergrenze, je nach der Windstärke und der Herkunft der Luftmasse, zwischen 1200 und 2500 Meter ü.M. liegt. Falls die Strömung durch ein Hochdruckgebiet im Norden ( Zentrum über Irland—England—Ostsee ) gesteuert wird, herrscht oberhalb des Hochnebels sonniges Wetter; sind wir jedoch stärker dem Einfluss eines Mittelmeertiefs unterworfen, dann gleiten in der Höhe Wolken aus dem Sektor Süd bis Ost auf und können Niederschläge bringen. In den Südostalpen führt daher die Ostlage die Niederschlagsbereitschaft auf den recht hohen Wert von über 50 %. Die Temperaturen liegen oberhalb des Hochnebels nur geringfügig unter dem allgemeinen Durchschnitt, im Hochnebel sind sie 2 bis 3 Grad tiefer. Nullgrad liegt nördlich der Alpen im Mittel auf 1500 Meter ü. M., die Windgeschwindigkeit in der Höhe liegt deutlich unter dem Gesamtmittel.

Die Südlage ( Südföhn, Südstau; Wind aus Südost bis Südwest ) ist wettermässig die Umkehr der Nordlage. Der bei uns gebräuchliche Ausdruck « Traubenkocher » beweist, dass dieser Wettertyp im Herbst keine Seltenheit ist, und auch die Statistik zeigt nach dem sommerlichen Minimum einen deutlichen Anstieg der Häufigkeit des Föhns während des Septembers und Oktobers; ein Nachlassen stellt sich in der zweiten Novemberhälfte ein. Auch hier ist eine Differenzierung in eine mehr hoch-druckbeeinflusste, noch relativ trockene Südostströmung, wie sie gerne im Herbst vorkommt, und in eine feuchtere Süd- bis Südwestströmung möglich, die eher vom Frühwinter an vorwiegt. Auf der Alpensüdseite ist, gesamthaft betrachtet, die Südlage die entscheidende Situation für ergiebige Niederschläge, was sich schon dadurch zeigt, dass an 60 bis 90% aller Tage mit Südströmung dort Niederschläge fallen. Nach Norden nehmen diese Werte rasch ab, und besonders bei Südost- bis Südwinden sinken sie in den östlichen Voralpen auf Werte unter 30 % ab. Diese Südstaulagen bauen üblicherweise anfangs November oberhalb 1800 Meter und Ende November oberhalb 1200 Meter ü. M. die definitive Winterschneedecke in den Südalpentälern auf. Die Wärmegrade sind bei Südlagen um 3 bis 5 Grad über dem Durchschnitt, wobei die Höhenlagen zwischen 800 und 1200 Meter ü.M. der Alpennordseite am bevorzugtesten sind. Die Nullgradgrenze liegt auf der Föhnseite zwischen 2500 und 3000 Meter ü. M., im November noch bei rund 2000 Meter. Die Winde können in den Kammlagen der Alpen ähnlich hohe Stärkegrade erreichen wie bei West- oder Nordlagen; die Alpensüdseite bleibt allgemein windschwach, ganz im Gegensatz zu den föhndurchbrausten Nordalpentälern.

Zusammenfassend können wir den Herbst für die Alpennordseite als die günstigste Jahreszeit bezeichnen. Der Rückgang der West- und Nordlagen des Sommers lässt häufigere Hochdrucklagen zustande kommen, welche dank der stabileren Temperaturschichtung der Atmosphäre zudem von längerer « Lebensdauer » sind. Hinzu kommen die zwar nicht immer sonnigen, jedoch sehr milden und meist niederschlagsfreien Südföhnlagen. Wohl kann die Alpensüdseite auch von den herbstlichen Hochs profitieren, doch werden diese häufiger durch ausgesprochene Schlechtwetterperioden unterbrochen, welche im Zusammenhang mit der Aktivierung der zyklonalen Entwicklung über Westeuropa und dem westlichen Mittelmeer stehen. Es muss beachtet werden, dass die mediterranen Schlechtwetterzonen nicht nur die Südabdachung der Alpen beeinflussen, sondern auch die ganze Südalpenkette ( Walliser Alpen—Gotthard—Rheinwald—Bernina ) und die Gipfellagen der Berner, Urner und Glarner Alpen, was sich, von Norden gesehen, in der markanten Föhnmauer manifestiert. Der Oktober ist entlang der Alpensüdseite in bezug auf die Ergiebigkeit der niederschlagsreichste Monat des Jahres, doch erhöht das fast völlige Ausbleiben von Gewittern die Niederschlagsbereitschaft nicht, sie verbleibt, für alle Wetterlagen zusammengenommen, zwischen 30 und 40 %. Markant ist der Abfall der Niederschlagsfrequenz gegenüber dem Sommer für die Alpennordseite, wo sie von 50 bis 60 % im Sommer auf gegen 40 % im Herbst sinkt. Am günstigsten dran sind die grossen inneralpinen Längstäler, in welchen an nur 25 bis 35 % aller Tage Niederschlag fällt, welcher zudem oft nur wenige Stunden dauert.

Besser als im wechselhaften mitteleuropäischen Sommer lassen sich anhand einer Statistik für die Zeitspanne von 1948 bis 1960 von F. Fliri4 für die Ostalpen östlich der Linie Comersee-Rhein einige Kalendertermine erkennen, während welcher die Häufigkeit des Auftretens von Niederschlägen erheblich vom jahreszeitlichen Mittelwert abweicht:

1. Höchstens 40 % Niederschlagswahrscheinlichkeit trat auf:

ain den Nordalpen vom 5. bis 15. Oktober, vom 15. bis 20. und 25. bis 30. November, b ) in den Südalpen vom 10. bis 25. September, vom 1. bis 15. Oktober und vom 15. November bis zum 5. Dezember.

2. Über 50 % Niederschlagswahrscheinlichkeit fand man ain den Nordalpen vom 25. bis 30. September und vom 25. Oktober bis zum 5. November, b ) in den Südalpen vom 25. Oktober bis zum 15. November.

Wie bereits im ersten Artikel erwähnt, ergeben diese genannten Perioden für Einzeljahre noch keine Gewähr für ein termingerechtes Eintreffen dieser typischen Wetterlagen, doch beim Festlegen * F. Fliri: Wetterlagenkunde von Tirol, Grundzüge der dynamischen Klimatologie eines alpinen Querprofils, Innsbruck 1962.

von Terminen für öfters oder regelmässig wiederkehrende Veranstaltungen kann mit Vorteil auf solche statistische « Witterungsregelfälle » Rücksicht genommen werden, allerdings nur unter der wichtigen, von den Meteorologen jedoch nicht beweisbaren Voraussetzung, dass diese « Wetter-wendepunkte » künftig nicht bedeutenden örtlichen und zeitlichen Schwankungen unterworfen sein werden.

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