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Wandern und Klettern

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

Wandern und Klettern machen das Bergsteigen aus, dieses Fahrthalten durch unsere Voralpenberge und Hinaufsteigen in die Hochwelt der Gletscher und Firne bis zu den einsamen Gipfeln. Wer sich früher Bergsteiger nannte, der war Wanderer und Kletterer zugleich. Mit dem « In-die-Breite-Wachsen » des Alpinismus widmeten sich aber auch Kreise dem Bergsteigen, die nicht um der geistigen und körperlichen Ausspannung willen und zur Stärkung von Leib und Seele in die Gebirgswelt hinaufzogen, sondern am Berg mehr einer sportlichen Betätigung nachgingen. Daraus ergab sich, dass sich zum Berggeistigen mehr und mehr das Bergtechnische hinzugesellte und dass zum natürlichen Klettern, bei dem Hand und Fuss nach Griff und Stand tasten, um den Felsen meistern zu können, das künstliche Klettern hinzukam, das eine Entwicklung erfuhr, wie man sie vor Jahrzehnten kaum auszudenken wagte. Pickel und Seil waren früher die Requisiten des Bergsteigers. Dann kamen vor allem im Verlauf der Spanne zwischen den beiden Weltkriegen, in diesen selbst und besonders im letzten Jahrzehnt spezielle Bergschuhe und Kletterfinken hinzu, Haken, Ringhaken, Kletterhammer, Karabiner, Ste; ^schlingen und in jünster Zeit sogar Seil-Steigleitern und nicht zu vergessen die leichtesten Biwakausrüstungen, die es ermöglichen, auf schmalem Felsband oder in einer Felsnische die Nacht zu verbringen, wo eine Kletterfahrt mehrere Tage erfordert. Und dazu kam die immer weiter getriebene Handhabung dieser Kletterausrüstung: wir erinnern nur an die verschiedenen Abseilmethoden, an die Anlage von Seil-traversen, an die Seilstände und Seilleitern zur Überwindung von Überhängen sowie an die Kombinationen von Haken, Hakenring, Seilzug, Hilfsseil usw. Es hat sich eine neue, eigene Technik entwickelt, so dass sicher mit Recht nicht mehr vom Erklettern einer Felswand, sondern vom Erschlossern einer solchen gesprochen wird. Durch diese Entwicklung des künstlichen Kletterns wurden aber mancherlei Wanddurchstiege erst ermöglicht, die zuvor mit dem natürlichen Klettern nur schwer oder gar nicht überwunden werden konnten. Und mancher nur sehr schwer begehbare Kletterweg wurde mit den neueren Hilfsmitteln für die Begehung leichter.

Zur Passion des Bergsteigens im Sinne der alten Alpinisten ist die Leidenschaft des Kletterns der jüngeren Bergsteigergeneration gekommen. Passion und Leidenschaft sind edle Triebkräfte des Mannes, aber nur so lange, als sie nicht um ihrer selbst willen zur Anwendung kommen. Da aber, wo sie nicht mehr in den Zügeln gehalten werden, sondern selbst den Menschen in ihren Zaum nehmen, da führen sie leicht zum Übermut und Verhängnis. Und wo sich zum Klettern noch die Zuschauer und die Sensation hinzugesellen, da ist es um das Grosse und Schöne des Kletterns geschehen. So scheint mir der Durchstieg der Westwand der Dru, wozu sieben Tage und sechs Biwaks und eine Unmenge von Seilen, Haken und Holzkeilen benötigt wurden, eher eine « extreme Angelegenheit » zu sein als ein sinnvolles Bergsteigen.

Wer das Bergsteigen und das Klettern im besondern mit dem Studium des Weges und des Gesteins beginnt und sich dadurch gewissermassen geistig auf die Fahrt vorbereitet, wer auch sucht, durch Training und geregelte Lebensführung sich körperlich darauf einzustellen, der wird imstande sein, grosse Fahrten zu vollbringen. Doch vergesse er dabei nie, dass er dem ganzen Berg gegenübersteht, all den offenen und verborgenen Gefahren. Den Berg soll und muss man ehrfurchtsvoll vor sich haben, da man ihn nie kriegerisch bezwingen kann. Lieber eine Tour, bei der sich Unüberwindlichkeiten zeigen, weil der Berg solche bietet oder vom Bergsteiger aus sich solche ergeben, abbrechen und zurückkehren, als aus einer Die Alpen - 1956 -Les Alpes18 Zwängerei heraus « dem Feind Berg » gegenüber « den Mann zeigen » zu wollen. Wie mancher bezahlte solchen Übermut schon mit dem LebenMan kann sich selbst gegenüber Zwang antun und sich zu Höchstleistungen zwingen, die sogar in der Erkenntnis bestehen können, dass man schwächer ist als der Grosse, der Berg.

In diesem Sinne sei die September-Nummer unserer Alpen dem Klettern gewidmet: natürlichem und künstlichem Klettern, geistigem und technischem Bergsteigen zugleich.

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