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Willy Burger

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

Begleitwort zur farbigen Kunstbeilage.

Am Zentralfest des S.A.C. in Zermatt 1922 konnte man in der Halle des Hotels Cervin ein Gemälde sehen, das sofort ergriff und sozusagen zwang, für die damals noch stark bekämpfte Idee der Förderung heimischer alpiner Kunst erst recht lebhaft einzutreten. Es war das Ölbild « Wallfahrt nach Maria im Schnee », der Kapelle auf Schwarzsee zu Füssen des Matterhorns. Eine tiefe Frömmigkeit spricht daraus und dringt unmittelbar zu Herzen. Jene Frömmigkeit, die der schauende und fühlende Bergfahrer nur in geweihter Stunde verspürt und nimmer vergisst. Mit derselben Hingabe, die aus Haltung und Gebärde der gläubigen Wallfahrer offenbar wird, hat Willy Burger auch die Landschaft gemalt. Ich empfand dabei: nur wer aus schwerem Erleben in eine reife, beglückende Requiemruhe eingegangen ist, kann ein solches Thema so malen. Trost im Glauben und Hoffen, Trost in der Natur, Trost in der Kunst: ein jeder beruhigt, spendet innere Kraft.

Willy F. Burger ist in Zürich 1882 geboren worden und aufgewachsen. Schon in den Adern seines Vaters floss Künstlerblut, war dieser doch ein tüchtiger Graphiker und Leiter der künstlerischen Abteilung des polygra-phischen Instituts. Mit neunzehn Jahren zog Willy Burger an die Kunstakademie zu Karlsruhe. Nach zwei Sommern ging er nach London. Hatte er sich bisher mehr zeichnerisch betätigt, so war es in England mehr das Malerische, das ihn lockte. Und hier schon zeigte sich sein feiner Geschmack in der Wahl der Motive und ein subtiler Sinn für Farbe und Stimmung der nordischen Landschaft. 1906 durchstreifte er die Berge der Heimat, zeichnend und malend. Und dann fuhr er übers Meer nach New York und arbeitete hier als Graphiker und Illustrator. Er hatte Erfolge, und dennoch verliess er 1909 das an echtem Kunstgefühl etwas dürftige Amerika und begab sich nach Florenz und Rom. Seelisch und künstlerisch beschenkt von den Aufenthalten in der Fremde wandte er den Stab der Heimat zu und liess sich in Rüschlikon am Zürichsee nieder, wo Gelehrte und Künstler gerne weilen, sich Anregungen geben und empfangen. Und schon ging es ihm wie Conrad Ferdinand Meyer:

« Nahe wieder sah ich glänzen Meiner Firne scharfe Grenzen, Meiner Alpen weisse Bünde, Wurzelnd tief im Kern der Schweiz; Wieder bin ich dort gegangen, Wo die graden Wände hangen In des Sees geheime Gründe Mit dem dunkelgrünen Reiz. » Es wird Burgers besondere Freude, mit Pickel, Rucksack und Staffelei bewaffnet, die formen- und farbenreichen Berge in ihrer Eigenart und Schönheit aufzusuchen und als Zeichner und Maler das aus ihnen herauszuholen, was das Erlebnis ihm aufzwingt. Burger wechselt, mit wählerischem Geschmack Motive aufspürend und eindringlich studierend, den Aufenthaltsort in den Alpen. Einseitigkeit ist nicht seine Art. Man begegnet ihm mit Stift und Pinsel am Gotthard, im untern Tessin, in den Zermatter Bergen, im Lötschental, auf der Scheidegg, in den Churfirsten, im Engadin. Dass er die schöne Seelandschaft des südlichen Züribietes nicht verschmäht, braucht kaum gesagt zu werden; denn er malt Wasser mit gleichem künstlerischen Anteil, was schon die Themsebilder aus der Londoner Zeit bezeugen können.

Es entstand eine Mappe voll prächtiger Zeichnungen in Airolo und Umgebung. Es entstanden die « Bilder aus der Heimat », eine Mappe 1 ) mit sechs farbigen Kunstblättern nach Aquarellen, enthaltend drei Seebilder und drei alpine Motive: Dorf in Lötschen, Schwarzsee mit Breithorn, Alphütte bei St. Moritz. Die Kritik rühmte sie als « saftige, in breitflächiger, schmissiger Pinselführung gehaltene Aquarelle in jenem Stile, dem Vereinigung von farbiger Bildwirkung und Naturtreue das Wesentliche ist ». Als Graphiker schuf Burger die kraftvolle Radierung « Matterhorn », die ich für eines der besten Bilder dieses so oft gezeichneten und gemalten Berges halte.

Von Burgers übrigen alpinen Bildern sind mir nur noch drei bekannt. Zunächst der « Rahberg bei Amden ». Ein glücklich gewählter Augenblick und zugleich ein starkes Erlebnis. Helles Sonnenlicht streift und durchzeichnet die in tiefblauen Schatten stehende, mächtig zerfurchte Felswand, wodurch die Wucht des Berges packend gesteigert wird. Zu Füssen ein hellgrauer Trümmerschuttkegel, von gelblichem Lawinenschnee beflankt, und weiter unten auf frühlinghaftem Weidboden braune Alphütten. 1919 entstand das Ölgemälde « Jungfrau ». Schon die Wahl des Standortes ist nicht die übliche. Hodler hat sie von Murren aus gepackt, Jeanneret und andere Maler von Nordwesten. Burger erfasste sie mehr von Nordosten, in den licht -und farbenmilden Tönen eines goldenen Herbsttages. Blauer Himmel, gelbweisse Firnhänge, hell- und dunkelviolette Felswände und braunrote, schlummernde Schattenalp bilden eine wohlige Farbensymphonie. Etwas zuviel Braun immerhin. Dann schob Burger seinen Standort vor und malte das « Silberhorn », dessen farbige Wiedergabe die Zier dieses Heftes bildet. Wohl eines seiner wärmsten Alpenbilder. Maler und Zeichner reichen sich glücklich die Hand: Farbe und Form; Luft, Licht und Linie. Mit Überlegung sind die Kontraste herausgearbeitet. Keine mit raffinierter Technik gemalte Naturkopie, sondern ein Ausdruck dessen, was den Maler und Menschen fesselte, ihm bedeutsam und darstellenswert erschien.

Burger steht heute in der Vollkraft seines Könnens. Er hat seinen eigenen Grundton und schafft ohne Seitenblicke nach fremden Gewächsen, die auf den Modemarkt zugeschnitten sind. Er verdient unsere Zuneigung.

x ) Erschienen im Verlag Gebr. Zürcher in Zürich, 1926.

Ernst Jenny.

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