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Der Krystallfund am Zinkenstock 1719 nach Dayid Märki's Bericht von 1721

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Der Krystallfund am Zinkenstock 1719 nach Dayid Märki's Bericht von 1721 Von A. Wäber ( Section Bern ).

I.

In der Mineraliensammlung des naturhistorischen Museums von Bern befinden sich in einer Vitrine, unweit der prächtigen Suite von Morionen, die von dem Krystalifund am Tiefengletscher 1868 herstammt, drei Cabinetsstücke farblosen Bergkrystalls, eine halbdurchsichtige Druse und zwei große wasserhelle Einzelkrystalle, von circa 50 °m Höhe bei 82 und 90om Umfang, mit der Aufschrift:

Bergkrystalle ans der grossen im Jahr 1719 entdeckten Krystallhöhle am Zinkenstock ( ( Minsel ).

Laut Tradition wurden dort bei 3000 Centner Krystalle im Werth von 30,000 Gulden ausgebeutet

Höchst wahrscheinlich hat die Tradition, wie das ihre Art ist, mit den 3000 Centnern ein bischen übertrieben; aber so viel ist sicher, daß der Krystalifund am Zinkenstock einer der bedeutendsten ist, die jemals in den Schweizer Alpen gemacht wurden. In seinem Bericht über die Krystallhöhle am Tiefengletscher im Jahrbuch V, p. 180 u. ff., zählt Hr. R. Lindt als weitere bedeutende Funde des 18. Jahrhunderts auf: denjenigen im Fiescherthal von 1757 und den Fund bei Naters zwischen 1770 und 1780 J ). Der erstere soll prächtige Krystalle von 50, 600, 800 und 1400 Pfund geliefert haben, deren Gesammtgewicht jedoch nicht angegeben wird, der andere ergab 5000 Pfund Krystall, worunter Stücke von 7-14 Centnern. Grüner zählt, ohne Angabe von Daten, auch einige bedeutende Funde im Canton Uri auf 2 ): Eine Krystallgrube in der Urschlaui soll eine Ausbeute im Werthe von 15,000 Gulden geliefert haben, eine andere am Kreuzlistock gar eine solche von 24,000 Gulden und diejenige am Sandbalm etwa 900 Stück verschiedener Größe. Wenn aber Gruner's Zahlen ebenso ungenau sind, wie seine topographischen Angaben, so haben sie wenig Werth, denn er versetzt die Urschlaui, die gegenüber Wasen auf dem rechten Reußufer am Fuße des Diedenbergs ( 2659 in ) liegt, auf das linke Ufer zwischen das Meyen- und das Geschenenthal, etwa dahin, wo der Kühplankenstock steht, und die Sand- bahn, die im Geschenenthal am Sandbalmstock liegt, in das Meyenthal östlich vom Dörfli ( Meyen.

Nehmen wir aber auch Gruners Zahlen als richtig an, so bleibt doch der Fund am Zinkenstock, der nach Altmann, Grüner, Wyß u. s. w. mehr als 1000 Centner Krystall im Werthe von 30,000 Gulden lieferte, der ergiebigste der letzten zwei Jahrhunderte 2 ).

Als ältester Bericht über die Krystallgrube am Zinkenstock gilt gewöhnlich der Brief des Luzerner Arztes Dr. Moritz Anton Cappeler an Joh. Georg Altmann, der, leider ohne Datum ., in dessen Beschreibung der Helvetischen Eisberge abgedruckt ist 1 ). E. v. Haller 2 ) und nach ihm Bernhard Studer 8 ) führen aber eine noch ältere Schrift an, eine Crystallographia, die schon 1721, also nur 2 Jahre nach der Entdeckung, in Bern erschienen ist. Dieses Schriftchen scheint in Vergessenheit gerathen zu sein, denn keiner der Autoren, die über die Krystallhöhle am Zinkenstock geschrieben haben, Altmann, Grüner, Ebel, Joh. Rud. Wyß, R. Lindt, A. Willi u. s. w., erwähnt dasselbe. Durch Zufall bin ich nun beim Verfolgen einer ganz andern Fährte in einem Sammelbande der bernischen Stadtbibliothek* ) auf dieses verschollene Schriftchen gestoßen und lege dasselbe, als Seitenstück zu R. Lindt's trefflicher Beschreibung der Krystallhöhle am Tiefengletscher im Jahrbuch V, dem S.A.C. vor. Der Verfasser der Crystallographia, die ein Heftchen von 20 Seiten klein Quart bildet und nicht ohne Anspruch auf Zierlichkeit in Schwabacherlettern gedruckt ist, verbirgt sich unter dem Pseudonym « Anonymus Autopta »; nach Haller ( loc. cit .) ist aber der anonyme Augenzeuge „ David Märki, Pfarrer zu Dieni-tigen, so im Jahre 1737 gestorben. Andere glauben er sey Medicina Doctor zu Brugg gewesen ". Wahrscheinlich werden die Leser der Crystallographia mit mir zu der Ansicht gelangen, daß die erstere Angabe die richtige ist, denn der Autor zeigt mehr biblische, speziell alttestamentliche Belesenheit und ein größeres Interesse für die kirchlichen Verhältnisse des Oberhasli, als man billigerweise bei einem Medicina Doctor drunten im Aargau voraussetzen darf.

E. v. Haller urtheilt von der Crystallographia: „ eine ziemlich schlechte Schrift, aus deren jedoch gute Schlüsse'könnten gezogen werden ". Ziemlich schlecht nach den Begriffen einer weiter fortgeschrittenen Zeit ist das Schriftchen in mehr als einer Beziehung. Für das wenig entwickelte Naturgefühl des Autors ist es bezeichnend, daß in seiner einläßlichen Beschreibung des Grimselweges wohl die Handegghütte, aber mit keinem Wort der Handeggfall erwähnt wird. Märki ist auch nicht frei von dem alten Aberglauben an geheimnißvolle Tugenden und Kräfte der Edelsteine; aber in beiden Fällen steht er eben so ziemlich auf dem Niveau seiner Zeit. Der theologische Eifer des Autors ist ferner beträchtlich größer als sein Wissen und Erkennen in naturhistorischen Dingen. Während Cappeler, der wahrscheinlich schon 1719 die Krystallhöhle am Zinkenstock besuchte, aus den Resultaten seiner Beobachtungen eine eigene Theorie der „ Geburt " und des Wachsthums der Krystalle aufbaute1 ), in welcher Hauy's Lehre von dem Aufbau der Krystalle durch die Krystallmolecüle schon im Keime vorgebildet ist, geht David Märki vorsichtigerweise ganz über dieses Capitel hinweg. Aber wir müssen ihm das billigerweise zu Gute halten. Die Frage von der Entstehung der Krystalle war gerade damals eine viel umstrittene. Die alte Plinianische Ansicht, die Krystalle seien nichts als durch große Kälte und Länge der Zeit zu Stein verhärtetes Eis, war erschüttert, aber noch nicht ganz überwunden, und die neuere, von der Entstehung des Bergkrystalls nicht aus dem Wasser allein, sondern aus einer im Wasser gelösten „ subtilen quarzigen Materie ", war erst im Entstehen I ). In seiner vierten Bergreise des Jahres 1705 2 ) sagt Scheuchzer, nachdem er die verschiedenen Arten und Varietäten der Krystalle aufgezählt und beschrieben: „ Bisher habe ich mich erspatziert auf einem weiten aber ebenen mit allerhand Crystallen besäeten Feld oder Alp. Nun aber habe ich vor mir einen dichteren dunklen Wald, der nicht nur mit vielen Gebüsch- und Dornsträuchern besetzt, sondern auch gefährlich verführliche Irr- und Abwege hat. Ich will sagen, daß mir übrig bleibt, annodi aufzuführen die kitzliehste Materi von Gestalt und Zeugung der Crystallen, welche bis dahin aller Naturlehrern Gedanken überstiegen. " Wenn ein Scheuchzer, d.h. einer der bedeutendsten Naturforscher jener Zeit, sich so ausspricht, dann darf man es wahrlich dem Pfarrherrn von Diemtigen nicht verargen, wenn er die „ kitzliehste Materi " lieber unberührt läßt.

Wir lassen uns daher durch das abfällige Urtheil Haller's nicht beirren. Die Mängel der Crystallographia sind meist die Mängel ihrer Zeit; eine Schrift, " „ ans deren gute Schlüsse gezogen werden könnten ", muß zum Mindesten genaue Beobachtung und richtige Wiedergabe des Beobachteten enthalten, und neben der Beschreibung der Krystallmine bietet das Büchlein so zahlreiche nicht uninteressante Notizen über Land und Leute des Haslithales, den Grimselweg, die Art und Weise der Gewinnung und Verwerthung der Krystalle, daß es wohl werth ist, dem Staube der Vergessenheit entzogen zu werden. Uebrigens mag der Pfarrherr von Diemtigen im Weiteren seine Sache selbst führen. Er hat nun das WortJ ).

II. CRYSTALLOGRAPHIA Oder Umständtliche Beschreibung Der In dem Canton Barn, und dessen Landtschafft Ilaijli in Wyßland neugefundenen, reichen, berühmten in dem Zincken genannten Crystallmine'Samt Einichen Merkwürdigkeiten des Wegs und Orths derselben, auffgesetzt tot Anonymo Autopta Bern Gedruckt und zufinden bey Samuel Kupfer Anno MDCCXXI.

Q. JB. V. D. F. F. Q. S.J ) Carioser Leser. Unter den verborgenen Wereken GOTTES, und herrlichen Anzeigungen, seiner erstaunenden Macht, kan wohl zu nicht geringer Ueberweisung der Ruch-losen Atheisten dienen, die Erforschung der in der Erden, an den sonst unfruchtbahrsten Orthen und abgelegnesten Gebirgen sich auffhaltenden Schätzen, Metallen und Mineralien etc.; oder wen solte nicht die höchste Verwunderung ankommen, der da betrachtet, wie in den rauchisten und ungeheursten Felsschroffen die vortrefflichsten Kleinod und rechte Meisterstuck des Allweisen Schöpffers sich finden lassen? oder komme ein abgeschmackter Epicurus, und erkläre uns auß seiner Lehr von den Atomis l ) wie in einem unbeschnittenen Felsen ein sauber polierter Stein wachsen kan; man sage mir, wie der Spiritus mundi, die so bekante Chimere eines Vanini2 ) und anderer Schwindel-Köpffen auß einer dichten und umgeformter Matevi, wie der Lett und das Sand sind, ein durchscheinende und sechseckekte, wie der Crystall, zusamen blasen könne? warlich Rätzel, die diese hartnäckigen GOttes Verläugner nimmermehr aufzulösen vermögen werden.

Wunderlich sind deine Werke 0 HErr: sagen wir billich mit David auß Ps. 139. 14, welche er wie zu allen Zeiten geschehen, doch sonderlich aber in mehrerer Maaß und Vollkommenheit bey diesen letsten Zeiten als so viel Abdruck der gleichfahls sich mehrenden Gnad offenbahren wil. Als höret man jehe länger jehe mehr von neuen Entdeckungen, und bis dahin ungewohnten Schätzen der Natur.

Niemahlen ist das vortreffliche Schweitzerland in Durchgrabung seiner Gebirgen beschäfftigter gewesen, als in diesem Jahrhundert; es sachet die Hand eines jeden in Durchsuchung dessen Eingeweide seine Lust und Nutzen zu finden, und könte man ( so nicht die uneraätliche Meerhabsucht der meisten Hertzen be-strickt, und die Klarheit des so heiteren Metalls ihre Augen verneblet hätte ) das Axtreum seculum vor sich zu sehen glauben.

Unter denen vortrefflichen Schätzen aber, die unser Vatterland vor anderen auß und bey unseren Zeiten gewisen zu haben sich rühmen kan, mag wohl der edleste seyn, der so klare, durchscheinende kost-bahre, und in H. S.1 ) geprisene Crystall, ein Minerale, dessen man in GOttes Wort öfftere rühmliche Meldung findet; dorten bei lobo kan ihm nichts vorgezogen werden als die Weißheit, wann es steht lob XXXVI 17. Gold und Crystall mag ihr ( der Weißheit ) nicht gleichen.

Wann dorten der Prophet Ezechiel die gerechte Straf GOttes so über die Stadt Tyrum ergangen, er-zehlet, so meldet er unter anderem daß die Syrer auff ihren Märkten verkaufft haben, Crystallen. jEfcec/i. XXVII 16. Sehr herrlich wird uns dorten die Vortrefflichkeit der Kirchen des N. T. beschriben von Esai. C. LIV lt. 12, da dann dero Herrlichkeit gnugsam auszutrinken unter anderem auch stehet, Ich will deine Fenster aus Crystall machen, etc.

Wann uns der Geist GOttes die fridfertigen Zeiten des N. T. beschreiben will, so geschieht es unter dem Vorbild eines Crystallijien Meers, wie zu sehen Apoc. IV 6. XXI 11, XXII 1.

Wer siehet dann nicht hierauß, wie herrlich dieses Wunder-Geschöpff dein Schöpffer selbsten gewesen, als der es zur Abbildung so vortrefflicher Güter tüchtig und würdig geachtet?

Solte uns dann jemand vor übel halten können, wann wir bey so guter Gelegenheit, die uns das geliebte Vatterland an die Hand gibt, unsere Gedancken mit solchen Wunder-Geschöpffen des Höchsten be-schäfftigen, und den billichen Tribut unseren Schweitzer-Gebirgen bezahlen? Viel mehr hoffen wir, es werde diese kurtze und warhaffte Erzehlung, als die nicht auf anderer Rapport, sonder selbst eigene Erfahrung sich gründet, bey vielen ergetzlich fallen.

Ton dem Orili, da diese Crystall-Mine gefunden « ini. dem Zutritt zu derselben, samt einichen umständen des Wegs.

Es wird diese so vortreffliche und reiche Mine gefunden in dem Canton Bern spedaliter dessen freyen Landschafft Haßli in Wyßland, allerdings auff der Gräntzen gegen Wallis und Meyland 1 ), zu nechst und mehr nicht als etwann 300 Schritt von dem Ursprung und sichtbahren Quellen des bekanten Aarflusses, ja völlig in dem letzten, und äußersten Gebirg Berner Gebiets. Auff die 29. oder 30. Stund von der Stadt Bern abgelegen.

Merckwttrdig ist voraus die Honte und der Weg von dem Haupt-Dorff der Landschaft Haßli in Wyßland ( welches sich Meyringen oder „ an der Gassen« nennet ) biß an den Orth Selbsten.

Vor allem ist zu wtìssen, daß die Landschafft Haßli wegen des großen Passes, der über den Grimsel-Berg mit Meyland und gantz Italien unterhalten wird, an dem Fuß des Gebirgs Grimßlen genennt, eine Gattung Spitahl oder gemeine Herberg zu nutzen und gebrauch der Durchreisenden erhalten muß, dahin obgedachte von Haßli alle 4 Jahre einen neuen Spitalmeister setzen, der da Sommers-Zeit sich dorten auff= halten, und weilen in dem Winter, Frühling und Herbst wegen der erstaunlichen Höhe des Gebirgs die Viele und Quantität des Schnees, diesen Weg unbrauchbahr machet, jeden Durchreisenden nach Nothdurfft mit Wein, Käß und Brodt ( wie es die Gelegenheit und Beschaffenheit des Orths änderst nit mit geben mag ) auffwarten soll, und zwar also, daß so der Reisende nicht Geld auff sich hat etc., man ihme doch zu seiner tiubsistenz Nahrung darreichen und so er wegen un-gestümmen Wetters die Reiß nicht fortsetzen konte, ihme bis zu besseren Zeiten Dach und Lebens-Mittel mittheilen soll; das Gebäu ist an einem Orth, da weit und breit kein Holtz, noch zu sehen, noch anzutreffen; deßwegen nicht ohne Kosten und Mühe dahin gebracht werden muß, doch liegen ohngeacht der erstaunlichen Höhe dieser Situation nechst diesem Spithal 2 See, in dero eintem vor etwas Zeit, schöne Fornen auff-behalten wurden, dißmahl aber selten mehr eine ge-spühret wird; diese beede See nemmen ihren Auß- laüff in den etlich 100 Schritt vor dem Spithal vorbey fließenden Aarfluß.

Dieser Spithal nun ligt 7 oder 8 Stund von dem Dorff Meyringen ab und zwar in dem Guttannenthal rechterseits Die Oerter, so man unterwegs in dieser Einöde betrittet, sind: von dem Hauptdorff, so an der Gassen geheißen wird, in ein kleines Thal, so man den Grund nennet, von dorten in ein anderes, so den Nammen Boden tragt, Gutlannen, Handeck, Spithal. Zu mercken ist im Vorbeygang, daß nachdem man ab der Gassen z'Grund, vom Grund z'Boden und entlichen gar in Spithal kommt, dan-noch so man unverdrossen weiters fortsetzt, des Bättlens müd ist, und alles durchgrabt, einen so reichen Schatz findet.Vorgemeltes Guttannen-Thal wäre ehemals eine Filial der Haupt-Pfarrey Haßli; wegen allzu be-schwärlich- und großer Gemeind aber ist denen zwei Thäleren Gadmen, so zu der Lincken und Guttannen so zu der Rechten Hand ligt, ein eigener Pfarrherr vorgesetzt worden, der jehe einen Sonntag und darauff folgenden Montag an dem einen, den anderen Sonn-und Montag au dem anderen Orth zu fonctionieren hat] ), das Erste ligt 3 biß 4 das Andere 2 biß drei Stund von seiner Behausung ab, und formieren diese zwey Thäler in Ansehen seiner Wohnung, die in dem Grund ist, eine rechte Litteram Pythagoricam also:

stall fund am Zinkenstock 1719.:!!>:.8 sind diese Orth sonderlieh das letztere sehr beschwerlieh und wegen den vielen Gartmen** Guttannen Lauenen, Brüchen, a.uff undnider Steigens allerdings gefährlich, ja diese Pfarrey die Mühsamste des gantzenan- ton8- Die Einwohner dieser Thäleren sind guthertzige Religiose, anbey dann rechte Berg-Leuth, die die Situation ihres Landes nicht verlaugnen, sonderlich aber sind sie dem Jagen ergeben, so das in dem Dorff Guttannen ein Schilt in einem Fenster gewisen wird, da ein Jäger einem Gemsch nachsetzet, allwo unten, an Stat der Devise, dieses Jägers Nammen. also bekant wird:

Heinrich Gasser unverdrossen.

Hat vierhundert Gembschs-Thier gschossen.

Der Mann hat das vergangene 1720. Jahr noch erlebt und ist von dem Authore dieser Schrifft selbsten gesellen worden.

Zwey Stund weiters in das Thal hinein trifft man ein einiges von dem Grimsel Spithal dependierendes Hauß an, die Handeck genannt, allwo gleich dem Haupt Spitahl Speiß und Tranck nach Nothdurfft gefunden wird.

An diesem Orth endet sich das Guttannen-Thal und ist auch kein Tannenbaum mehr anzutreffen, ja es ist die übrige Gegend biß zu der Crystall-Miue so öd, daß keine Gattung Gestreuch oder Holtz-Werck mehr anzutreffenäußert einem Lerchbaum, der ä94A. Wâber.

sich bey zwei Stunden von der Handeck auf einer Höhe der Straß sehen läßt, deßwegen auch der hohe Lerch genamset wird, so daß es den Anschein hat, ob hätte das Guttannen-Thal den Nahmen daher, weilen denen von dem Spitahl her kommenden diese Einöde also beschwärlich fallt, sie bey Ansicht dieser ersten Tannen, ausruffen: Gut! Tannen.

Der gantze Weg aber von Guttannen nach dem Spitahl ist durch und durch von Steinen mit großem Kosten gemacht und besetzt, da etlicher Orthen die Natur der Kunst vorgekommen und diese Kosten verhütet hat; und zwar ist die Fluhe und aller Stein dahinein von dem allerhartesten und räuchsten Felsen, den man Geißberger nennet, und ohngeacht öffters solche prädpitia in die allwegen nebendurch fließende Aar zu sehen, auch der Weg vieler Orthen gantz abhaltend ist, mag dennoch die Beschaffenheit dieses Steins nicht zugeben, daß weder Pferdt noch Mann sonderlich so sie mit Eisen wohl beschlagen sind, fallen können, sondern ziehet das Eisen also an, das Pferdt 2 Centner schwer beladen an den mißlichsten Orthen so sicher gehen als auff freyem Feld; ein solcher entsetzlicher Abgrund findet sich ohnweit der Handeck und dem nächstgelegenen Räterichsboden, die Hähle l ) Platte genennt, allwo ein Felsen, so eben wie ein Tisch, zwar gegen der Aar abhaltend in die 30. Schritt lang zu sehen ist, darüber jedermann zu verstaunen gehen muß und kan. lieber den Aar-Fluß muß man von dem Dorff Meyringen oder an der Gassen biß nach dem Spithal durch das so enge Thal 8 mahl setzen, so daß 5 Bruggen und 3 Schwib-Bfigen anzutreffen sind.

Recht seltsam ist, daß in diesem so langen felßechten Bezirck über 2. oder 3. gute Brunn-Quellen nicht anzutreffen sind; da doch von und auß den höchsten Gebirgen das angenehmste Wasser zu quellen pfleget; übrigens ist der gantze Weg von der Handeck hinweg ein ganz verlassenes einödes Land, da nichts erquickliches, wohl aber viel erstaunliches anzutreffen, und auch hierin die sonderbahre Vorsorg und Allmacht des Schöpffers mit Verwunderung zu preisen, der in solchen entsetzlichen Gebirgen, die außenhar keinen Nutzen bringen, so herrliche Schatz verbergen wollen.

Die Luft ist endlichen wegen der Höhe die man nach und nach gewint, so rein und subtil, daß man mühe zu respirieren bekommt und sich die Eß-Lust bestens einfindet.

Bei dem Spithal nun weiset sich der hohe Grimselberg, über welchen man setzen muß, so man seine Reiß nach Wallis und Italien fortsetzen will, da dann zu observieren, daß ohngeacht disseits man eine ungemeine Höhe zu besteigen hat, ehe man auff den Gipfel des Bergs, worüber der Weg gehet gekommen, dennoch jenseits wegen so viel höher gelegenen Landes man nicht das halbe so weit hinunter zu steigen hat » ).

Von dem Spithal aber hat man um zu der Crystall-Mine zu gelangen, die rechte Hand und den Aar-Fluß zum Wegweiser zu wehlen; der Orth da selbige sich findt ist allerdings der Sonnen wohl gelegen, viel angenehmer als bei dem Spithal ( davon sie noch 2 Stund abliegt ) Selbsten; der gantze dort herumliegende Bezirck wird von den Wallisseren genutzet, doch so daß die Jurisdiction des Landes samt denen Regalien dem Canton Bärn zugehören; zu äußerst des Thals, und also auff den endtlichen Gräntzen Bernerischen Gebiets gegen Wallis und Italien, befindt sich der große Gletscher, der biß in den Grindelwald und also in die. 10 Stund sich er-strecket, aus dessen Fuß die Aar hervor zu fließen anfanget; auf der lincken Seiten neben dem Gletscher findet sich der sogenannte Zincken-Berg, in dessen ohngefare Mitte sich diese Orystall-Mine zeiget2 ).

Unten an dem Berg sihet man eine Blatten oder großen Stein, der über einen andern Stein dahar hanget unter welchem die einte Parthey der Crystall-Graberen ihre Wohnung und Auffenthalt haben; von dannen steigt man den grausamen Berg hinauf bis man mit gröster Mühe obngeferd die Höhe der Crystall-Mine gewonnen, da man dann zu einem alten Crystall- oder Strahl-Loeh ( dann so wird diese Materi von den Einwohneren und Land-Leuthen, die Graber oder Berg-Knappen aber Strahler genennet ) kommet, zu welchem ihre viel in die 7 Jahr vergebens ( weil sie an denen unrechten Orthen angesetzt ) gearbeitet; von dannen hat man noch in die 200 Schritt alles der Fluhe nach durch einen entsetzlichen Weg und erstaunliche Gefahr zu gehen, da man auff der rechten Hand die Fluhe in ungemeiner Höh, auf der Linken aber ein grausames précipice neben sich, anbey einen abhaltenden und kaum so breiten Weg hat, daß man den gantzen Fuß setzen kan, so daß ohne die unterwegs in die Fluhe festgeschlagenen großen eisernen Nägel es allerdings ohnmöglich fallen würde, dahin zu gelangen; so man nun mit großem Grausen zu dem Loch gekommen, muß man über einen Weg des auß dem Crystall-Loch hervorfließenden Lett-Wassers und immerwehrender Kälte mit Eiß bedeckte Fluhe auffsteigen, und durch das mit Lett- und Leim-Wasser gefülte Loch, so einen kleinen Bach formieret, auch an sich selbsten sehr eng ist, auf dem Bauch sieh hinein wagen, da man dann nach überstandener Gefahr, theils von dem Schrecken theils von dem Wasser, durch welches man kriechen mn^, genetzt in diese wunderwllrdige Crystall-Mine gelanget.

Ton der Crystall-Gruben selbsten wie auch Ton den Oystallen und dero Unterschied an Gewicht, Schönheit nnd Werth.

Das Gebirg, in welches diese Gruben gegraben worden, bestehet aus vorgemeldtem Geißberger Stein, welchen die Strahler oder Berg-Knappen mit Hiltf des Pulvers sprengen müssen, deßwegen auch der Eingang sehr gering und klein. Die Anzeigung, so da jeweilen einiche diese Arbeit zu unterstehen gemacht, ist an etlichen Orthen Spannen oder mehr breites weißes Band oder Blust, so sich an der Ober-Fläche der Fluhe mercken laßt, da dann zu beobachten, daß nach der Strahler-Kunst ( so wollen wir diese Materi mit den Land-Leuthen nennen ), diesem Band nicht wo es zum breitesten, sonderen wo es sjeh nach und nach zu verliehren scheint, nachgegraben werden muß.

Nachdem man nun bey 2 Klaffteren durch diesen Berg gekrochen, öffnet sich selbiger, und weiset die Natur allerdings ein Gewelb, darin man komlich auffrecht stehen kan; dieses Gewelb nun ist oben, auf der Seiten und unten mit zartem reinem Lett, etwann eines oder zwee Schuh dick, umgeben, unter welchem sieh die Hurd-Blatten, das ist, eine bloße rontinuierte Crystall-Mutter findet, an welcher die unterschidenen Stuck Crystall wunderlich durcheinander-gewachsen sich sehen lassen, und die Extremiteten oder zugespitzten Köpff auß dem Lett hervorweisen, bey angezündten Facklen aber ( deren wegen Finster-nuß des Orths vonnöthen ) einen schönen Glantz von sich geben; einiche Stuck sind oben, andere auff der Seiten * ).

Dieser Crystall Wercken nun sind von Zeit zu Zeit in dem Haßli-Land gefunden worden, doch also, daß der gantze Schatz über etliche Centner niemahl, oSt aber nur auf 60 Pfund kleine Stücklin gekommen, neben dem die Größe der Stucken selbsten niemalilen oder selten über 30, 40 Pfund! gestigen, wie dann Plantinus Q ) gleichsam mit Verwunderung in seiner Beschreibung Schweitzerlands meldet, p. 40, 41; Feruntaliquando integrati et non vitiatas CrystallOs ( sive nives sexangulas ) ponderis quadraginta librarum aut etiam quinquaginta reperiri.

Dahingegen in diesem Werck ein solcher Schatz entdeckt worden, in welchem schon über 400 Centner Crystallhervor gegraben, auch Stuck zu Beschämung vieler Philosophorum von solcher Größe gefunden, daß deren eines allein 5, ein anders bei 8 Centner gewogen, deß gleichen noch niemalilen gehört und vielleicht sind vielen Säcuüs nicht gesehen worden.

Merkwürdig und allem Ansehen nach von den J'hysicis undecidiert ist und wird seyn, daß alle diese Stuck, so groß oder klein sie immer seyn mögen, in allwegen mehr nicht dann 6 Ecken, auch nicht weniger haben.

Die Färb der Crystallen belangend, varierei selbige sehr; der gröste Theil sind weiß, doch die einten mehr als die anderen, andere braun, andere schwartzdunkel, die einten lauter und ohne Hembd, andere haben ein Hembd, das ist ein rauch Decke, mit deren sie überzogen, welche, wann sie ihnen abgezogen ist ( dessen dann die Kunst-Verständigen Stein-Schneider schon Wissenschaft tragen ) an Lauterkeit die anderen weit übertreffen; es werden auch deren gefunden die grün, andere die blau, andere die purpurfarb sind; solche alle aber sind extra seltzam.

Sonsten aber haben die Crystallen oder Strahlen ihre anderen unterschidnen Fehler, als da sind Sprung, Wolcken, Federen, Riß etc. Deren die andere Gattung die schlimste ist, und einem sonst schönen Stuck seinen Pryß mercklich fallen macht; die Sprung, ohngeacht sie ein großer Fehler zu seyn scheinen, be- finden sich insgemein nur außenhar dem Stuck, oder aber inwendig an einem Ecken desselben, verderben aber selten ein gantzes Stuck. Wann der Crystall noch an seiner Mutter steht, so muß mit Loßmachung desselbigen große Vorsichtig-keit gebraucht werden, sonsten eines theils der lauterste Crystall durch einen harten Schlag trüb gemacht wird und erschricket, daharo die Sprung oder Klüpff ( wie sie es heißen ) kommen, anderstheils dann die Hurd-Blatten verletzt und die gantze Gruben in Gefahr gesetzt wird, wie dann würcklich dieser Mine geschehen, da man ohne Schrecken sich in « eibiger kaum auffhalten darff1 ).

Die Waar selbsten oder das Crystall theilen die Graber in 3 Gattungen ab, als erstlich Meyländer " Waar, so nennen sie die sauberste und ohne Fehler,deren ehemahls das Pfund biß auff ein Duplonen gekommen, heut zu tage aber wegen der Quantität um vieles wohlfeiler zu haben ist, 2. Halbwaar, die obiger Fehleren an sich hat, verkaufft sich das Pfund & 17—20 batzen. 3. Rhedam 2 ) oder Mutter ( wie sie es betitlen ), darvon man das Pfund a 3 Kreuzer liaben kan; die Wegführung dieser Crystallen wäre auch keines wegs kostbahr, indeme vor dem Orth der Mine selbsten mehr nicht als 12 Stund, von Haßli aber, da auch Crystall genug sich zu kauffen findt, nur 3 Stund man per Land zu machen hat, biß man sich des Wassers in niemahls unterbrochener Route biß in Teutschland Holland und Engelland mit wenigen Kosten bedienen kan, dahingegen die Meyländer einen zwar nächeren, aber weit beschwerlicheren Weg haben, und sich zu anderer Nationen Nachtheil als die « intzigen in Verarbeitung dieses Mineralis mit über-fahrung in dem Pryß dieser Mine trefflich zu bedienen wissen.

Nicht kann ich mich enthalten Meldung zu thun der Art und Weiß auff welche sie die großen StuckNach Altmaun ( siehe pag. 169 und Fig. 3 der Kupfertafel zu pag. 163 ) mußte das Gewölbe der Höhle durch einen hölzernen Träger gestützt werden.

2 ) Nach Scheuchzer ( Nat.Gesch. 2. Auflage, II, pag. 165 ) rotta, d.h. Brnchwaare.. 26'26 auß der Fluh auf den Boden bringen: darzu brauchen sie einen mittelmäßigen mit breiten Eisen an dei » Schlitkufen wohl versehenen Schlitten^ darauff sieden Crystall binden; den Schlitten halten sie an etlichen starcken Seilten und lassen ihn über eine glatte Fluhe nicht ohne Graußen hinunter; der hinunter-fahrende Schlitten wird von einem darauffstehenden Mann gehalten, um selbigenfahls er sich weltzeri wolte zu recht zu weisen, da dann mit Verwunderung-zu sehen, wie diese Berg-Knappen auff einem gefährlichen Felß-Schroffen stehend, diesen großen Last,, wie dann nach obigem Bericht einer von 800 Pfund gewesen, halten; das verwunderlichste aber mag wohl seyn, daß durch die Obhut GOttes bis dahin niemand! noch an Leib noch an Leben sonderlich verletzet worden.

Diese Waar der Crystallen nun wie gesagt, verkauft sich ins gesamt bis annoch in das Meyländische,. äußert einichen wenigen Oentneren, die nach Holland^ Engelland, Genff, Bärn gebracht werden; die Kauff-leuth finden sieh an dem Orth selbst ein, und bezahlen in schönen espèces dieses Wundergewächs ), da dann in dem Meyländischen vortreffliche Künstler sich finden, die diese Materi außarbeiten, schneiden'und in unschätzbahrem Werth halten, als auß welcher allerhand prächtige Kirchen-Geräth, Creutz, Poeal, Leuchter, Tischli gemacht, faltsche Diamanten, Ohren-Behäng,'|Hembter-Knöpff etc. elaboriert, ja wohl gar prächtige^Tisch-Servtces verfertiget werden, da sie alles so wohl zu menagiren wüssen, daß von dem gröbsten Stuck nicht das Wenigste zu Grunde gehet- Endtlichen ist nicht zu vergessen, daß wie der Crystall in der Medicin viel gebraucht wird, sonderlich aber ein Mittel wider den Schwindel ist, also vorauß in jeder Mine einiche kleine Steinlin gefunden werden, die man in allem Nachtruck bewährt dawider findet, und deßwegen Schwindel-Steinlin nennet; sie distinguieren sich auch darin, daß sie unten und oben zugespitzt sind, welches an keinem anderen Crystall zu beobachten.

80 weit haben wir in der Beschreibung dieses unbeschreiblichen Wunders der Natur, ich meyne des vortrefflich schönen Crystalles, aus selbst-eigener Erfahrung und Besnchung der Orthen kommen können; uns wäre noch übrig einiche physische Anmerckungen von dessen Generation etc. bey zusetzen, wir bekennen aber, hierin nicht ohne Ehrsucht unserer Ignorante. Als die wir nach Auffschlagnng'und Durchsuchung vieler Philosophorum de generatione Lapidum, sonderlich Crystallorum nichts das uns vergnüget antreffen können, massen die genaue Besichtigung des Orts und aller Umständen uns jeheweilen Scrupuls eingeworffen, die uns auch offt die plausibelste Meinung verwerffen gemacht; inzwischen ersuchen wir alle Liebhaber der genauen Untersuchung natürlicher Dingen, uns hierin ihre schönen Decouverten nicht zu mißgönnen, als für welche wir ihnen immerhin den schuldigsten Dank wissen werden.

Gehab dich wohl mein Leser!

ENDE.

III.

Zum Schlüsse einige geschichtliche Notizen über die Entdeckung und die Ausbeutung des Krystall-kellers am Zinkenstock 1 ).

Das Strahlen ist im Oberhasle kein sehr altes Gewerbe.Vor 1650 wird es in den Documenten der Landschaft nicht erwähnt. Was vor dem 18. Jahrhundert von Krystallen im Handel vorkam, stammte meist von Fundorten aus dem Oberwallis und namentlich aus Uri, das noch in Gruner's „ Eisgebirgen " das „ ächte Vaterland " der Krystalle genannt wird. Zwar wurde gegen Ende des siebzehnten und im Anfang des achtzehnten Jahrhunderts auch im Oberhasle gestrahlt. 1690—1695 wurde mit ziemlichem Erfolg eine Grube in der Spitallamm ( d.h. in der Aarschlucht unterhalb des Spitalbogens 1814 m am Grimselweg ) ausgebeutet, und sowohl nach Märki ( siehe oben pag. 397 ), wie nach Altmann ( loc. cit ., pag. 167, und Kupfertafel zu pag. 163 ) wurde schon vor dem Funde von 1719 am Zinkenstocke nach Krystallen gegraben. Im Ganzen scheint aber die Ausbeute wenigstens qualitativ eine geringe gewesen zu sein, denn noch 1705 spricht Scheuchzer sehr despectirlich von Grindelwaldner- und Hasler-Krystallen, „ welche aber auch nichts zu rechnen an Größe und Schönheit gegen denen Gotthardischen"2 ).

: ' ) Als Hauptquelle wurde benutzt das Schriftchen: „ Strahler im Hochgebirge " ( Meyringen 1883 ), von Herrn Andreas Willi von Meyringen, jetzt Regierungsrath in Bern, welchem die Heimathkunde des Haslethales schon mehrere namentlich Kulturhistorisch interessante Beiträge verdankt.

i Vgl. Scheuchzer: Beschreibung der Naturgeschichte des Schweizerlandes, III, pag. 144.

Das wurde mit der Entdeckung des Krystall-kellers am Zinkenstock anders. Von Ï719 an bis gegen die Sechzigerjahre des 18. Jahrhunderts, wo das Wachsen der Gletscher das Krystallsuchen zu erschweren begann, war das Oberhasle der Schauplatz einer sehr lebhaften Krystallgräberei und einer der Hauptstapelplätze des Krystallhandels.

Der Fund am Zinkenstöck war übrigens keineswegs ein bloßer Glücksfall, sondern, wie derjenige am Tiefengletscher 1868, die Frucht genauer Beobachtung, tapferer Ausdauer und harter Arbeit. Ein Bergmann, Peter Moor von Geißholz ( am Kirchet ), der in dem Eisen-werkzu Mtthlestalden ( im Nessenthai ) einige Kenntnisse von Erzen, Erden und Steinen erworben hatte, wurde 1718 von dem Strahler Melchior Brügger auf eine Stelle am Zinkenstock aufmerksam gemacht, die guten Erfolg versprach. Wir wissen ans Märki's Bericht, auf welche Anzeichen hin eine solche Prognose gestellt werden konnte.

Da das Unternehmen größere Hülfsmittel erforderte, als dem Einzelnen zu Gebote standen, so vereinigte sich Moor mit seinen drei Brüdern und Melchior Brügger zu einer Gesellschaft, die dann im Frühsommer 1719, verstärkt durch 5 Taglöhner, die Arbeit in Angriff nahm. Der Erfolg ließ auf sich warten. Als man schon einen mannshohen Stollen von circa 6 Klafter Länge bei 2 Klafter Breite in den Fels getrieben, ohne daß etwas Anderes als „ Band " gefunden worden wäre, war mit den geringen Mitteln der Gesellschaft auch ihr Muth erschöpft und Brügger erklärte seinen Austritt aus derselben. Nur Peter Moor, der träumend und wachend die erhofften Strahlen am Zinken vor sich sah und unerschütterlich an einen endlichen Erfolg glaubte !), verlor den Muth nicht. Es gelang ihm, den Predikanten Frisching. zu Meyringen und den Bergherrn ( d.h. Inhaber des Eisenwerks ) Schild für sein Unternehmen zu interessiren, und mit neuen Hülfsmitteln ausgerüstet nahm er mit seinen Brüdern am 11. September 1719 die Arbeit wieder auf. Diesmal war der Erfolg ein glänzender. Nach vier Tagen harter Arbeit in etwas veränderter Richtung stieß man auf den Krystallkeller, dessen Lager sich in einer Länge von ca. 60'hinzog2 ) und schon im Herbste 1719 ungefähr 200 Centner Bergkrystall ergab. Als der Spätherbst die -weitere Arbeit unmöglich machte, wurde die Höhle zum Schutz vor unberufenen Strahlen-freunden zugemauert.

Der Erfolg war ein zu glänzender, als daß er nicht allerlei Begehrlichkeiten hätte wecken müssen. Grüner sagt3 ): „ Die Antheilhaber hatten aber verschiedene Widerwärtigkeiten " auszustehen. Sie eröffneten das Gewölb erst spät im Herbst und konnten also die Ausbeute vor dem Winter, der den Ort gänz- lieh unzugänglich macht, nicht ganz in Sicherheit bringen. Das zurückgelassene ward aber, wider alles Vermuthen, dennoch weggestohlen. Einen Theil haben sie in das nächstgelegene Dörfchen Guthtannen ge- bracht; das Dörflein gerieth aber nicht ohne Verdacht angelegten Feuers in Brand, und es hieß, die Krystalle seien im Feuer aufgegangen. Ein Stück von -8 Centner, eines der allerschönsten, ward durch einen unvorsichtigen Schlag gespalten. "

Das Maß der Widerwärtigkeiten war aber damit noch nicht erschöpft. Melchior Brügger erhob, als ehemaliger Theilhaber der Gesellschaft, Ansprüche an den Fund und erhielt auch wirklich, obwohl er seinen Proceß gegen die Gebrüder Moor verlor, von diesen biüigkeitshalber eine Abfindungssumme. Durch -diesen Proceß wurden aber „ Myn gnädig Herrn " von Bern auf den Fund aufmerksam und verlangten von demselben den Strahlzehnten 1 ).

Der Erfolg rief der Concurrenz. Mit Bewilligung der Regierung wurde das Strahlen in der Spitallamm, beim Sommerloch unterhalb derselben, am Bächlistock, an den Gelmerhörnern u. s. w. energisch an die Hand genommen und die Menge des zu Tage geförderten Materials drückte die Preise herunter, besonders da die Oberhasler den Krystallhandel nicht direct, sondern durch Urner und Walliser Zwischenhändler, also durch ihre gefährlichsten Concurrenten, betrieben. Der Preis sank im Jahre 1721 so sehr, daß der Ertrag kaum mehr die aufgewendete Arbeit und Mühsal lohnte. Da kam dem Bergherrn Schild, der sich wie der Pfarrer Frisching der Strahler wacker annahm, der gute Gedanke, einen andern, weniger interessiren Zwischenhändler zu suchen, und er fand denselben in dem Stifte Engelberg, das einen ständigen Schaffner in Italien hatte und durch diesen besseren Absatz ii* Mailand erzielen konnte. Das Stift ging auf den Vorschlag um so lieber ein, als es dadurch der Lieferant der Oberhasler für allerlei Handelsgüter,, wie Wein, Branntwein, Oel, Reis etc., wurde; den » die Strahler verpflichteten sich, einen guten Theil des Preises in Kaufmannsgtitern zu gewöhnlichen Preisen anzunehmen. Bei diesem Handel, der von 1721 bis gegen 1730 dauerte und vom Stifte anfänglich über den Gotthard, später über Grimsel und Gvie* geleitet wurde, scheinen beide Theile ihre Rechnung-gefunden zu haben, denn als die Urner und Walliser Zwischenhändler die Concurrenz des Stiftes durch exorbitante Anerbietungen beseitigen wollten, schlugen die Hasler dieselben aus und blieben dem Kloster treu r bis etwa von 1730 an die Mailänder und Holländer, Frankfurter und Genfer Kaufherren selbst in 's Haslethal kamen und der directe Handel an die Stelle des Zwischenhandels trat.

Wann der letzte Krystall aus der Grube am Zinkenstock geholt wurde, darüber habe ich keine Angaben finden können. Wahrscheinlich aber war die Mine schon im Herbst 1720 vollständig erschöpft, denn nach den Erfahrungen des Winters 1719/20 werden die Gebrüder Moor sich jedenfalls beeilt haben, ihren Schatz selbst zu heben * ). Das Strahlen an andern Fundorten breitete sich aber in den nächsten Jahren mehr und mehr aus und erreichte zwischen 1730 und 1740 seinen Höhepunkt. Im Jahre 1734 war der Ertrag ein so reicher, daß einzig aus dem Krystallzehnten der Landschaft Hasle die Baarkosten der Korrektion des Alpbachs bei Meyringen im Betrag von 1426 Kronen 10 Btz. 1 Krz. gedeckt werden konnten 2 )!

Von diesem Höhepunkt an ging das Strahlen im Oberhasle allmälig zurück, ohne indeß je ganz aufzuhören. Mit wechselndem Glücke wurde bald da bald dort nach Krystallen gegraben, im Bächlithal, im Gelmer, in der Kette des Löffelhorns u. s. w., und durch die Entdeckung der Krystallhöhle am Tiefenstock 1868 gewann das Strahlen einen neuen Aufschwung 3 ). Ein Krystallkeller von der Größe und dem Reichthum desjenigen am Zinkenstock ist aber nicht mehr gefunden worden.

Und was ist endlich aus dem Krystallhort von 1719 geworden? Drei Exemplare finden sich, wie oben erwähnt, im Berner Museum; einer der größten Krystalle vom Zinkenstock ist nach Ebel im Museum des Jardin des Plantes in Paris; vielleicht, daß von den Cabinetsstücken, die Scheuchzer in seinem Brief an Sir Hans Sloane l ) ( Crystallorum quarundam rarissi-marum nuper detectarum descriptio ) als „ pretio hand vulgari " käuflich erwähnt, das eine oder andere seinen Weg in eine englische Sammlung gefunden hat; der weitaus größte Theil aber ist verschollen, über alle Welt zerstreut und verzettelt als Schleifwaare.

Daß es mit dem zweitgrößten Krystallfund der Oberhasler, demjenigen am Tiefengletscher, nicht gleich gegangen ist, sondern die besten Exemplare desselben für die schweizerischen Museen erworben Fund am Tiefengletscher zu erwähnen die wasserhellen grauen und grünen Flußspathe von Oltschenalp 1830, die rothen und die farblosen mit farbigem Kern versehenen Flußspathe aus dem Gebiet des Bächligletschers zu Anfang der Siebzigerjahre, die Morione vom Galenstock und die Amethyste der Löffelhornkette 1873, die Scheelite und Epidote der Kammegg ( bei Guttannen oberhalb der längst durch ihren Mineralreichthum bekannten Rothlaui ) 1886, die wasserhellen und grünen Flußspathe des Oltschikopfs 1887. Da die farblosen Bergkrystalle infolge Ueberführung des Marktes mit brasilianischen und uralischen Steinen im Preise sehr gesunken sind, lohnt sich das strahlen nur mehr liei den gefärbten Varietäten des Bergkrystalls und bei den erwähnten anderen Mineralien in ausreichendem Maße.Siehe Anm. pag. 382.

werden konnten, ist das Verdienst dreier Mitglieder des S.A.C., der Herren Rudolf Lindt, Edmund von Fellenberg und — Fritz Bürki. So viele bittere Erinnerungen an getäuschte Hoffnungen und nicht erfüllte Versprechungen sich an den Namen des Letztern heften, so soll ihm doch auch das unvergessen sein, daß durch seine Freigebigkeit die große Morionengruppe des Berner Museums, die Auslese des ganzen Fundes, unzerschnitten und ungeschliffen, in natürlicher Gestalt, für die Schweiz erhalten und nicht wie die meisten Krystalle vom Zinkenstock als Schleifwaare vertrödelt worden ist!

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