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Wie zuverlässig sind unsere Landeskarten?

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

J. C. Stätzer

Wer schon einmal Landkarten benützt hat - sei es zur Vorbereitung von Wanderungen oder als technisches Hilfsmittel für Bauprojekte —, hat sich vielleicht auch schon gefragt, wie weit man sich aufsie verlassen kann. Ist dieser schmale Pfad, der zu einem weit abgelegenen Ort in den Bergen führt, wohl noch begehbar, oder wird man - enttäuscht vor sich hin schimpfend - nach mehrstündigem Fussmarsch umkehren müssen? Sind die Höhenangaben auf der Karte genau genug, um eine Vorstudie für ein Bauprojekt darauf abstützen zu können?

Die folgende Liste soll - ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben - Themen aufzeigen, die eng mit der Zuverlässigkeit einer Karte verbunden sind:

- Wahl der Farben und SignaturenKlassierung der Strassen und WegeWaldabgrenzungKartographische GeneralisierungGraphische GenauigkeitNachführung Die Karte bedient sich verschiedener Farben und Signaturen, um die Geländeform, die Bodennutzung und die verschiedenen Objekte darzustellen. Eine bestimmte Anzahl von sinnvollen, anschaulichen, aber stark stilisierten Symbolen, die man sich leicht einprägen kann, hilft mit, den Inhalt einer Karte noch sicherer zu interpretieren. Eine noch weitergehende Differenzierung der dargestellten Elemente ( z.B. Bezeichnung öffentlicher Gebäude, Angabe von Kulturengren-zen usw. ) mag vielleicht wünschenswert erscheinen; sie würde jedoch ihre Lesbarkeit verschlechtern und es obendrein erschweren, sie laufend auf dem neuesten Stand zu halten.

Diese Signaturen, die in ihrer graphischen Form sehr differenziert und ausserdem dem zu beschreibenden Gelände angepasst sind, haben also grosse Bedeutung für die Interpretationsgenauig-keit einer Landkarte. Die braune, schwarze oder blaue Farbe der Höhenkurven liefert wertvolle Hinweise auf die Art des Bodens, nämlich in eben dieser Reihenfolge: produktives Land mit Vegetation; Stein, Geröll oder Fels; Gletscher, Firn und See.

Besondere Aufmerksamkeit widmet man der Klassifizierung der Strassen in bezug auf Breite, Verkehrsbedeutung und Zustand. Die Belagsart wird allerdings bei dieser Einteilung nicht berücksichtigt. Zwar sind praktisch alle Strassen i. und 2. Klasse mit einem Hartbelag versehen; dies gilt jedoch nur noch für einen Teil der Strassen 3. Klasse und für ganz wenige Strassen 4. Klasse. Die Karte liefert also in dieser Hinsicht keine genauen Informationen. Dieses Beispiel zeigt aber, wie wichtig es für den Kartenbenützer ist, dass er die genaue Bedeutung der Symbole kennt, wenn er die Angaben der Karte richtig interpretieren soll. Eine Strasse, über deren Klassifizierung Zweifel bestehen, wird grundsätzlich der schlechteren Klasse zugeordnet. Dadurch wird die Qualität einer Strasse oder eines Weges, wie sie der Kartenbenützer im Gelände vorfindet, mindestens jener entsprechen, die ihm die Karte versprochen hat.

Unter « Wald » versteht die Topographie jede mit Bäumen bepflanzte Fläche, deren Boden von einer bestimmten Art Humus - von sich zersetzenden Blättern und Nadeln —bedeckt ist. Weder das Alter des Waldes noch der jeweilige Grad seiner Nutzung spielen bei der Festlegung der Wald-umrisse eine Rolle. Somit sind Jungwälder und Wiederaufforstungen auf der Karte genau gleich gekennzeichnet wie der Hochwald.

Schon auf einer Karte :25000 steht ein sehr begrenzter Raum zur Verfügung, um alle erwünschten topographischen Einzelheiten darzustellen. Wegen der Verkleinerung in den betreffenden Massstab können gewisse Elemente nicht mehr in ihren exakten Proportionen, ja aus Platzgründen oft nicht einmal mehr durch ein Zeichen dargestellt werden. Dies gilt zum Beispiel häufig für weniger als 2 Meter hohe Böschungen entlang von Gewässern und Verkehrsverbindungen; sie müssen zugunsten der Darstellung des wichtigeren Objektes weggelassen werden. Damit kleine Felsbänder auf der Karte noch gelesen werden können, müssen sie mindestens 2 Millimeter lang und 0,2 Millimeter breit sein, was im Gelände einer Länge von 50 Meter und einer Breite von 5 Meter entspricht. Und dies sind doch schon ganz respektable Dimensionen! Dies macht auch verständlich, dass gewisse kleinere Felspartien in der Karte einfach « vergessen » werden müssen.

Beim Übergang auf einen kleineren Massstab sieht sich der Kartograph gezwungen, gewisse Elemente wegzulassen, andere hervorzuheben und den Inhalt einer Karte allgemein zu vereinfachen; dabei muss er jedoch stets darauf bedacht sein, die Landschaft so charakteristisch und wirklichkeitsgetreu wie möglich wiederzugeben. Diese Technik der kartographischen Generalisierung hat natürlich einen Informationsverlust zur Folge. Es ist also keineswegs erstaunlich, dass auf einer Karte i: iooooo zum Beispiel Weinberge, Hecken, Hochspannungsleitungen und Skilifte nicht verzeichnet sind!

Drucktechniken und die Forderungen nach Lesbarkeit der Karte bedingen Mindestgrössen für die schwarzen Rechtecke, die Gebäude darstellen. Um beim Übergang auf einen kleineren Massstab den Eindruck gleicher Baudichte zu wahren, muss eine gewisse Anzahl von Gebäuden wegfallen. So umfasst ein Weiler mit 30 Häusern auf einer Karte i :100000 vielleicht nur noch to Gebäude. Auf einer Karte :25000 sind - mit ganz wenigen Ausnahmen - sämtliche Gebäude eingezeichnet. Eine Karte i :50000 enthält durchschnittlich nach Schätzungen nur noch zwei Drittel dieser Häuser, eine Karte: iooooo sogar nur noch ungefähr 30%.

Die topographischen Karten aller Massstäbe stellen praktisch das vollständige Netz der Erst-, Zweit- und Drittklassstrassen dar. Auf den Karten t: iooooo findet man neben den wichtigsten Verkehrsverbindungen nur noch deren Nebenstrassen und -wege. Diese Karten enthalten noch ungefähr 40% der befahrbaren Wege, 20% der Feld- und Saumwege und nur ungefähr to% der Fusswege des einfachen Wegnetzes.

Trotz aller Mühe, die sich Topographen und Kartographen beim Zusammenstellen einer Landkarte geben, lassen sich gewisse unwesentliche Fehler einfach nicht vermeiden; sie sind auf verschiedene Methoden des Zeichnens und der Reproduktion zurückzuführen. Vollkommenheit ist unerreichbar, und die Fehler, von denen hier die Rede ist, bestehen in kleinen, auf den ersten Blick nicht wahrnehmbaren Abweichungen in Position und Höhe. Andrerseits sind dafür Fehlergrenzen festgelegt. So darf beispielsweise die mittlere Abweichung von Strassen, Gebäuden usw. in der Karte nicht mehr als o,3 Millimeter betragen. Punkte, die in der Karte mit Höhenangaben versehen und deren Position und Höhe im Gelände genau bestimmbar sind, dürfen eine durchschnittliche Höhenabweichung von höchstens t Meter aufweisen. Differenzen, welche diese Höchstwerte überschreiten, gelten als Fehler, die korrigiert werden müssen. Hier sei noch erwähnt, dass die Eidgenössische Landestopographie den Kartenbenützern dankbar ist, wenn sie ihr entdeckte Fehler mitteilen.

Sehr wichtig für die Zuverlässigkeit einer Karte ist natürlich die Übereinstimmung des jeweiligen Zustandes der Örtlichkeiten mit ihrer Darstellung auf der Karte. Kürzlich war in einer Zeitschrift von einer Person zu lesen, die in einer Buchhandlung die eben dort gekaufte Landkarte mit folgenden Worten zurückgeben wollte: « Da drin stimmt ja überhaupt nichts, wenigstens was die Wege anbetrifft; ich kann die eingezeichneten Wanderwege im Gelände einfach nicht finden: die einen sind von Buschwerk und Farnkraut überwuchert, die andern sind asphaltiert und dürfen von Motorfahrzeugen befahren werden! » Würden die Karten nicht regelmässig, methodisch und vollumfänglich auf den neuesten Stand gebracht, wären sie sehr bald veraltet. Die Eidgenössische Landestopographie hat deshalb beschlossen, ihre Landeskarten periodisch alle 6 Jahre zu überarbeiten.

Die Erkundung im Gelände, welche vor jeder photogrammetrischen Überarbeitung von einem Topographen vorgenommen wird, ist von grösster Wichtigkeit, ja eine Notwendigkeit für eine erstklassige Karte. Dabei werden die Strassen klassifiziert - eine Arbeit, die nur an Ort und Stelle zuverlässig erledigt werden kann - und Einzelheiten abgeklärt, über die bei der Auswertung der Negative Unklarheit geherrscht hat. Selbstverständlich muss der Topograph im Geländeauch den Gesamt-inhalt der Karte ganz allgemein überprüfen.

Die Verwendung einer veralteten Karte kannzu grossen Fehlschlüssen und Enttäuschungen führen; deshalb empfehle ich dringend, nur Karten der letzten Ausgabe zu benützen. Im Mittelland rechnet man bei der Revision eines Blattes i: 25000 ( 2 to km ' ) mit 1000-2000neuenGebäudenund mit t 100-200 Kilometer neuen Strassen und Wegen!

Durchschnittlich dauern die photogrammetrischen und kartographischen Arbeiten zwei Jahre, bis ein revidiertes Blatt i :25000 herausgegeben werden kann. Eine Karte dieser Serie sollte also niemals älter als 8 Jahre sein. An den daraus hervorgehenden Karten i :50000 und t :100000 müssen die Kartographen nochmals ein bzw. zwei Jahre weiterarbeiten.

Der Jahrgang, der auf den revidierten Karten aller Massstäbe aufgedruckt ist, bezieht sich stets auf das Jahr, in dem die Luftaufnahmen gemacht worden sind ( und damit auf den Stand des Inhalts ), also nicht auf das Jahr der Veröffentlichung.

Nicht zuletzt liegt es auch am Kartenbenützer selbst: Wenn er eine Karte zu lesen versteht, Erfahrung in ihrer Interpretation hat und die verwendeten Symbole genau kennt, wird ihm die Landeskarte eine zuverlässige und sichere Hilfe bedeuten.Übersetzung: W. Portmann

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