Terrassen mit Aussicht | Schweizer Alpen-Club SAC
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Terrassen mit Aussicht Rund um die Rochers de Naye

Eine Rundwanderung um den Hausberg der Waadtländer Riviera bietet bezaubernde Ausblicke auf den Genfersee. Im Frühling zeigt sich die Natur von ihrer schönsten Seite und verspricht sogar einen Hauch von Abenteuer.

Hier und da liegen in den grünen Weiden noch Flecken von Altschnee. In den tieferen Lagen wird bald der «Mai-Schnee» fallen, mit Schneeflocken aus Narzissen, den charakteristischen Blumen der Waadtländer Riviera. Der Winter ist vorbei, der Sommer ist im Kommen. Die Skifahrer sind nicht mehr da, und Wanderer gibt es nur vereinzelt. Kein Zweifel, die Waadtländer Voralpen sind nie so schön wie im Frühling. Was wäre jetzt besser als ein Ausflug zu den Rochers de Naye? Eigentlich nicht viel. Aber mein Freund und seine brandneuen Schuhe wissen das noch nicht.

Anstrengend und atemberaubend

Diese Rundwanderung, auf der ich mich für meinen Freund als Führer versuche, wird reich an Höhepunkten sein. Sie beginnt im Morgengrauen am Col de Jaman, den früher die mittellosen Greyerzer Sennen nutzten, um an der reichen Riviera ihren Käse zu verkaufen. Einige Älpler führen diese Tradition heute fort. Sie verarbeiten schon die Milch in ihren Kupferkesseln, als wir Kurs auf die Dent de Jaman nehmen. Geradewegs den Hang hinauf und durch einen Platzregen hindurch. Die lokale Beringungsstation, wo Zugvögel gezählt und beringt werden, hat ihre Netze noch nicht aufgespannt.

Die Dent de Jaman erreichen wir auf einem steilen Pfad, der die ersten grandiosen Ausblicke auf den Genfersee bereithält. Davon wird es auf unserer Tour noch viele geben. Der Weg windet sich zwischen Bäumen, Felsbrocken, die manchmal rutschig sind, und mächtigen Wurzeln hindurch. Er führt über Karrenfelder, die das abfliessende Regenwasser im Lauf der Jahrhunderte in den Kalkstein gegraben hat, und an einigen steinernen Stützmauern vorbei. Flacher werdend, mündet er ins Vallon de Jaman, wo die Sonne wieder zum Vorschein kommt. Hier versteckt sich ein kleines, kaum bekanntes Skigebiet mit einem Skilift und einer kleinen Zahnradbahn, die den Ort mit dem rund 1400 Meter tiefer liegenden Montreux verbindet. Der letzte Anstieg auf die Dent de Jaman bringt uns ausser Atem, und ebenso atemberaubend ist dann die Aussicht vom Gipfel. Dem ersten kleinen Gipfel unserer heutigen Trilogie.

Gefahr im Couloir

Der zweite Berg unserer Tour ist der weniger bekannte Le Merdasson. Sowohl sein Gipfel als auch der Aufstieg bieten wieder andere Ausblicke auf den Genfersee. Auf dem Gipfel finden wir die Reste eines Lagerfeuers. Bei mir werden Erinnerungen wach an eine Zeit, als ich verliebt war und hier mit meiner Freundin eine Schamanentrommel schlug. Das war vor unserem Glück, dreifache Eltern zu werden. Damals war Zeit noch kein Luxus wie heute.

Der Abstieg führt an der Bergflanke der Rochers de Naye entlang. In der Felswand ist ein grosses Panoramafenster zu erkennen. Es gehört zum Aussichtsrestaurant Plein Roc, das man durch einen langen Tunnel von der Bergstation der Zahnradbahn aus erreicht. Vor uns liegt nun ein «gefährliches Couloir», das man nur «auf eigene Verantwortung» betreten sollte, wie die Überreste eines Hinweisschildes ankündigen. Die Passage kostet uns einiges an Schweiss. Auf dem zauberhaften Absatz, den wir nun erreichen, erwarten uns ein zwei Meter hohes Steinmännchen, ein Chalet mit dem für die Region typischen Schindeldach und wieder eine unglaubliche Aussicht auf den Genfersee. Etwas weiter gibt eine enge Scharte den Blick auf die unverkennbaren Zwillingstürme der Tour d’Aï und der Tour de Mayen frei.

Unter den Pfiffen der Murmeltiere

Eine scheinbar endlose gerade Linie führt zur Bergstation Rochers-de-Naye, wo wir uns eine herzhafte Rösti und ein gutes Bier gönnen. Wie wäre es mit einem Verdauungsspaziergang? Der Aufstieg zur Antenne auf dem Gipfel lockt uns. Die Aussicht müssen wir uns dann aber vorstellen, denn ein plötzlicher Nebel raubt sie uns. Doch schon auf dem Weg zu den Grottes de Naye verziehen sich die Wolken wieder.

Ein mit Treppen und Metallketten bestückter Weg führt zu den Grotten hinab. Die Haupthöhle ist eine Art unwahrscheinlicher unterirdischer Durchgang. Er ist bis Mitte Juli kaum begehbar, und wir verzichten auf das Wagnis. Eine kluge Entscheidung, denn es stellt sich heraus, dass der Ausgang mit Schnee blockiert ist. Ein breites, steiles Firnfeld versperrt auch unseren Weg. Die leichten Steigeisen, die wir für solche Fälle mitgenommen haben, erweisen sich jetzt als nützlich. Nach einem heftigen Hagelschauer überqueren wir den Abschnitt unter den Pfiffen der Murmeltiere, und das Gefühl eines Abenteuers kommt auf.

Der Rest verläuft ruhig. Ein Passübergang führt uns ins Vallon de Jaman, wo wir wieder auf den Weg des Vormittags treffen. Auf ihm erreichen wir den Bahnhof von Les Cases. Dort drückt mein Gefährte dankbar und treffend aus, welches die Moral dieser Geschichte sein könnte: «Ein Weg, wie ihn uns das Leben fast täglich bereitet: Sonne, Regen, Nebel, Hagel. Der Tag war erholsam und anstrengend zugleich.»

Anreise

Mit dem Zug über Montreux oder Montbovon bis Les Cases. Es ist möglich, die Route von der Haltestelle Jaman auf der Linie Montreux–Les Rochers-de-Naye aus zu erreichen.

Auto: 16,9

ÖV: 0,3

CO2-Treibhausgas in kg pro Person und Weg:
Beispielreise Lausanne–Les Cases.
Quelle: www.sbb.ch

Karten

LK 1 : 25 000, Blatt 1264 Montreux

LK 1 : 50 000, Blatt 262 Rochers de Naye

Die Rochers de Naye im SAC-Tourenportal:

www.sac-cas.ch/de/huetten-und-touren/sac-tourenportal/rochers-de-naye-1283/berg-und-alpinwandern/

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