Ein Berggipfel verschwindet
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Ein Berggipfel verschwindet

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Von E. Lautenschlager

( Basel ) Die Triftlimmi, Wasserscheide zwischen Rhone- und Triftgebiet, wird östlich von der stattlichen Firnkuppe des Weissnollen flankiert. Der 3433 m hohe Gipfel, dank seiner schönen Lage oft besucht, bildet besonders in Verbindung mit dem Damma-, Schnee- und Eggstock zusammen den Schlussstein einer prächtigen Gratwanderung.

In letzter Zeit schrumpft der Weissnollen leider unaufhaltsam zu immer kümmerlicheren Formen zusammen. Bereits ist vorauszusehen, dass schon nach wenigen Jahren von dem ehemals schöngeschwungenen Firngipfel nichts mehr übrig sein wird. Ein schuttbedeckter Grat, an den nach seichter Depression der vom Eggstock herabfliessende Gletscher anschliesst, wird als letzte Erinnerung an den Weissnollen übrigbleiben!

Touristisch hat diese Schutterhebung keine Bedeutung mehr — sie stellt lediglich eine felsige Unterbrechung des Kammes Eggstock-Trift-limmi dar; topographisch allerdings rechtfertigt der vergletscherte Aufschwung immer noch die Bezeichnung « Nollen », nur ist darunter kein selbständiger Gipfel zu verstehen.

Die Erklärung für diese Veränderung ist in dem starken Abschmelzen der Gletscherbedeckung zu finden. Der Weissnollen bildete eine reine Firn-erhebung grosser Mächtigkeit, zustandegekommen durch Aufstauchung der vom Eggstock herabfliessenden Eismassen an einer Felsklippe. Durch das Zurückgehen des Gletschers wird heute diese Stauchzone nicht mehr erreicht. Bereits ist die bisherige Gipfelpartie durch eine mehrere Meter tiefe Firnmulde vom übrigen Gletscher abgetrennt. Neues Material wird nicht mehr nach- EIN BERGGIPFEL VERSCHWINDET I " Weissnollen, S-E-Flanke Rechts der vom Eggstockplateau herabfliessende Gletscher, links der zur Triftlimmi hinabführende SW-Grat 1 Gestalt des Gipfels vor 1920; 2 Zustand 1941; 3 Zustand 1946; 4 Voraussichtlicher Zustand am Ende der Veränderungsperiode ( ca. 1950 ) geschoben; als « Toteismasse » schmilzt und bricht der Gipfelaufbau allmählich zusammen. Der südöstliche Hang ist bis zur Gratschneide von zahlreichen breiten Schrunden durchzogen, selbst die eigentliche Kante bildet nur noch eine dünne Firnbrücke über einer breiten Spalte, welche den Gipfelgrat seiner ganzen Länge nach durchschneidet. Der Ersteiger dieser Ruine sieht sich vor das alpinistisch-neuartige Problem gestellt, hier eventuell eine Letztbesteigung auszuführen! Da eigentliche Firngipfel selten sind, ist wenigstens zu hoffen, dass ähnliche verschwindende Gipfel eine Seltenheit bleiben werden.

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