Oh Tannenbaum, noch grünst du
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Oh Tannenbaum, noch grünst du

Mein persönlicher Grosser Norden ist nur ein Steinwurf von zu Hause entfernt. Ich brauche nur ein Zugticket, ein Paar Schneeschuhe und eine Thermoskanne mit heissem Tee, um dorthin zu gelangen. Denn mein eigener Grosser Norden ist der Jura. Gerade im tiefsten Winter finde ich ihn am unwiderstehlichsten. Während Schneemassen und dicke Wolkenschichten ihn vom Rest der Welt abschneiden, bekomme ich das Gefühl, alles für mich allein zu haben: den Jura mit seinen unwirtlichen Kämmen, über die die Bise hinwegfegt, seinen mystischen Tälern und seinen mit Fichten und jahrhundertealten Tannen übersäten Hochebenen.

Auch andere sind seinem Charme erlegen. Auf Seite 24 dieser Ausgabe führt uns Iris Kürschner an die Grenzen der Franches Montagnes, dorthin, wo das Juraplateau kurzzeitig bernisch wird, bevor es ins Vallon de Saint-Imier taucht. Unweit des Mont-Soleil gerät die Autorin ob den wahren Herrscherinnen des Ortes ins Schwärmen: der Fichten, die wie Eiskathedralen in den Himmel ragen. Aber es mischen sich auch zwiespältige Gefühle in ihre Worte, als der unheimliche Lärm der Windräder in die Winterruhe eindringt. Sie sind die neuen Stars in diesem Teil des Landes, seit man entschieden hat, dort den grössten Windpark der Schweiz zu bauen. Die Furcht der Autorin vor den Stahlriesen steht im Gegensatz zu den Zehntausenden von Neugierigen, die die Anlage jedes Jahr besuchen. Dieses Beispiel bringt unsere Hassliebe gegenüber diesen Maschinen gut zum Ausdruck. Denn sie stehen sowohl für das Versprechen einer klimafreundlichen Energiequelle als auch für die Bedrohung der von uns geliebten Landschaften. Der SAC hatte gegen die Installation von Windkraftanlagen in landschaftlich besonders wertvollen Gebieten Vorbehalte geäussert. In den betroffenen Teilen der Region Arc jurassien haben sich die Diskussionen nicht gelegt. Zu Recht.

Aber ich mache mir Sorgen. Denn während wir zögern und zaudern, verschwinden nach und nach die Nadelbäume, die meinen Grossen Norden ausmachen – als Opfer der globalen Erwärmung.

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