Om mani padme hum
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Om mani padme hum

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

mani

padme hum

Bernhard Rudolf Banzhaf, Basel

Eine weihnachtliche Pilgerreise ins Sherpaland In den Stein geschrieben: ( Om mani padme hum> Om mani padme hum Om mani padme hum ( wörtlich: O Du Kleinod in der Lotusblüte ), das lamaistische Mantra schlechthin.

Es wird von allen Buddhisten im Himalaya täglich x-mal gebraucht und zu jeder Gelegenheit ausgesprochen oder rezitiert.

Es findet sich zudem auf Gebetssteinen gemeisselt, auf Gebetsfahnen gedruckt, in den heiligen Schriften, in den Gebetsmühlen, an Felswänden, Chörten, Klöstern, Häusern.

In einem Nepali-Haus In aufgeräumter Stimmung sitzen wir am derben Tisch eines Hauses in Jiri. Beissende Rauchschwaden dringen aus der Küche, das Summen der Kerosinlampe untermalt unsere übermütige Unterhaltung. Es ist wie ein Aufbäumen vor dem erlösenden Schlaf, den wir bitter nötig haben. Der elfjährige Tashi hat schon im Bus geschlafen und beobachtet uns nun aus halbgeschlossenen Augen. Schon bringt der Wirt heisse thukpa, die jeder individuell mit Salz und Pfefferschoten würzt. Mit mächtigem Räuspern machen sich unsere Sherpa-Freunde Ang Temba und Kalden an die . Mit grossem Appetit schlürfen sie die rezent gewürzte Nudel-suppe. Draussen in der kalten Nacht heulen die Hunde.

Jiri erwacht. Aus den meisten Häusern dringt Rauch in die kalte, glasklare Luft des blendend hellen Dezembermorgens. Kalden packt die Last, Ang Temba bestellt das Früh- stück. Erwartungsvoll stehe ich mit Tashi vor dem Haus und geniesse die ersten Strahlen der wärmenden Sonne.

Der Weg ist das Ziel Wohin soll es gehen? Ich weiss es nicht genau. Es ist auch nicht von Belang, denn wir gehen in uns. Für einmal soll der Weg das Ziel sein.

Es ist ein Weg, den ich gut kenne. Er führt über bereits alpin wirkende Hügelzüge und durch subtropische Täler, vorbei an Dörfern und Feldern, durch Wälder und Weiden, steil hinauf und steil hinunter. In dieser Landschaft wandern wir, beschaulich einen Fuss vor den andern setzend. Die Gedanken wan- Auf dem Deorali Bhanjyang: mani-Mauern und Teehäuser dern mit, ergötzen sich an dieser meditativen Therapie des Zu-sich-Gehens und Sich-Fin-dens.

FürTashi, den Sohn tibetischer Flüchtlinge, ist es die erste Begegnung mit seinem neuen Heimatland, denn ausser dem Kat-mandutal, wo er wohnt und zur Schule geht, kennt er Nepal nur vom Hörensagen. Seine Eltern waren im selben Alter wie er jetzt, als sie sich 1959 auf ihren ersten und bislang einzigen Treck nach Nepal begaben. Tibeter und Nepali reisen nie ohne Grund. Damals galt es, vor den Chinesen zu fliehen, und heute muss ich dieser

Das klare Winterlicht hat reinigende Wirkung. Die silbernen Nadeln der Tränenkiefern leuchten in der Sonne und weisen uns den Weg über den ersten Pass ins Sherpaland. Auf der Höhe findet sich ein Rastplatz, ein chautaro, wo die bis zu 80 kg schweren Lasten kurz abgestellt werden können. Ein Träger hockt am Boden, sitzt auf seinen Fersen, raucht eine Zigarette und hustet fürchterlich. Ein kalter Wind weht über die Kuppe.

Lager am Fluss Wir steigen durch ein romantisches Tal nach Shivalaya hinunter. Ein prächtiger Weihnachtsstern funkelt in dieser ansonst farblosen Welt. Ang Temba geht, ein Wä-schebündel unter dem Arm, mit Tashi zum Fluss. Unterdessen sitze ich mit Kalden auf Bastmatten an der Sonne. Kalden ist Mitte dreissig, seine edlen Züge strahlen Würde und stete Präsenz aus, was durch seine mar-kant-sonore Stimme noch unterstrichen wird. Sein ( Markenzeichen ) ist ein völlig abgetragenes Jackett, zu dem seine guten Manieren einen enormen Kontrast bilden.

Es gibt dàl bhàt, das Nationalgericht, Linsen und Reis, dazu Gemüseeintopf und rohe Schalotten. Die nette Köchin bringt noch korsani, kleine, knallrote Pfefferschoten. Ang Temba und Tashi haben vom Fluss neue Freunde mitgebracht. Rinchen Dolma und ihre zwei Cousins, Pasang und Gyalzen. Die junge Frau hat die zwei Buben im fernen Dharamsala abgeholt, wo sie in einem Kloster leben, um ihr Leben dem dharma zu widmen. Sie werden zu Hause in Chalsa ihren Urlaub verbringen. Tashi freut sich über die zwei gleichaltrigen Freunde, mit denen er sich erst noch auf Tibetisch unterhalten kann.

Zeitlose Gedanken Gemeinsam setzen wir unsern Weg fort. Bald stehen wir auf dem Deorali Bhanjyang, auf dessen Passhöhe sich eine der grössten mani Nepals befindet. Mehrere Reihen von Gebetsmauern sind umrahmt von Gebetsfahnen, die im steifen Winterwind knatternd ihre Mantras in den Äther senden. Die Steintafeln in den Mauern zeigen tausendfach eingemeisselt das om mani padme hum in tibetischer und Sanskritschrift. Eine alte Frau in Sherpatracht umkreist die Mauern betend im Uhrzeigersinn. Durch ihre zerfurchten Hände gleiten die 108 Kügelchen des buddhistischen Gebetskranzes. An dessen Ende funkelt ein Türkis in der Form des Kailas, des heiligsten aller heiligen Berge.

Bald ist Weihnachten. Bald ist Neujahr. Doch was ist hier Weihnachten, was Neujahr? Im Himalaya scheint jede Nacht geweiht, und Neujahr feiert man jedes Jahr mehrmals: die Tibeter im Februar, die Nepali im April, die Newar im Herbst und die Fremden am I. Januar. Der I. Januar kommt bald. Aber effektiv bin ich im 10. Mond im Jahr des Feuer-Tigers. Wie ein Auge dieses Tigers gleitet die Sonne langsam hinab zum Horizont.

Nepalesische Getreidemühle Thupten Chöling: ein Fenster des Haupttempels Lamjura: labtsa, eine Geisterfalle Ausblick zwischen Blättern und Nadeln auf den Numbur oder Shorong Yul Lha. 6959 m, Schutzgott des Solu ( Bistare, bistare, aunuhosb Rinchen Dolma weckt mich aus meinen Gedanken. Ich soll langsam, langsam kommen. Die Buben, Kalden und Ang Temba sind schon im Wald verschwunden. Man hört nur noch schwach ihre fröhliche Unterhaltung.

Abend im Gasthaus Im letzten Tageslicht erreichen wir unser Gasthaus in Bhandar. Zahlreiche Fremde und Nepali scharen sich um die Tische. Im flackernden Kerzenschein geben sich die einen ausgelassen, die andern nachdenklich. In der Küche werde ich von der Wirtsfamilie begrüsst. Die beiden Töchter sind sehr artig und fragen mich gezielt aus, während ihre Hände emsig mit Pfannen und Kellen hantie- ren. Die Neugierde der Sherpani scheint unstillbar. In der Ecke sitzt ama gagà, die Grossmutter, und lässt im Kohlebecken Wacholderzweige verglühen. Ein weihnachtli-cher Duft erfüllt den Raum. Ama gagà widmet ihre Zeit dem dharma. Bei näherem Hinsehen erkenne ich in ihr die Sherpani mit dem Kailas-Türkis. In ihrer Linken rotiert eine kupferne Gebetsmühle. Am Revers ihrer Tracht zeigt ein Ansteckknopf das Bild des Dalai Lama. Nach dem Essen nimmt Ang Temba eine Kerze in den Schlafraum mit. Rinchen Dolma und die Kinder schlafen schon. Später bläst Kalden die Kerze aus -der Duft des glimmenden Dochts erfüllt noch lange den dunklen Raum.

Im Sherpaland Beim ersten Sonnenschein ziehen wir fröstelnd los. Eine Kuhherde steht unlustig im reifbezogenen Gras, das Murmeln des Baches wird von einer Eisdecke erstickt. Die vor Kälte eingerollten Blätter des Rhododendron erinnern mich an Orgelpfeifen. Es knirscht das gefrorene Moospolster unter unsern Schritten. Wir steigen ab, hinunter in subtropische Gefilde. Nach einer Stunde sitzen wir im Teehaus von Tharo Khola, wo muntere Wasser zahlreiche Mühlen schnurren lassen. Wir trinken Tee. Er ist mit Zimt gewürzt. Die Wirtin, eine junge Chhetrini, bindet ihr Kind mit einem Wolltuch auf ihren Rücken, geht zur Mühle und wischt mit einem Handbesen das gelbe Maismehl zusammen. In einer Stunde wird es wohl vermischt mit einem Gemüsecurry als makaiko dhiro eine nahrhafte Maispolenta abgeben. Vor dem Haus gackert das Federvieh, eine Ente pflegt ihr Daunenkleid, Hunde liegen auf dem Weg. Kalden hilft den Buben über den vereisten Steg.

Mit Ang Temba benütze ich später die schwankende Hängebrücke über den Likhu Khola. Der Fluss führt wenig Wasser. Die hohen Uferlinien lassen jedoch erkennen, dass es während des Monsuns ganz anders aussieht. meint mein Freund am andern Ufer. Tatsächlich haben wir soeben die Grenze zur Sagarma-tha-Zone überschritten. Vor uns liegt das Land der Sherpa. Und wie ein prächtiger Blumenstrauss zur Begrüssung steht urplötzlich ein blühender Rhododendron vor uns.

Nur 30000 Menschen zählt die Volksgemeinschaft der Sherpa und bildet damit eine krasse Minderheit im 18 Millionen zählenden Völkergemisch Nepals. Trotzdem hat keiner der andern Stämme die Berühmtheit der Sherpa erlangt. Es sind einfach erstaunliche Menschen, mit grosser Lebenskraft versehen, immer zufrieden und fröhlich, nie verzagt. Viele von ihnen besitzen einen sehr gesunden Instinkt und vermögen auch komplexe Situationen mit Geschick zu meistern. Sie haben offene Augen und Ohren und verschliessen sich dem Neuen nicht. Trotzdem sind die Sherpa Traditionalisten und ehren die Überlieferungen ihrer eigenen alten Kultur, die ihre Wurzeln in Osttibet hat.

Im Fluss steht ein Mann. Mit gekonntem Wurf lässt er sein Netz über die ruhige Wasserfläche fliegen, fast lautlos sinkt es in sie hinein. Er zieht sogleich wieder ein, das zappelnde Silber verschwindet in einem Köcher aus Bambus.

Oberhalb des Weges lenkt ein Bauer seine zwei Ochsen über ein Terrassenfeld. Der hölzerne Pflug ritzt die trockene Scholle und reisst jene Stoppeln aus, die nicht von den Ziegen abgefressen wurden. Die Ochsen wenden. Am Talende erscheint ein weisser Berg.

Das erste Haus von Kenja gehört dem Ei-senschmied. Die kami bilden die unterste Stufe der hinduistischen Kastenhierarchie. Man findet die Handwerker immer am Dorfrand. Der Schmied hockt auf den Fersen, vor sich ein glühendes Häufchen Holzkohle, darin ein Stück Eisen. Ein Handbalg aus Ziegenhaut liefert den nötigen Zug. Mit der Zange ergreift der Schmied sein glühendes Werk, schiebt es über den steinernen Amboss. Mit wenigen Hammerschlägen gibt er der Sichel ihre typische Krümmung. Schon erkaltet das Eisen und verschwindet für eine weitere Weile im Feuer.

Kenja liegt auf 1600 m am Fusse des Lam-jura-Passes. Hier wollen wir essen und am Nachmittag die erste Etappe des Aufstiegs in Angriff nehmen. Da die Sonne scheint und es schön warm ist, rasten wir im Vorhof eines stattlichen Sherpahauses. Ang Temba kennt die Leute. Beim Essen erklärt er mir, die Frau sei die Schwester des Ehemannes der Tochter seines väterlichen Onkels. Ich versuche, das in ( die Schwägerin seiner Cousine ) abzukürzen, was ihm jedoch zu ungenau ist, da so der väterliche Onkel nicht er- sichtlich wird. Dies ist bei den Sherpa in der Tat wichtig, denn man unterscheidet hier sehr fein zwischen väterlicher und mütterlicher Verwandtschaft.

Heiliger Abend Nach steilem Anstieg setzen wir uns in Sete um den Herd unserer Unterkunft. Draussen hüllt die Sonne die Felder in ein letztes, goldenes Licht. Jetzt ist Heiliger Abend. Die drei Buben spielen Fussball. Auf dem Herd steht eine Kerze, und der Herr des Hauses wiegt sein jüngstes Kind in den Schlaf. Seine Frau kocht, hantiert mit Pfannen, schwatzt in näselnder Sherpasprache mit Kalden und Ang Temba, die pausenlos geschwellte Kartoffeln essen. Rinchen Dolma stützt ihren schönen Kopf in die Hände und blickt verträumt ins Feuer. Die Wirtin bietet Tee an, Salztee. Behutsam füllt sie die kleinen Schalen mit der milchigen Flüssigkeit, auf der kleine Fettaugen schwimmen. ( She, sheh Trink, trink! Dreimal schenkt sie nach, bevor sie sich wieder über die Pfannen beugt. Inzwischen hat Ang Temba im zischenden Gemüse gerührt, Kalden legt Holz nach. Das wunderbare einfache Mahl besteht aus einer Polenta aus Hirse- und Buchweizenmehl, von den Nepali paberko dhiro genannt, und dem beinahe obligatorischen tarkàri, dem Gemüsecurry. Daneben wird eine sehr scharfe Käsesauce serviert, eine Spezialität der Sherpa, die sie somarnennen.

Satt gehe ich hinaus in die sternenklare Nacht. Kein Bach rauscht, kein Windhauch macht sich bemerkbar, keine Grille zirpt, kein Lärm, kein Ton, nichts. Nur mein eigenes Herz kann ich hören. Sonst Stille, Nacht. Eine Sternschnuppe saust lautlos quer über den Sternenteppich, hinterlässt für Sekundenbruchteile ihre grelle Spur. Dann ist alles vorüber.

Über den Lamjura-Pass Lamjura! Mächtig türmt sich dieser 3530 m hohe Pass vor uns auf, die höchste Schwelle zwischen Jiri und dem Solu. Wie ein grüner Trichter scheint uns der Wald in sich hinein-zusaugen. Bald betreten wir den Kamm und Junbesi: Eine rote Wolke wirft noch ein letztes Licht zur Erde.

trinken in Dakchö den ersten Tee. Tashi hat Mühe mit seinem Rucksack, weshalb er ihn kurzerhand auf Kaldens Last schnallt. Fun-kelnde Schneeberge lachen durch Blätter und Nadeln, durch Stämme und Äste, blauer Himmel zieht sich von Horizont zu Horizont, unendlich, grossartig. Die drei Buben stürmen hinauf, den Schneefeldern entgegen. Kurz vor dem Lamjura steht eine bewirtete Alphütte. Im Sommer hatte ich hier mit Tenzing gerastet und Yoghurt gegessen. Eine Herde fetter c/73ur/-Rinder graste damals dort, wo heute Tashi, Pasang und Gyalzen eine derbe Schneeballschlacht veranstalten. Tashi kann zwar von Katmandu aus die Schneegipfel des Ganesh Himal und Jugal Himal bewundern, Schnee berührt und geschmeckt hat er aber erst heute. Für ihn ist es , das Schlaraffenland. Vor der Hütte sitzen einige Sherpa und Sherpani. Die einen gehen nach Jiri, die andern nach Hause. Emsig werden Informationen über den Weg und diverse Marktpreise ausgetauscht. Wir setzen uns zu ihnen und essen dal bhàt. In der Küche begrüsse ich kurz die Wirtsleute. Der beissende Rauch von Wacholder treibt mir die Tränen in die Augen, draussen blendet die Sonne unbarmherzig.

Photo. Bernhard R Banzhaf Auf dem Pass befestigen wir unsere kata, die seidenen Glücksschleifen, die wir zum Abschied von Tashis Vater Ngawang Dorjee erhalten hatten. Mehrere grosse Steinhaufen sind durch flatternde Bahnen von Gebetsfahnen verbunden. Man nennt dies ein labtsa, eine Geisterfalle. Im rauhen Wind streuen die gebleichten Wimpel munter ihre Gebete: ( Om manipadme hum!> Kalden wirft einen Stein auf den labtsa, so, wie es vor ihm Generationen getan haben.

Wir steigen durch dichten Wald ab. Ein Vogel zwitschert. Im fahlen Licht des endenden Wintertags erklimmen wir die kleine Gegensteigung bei Trakdobuk, und schon öffnet sich das Tal von Junbesi. Links erscheint der mächtige Bau der Sela Gonda. Wir bleiben stehen. Es ist fast still. Nur der Wind bläst auf den Löchern meines Skistocks seine traurigen Weisen. Im nahen Kloster wird gebetet. Knapp erreichen uns der jammernde Klang der Klarinetten, das dumpfe Stampfen der Pauken und der federnde Schall der Tschinellen. Die Buben stehen schmunzelnd um mich und betrachten meine singende Gehhilfe.

Besuch im Kloster Am warmen Herd der Lodge besprechen wir unsere weiteren Pläne. Rinchen Dolma geht direkt nach Chalsa weiter. Wir werden dem Trulshig Rimpoche im Kloster Thupten Chöling einen Besuch abstatten. Dieser Lama verkörpert die höchste Reinkarnation im Sherpaland. Er war es, der die Tradition des Mani Rimdu, eines grossen Tanzfestes, vom Kloster Rongbuk nördlich des Everest nach Nepal brachte. Die Masken und Kostüme dazu stammen auch aus Tibet. So verabschieden wir uns am Morgen von unsern neuen Freunden. Ang Temba gibt Rinchen Dolma noch gute Ratschläge auf den Weg. Dann entschwinden sie, Pasang und Gyalzen unseren Blicken. Es ist kalt, der Himmel grau.

Heiliger Abend, die Buben spielen Fussball.

doch die brachen, braunen Felder strahlen eine geheimnisvolle Wärme aus. Ohne Gepäck schlendern wir das Tal hinauf, vorbei an einer mächtigen Fichte. Rechts liegen die kahlen Felder, begrenzt durch aufgetürmte Steinmauern, links grasen und grunzen die Yaks zwischen den Gebüschen. Raben krächzen. Wir reden nicht viel. Durch Kal-dens Hand läuft die Gebetskette. Unablässig murmelt er Mantras vor sich hin. Das Licht ist hell und fahl zugleich, Schnee liegt in der Luft. Schon überqueren wir einen wackligen Steg und steigen zurThupten Chöling Gonda hinauf. Ein grosses erdrotes Gebäude liegt vor uns, umlagert von vielen kleinen Häuschen, den Zellen der Mönche. Ein riesiger Kettenhund äugt vom Vorplatz des Haupttempels auf uns hinab. Unwillig beginnt er zu bellen. Wir ändern den Weg und umgehen den Kern des Klosters links, was man buddhistischen Gepflogenheiten gemäss eigentlich immer tun sollte. Kalden hältTashi bei sich zurück, während Ang Temba und ich vorausgehen. Das Bellen verstummt. Schnell erreichen wir den Vorhof auf jener Seite, wo uns der Hund wohl nicht erwarten wird. Ang Temba erspäht eine alte Frau und gibt ihr zu verstehen, den Wächter zurückzuhalten. Sie legt ihr /r/7iyAr/-Messer beiseite, mit dem sie Holz gespalten hat, und hält nun mit zittriger Hand das kolossale Tier am massiven Halsband. ( Kijakpo duk>, sagt sie auf Tibetisch, der Hund sei schon gut. Schnell wenden wir uns nach rechts und schreiten ins Kloster. Der Gebetsraum steht offen, schmutzige Vorhänge verdecken das Innere, aus dem monotones Gemurmel tönt. Die Luft ist geschwängert vom Duft der vielen Butterlampen.

Ein Novize kommt heraus, hält mit beiden Händen einen grossen halbleeren Teekrug, schlüpft vor dem Eingang in seine Schuhe und geht zur Küche hinüber. Wir folgen. Einige Mönche und Nonnen sind gerade dabei, Gemüse zu rüsten. Auf dem gemauerten Herd in der Mitte des düsteren Raumes stehen zwei grössere Kessel, in einem kocht der Tee, in den andern wird das Gemüse gelegt. , sagt Ang Temba. Tatsächlich wird der typische Sherpa-Gemüseeintopf gekocht, eine beliebte Mahlzeit bei solch kaltem Wetter. Im Hintergrund, nahe eines kleinen Fensters, betet ein älterer Mönch mit strengen Gesichtszügen. Er hält inne und bittet uns zu sitzen. Gleichzeitig gibt er einer Nonne den Auftrag, uns Tee zu bringen. Dabei lächelt er geheimnisvoll, dann betet er leise weiter. Vor ihm liegen die losen Blätter des kanjur, daneben liegen dorjee und drilbu, Donnerkeil und Glocke. Schon schlürfen wir den gebutterten Salztee. Dampf entweicht den Holztassen und löst sich in bizarren Windungen auf. Der Mönch am Fenster legt sein Gebetbuch zur Seite, hebt den silbernen Deckel seiner Tasse ab und schlürft mit. Einen Augenblick lang erinnert er mich an Petrus an der Himmelspforte. Nach einer längeren Pause fragt ihn Ang Temba, ob wir den Trulshig Rimpoche sehen könnten. Er bejaht. Wichtiger jedoch scheint ihm unser leibliches Wohl, denn er fordert uns auf, noch mehr Tee zu trinken:

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