Schreckhorn
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Schreckhorn

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Von Hans Kocher Direkte SüdwandPort-Nidau BE )

Es ist drückend heiss. Wir kommen mit unseren schweren Säcken nur langsam vorwärts. Trotzdem sind wir zufrieden, denn nach einer langen Regenperiode hellt der Himmel endlich auf und lässt uns hoffen, einige Tourentage im Gebiet der Strahlegg halten zu können. Im Abendwerden erreichen wir die Hütte, wo uns Hüttenwart Baumann empfängt und uns betreut, als wären wir seine Söhne.

Etwas unsanft werden wir um 1.30 Uhr aus dem Schlaf gerissen. Ein'Blick durchs Fenster. Sternenhimmel! Das bringt Bewegung in uns. Rasch machen wir uns fertig und marschieren los. Als Einführungstour hatten wir den Südgrat des Schreckhorns vorgesehen, doch nimmt uns die Südwand in ihren Bann. Trotz einem Verhauer im Anmarsch stehen wir nach zweieinhalb Stunden am Einstiegscouloir. Bis jetzt war es verhältnismässig warm gewesen, doch plötzlich wird es kalt, und es stellt sich dichter Nebel ein. Die Felsen sind stark vereist, deshalb halten wir uns ans Couloir, bis wir bemerken, dass wir zu hoch darin aufgestiegen sind. Wir beschliessen deshalb, den Gipfel auf dem direktesten Weg anzugreifen, da wir dafür genügend ausgerüstet sind. Unsere zwei Seilschaften Pedro und Paulet und Rönz und ich sind sehr beweglich und führen abwechselnd. In leichtem Gelände gewinnen wir rasch an Höhe. Bei den ersten Schwierigkeiten beginnt glücklicherweise die Sonne ihre wärmenden Strahlen auszubreiten. Dies gibt uns Auftrieb, und nach einem mittelschweren Riss greifen wir ein äusserst ausgesetztes Kamin an. Nach zwei Seillängen wird der erste Haken geschlagen. Alle passieren gut, und nach einer Passage von 30 m stehen wir vor einer fast griff losen Platte, die Pedro mit seinen langen Beinen meisterhaft überwindet. Uns Kleine kostet sie einige Schweisstropfen. Die Moral ist gut und der Gipfel kommt immer näher, bis wir vor einem leicht scheinenden Kamin stehen, das sich bei näherem Zusehen als total vereist erweist. Nach vergeblichen Versuchen geben wir es auf, es zu durchsteigen, und halten nach einem Ausweg Umschau. Eine Kante erweist sich als fast unbegehbar, und wir müssen gerade diese erreichen, um weiter zu kommen! Paulet, unser Benjamin, macht sich an die Überwindung eines sehr schwierigen Risses. Loses Gestein versperrt ihm den Weg; er beseitigt es mit viel Krach! Ein Versuch, einen Haken zu schlagen, erweist sich als nutzlos. Minuten verrinnen, sein Körper verschwindet, der Ruf « et maintenant un de ces Weissen-burger » bezeugt uns, dass er den Riss überwunden hat. Wir folgen. Eine volle Stunde kostet uns diese Passage. Nach einigen leichten Stellen stossen wir wieder auf eine Platte, die einen zweiten Haken zur Sicherung erfordert. Dann aber sind die Hauptschwierigkeiten zu Ende. Auf einem ausgeprägten Grätchen, das stark mit Schnee belegt ist, geht es zum Gipfel, den wir nach achteinhalb Stunden ausgesetzter Kletterei erreichen.

Die Gipfelrast wird ausgiebig benützt, bis wir wieder an den Abstieg denken müssen, der uns über die Normalroute führt zum Gletscher, in dessen weicher Schneeüberlagerung wir bis zu den Knien einsinken. Aber alles hat ein Ende, und so erreichen wir nach mühsamem Marsch die Hütte, just als ein feiner Regen einsetzt. Und aus ist es wieder mit der Schönwetterzeit. Aber - wir hatten wenigstens diesen einen Tag gewonnen!

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