Skituren im Gotthardgebiet
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Skituren im Gotthardgebiet

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Von Hans Raschle.

( Siehe beigegebene Karte. ) Schon 1905 hat der zweibändige Urnerführer des S.A.C. die Gotthardgruppe dem Sommeralpinismus erschlossen, und jeder neue Sommer hat seither das Interesse für Gräte und Gipfel, die Nordschweiz und Tessin scheiden, gesteigert.

Im Westen locken, mit Trifthütte und Albert-Heim-Hütte S.A.C. als Stützpunkten, das langgedehnte Glacis von Trift- und Rhonefirn und der Steilhang des Siedeingletschers. Die Südlage beider verlangt überlegte Wahl von Tag und Stunde, öffnet aber immer packenden Tiefblick und erhebende Fernsicht.

Das alpine Hauptskigebiet dehnt sich südlich der Furkastrasse im Winkel von Gotthardstrasse und oberstem Tessinlauf. Sein Mittelpunkt ist die Rotondohütte, die seit 1929 ein gastliches Winterheim ist. Rings um sie reizen Aussichtsberge zu Halbtagturen mit kurzem Aufstieg und schüssiger Rückfahrt, während die Rundfahrten über Muttenalp und Schwärzealp, vor allem aber der — allerdings nur bei Schneesicherheit zu empfehlende — Aufstieg auf Pizzo Lucendro mit stiebender Abfahrt zur Gotthardstrasse oder mit flüssigem Gleiten über Isenmannsalp dem bewährten alpinen Fahrer besondere Freuden verheissen. Dem mittleren Fahrer bietet die direkte Rückfahrt durchs Wyttenwassertal nach Realp Rhythmus genug, während der anspruchsvollere Winterhirsch bei guten Schneeverhältnissen seine Gewandtheit in den Abstiegen ins Bedrettotal über Rotondo- oder Cavannapass zu beweisen reichlich Gelegenheit hat.

Von der Gotthardpasshöhe steigen bekannte Schneepfade zum Pizzo Lucendro und durchs idyllische Sellatälchen zur bewegten Kette Pusmeda-Giubing-Centrale auf; von all diesen Gipfeln schwingt man, vom freien Rundblick beglückt, über bewegte Terrassen zu Tal. Wer nach innerer Geschlossenheit strebt, kreist in lustiger Rundfahrt um Piz Valletta oder um Monte Prosa oder gar um diesen und Furkaegg zugleich. Wem es mehr auf die Kilometer ankommt, die sich zwischenhinein im Langlauf dehnen, klimmt links am Prevot vorbei ins Unteralptal oder rechts am Prevot vorbei ins Maigels, in deren Talböden man aber die Lawinenneigung der Flanken nicht vergessen darf.

Nordöstlich, mit dem Oberalppass als Basis, wölbt sich in steilen Kuppen ein weiteres Skiparadies. Seine fröhlichste Höhe ist der Calmot, der westwärts für die Militärkürsler und für die Rushengländer von Andermatt und für solche, die es werden wollen, eine Extrachristianiahalde zurechtgeschliffen hat, nordwärts über Passo Tiarms aber auch dem gemütlicheren Landschafts-bummler ein sanfteres Gässchen verborgen hält. Grossboden-Gütsch ist weniger Rennfeld als Piste für besonnene Fahrer, und der von Lawinen umlauerte Übergang über die Fellilücke zur Treschhütte ist nur dem bewährten Alpinisten ein Tor der Freude.

Wenn viele dem roten Netz der winterlichen Schönheiten auf unserer Gotthardskikarte bisher noch ausgewichen sind, mag das Wettervorurteil gegen das Gotthardgebiet das zu verantworten haben. Manche grüssen das Rotondogebiet von ferne als Wetterloch, denn sie haben sich noch nicht überzeugt, dass ein Wetterloch meist auch ein geradezu ideales Schneeloch ist, das die Winterfreuden bis weit in den Spätfrühling hinaus körnigrauschend aufhebt; und was ficht 's schliesslich den echten Alpinisten, wenn hin und wieder der Sturm um die Felsbastionen rings um die Gletschermulde orgelt, wenn der Nebel in den gewaltigen Kaskaden eines flockigen Riesenwasserfalls glitzernd vom Cavannapass niederstürzt, wenn sich der Schnee zu schnurrigen Windtreppen staucht und wenn all diese tönende, und formende Herbheil. dem tatenkühnen Menschlein wieder zum Bewusstsein verhilft, dass es zwischen Hochalpen und Skisäuglingsgärten noch gewisse Unterschiede gibt! Und der launische Götthard? Oft ist seine Laune besondere Gunst für uns, denn oft halten Stoss und Gegenstoss von Nordwind und Föhn den blauen Himmel über der ehrwürdigen Passhöhe offen, während die Taltiefen in der Unsicherheit des Wetterumschlags bangen.

Und die Lawinen? Jawohl, sie nisten zahllos in den Flanken der schmalen Täler, aber wir sollen lernen, durch Vorsicht und Klugheit ihrem Zugriffe zu entgehen. Hin und wieder und da und dort, sogar am Rennplatz des Calmot, habe ich ihr grollendes Rollen vernommen. Welchen beherzten Alpinisten darf diese drohende Stimme der Berge schrecken? Ihm vermag sie nicht die ehrfürchtige Freude zu verscheuchen über die reine weisse Weite und über des Himmels unendliche Bläue, die dort oben manchmal in wundersamen Nächten aus der Überfülle der Sterne Polarschnee niederglitzern lässt, als werde der irdische Winter mit seidenen Schleiern in die Urtiefen des Himmels verwoben.

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