Um die Hölle herum
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Um die Hölle herum

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Von M. Szadrowsky

Vortrag, gehalten 1948 in der Sektion Rätia des Schweizer Alpenclub ( Chur ) Durch eine Hell voll Todesschatten oder doch Schattenschauer gelangten und gelangen Hirten, Bergler, Wanderer hinaus auf eine grüne Au ( wie im Psalm ), durch eine finstere Kluft oder Klus hinaus oder hinein auf einen grünen Talgrund: durch das steile, felsige, mit Gestäude bewachsene Hellen-Tobel hinaus zur Frauenkirche ( Davos ); vom alten Kunkelspasspfad durch « eine sehr enge Kluppen » ( Sererhard ) und eine steile, steinige Halde hinaus in die grüne Mulde von Hindergirsch. Im Tal von Somvix liegt ein « schönes Tal » Val biala über Stretg-heller. Rätoromanisch stretga heisst « enger Durchgang, Klamm, Klemme », stretg « eng, schmal », und Stretg-heller ist wahrscheinlich als Stretg hella zu deuten ( Umdeutung zu heller lag nahe, weil heller im Mund der Oberländer fast wie hella klingt ), das heisst « enge Hell » ( alte deutsche Namen kommen in der Gegend mehrfach vor ).

Dichter wissen und künden vom immer wieder mächtigen Gebirgserlebnis: durch Schattenkluft auf grüne Weide und Wiese.

Selber erlebt hat C. F. Meyer in Engelberg den Bergweg durch Schattendunkel ins lichte Grün, auch Angelas oder Engels Weg durch dämmerfeuchte Tannenschatten, auf dem Baumstamm über die wirbelnden Wellen, durch die Schlucht, wo Felsenstücke als ungestalte Pforte ragen, in die tiefe Wildnis, wo jäh die Wände hangen, die Tannenschlucht, die in des Gebirges Wall gerissen ist, von Felsen rings umstellt, « und da jedweden Weg wir missen, heisst hier das Ende es der Welt ». Schon am Anfang der Dichtung « Engelberg » lässt Meyer das der Gebirgslandschaft wesentlich Eigene, .mächtig Gegensätzliche schauen: schroffe Wand, wild zerrissen Felsgestein, Schluchten und Rinnen, die sich in breiten, schattigen Falten hinabsenken. Hoch darüber brennt ihm dann etwa das Felsgestein auf reinen Himmels-gründen, und Angela lässt er dem offnen Tor des Himmels zusteigen. In der Novelle « Die Richterin » zeigt Meyer die grüne Alp Pratum, « eine lichte Matte, die bald zu steigen begann und immer steiler wurde », « oben schaut es sich weit und lustig », gegenüber « prangt und jubelt der Schneeberg », unter der Alp ist die Klus ( die Viamala ist gemeint ), die Schlucht, « die furchtbarste in Rätien ». Als Wulfrin « in den Schlund hinabstieg, wo der Strom wütete, und er im Gestrüppe den Pfad suchte, störte sein Fuss oder der ihm vor-leuchtende Wetterstrahl hässliches Nachtgevögel auf und eine pfeifende Fledermaus verwirrte sich in seinem Haare. Er betrat eine Hölle... Da war nichts mehr von den lichten Gesetzen und den schönen Massen der Erde. Das war eine Welt der Willkür, des Trotzes, der Auflehnung. Gestreckte Arme schleuderten Felsstücke gegen den Himmel ». Dergleichen konnte « natürlich » da und dort den Namen Hell, Höll verdienen.

Ein Himmel liegt etwa über einer Hölle, ein Himmel-Riich. Freilich ist der Lammschi-Himmel in Safien kein paradiesisches Gefilde ( so wenig wie die Gitzi-Höll ), sondern ein steil abfallender felsiger Hang, auf dem oft Schafe erfielen oder vom Steinschlag getroffen wurden. Auch hinter dem Ross-Himmel von Furna verbirgt sich ein Abgrund. Ein Ross-Himmel ist auch an der Strasse nach Engelberg, wohlverstanden eine gefährliche Stelle, wo schon viele Pferde gestürzt sein sollen. In Ross-Himmel choo(n ) heisst in einen Himmel niederen Ranges, nicht in den rechten Himmel, in die Hölle kommen. Es himmlet-si(ch ) nid so Hecht, « es ist nicht so leicht, in den Himmel zu kommen ». In einer schweizerischen Predigtsammlung von 1673: « Wo es sich nicht himm-let, da hellet es sich », d.h. wenn man nicht dem Himmelreich nachjagt, geht man der Hölle zu. Zur altererbten Höll am Sustenweg erfand man erst nach dem Bau der Sustenstrasse als Gegensatz die Bezeichnung Himmel, Himmels-Rank für eine grosse Strassenkehre darüber.

Lebendiger als ein Himmel mit der « grünen Au » verbunden ist ein Paradies. « Es wechselt Paradieseshelle mit tiefer, schauervoller Nacht » ( Faust ). Paradis kommt « natürlich » auch als Namengespan von Höllen vor, zum Beispiel im Rhemwald ganz hinten im Gebirge zwischen dem Rhein und den Schutthalden des Zapportgletschers, gegenüber dem Weg zur Klubhütte am Ursprung. Johannes v. Müller hat für dieses Paradies eine Erklärung: « Es ligt hoch im Adulagebürg eine sehr wilde Gegend, Paradis genannt, weil sie von demselben so ganz das Gegenteil ist. » J. v. Tschudis « Tourist in der Schweiz » schildert den « finstern Rheinschlund, die Hölle genannt », das Eisgewölbe, « dessen dunkler Tiefe die Quelle des Hinterrheins entströmt », und das darüber liegende Paradies, « eine dürftige, sich immer mehr mit Trümmergestein und Schutt füllende Alpweide », und fügt bei, von der oft gerühmten schönen Alpenflora finde sich keine Spur mehr. Geblüht hat sie also sicher dereinst! Einen « schönen grünen Fleck » nennt die Schaf weide Paradis heute noch der Rheinwalder Klubkamerad J. Meuli: « Der Unterschied zwischen diesem schönen grünen Fleck und dem Flusslauf-Sturz und der Schlucht mag zu dieser Benennung geführt haben. » Wahrscheinlich wurden die Schafweide und eine zum Teil begraste Felseninsel im Gletscher dereinst einfach als « die Wieslein, die Weiden » bezeichnet mit dem rätoromanischen Plural pardis ( wie auch sonst da und dort in Graubünden ). Der freundliche Gegensatz der Gras- und Blumenbereiche zu Fels, Schutt und Eis schuf dann ein Paradis daraus. Die Schlucht Höll förderte diese Verwandlung, falls dieser Name nicht selber erst dem Paradis gegenübergestellt, eine Hölle unter dem Paradies geschaffen wurde. Was und wie die Höll am Ursprung ist, lassen wir uns von J. Meuli sagen: « Der Rhein stürzt dort durch einen etwa zwanzig Meter hohen Fall in einen Felsspalt hinunter, und zwar nur teilweise sichtbar, der grösste Teil des Falles ist durch eingeklemmte Felsbrocken verdeckt, und dann nimmt der Rhein seinen Lauf durch eine Schlucht ( im Atlas gut sichtbar ), das ist die Höll. » Sererhard berichtet auch über den einen Arm des berühmten Rheinflusses, « der hindere Rhein genant », der aus dem « grässlichen Gletscher » entspringe, dazu etwas Heidnisches, was dort um die Hölle spukt: « Ganz nache bey diesem Ursprung am Gletscher stuhnde vor uralten Zeiten eine Kapellen, den heidnischen Göttinen zu Ehren erbauen. Aus dieser Kapellen soll noch die kleinere Glocken in Kirchenthurn beym hindern Rhein herkommen. Nachgehends ist diese Kapell in ein Eremitage verwandlet worden, masen vor der Reformation zwei Wald Brüder alldorten über Jahr ihr Aufenthalt gehabt»,verwandelt wohl eine von Heiden mit Furcht und Ehrfurcht empfundene Naturmacht in eine christliche Hölle. Christian Caminada, jetzt Bischof von Chur, hat in gelehrten Abhandlungen ( in Jahresberichten der Historisch-Antiquarischen Gesellschaft Graubündens ) eingehend dargetan, wie viel heidnischer Wasser-, Feuer-, Steinkult noch heute im Volk und in kirchlichem Brauchtum spukt. Der Hirtenknabe Gabriel in C. F. Meyers Novelle « Die Richterin » meint über Elbe und Eibinnen: « Es gibt keine * nur darf man sie nicht mit wüsten Worten rufen oder gar ihnen Steine ins Wasser schmeissen » — so zwiespältig war und ist manchem zumute. In der Dich- tung « Engelberg » beschwört Beat mit dem Reliquienschrein Wassergraus und Wogenschwall; die trotzigen Wassergeister erkennen heute keinen Meister; einen von denen, die im Himmel wohnen, ruft er zu Hilfe gegen die Dämonen.

Auf alten Kultstätten stehen auch sonst Kapellen und Kirchen, oft weithin sichtbar und mit weithin hörbaren Glocken, am Rand von Höhen, über Felsen, auch über Hellen, Höllen, zum Beispiel das Chilchelti auf Cresta im Avers über der Hell, auch auf Davos am Platz die Kirche über dem Abhang Hell.

Nicht dass etwas wirklich « Höllisches » darin stecken müsste! Man kommt auch mit dem steil abfallenden Gelände aus: nie fahrbar war da der Weg, nur für Fussgänger gangbar. Ohne Schrecknis heissen gerade in Graubünden immer wieder Heimstätten Hell, weil sie tief unten liegen, vertieft etwa unter einem abschüssigen Wege. Und der steile Weg selber, das stotzige Hinunter eines Abhangs reicht aus für eine Hölle, ein « Pfad, der abwärts drängt » ( C. F. Meyer ). Freilich auch aufwärts kann man es mühsam finden, aufwärts zum Kirchlein wie zum Himmel, abwärts leicht: « Zur Hölle zu kommen ist leicht, da geht es nidsich; aber in Himmel schwer, da geht es Berg an und ob sich ( nach einem Zürcher Prediger um 1730 ).

Gefahr und Mühsal sind oft dabei. In Vais ist der Hella-Wang ein steiler, für Vieh nicht begehbarer Abhang auf der Alp Leis, die Hell eine sehr steile Bergwiese zwischen Frund und Fätti. Höllisch mühsam, teuflisch heimtückisch für Mensch und Vieh können solche Höllen sein. Die Hell von Seewis ist « eine gefährliche Stelle », die Heil-Halde von Tamins zwischen Girsch und Foppaloch « sehr steil, steinschlägig », sehr geschützt gegen Wind, darum im Sommer « einebrütendeHitze ». Solche Wärme kann auch segensreich sein: Hell heisst « die von der Sonne durchglühte Kumme hinter dem Dorf Salgesch, wo der feurige Landrote als Spezialität wächst. Der Name kommt sicher von der höllischen Hitze an diesem Ort » ( Prior Siegen in Kippel ). In einer heissen Mulde, geschützt gegen allen Wind, heiss zum Braten, liegt die Wiese Höll in Malix. Das Hell-Tobel in Sapün « ist ein ziemlich tiefer Graben mit steilen Böschungen, die zum grossen Teil als Mähder benutzt werden. Stellenweise sind auch Tschüggeli in diesem Tobel. Die Sapüner sind der Meinung, dass der Name Hell-Schluocht und vor allem Hell-Tobel sich auf die sechs steilen Börter und leiden Grindä beziehe, aus denen das Heu schwer wegzubringen sei und wo man auch beim Mähen stellenweise kaum stehen könne. Es sei, als ob man das Heu us der Hell herausholen müsse. Auch ist das Tobel bei Schlagwettern nicht ungefährlich und bringt dann viel Geschieb und Geröll mit ». Da geit 's hellisch schlächt, sagt man bei schlechter Wegsame, das ischt as helliss Tuon g'sin, wenn einer einem andern übel mitgespielt hat. Für Holzschlitter ist es manchenorts hellisch, also eine Hell. Über die Äcker Las Hellas in Fidaz ( Flims ) meint ein Einheimischer, die örtlichkeit heisse aus dem Grunde so, weil « es dort unten besonders heiss sei, im Sommer kaum ein Lüftchen spürbar, so heiss wie in der Hölle ». Sehr heiss ist auch eine Hell im Gebiet von Conters. Das Gras sei nicht schnitzigs, aber derrigs. Da könne man nie heuen und emden, ohne von den Wespen zerstochen zu werden. Nicht einmal ein gepflanzter Stachelbeer-strauch habe in dieser Hitze gedeihen wollen. Steil ist diese Hell übrigens auch, eine nach Osten abfallende Halde. Der Besitzer lachte: wenn er von oben hinabsteige, so gehe er hinab in die Hölle, und das sei natürlich; wenn er aber hinaufsteige zur Hölle, so sei es doch sonderbar.

Steinige, hügelige, unfruchtbare, mühselig zu bearbeitende Grundstücke sind Höllen, waren vielleicht vor Jahrhunderten dasselbe mit der rätoromanischen Bezeichnung iffiern, uffiern ( aus lateinisch infernum ).

Mühsam, mühselig ist auch manche waldige Hell, wie die von Haldenstein, Malans, die Gifzi-Hell von Grüsch und Schiers. Mit Erlen und Eschen bestanden ist nach dem Namenbuch die Höll von Tschappina. Genauerer Bescheid zeigt, dass anderes zu dieser Bezeichnung veranlasst, aus der übrigens erst allmählich ein Name zu werden scheint. « Wir gehen hinab in d' Höll, sagen etwa die Einheimischen. Als richtiger Name gilt im Bode und wird sich noch lange, wahrscheinlich für immer erhalten, trotzdem der Ort tief unten, fast senkrecht über dem Wasser des Carnusbaches und im Sommer in heisser Temperatur ist. » Schlechtes Gebiet, hässliches Gebiet, Orte, an und in welche man nicht gerne geht, das alles kann zur Hölle werden.

« In Seedorf besitzen wir ein ebenes Gebiet, Riedland, das als obere, mittlere und untere Hell bezeichnet wird, also eine Ebene, die aber so schlechtes Land aufweist, dass es höllisches Land ist und als die Hölle gilt, ein unschönes Gebiet, wo man lieber nicht sich niederlässt » ( Max Oechslin ). Guter Boden kann zu Sumpfland « verteufelt » worden sein. Der Bündner Chronist Guler weiss ( 1625 ) von einem weiten, ebenen Feld, « das selbiger Zeit satt und trocken war, nachwerts aber an vielen Orten zu Ried, Moos und Pfützen geraten ist ». In Uznach hat 1695 eine Hexe « vor Jahren auch das grussamme Wasser, wie es alle Rieter so überschwembt, machen helffen ». In das Höll-Mos am Thuner See wurde die Seele Diebolts von Strättlingen verbannt. Girizen-Mos, Girizen-Riet, auch Meitli-Hell ist in manchen Gegenden dem Volksglauben ein Strafort nach dem Tode für alte Jungfern und Junggesellen, ein Morast mit Binsen anstatt Blumen, mit plagendem Ungeziefer, eine kahle Heide mit Disteln und verkrüppelten Stauden. Im Fastnachtsscherz einer Girizenfahrt kann auch noch der leibhaftige Tod mit Helfern und Knechten seine Macht ausüben. Es gibt Flurnamen wie Toten-Mösli, Hellen-Rieterli. Dazu beherzige man aus einem alten alemannischen Druck: « Die iren lyb gezieret habend zuo der Üppigkeit, ligend in der hell in einem fulen stinkenden gumpen voll der schlangen undkrotten. » Im Osterspiel von Muri erlöst Jesus Seelen von dem tode, von der helle sode « von dem Tode, von der Höllenpfütze ». Die Bläemji-Hell von Conters liegt oberhalb des Blüemji-Rieds, ist nach massgebendem Bericht « ein Ausläufer eines Rieds » ( in der Nachbarschaft von Hasen-, Schaf-, Gross-Ried ), « eher kühl », « an der Quelle des Schindeltobel-Baches » ( wir erinnern uns an die Höll beim Ursprung des Hinterrheins ), übrigens « ein Halbkessel, amphitheatralisch », und in der Nähe ist die Ring-Tole, mit der eine Mordsage verbunden ist.

Im Mittelalter und weiterhin dachte man sich die Hölle auch als trichterförmigen Raum, der sich in konzentrischen Kreisen nach unten verengert; im innersten schmachten die Schlimmsten. In einem grossen Kessel wurden die Verdammten gesotten, in einem Höll-Kessel für ein höllisches Gastmahl gekocht ( Gegensatz zum himmlischen Mahl ). Zur Hell von Malans gehört die Tüüfels-Kuchi ( im Engadin heissen im Gebiet von Madulain steinige Halden Chaminedas da VInfiem « Höllenküchen » ). Höll-Chessel sind in der Ostschweiz Aushöhlungen der Sitter, auch seltsame runde Höhlungen, welche die oft austretende Goldach in den Sandsteinfelsen ausgewaschen hat. Hexen-Chessel heisst eine Gletschermühle im Tschingel. Auch Vergleichung mit dem Mühltrichter drängte sich auf: der Hell-Müli zue fare(n ). Eine Hell-Müli ist denn auch da und dort im Gelände, und zwar auch ohne wirkliche Mühle, wenn auch meistens einfach und « natürlich » eine Mühle nach einer Schlucht Hell benannt sein wird. Es kann auch eine Sägemühle sein. In C. F. Meyers « Engelberg » hört der aus der Fremde heimkehrende Kurd beim Hinaufsteigen nach Engelberg « seinen Wildbach rauschen » und sieht die Sägemühle des Klosters « unten, wo die Wasser drängen, sich schäumend zwischen Felsen-engen », und darüber « öffnet sich des Tales Rund, er reitet über Wiesengrund ».

« Natürlich » sind heutzutage die Höllen grossenteils des Höllischen bar, dem Wanderer die schaurigsten Schattenschluchten hells-schön, hellisch schön. Aber immerhin: man wird nachempfinden, was alles und wie Ver-schiedenartiges im Gelände als höllisch erlebt und als Hell, Höll bezeichnet werden konnte..

II Nicht alles, was Hell, Höll heisst, ist höllisch nach seinem Ursprung.

Den Höllenbereich berühren « natürlich » Wörter und Namen, die mit hohl zu tun haben. Das Wort hat in den altgermanischen Sprachen einen kurzen Stammvokal, so auch hol im Alt- und Mittelhochdeutschen und zum Teil noch im Schweizerdeutschen. Es ist häufig in Orts- und Flurnamen: im 14. bis 17. Jahrhundert zum Beispiel « ze holen Strass », « Holen-Bach », « den Hollen-Weg », « an der Holen-Auw », noch heute Holl(en)-Acker, im Holl(en)-Berg, Hol-Egg, Hol(en)-Flueh, bi de(n ) hole(n ) Steine(n ); Holen-Weidli ist eine Weide bei einer Felshöhle Holen-Stein; für Holen-Stein wird auch Hollenstein geschrieben. Zu einem Höllenstein ist es für Ohr und Phantasie nicht mehr weit. In solchen Namen kann auch das Hauptwort Hole(n ) stecken; es bedeutet « Einsenkung, Höhlung, Hohlweg » ( mittelhochdeutsch hole, altisländisch hola ): « in der Holen », « auf der Holen » ist häufig als Flurname. Auch Hülle fn ) ist eine « Einsenkung im Boden » und kommt als Flurname vor. Höli « Höhle » ist in Namen « ziemlich selten »; erst im Neuhochdeutschen hat sich durch Angleichung an das Grundwort hohl die Form Höhle mit ö durchgesetzt gegenüber altdeutschem huli, Mie. Hüli ist denn auch im Schweizerdeutschen noch bei Kräften; eine « Höhle, höhlenartige Tierwohnung » ist damit gemeint. An Nachweisen aus dem altern Schrifttum ist kein Mangel: « Das loch der hüle » in der Zürcher Bibel 1531/48 neben « das hol »; « Quies, Hüllin der Tieren » verzeichnet Denzler 1677, dann « Holen » 1716, « Hüle » 1677 und 1716. Zur Hölle war von da kein weiter Weg, zumal vom Flurnamen « Hulstein » ( 1217 ), « in den hulenstein » ( 1345 ), « im Hulistein » ( 1503 ), im Hälli-Slein der Weg kurz zu einem Höllenstein. Es gab auch ein altdeutsches Wort huliwa, hülwe, hüll « Pfütze, Pfuhl, Sumpf lache », dazu die deutlichere Zusammensetzung hulli-lahan, hülle-lachen. Man erinnert sich an die Sumpfhöllen.

Auch das mittelhochdeutsche sächliche Hauptwort hol steckt in Namen: Hol im Toggenburg, Holl als Name einer Stelle am Walensee bei Walenstadt, und lebt noch als Begriffswort im Sinne von « Vertiefung, Loch », « Höhle, Ber-gungsort, Lagerstätte wilder Tiere ». Bei Pfäfers « sind holl, uss denen heiss wasser entspringt » ( 1495 ); später muss man sich dort in eine « Hölle » hinablassen. « Der tüfel hat ein wytes hol » ( 1525 ); er hat auch die Hölle.

Missverständnis und Umdeutung zu « Hölle » war sogar möglich bei Hääl, Häle, Häli, Heeli als Ausdruck für eine Einrichtung in Sennhütten ( aus althochdeutsch hahila, hahala zu hahan « hängen, aufhängen » ); es ist eine Kette oder ein Balkenarm für den Käsekessel, ein Rauchfang, ein Gestell im oder am Rauchfang. Schreibt doch Gotthelf neben Hehle auch Helle: « Je mehr Fleisch in ihrer Hehle hing »; « Es möchte in der Küche eine Hamme in der Helle hangen » ( später « Schornstein » ). Feuer und Rauch hat eine solche Helle mit der Hölle gemein. 1459 heisst es in Ursern, eine Hexe « habe den lüten etwann die Milch genommen und die uf der helli gemulchen und sy ein schwarzi katz allwäg danne uf der helli gesyn, wenn sy das treib ». Der Teufel war gewiss nicht weit von solchem Hexenwerk « uf der helli », auch die « Hölle » nicht.

« Glatt und heel ist der wandel hin zue der hell » ( um 1520 ): da soll das Zusammenklingen von hell und heel wirken. Für das Wort hääl, heel « schlüpfrig, glatt » ( althochdeutsch hali, mittelhochdeutsch Mie ) kommen im altern schweizerischen Schrifttum die Schreibungen hai, heel, hel und sogar hell vor, zum Beispiel um 1700: « Lubricus, schlipferig, hell, glatt ». Das Wort mischte sich mit hell, gelegentlich wohl auch mit Hell. « Hüet dich flyssig; dann du wandlest auf hätem. Weg » ( Zürcher Bibel 1531 ) oder gar auf einem Hellen-Weg. Unangetastet bleiben die vielen Namen mit hääl, heel für schlüpfrige, glatte Hänge, zum Beispiel im Avers Hääli, Hääla Wang, Hääl Wengli, in Davos und Klosters Heel Wang. Immerhin war das Entgleiten in einen Hell-Wang möglich. Eine Glätti, Böösi, Heeli heisst ja da und dort Hell, HÖH.

III Dem Bereich der Hölle ist noch einiges zu entreissen, was ihm freilich verfallen ist, zu entreissen mit Hilfe einer germanischen Wortgruppe, welche Steine, Felshöhlen, Felsplatten betrifft. Es bestanden im Germanischen ein Wortstamm halja- « Felshöhle » und ein Wortstamm halljo(n)- « flacher Stein ». Im Nordgermanischen sind sie stark gediehen und lebenskräftig geblieben.

Das Altisländische hat ein männliches Wort hellir « Felshöhle », auch in vielen Zusammensetzungen ( da steht das Wort als erstes Glied im Wesfall ) wie hellis-berg « höhliger Fels », hellis-dyrr « Höhleneingang », auch in Namen wie Hellis-dalr, Hellis-sandr, Hellis-vellir ( Mehrzahl zu völlr « Wiese » ) für ein Tal, ein Gestade, Wiesen, die durch eine Felshöhle gekennzeichnet sind, auch in Namen mit hellir als zweitem Glied, wie Steina-hellir « Höhlen mit Steinen, Felsen », Hunda-hellir « Hundehöhlen » ( wie in der Schweiz Hunds-Schipfen ), Geif-hellar « Geisshöhlen ». Im Alemannischen entspräche ein männliches Wort Hell. Es mag, zu Hell « Hölle » umgedeutet und darum weiblich, in Geländenamen stecken.

Alles Augenmerk verdient das weibliche Wort, germanisch halljo(n)-(es ist aus dem Urgermanischen ins Finnische entlehnt worden und lebt dort als kallio « Fels » ), altisländisch hella « flacher Stein, flache Klippe », zum Beispiel in hellu-sleinn « flacher Stein, Platte » ( hellu ist der Wesfall von hella ), im Namen Geit-hellur « Geissplatten », der neben Geit-hellar vorkommt. Heute noch leben im Isländischen hella und im Norwegischen hella, helle « Fliese, Fliesenstein », im Schwedischen hall « Klippe, Steinplatte, Herdstein ».

In der Sprache der westlichen und südlichen Germanen, zum Beispiel bei den Alemannen, sind die germanischen « Stein»-Wörter Hell « Felsenhöhle », Hell « flacher Stein, Steinplatte » offenbar verloren gegangen, so wie zahlreiche Wörter auch sonst. Warum? Sie klangen gleich wie das Wort Hell « Hölle ». Der Anklang, sogar Gleichklang führte zum Anlehnen, Mischen, Umdeuten, zum Untergang des Schwächern. Die « Stein»-Wörter Hell sind bei West- und Südgermanen dem « Höllen»- Wort Hell zum Opfer gefallen.

Oder doch nicht ganz? Nein, doch nicht ganz. Sie leben fort, dem Sprachbewusstsein freilich verdunkelt, in Ausdrücken der Volkssprache und besonders in Geländenamen. Das ist jetzt unsere Sache.

Heil-Blatte verzeichnet das Schweizerdeutsche Wörterbuch mit der Bedeutung « Hölle, gedacht als Feuerstätte, Feuerherd im Erdinnern ». Im Wallis ruft man einen ruhelosen Geist an: Ist dir nil z'hälfen, so trägi di(ch ) der Tüfel uf di unnerst Hellblatte. Auch den Deckel der Hölle stellte man sich dort als Hellblatte vor. Im St. Galler Oberland wird ein Mensch eine Sünde uf der Hellblatte unde abbüesse(n ) müesse(n ), bei dem Solothurner Schriftsteller Schild « sieben Schuh unter der Platte ». Man beachte im Wörterbuch: « Hölle, gedacht als Feuerstätte », und man vermute: Feuerstätte, gedacht als Hölle. Nämlich: Hell « Feuerstätte » zur Hell « Hölle » umgedeutet. Vor lauter « Höllen »gedanken verlor das Wort Hell den Sinn « Feuerplatte », und man fügte, eigentlich wiederholend, noch -Blatte an. Auch dieses Wort Blatte für sich kann die Herdplatte, dann auch den Kochherd bezeichnen. Hell für sich ist auch schon die ausgebaute Feuerstätte. J. J. Scheuchzer schreibt 1746: « In der Sennhütte findet sich die sogenannte, in Form eines Amphitheaters von Steinen gebaute Hell, Herd oder Feuer-statt ». Das ist eine Füür-, Chessi-, Well-Gruob.

Die Sache, welche Hell, Heil-Blatte hiess, muss man sich so einfach vorstellen, wie sie im Wörterbuch unter den gleichbedeutenden Wörtern Äsch-, Füür-, Härd-, Träche-Blatfe beschrieben wird: eine mehr oder weniger erhöhte Sandsteinplatte, auf der das Herdfeuer brennt und über der der Kochkessel hängt. Die Wörter beziehen sich auf « die ganze primitive Herd- einrichtung » und dann freilich auch auf den « gemauerten Herd neuerer Konstruktion, mit Stein- oder Eisenplatte darüber », also doch auch wieder « Platte ». Im Glarner Land war es schon vor hundert Jahren « eine grosse Ausnahme, wenn in einem Hause auf einer blossen Herdplatte gekocht wurde; das Gewöhnliche waren bereits gemauerte Feuerstellen aus Sandstein ». Aber eben nicht das Ursprüngliche! Einfach Feuerplatten waren es, Steinplatten. Muss man nicht an nordisch hella « flacher Stein » denken, an den gemeinsamen germanischen Urgrund der nordischen und der schweizerischen Bezeichnung?

Aus der Herdplatte Hell konnte leicht das Totenreich Hell, auch der Straf ort Hell werden. Ist doch der Herd von altersher ein Geisterort, der Herd mit Ahnenkult verbunden, in Sagen und Märchen, auch noch im lebendigen Volksglauben. Man weiss von Hausgeistern, die unter der Füür-blatte hausen ( auch die Tür-Schwelle ist Sitz der Geister ). Scho ( n ) lang underm Hard « unter dem Erdboden », d.h. schon lang gestorben, kann für Ohr und Gemüt wie underm Herd klingen. Man stellt auch den Hausgeistern Milch-näpfchen und Brot in den Winkel hinter dem Stubenofen, und diese Nische heisst Hell. « Der Winter ist ein grober G'sell, trybt hinderen Ofen in die Hell », sagen Ofeninschriften aus dem 17./18. Jahrhundert. Ein Ort behaglicher Wärme ist ein solcher Ofenschlupf, ein tröstlicher Ofensitz. Eine solche Hell ist gewiss nicht höllischen Ursprungs, sondern eben Hell als Steinplatte. Die Ofen-Blatte ist ja auch eigentlich eine aus Sandstein oder Schiefer bestehende Deckplatte des niedern Nebenofens in der Stube ( auch dieser Ofen selber ). Nicht dass die Hölle ganz aus dem Spiele bliebe! Herd- und Ofenplatten, Feuerstätten konnten zur Hölle umgedacht werden. Ein Sprichwort macht sich den Doppelsinn zunutze: Er ist en arme Tüfel und hat kei eigni Hell. Und ganz im Ernst war und ist mit der Fürblatte, Hellblaue die Hölle gemeint; die Bezeichnungen der Feuerplatte sind Namen der Hölle geworden, weil die Hölle als Feuerstätte gedacht wurde.

Stein, Platte, Grab, Totenreich haben von altersher viel miteinander zu tun. Nach dem Neuen Testament wurden Gräber meist seitlich in Felsen ausgehauen und mit einem grossen Stein verschlossen, konnten aber auch im Boden ausgegraben werden. Erdgräber, mit Steinplatten bedeckt, sind im Heliand ( bei den Sachsen um 800 ) das Grab des Lazarus und das Grab Christi. Auch Gräber isländischer Könige sind mit schweren Steinplatten zugedeckt: eine solche hella ist nach einer Erzählung dreizehn und einen halben Fuss lang und fast zwei Ellen breit. Im alten Zürich wurde amtlich festgesetzt, « wie breit und wie lang Grabsteine sin sun » ( sein sollen ); bestraft wird mit einem Pfund Busse, wer einen Grabstein macht, « der lenger ist danne siben füesse und breiter danne dry füesse ». Es genügen zur Not auch kleinere, leichtere: « Hätt ich schon aller weit guot allein, so deckt mich doch zletzt ein kleiner stein », heisst es in Nikiaus Manuels Totentanz. Wichtig war auf jeden Fall, dass man das Grab « under einen stein » brachte ( 1447 ). Galt für die Steinplatte das Wort Hell ( wie im Norden ), dann lag der Tote under der Hell geborgen ( bei Schild « sieben Schuh unter der Platte » ), wie die Hausgeister unter der Fiirblatte hausen. Aus der Wendung under der Hell konnte eine undere Hell werden und weiterhin di widerst Hell. Wurden Tote im Haus unter der Hellplatte des Herdes oder des Ofens bestattet, dann waren Feuerplatte und Grabplatte ganz besonders eng verbunden.

Der Untergang des Begriffswortes Hell wird gerade in diesem Zusammenhang sehr begreiflich. Mussten sich da nicht die unschuldigen Ersatz-wörter Stein, Platte für das zweideutige Wort Hell aufdrängen? « Unter dem Stein », « unter der Platte » klang doch für Ohr und Herz erträglicher, tröstlicher als « unter der Hell ». Das alte Erbwort Stein war ja zur Hand. Daneben bürgerte sich das mittellateinische Wort platte im Deutschen ein; althochdeutsch piatta, blatte « Steinplatte ». Geistliche Urkundenschreiber hatten es im Kopf und in den Fingern, bald auch andere Leute in den Ohren. Dem Wort hell gegenüber hatte piatta, blatte den Vorzug, dass es kirchlich ehrwürdig war und vor allem nicht mit Doppelsinn belastet. Begreiflich ist also, dass hell « Steinplatte » nicht schwarz auf Weiss in Urkunden nachgewiesen ist.

Mit Wahrscheinlichkeit darf man behaupten: nicht nur im Norden, sondern auch bei Germanen im Süden war eine Hell eine flache Steinplatte. Trauen wir vor allem den Hell-Blatten unserer Alphütten! Platten, Hellen waren es von Natur, erst später der verdeutlichenden Zusammensetzung mit dem gleichbedeutenden Wort Blatte bedürftig, als das « Höllen»-Wort Hell das « Stein»-Wort Hell verdrängt hatte, dann also Hell-Blatten.

Vielleicht wird Sicherheit aus der Wahrscheinlichkeit durch weitere Zeugen für das « Stein»-Wort Hell.

Die Redensart « laufen, lärmen wie-n-e fuuli Hell » hat offenbar viel weniger mit den Sumpfhöllen zu tun als mit steinigen Hellen, nämlich mit faulem Gestein. Das « läuft » und « lärmt » ja tatsächlich, in einer Rüfi etwa oder weg unter dem Fuss des Hirten, des Jägers, unter dem Tritt des Bergsteigers, auch eine Schieferplatte, die man wegschleudert, weil sie eben faul und unbrauchbar ist. Das Wort fuul braucht man von verwitterten Felsen, verwittertem Gestein, besonders von weichem Tonschiefer, der an der Luft bis in die dünnsten Blätter sich spaltet und endlich in Tonerde zerfällt. Daher Bergnamen wie der Fuule ( im Glarner Land ), Fuula Barg bei Churwalden. Gerade in Uri, wo jene Redensart lebt, bezeichnet man schlechten Schiefer als fuul Blatte. Nichts anderes war eigentlich e fuuli Hell. Auch fuuli Stein kommen ja vor, dazu Namen wie Fuule Stein, z.B. in Felsberg, auch bei Biberbrücke, zu fuule ( n ) Steine ( n ) in Gurin als Name einer Weide. E(n ) fuuli Hell ist ein währschafter Zeuge für das Wort Hell « Steinplatte ».

Noch etwas! Beim Fuulen Stein bei Biberbrücke ist eine Fuulstein-Saagi. Im Solothurnischen kommt Stein-Saagi als Ortsname vor, im Prättigau der Ausdruck Schrööter-Saage(n ) für eine « Zugsäge zum Durchschneiden von Steinplatten ». Man hört und liest auch von « Säge-Mühlen ». Auf Island ist es manchmal ausdrücklich eine « Marmor-Sägemühle*, marmara-sögunar mylla. Sollte nicht die eine und andere der schweizerischen Hell-Mülen eine solche Steinsäge, eine Stein-Mühle sein? Ein Hellen-, Höllen-Stein kann ( unter anderm !) ein « Stein », eine Felswand gewesen sein, wo man Hellen « Platten » brach, etwa für eine Gipsmühle.

Die Höllen in Baden im Aargau mögen Zugänge zur Unterwelt sein. Ein grosser, heisser Stein war da aber ursprünglich die Hell. Das lässt sich mit Händen greifen, nämlich in Urkunden: « zun bädern uff dem heissen stein » ( 1520 ); « quell, so under dem grossen stein vor dem hof entspringet » ( 1578 ); « Platz, auf welchem der heisse Stein und das Freibad ist gelegen » ( 1702 ). War der heisse Stein ein Deckname für das unheimliche Wort Hell?

Die Höll-Chessel in der Sitter und in der Goldach und an diesem Fluss wurden als « seltsam runde Höhlungen » für die Phantasie zu etwas Höllischem, waren aber « natürlich » einfach Höhlungen « in den Sandsteinfelsen », eben in den Hellen.

Beim Hell-, Hölle ( n)-Haaggen im Rhein bei Rheinfelden ist schon im 16. und 17. Jahrhundert der Teufel tätig ( im Nordfriesischen ist ein Helhaak ein Neider ), und er hat manchmal ein Werkzeug desselben Namens. Fischart schreibt im Glückhaften Schiff dem Strudel das gefährliche Tun zu: « Er genannt ist der Höllhacken, weil nach den Schiffen er tuet zwacken. » Nach dem Schweizerdeutschen Wörterbuch ist es der « Name einer für die Schiffer gefährlichen Stelle eines verborgenen Felsens ». Man darf vermuten: ein Felsenhaken war es ursprünglich, ein Haken an der Hell, d.h. am Felsen, oder ein Fels als Haken, einfach natürlich, bald allerdings « natürlich » ein höllischer.

Mit Staunen liest man im Schweizerdeutschen Wörterbuch, Hell sei auch Name einzelner Bäume. Seltsam, ein Baum soll als Hölle bezeichnet worden sein! Rücken wir dem Rätsel zu Leibe, und zwar mit Steinen, nicht gewalttätig, sondern urkundlich. Die Tatsache, die uns hilft: in Dutzenden von Fällen sind in Grenzbestimmungen von Urkunden Baum und Markstein beisammen. Das Grenzzeichen wurde in Form eines Kreuzes in den Baum eingehauen, aber auch in Steine oder felsigen Boden, den man dann mit Rasen bedeckte. Der Grenzstein konnte ein Blatten-Marchstein sein, das heisst aus einer Steinplatte bestehen, als solche auch mit dem Wort Hell bezeichnet werden. Vom Marchstein aus konnte die Bezeichnung Hell auch dem daneben stehenden Grenzbaum zufallen, überhaupt den allgemeineren Sinn Grenzzeichen, Grenze bekommen. Auch das Wort March-Stein wurde « uneigentlich » für Grenze überhaupt gebraucht. Marchstein kommt auch vielfach als Flurname vor, zum Beispiel schon 1381 für einen Zuger Hof an der Zürcher Grenze, einen Teil der Herrschaft Büron, als Name der « twing Marchstein ». Ganz « natürlich » erklärt sich der an sich sonderbare Name Hell für einen einzelnen Baum, wenn .man voraussetzt, dass das Wort Hell im Sinne von « Grenzstein » geläufig war. Hell als Name einzelner Bäume ist eine Stütze für die Annahme oder Überzeugung, dass das germanische Wort Hell « Steinplatte » im Bereich der Alemannen gelebt hat.

( Schluss folgt )

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