Walliser Bergkristalle
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Walliser Bergkristalle

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VON H. GROSSGLAUSER, GÜMLIGEN

Mit 3 Bildern ( 88-90 ) Die Schweizer Alpen, namentlich die im Aar- und Gotthardmassiv liegenden Gebiete, sind von jeher die Fundstätte schöner Bergkristalle ( Quarze ) gewesen, die schon früh die Aufmerksamkeit der Alpenbewohner auf sich zogen. In der Tat wurde der alpine Quarz, dessen Gewinnung aus Felsklüften bereits römische Schriftsteller schildern, seit undenklichen Zeiten zur Herstellung verschiedener Kunst- und Gebrauchsgegenstände verwendet und nahm bis etwa 1650 die Rolle des Glases ein.

1 Siehe « Alpen » 1948, Abb. 204, S. 557, J. Wildi: Wanderungen in den Pyrenäen. 156 Hauptfundgebiete für Bergkristalle sind das Oberhasli im Kanton Bern, die meisten Täler im Urner Oberland, das Tavetsch in Graubünden, gewisse Gegenden des Tessins und des Wallis. Da viele der Walliser Funde zu den schönsten in der Schweiz zählen, aber noch wenig bekannt sind, scheinen sie uns einer kurzen Betrachtung wert.

So entdeckten Strahler ( Kristallsucher ) im Jahre 1757 in der Umgebung von Fiesch, wahrscheinlich in den Strahlhörnern oder am Wasenhorn, eine Kluft, die gewaltige, bis zu 700 kg schwere Bergkristalle barg. Dieser Fund zog später die Aufmerksamkeit General Bonapartes auf sich, der einen Teil dieses Kristallschatzes im Juli 1797 nach Paris verbringen liess. Einer dieser Kristalle, fast 1 m hoch und wohl über eine halbe Tonne schwer, ist noch heute im Pariser « Musée National d' Histoire Naturelle » zu sehen. Es dürfte sich um den grössten in den Schweizer Alpen je gefundenen Bergkristall handeln.

Interessante Funde wurden auch im mineralienreichen Binntal gemacht. Hier fand ein Strahler im August 1919 auf der Lercheltinialp einen über 40 cm langen, vollkommen klaren Bergkristall von hellbrauner Farbe, einen Rauchquarz. Das bemerkenswerte Exemplar, dem die Bezeichnung « König der Binntaler Mineralien » verliehen wurde, befindet sich heute im Bally-Museum in Schönenwerd. Ein neueres, im Herbst 1952 am Turbhorn entdecktes Vorkommen ergab ebenfalls eine Reihe prächtiger Rauchquarze.

Erwähnenswert ist auch jener Bergkristall, der im Sommer 1955 am Kollerhorn zufällig gefunden wurde. Er ist über 30 cm lang, 19 kg schwer und von goldener Farbe. Dieses hervorragende Stück, dem der Name « Stern des Wallis » gegeben wurde, ist heute im Berner Naturhistorischen Museum zur Schau gestellt. Bemerkenswert sind auch die fast schwarzen Bergkristalle, die der Strahler Johann Zenzünen aus Grengiols in der Umgebung des « Blauen Sees », am Fusse des Gibelhorns, seinerzeit fand.

Zahlreiche interessante Formen des Bergkristalls kamen ferner beim Bau des Lötschberg- und Simplontunnels, im Zermattertal und bei der Erstellung des Grande-Dixence-Werkes zum Vorschein. Sogar auf der Walliser Seite des Finsteraarhorns ( 4275 m ), dieser höchsten Warte des Aarmassivs, wurde kürzlich durch den Strahler Josef Imhof aus Binn eine Kluft mit grossen und vollkommen klaren Exemplaren ausgebeutet.

Prächtige Stücke wurden auch im Lötschental durch den Bergführer und Strahler Th. Henzen vor einiger Zeit gefunden. Eines dieser Exemplare, vom Jägiknubel stammend, ist 40 cm lang und 19 kg schwer. Der schöne Stein ist heute ebenfalls im Berner Naturhistorischen Museum zu sehen. Es handelt sich um den grössten im Lötschental bis heute gefundenen Bergkristall.

Das Lötschental wurde übrigens schon in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts von dem Berner Naturwissenschafter Edmund v. Fellenberg erforscht und beschrieben. Auch später besuchten viele Mineralogen dieses Tal, darunter der erfahrene Gesteins- und Mineralienkenner Hermann Borel aus Bern.

Unzählige Bergkristalle wurden ferner in der Massaschlucht bei Brig, in der Umgebung von Mühlebach und von Ritzingen entdeckt. Der letztgenannte Fund ist insofern bemerkenswert, als er unter der Wurzel eines umgestürzten Baumes zum Vorschein kam.

Sehr schöne Kristalle wurden auch im Trützital, im Gerental, beim Bau von Stollen bei Oberwald, auf der Grimselalp und am zurückgehenden Rhonegletscher gefunden. Diese sind von ganz hervorragender Durchsichtigkeit und wecken im Mineralienfreund helle Begeisterung.

Manche der hier erwähnten Bergkristalle wanderten ins Ausland, aber auch viele sind in Schweizer Privatsammlungen oder Museen zu finden, hauptsächlich im Berner Naturhistorischen Museum, das eine der schönsten und grössten Bergkristallsammlungen der Welt besitzt.

Bergkristalle sind auch heute noch für die Industrie und das Kunstgewerbe ein unentbehrlicher Rohstoff. Geschliffen und zu Schmuckstücken verarbeitet sind sie wieder sehr in Mode gekommen und erfreuen sich beim Publikum grösserer Beliebtheit denn je.

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