Weg und Ziel
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Weg und Ziel

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Von C. Loetscher

( Neuhausen a. Rh. )

Als einst von tiefem Dunkel noch befangen

der Menschen Geist, der angstvoll Berg und Wald

mit hasserfüllten, hässlichen Dämonen

belebte, die voll Arglist und Gewalt

den Steinschlag lösten und die Hagelwetter,

da waren Berg und Firne noch gemieden,

und einsam war des Randens weite Höh ',

wo heute Seidelbast und Orchideen

mit zartem Duft und seltner Blütenpracht

den Wandrer grüssen, wenn die Sonne lacht.

Es lauerte im Astgewirr der Föhren

der Luchs, und Wölfe heulten in der Nacht.

Dann schwand die Furcht im Lichte der Erkenntnis;

und freier Männer Forscherdrang bezwang

die dunkle Schlucht, den Berggrat, die bizarre Wand,

die, eisumringt vom Gletschermeer der Firne,

hinauf zum Gipfel führt im Ätherblau.

Sie drangen ein in eine neue Welt,

die wundervoll sich ihnen offenbarte;

und in der unbeugsamen Konsequenz,

mit der Naturgesetze sich vollziehn,

millionenfach in ungebrochner Folge,

erkannten sie des weisen Schöpfers Macht

und des Gesetzes unzweideut'ge Klarheit;

und offenbar war: Werden, Sein, Vergehen,

wie es sich zeigt im Glanz der Sternennacht,

im Steinschlag und im Abbruch der Lawinen,

im Wettersturm wie in der Blütenpracht.

Gebrochen war der Bann des Aberglaubens,

und blinder Furcht folgt'froher Tatendrang

der Pioniere, die sich Routen suchten

im Steilabfall gigant'scher Felsenwände,

am luft'gen Grat, hoch ob dem Gletscherschrund,

und durch des Eismeers trügerischen Glanz.

Prolog zur Einweihung der Randenhütte der Sektion Randen S.A.C. auf dem « Hasenbuck », 6. Juni 1948.

Die Alpen - 1949 - Les Alpes1 WEG UND ZIEL

Das Ziel war hehr, doch mühsam schwer der Weg.

Der höchste Staffel auf der Alpenweide

allein nur konnte letzter Stützpunkt sein

für lange, Ungewisse Gletscherfahrt.

Kein Wegbeschrieb und nicht die kleinste Hütte,

als Ausgangspunkt für kühnes Unternehmen,

erleichterten die Tour. Beschwerlich war

der langen Nächte finstre Einsamkeit

am Biwakplatz in öder Felsennische.

Doch, weder Mühe noch Gefahr vermochten

dem Bann der Berge zu entziehen den,

der einmal auf des Gipfels höchster Zinne

dem Himmel nah sich fühlte, weltvergessend.

Und immer grosser war die Zahl der Männer,

im S.A.C. verbunden und beseelt

vom gleichen Geist, von gleichem Tatendrang.

Es ist ein Ziel nur, das uns eng verbindet:

Der Berge Grosse und der Firne Leuchten.

Am steilen Grat lasst uns die Kräfte messen,

bewähren Mut und Können an der Plattenwand,

am harten Eishang sichern Tritt uns üben

und selbst uns finden in der Einsamkeit.

Die Jugend will, befreit von Alltagsschranken,

persönlich ihre Eigenwerte prüfen

und Selbstvertrauen in der Leistung finden;

die Zeit des Anstiegs wird bemessen, und der Grad

der Schwierigkeit scheint ihr bedeutungsvoll.

Bescheidener wird schon der Mann sich zeigen;

ihn lockt das Ziel und nicht des Weges Schwere.

Und jeder, dem die Berge heilig sind,

wird ehrfurchtsvoll sich ihrer Hoheit nah'n

und, staunend vor der Formen Vielgestalt,

sich beugen vor der Urkraft, die sie schuf.

Und — wehe, wer missachtend der Gefahren

und überheblich sich den Bergen naht! —

Das stille Kar wird ihm als Ziel gewiesen.

Doch, wer mit Umsicht strebt und seine Kräfte

stets übt und prüft in ernstem Überwinden,

der darf mit Stolz und seligem Empfinden

den Fuss hinsetzen auf das höchste Haupt.

WEG UND ZIEL

Auf hoher Warte, wo kein Laut erklingt, und nur des eig'nen Blutes leises Rauschen vernehmbar scheint und sich im All verliert, da senkt in unser Herz sich stiller Friede; und — klein und nichtsbedeutend — fühlen wir umfangen uns vom Hauch der Ewigkeit. In weiter Tiefe liegt das Weltgetriebe, wo laut und irrend sich die Menschheit plagt und sorgend strebt nach eitlen, falschen Zielen.

Doch — diese Welt, die, ausgedehnt zu Füssen, in ihrer Schönheitsfülle prangend grüsst, ist unser Heimatland; und heller strahlt der Blick, und höher schlagen unsre Pulse voll Liebe, Dank und voll Begeisterung.

Und dieses Heim, das neu und jugendfrisch zur Festgemeinde uns versammelt hält, es ist die reife Frucht von Heimatliebe gepaart mit Ehrfurcht vor dem stillen Walten der Schöpferkraft, die im Naturgestalten sich offenbart; es ist ein neues Werk, gefördert durch den Geist, der uns verbindet, den Kameradschaftsgeist im S.A.C. Was nie der Einzelne allein erreicht, in der Gesamtheit wachsen seine Kräfte. Drum sei dies Heim dem guten Geist geweiht, der Gutes schafft und Besseres erstrebt.

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