Anstieg zur Hütte
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Anstieg zur Hütte

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Von Johannes Senn.

Erste Rast.

Noch atmet warm es rings —: Schlief da vielleicht Unter der Sonne seines Sieges Der heisse Tag,Müde,Abseits, Von keinem Blicke entdeckt, Von keinem Schritte gewecktNun kam der Wanderer. Ein froher Wanderer ruht nun Auf dieser Stätte.

Im Felsentale, Wo die Einsamkeit beginnt, Ist schon der Abend unterwegs —, Mir gleich, Ein langsam Kommender, Ein Mönch, der still aufsteigt In das Gebirge Der Gebete.

Auf steilem Gipfel wartet es Auf mich:

Aus Wolken der Trübsal Ein Blitz der Lust,Verkohlt,Versteinert, Ein granitener Gedanke, Ein Befehl

Mein Ziel:

Kein Berg bist du.

Purpurn Im Antlitz noch Der Sonne fernen Untergang,Rein,Keusch, Ein Jubelschrei, Emporgetürmt In das azurne Schweigen Dieses Abends —, O Gebirg:

Ein Standbild meiner Seele Stehst du da.

Zweite Rast.

Ich sitze in der Nacht, Einsam, Der Arve gleich, Der Dulderin in wilder Höhe.

Ich sitze in der Nacht —: Nun rauschen tiefer Alle Bäche, Ach! und in mir selber Rauscht ein Bach. Hinab will es in mir,Talwärts, Heimwärts, Wo Dörfer schlafen unterm Mond, Wo Liebende hinwandeln Im Weinberg...

Was stieg ich doch Herauf Den steilen Pfad In diese rauhe Einsamkeit

O Welt, Du Rauschen unter mir, Du Stille über mir,Jetzt,Hier, Am Gletscher in der Nacht:

Wie sieht Der Wandermüde Deine Ewigkeit dir an!

Aus fernster Ferne Kommst du Her, In das Unendliche ziehst du Hinaus —, Und ich blicke hervor Zwischen Geburt und Grab, Ein Trauernder empor zu dir, O Welt —:

Du seliges Ereignis!

Ich sitze in der Nacht.

Die Alpen — 1938 — Les Alpes.24 Lefjte Rasf.

Licht

Ich sehe Licht.

Der Hütte bin ich nahe.

Inmitten Trümmern kahlen Urgesteins Dies warme Zelt —, Menschen, Eine schuldlose Herde Zusammengedrängt am Abgrund, Vom gleichen Geschick Beladene —:

O nun zerbrich, Granit der Einsamkeit!

Zerschmilz zu Freudentränen, Eis des Grauens!

Letzte Tröstung —, Aus der Menschheit selber Steigt sie nun Herauf —:

Die grosse Güte kommt...

Wohlan!

Hier halte ich Die süsse letzte Rast —, Hier, wo der Bach herabstürzt Vom Gebirg, Der nackte Knabe.

Und morgen, Fürwahr, Tue ich ihm es gleich —:

Einöde, Gipfel, Gletscher Hinter mir —, Ein brausender Wildbach Eil ich hinab, Dem Tale deiner Arme zu, Dem blühenden, Geliebte.

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