Armee auf Abbruchmission
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Armee auf Abbruchmission Alte Seilbahnen gefährden Flugsicherheit

Zwölf Soldaten haben in diesem Sommer alte Seilbahnen und nicht mehr benötigte Transportseile abgebrochen. Diese sind eine Gefahr für die Helikopter von Rettung und Armee.

«Fünf Jahre haben die Bauarbeiten gedauert, 80 000 Franken haben sie verschlungen», erinnert sich der bald 82-jährige Angelo Besana. Trotzdem ist es seiner in den 1980er-­Jahren gebauten Seilbahn hoch über Bellinzona an den Kragen gegangen: Im Juni bauten Spezialisten der Armee die 2,5 Tonnen schwere und 540 Meter lange Anlage ab.

Wehmut kommt bei Besana keine auf, wenn er zuschaut, wie die Armeeleute das Tragseil auf den Boden holen, Masten fällen, den Bahnmotor aus der Bergstation ausbauen und alles runter an die Strasse schleifen. «Seit vor zwölf Jahren eine Stras­se gebaut wurde, haben wir die Transportseilbahn auf die Alp nur noch selten benutzt», erzählt Besana. Zusammen mit seiner Frau verbringt er auch heute noch jeden Sommer auf der 900 Meter hoch gelegenen Lichtung im dichten Kastanienwald.

Schwerarbeit am Berg

Oberleutnant Daniel Dietler erklärt: «Die Spezialisten für den Abbruch alter Seilbahnen kamen früher alle aus dem Haslital. Heute kommen sie aus verschiedenen Bergkantonen, aber sie sind noch immer handverlesen, motiviert, zuverlässig und robust.» Der Berner Oberländer Bergführer ist voll des Lobes für seine Untergebenen. «In Zivil arbeiten sie als Seilbahnfachleute, Zimmermänner, Baumaschinenmechaniker oder Forstwarte, und sie bringen eine grosse Portion Kraft, Unkompliziertheit und Einsatzbereitschaft mit», sagt Dietler, der während dieses WK kaum militärische Töne anschlagen muss. Sein Spezialdetachement hat diesen Sommer im Kanton Tessin über ein Dutzend Seilanlagen abgebrochen und damit in dieser Re­gion auch für Rettungshelikopter die Flugsicherheit erhöht. «Es sind nicht selten alte oder sogar vergessene Transportseilbahnen, die wir in aufwendiger Arbeit abbrechen», sagt Armeesprecher Dani Reist. Zurückgebaut würde aber jeweils nur die Kabelanlage mit Motor und Masten. Für den Abbruch der Stationshäuschen seien die Eigentümer verantwortlich.

Reist hat die Spezialeinheit Ende Juni zusammen mit der Redaktion der Zeitschrift «Die Alpen» besucht. Er unterstreicht, dass Kabel und Bahnseile eine tödliche Gefahr für Helikopterpiloten darstellen können. «Auch der Super-­Puma der Schweizer Armee, der letztes Jahr auf dem Gotthardpass abgestürzt ist, hat ein Kabel touchiert», sagt er.

Egal ob für Rettungs- und Transporthelikopter oder für Gleitschirmflieger: Transportseilbahnen, Freileitungen und Stromkabel sind eine grosse Gefahr. Eine Kollision mit den in der Luft kaum sichtbaren Kabelanlagen endet für Fluggeräte fatal und für Piloten und Besatzung meist tödlich. Wen wunderts, meiden Helipiloten und Gleitschirmflieger die Nähe von Kabelzügen wie der Teufel das Weihwasser? Als besonders gefährlich erweisen sich tief liegende und auf den offiziellen Flugkarten nicht eingetragene Seilbahnanlagen und Heuseile. Sie machen den Flug- und Rettungsbetrieb bei schlechter Sicht schier zum russischen Roulette.

Ausrangierte Anlagen melden

Die Rega will das Risiko von Flugunfällen senken und den Flugbetrieb sicherer machen. Darum fordert sie Wanderer, Bergsteiger und Betreiber von solchen Anlagen seit Jahren auf, ausrangierte Transportanlagen zu melden. Es sei nicht böser Wille, eher Unwissenheit, mangelnde Sensibilität oder nicht selten ein finanzieller Engpass, der den Abbruch von nicht mehr gebrauchten Seilanlagen verzögere oder gar verhindere, heisst es bei der Rega. Umso mehr soll die Bevölkerung für dieses Sicherheitsrisiko sensibilisiert und den Seilbahnbesitzern Hilfe geboten werden. Die Rega arbeitet darum eng mit der Armee zusammen. «Noch ist die Bereitschaft der Armee, alte und nicht mehr betriebene Seilbahnen gratis abzubrechen und zurückzubauen, in der Bevölkerung nicht genügend bekannt», sagt Armeesprecher Dani Reist. Seit über 20 Jahren sammelt die Rega Meldungen und Abbruchgesuche und führt diese auf einer Warteliste zusammen. Einmal pro Jahr holen die Seilbahnspezialisten der Armee dann in einer ausgewählten Region gratis «Seile vom Himmel».

So auch bei Angelo Besana. Für einen Abbruchauftrag an Private hat ihm das Geld gefehlt. Deshalb ist er um die fremde Hilfe froh. Er dankts mit einem Kaffee im Rustico und freut sich über die Abwechslung.

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