Das Alpenpanorama von Höhenschwand
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Das Alpenpanorama von Höhenschwand

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Das Alpenpanorama

von

Höhenschwand

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Geologisch erläutert von ^Zô. M//7/er.

„ Unsre Berge luegen Ueber's ganze Land. "

Einleitung. #

Dem gewöhnlichen Wanderer erscheint unser Alpengebirge als ein unentwirrbares Chaos von Bergen und Thälern, Felsmassen und Klüften, die ihm durch ihre Grösse und Wildheit imponiren, oder durch ihre landschaftliche Schönheit anziehen, ohne dass er irgendwie Gesetz oder Ordnung darin zu erkennen vermag. Lange geht es, bis wir uns in dem Wirrwarr von Gipfeln zurechtfinden und den Zusammenhang, sowie die Richtung der Ketten erkennen, und ohne eine gute Karte und ordentliche Führer kommen wir gar nicht fort. Wir fühlen deshalb das Bedürfniss, uns auf einen, vom Hauptgebirge etwas entfernten hohen Stand-

Schweizer Alpen-Club.19

punkt zu stellen, den Rigi, den Pilatus, den Niesen oder das Faulhorn zu besteigen, oder einen Gipfel des Juragebirges oder des Schwarzwaldes zu wählen, wenn wir uns einen rechten Ueberblick über unsere Alpenkette und über die Stellung der einzelnen Häupter verschaffen wollen. Unter den von den Alpen entfernter liegenden Höhenpunkten, welche einen bequemen und umfassenden Anblick der ganzen Kette unserer Schweizeralpen darbieten, verdient gewiss das auf den Höhen des südlichen Schwarzwaldes, wenige Stunden vom Waldshut gelegene Dorf Höh en-schwand in erster Linie genannt zu werden. Es war daher ein glücklicher Gedanke von Seiten unseres um die schweizerische Topographie und ihre Verbreitung vielverdienten Geographen Herrn Heinrich Keller in Zürich, diesen so günstig gelegenen Standpunkt zur Aufnahme eines Panoramas unserer Schweizeralpen zu wählen. Und wir dürfen wohl behaupten, dass Herr Keller diese Aufgabe mit Glück gelöst und ein zur weitern Verbreitung bestimmtes Panorama unserer Alpen geliefert hat, wie noch, meines Wissens, kein zweites in dieser Grosse und Vollkommenheit existirt.

Wir besitzen bereits von den hochverdienten Koryphäen unserer Schweizergeologie, von den Herren Professor Bernhard Studer und Arnold Escher von der Linth eine, schon vor mehr als zehn Jahren erschienene vortreffliche geologische Karte, und von dem erstgenannten eine wahrhaft klassische geologische Beschreibung der Schweiz.

Ebenso besitzen wir, theils von den beiden genannten Männern, theils von andern bewährten Geologen, wie den Herren Rathsherr Peter Merian, Thurmann, Gressly, Desor, Mousson, Jaccard, Greppin, Lang, Mösch, Stutz, Zschokke, Campiche, Cartier u.a. specielle geologische Karten, Durchschnitte und Beschreibungen über einzelne Theile des Jura;

von den Herren B. Studer, A. Escher, F. Kaufmann, O. Heer und theilweise auch von den schon Genannten ähnliche Publikationen über das Molasseland; und endlich von den Herren Charpentier, Lardy, Lusser, B. Studer, Escher, Brunner, Murchison, Sharpe, Rütimeyer, v. Morlot, Renevier, Kaufmann, Th. Simmler, G. vom Rath, O. Volger und noch manchen andern, sowie in jüngster Zeit von den Herren Alphonse Favre ( Umgebungen des Mo nt blan c ) und Theobald ( Graubündten ) eine Anzahl ausgezeichneter geologischer Monographien, begleitet von Karten und Durchschnitten über einzelne Theile der Alpen.

Es ist wohl hier der geeignete Ort, der von der geologischen Commission der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft unter dem Präsidium des Herrn Professor B. Studer geleiteten Herausgabe von geologischen Specialkarten mit Profilen und Beschreibungen einzelner Theile der Schweiz, von verschiedenen schweizerischen Geologen bearbeitet, zu gedenken, wodurch allmälig das Material zu einer vollständigen geologischen Karte und Beschreibung der Schweiz, unter Benützung des grossen Dufour'sehen Atlasses gesammelt werden soll.

Dem Schreiber dieser Zeilen ward die Ehre zu Theil, die erste Lieferung ( geognostische Karte und Beschreibung des Kanton Basel und der angrenzenden Gebiete ) nach seinen Aufnahmen zu bearbeiten. Von Herrn Professor Theobald ist erst kürzlich die zweite Lieferung ( Theil Graubündtens ), wie schon oben erwähnt, erschienen. Wir hätten natürlich hier noch einer Reihe älterer verdienter Forscher, vor allem eines Hora B. de Saussure, Hans C. Escher von der Linth ( des Vaters unseres Geologen ), Ebel und anderer Erwähnung thun sollen, die sich um die Kenntniss unserer Alpenwelt verdient gemacht haben.

19* Ebenso derjenigen, welche sich das specielle Studium der Gletscher zur Aufgabe gemacht, wie die Herren Venetz, Charpentier, Hugi, Desor, Agassiz, Mousson, Collomb, Hogard, Dollfuss, der Engländer Forbes, Tyndall und anderer nicht zu gedenken.

Nicht minder derjenigen, welche die Versteinerungskunde unserer Gebirgswelt gefordert, wobei ich, mit Umgehung der älteren verdienten Forscher, wie Scheuchzer und Lang, nur einige der hervorragendsten neuern nennen will, wie die Herren Rathsherr P. Merian, Oswald Heer, Pictet, Etitimeyer, Desor, Renevier, Karl Mayer, Fischer-Ooster, Ooster, Gaudin u.a.

Unter den Besitzern von ausgezeichneten Sammlungen alpinischer Mineralien verdient mein verehrter Freund, Herr David Friedrich Wiser in Zürich, ohne Widerrede den ersten Rang. Es giebt wohl keine Sammlung in der Welt, die sich in Bezug auf den Reichthum alpinischer Schätze mit dieser messen könnte.

Unter den vielen kühnen Bergsteigern, welche sich um die Kunde unserer Alpen Verdienste erworbe# haben, wage ich ihrer grossen Zahl halber, nur Einen, den Verdientesten von Allen, zu nennen, unsern würdigen Veteran, Herrn Regierungsstatthalter Studer in Bern.

Wir dürfen hoffen, dass die durch ihre bisherigen Fahrten erprobten Mitglieder des Schweizer-Alpen-Clubs auch fernerhin durch ihre mühsamen und gefährlichen Excursionen nicht nur die topographische Kenntniss unseres Hochlandes erweitern, sondern auch durch Sammeln von Felsarten und Kräutern und durch meteorologische Beobachtungen die Naturkunde wesentlich bereichern werden.

, Trotz der beträchtlichen Zahl von Detailarbeiten, hauptsächlich bestehend in Karten, Profilen und Beschreibungen, besitzen wir noch kein geologisch kolorirtes Panorama unserer Alpenketten, also eine Darstellung unserer Gebirgswelt, welche das Instructive einer geologisch colorirten Karte mit der plastischen Anschaulichkeit eines landschaftlichen Bildes vereinigt, und hiermit die Einsicht in den^ wunderbaren Gebirgsbau unserer Alpen erleichtert.

Der Gedanke lag daher nahe, den Freunden unserer Alpenwelt und insbesondere den zahlreichen Lesern des Jahrbuches unseres schweizerischen Alpenclubs ein tiber-sichtliches Bild in dieser Art darzubieten, und hierzu das obenerwähnte Keller'sche, von Höhenschwand aus aufgenommene Panorama, als das weitaus geeignetste zu benützen.

Die bereitwillige Beihülfe der bewährtesten Kenner der Alpen setzte auch den Verfasser in den Stand, in dem beigegebenen Panorama ein dem gegenwärtigen Zustand unsrer geologischen Kenntnisse entsprechendes, und im Ganzen auch wohl getreues und anschauliches Bild von der Zusammensetzung unserer Gebirgswelt zu bieten; ein grösser Theil des vorliegenden Panoramas ist von meinem verehrten Freund, Herrn Professor Arnold Escher v. d. Linth, geologisch colorirt worden. Auch Herr Professor B. Studer hatte die Güte, das vollendete Panorama noch einer schliesslichen Durchsicht und Correctur zu unterwerfen, und überdies ist die Nomenclatur, von den Herren Regierungsstatthalter Studer, Escher v. d. Linth u. A. revidirt worden.

Eine kurze Erläuterung des vorliegenden Panoramas, mit Aufzählung der in der Schweiz, insbesondere in den Alpen, auftretenden Gebirgsformationen, ihrer Mineralien und Versteinerungen und ihrer wichtigsten Fundorte, mag manchen Lesern dieses Jahrbuchs nicht ganz unwillkommen sein. Ich habe mich hierbei vorzugsweise an die treffliche geologische Karte und Beschreibung der Schweiz, der Herren Studer und Escher, gehalten, und neuere, oder voll- ständigere Angaben über das Auftreten von Versteinerungen, insbesondere von Pflanzen aus O. Heer's „ Urwelt der Schweiz " entlehnt;

ein wichtiges Werk, das in Aller Händen ist und auch dem Geologen von Fach ausserordentlich viel Belehrung darbietet. Da in diesem letzteren Werke, dem Titel gemäss, das Auftreten der älteren, versteinerungsleeren kristallinischen Gesteine, der Granite, Gneisse, Schiefer u. s. w. keine eingehendere Behandlung gefunden hat, so darf dieses, in unserer Uebersicht, wohl um so mehr hervorgehoben werden. Natürlich konnten im Panorama nur die Hauptformationen angegeben werden, und auch in unserer Erläuterung dürfen wir nur der wichtigsten und verbreitetsten Unterabtheilungen dieser Haiïptformationen gedenken, da ja hier nur ein übersichtliches Bild gegeben werden soll.

Bereits haben sich eine Anzahl vorzüglicher Kräfte, worunter ausser den schon Verstorbenen, an deren Spitze H. B. de Saussure steht, vor allen die Herren B. Studer, A. Escher von der Linth, Peter Merian, A. Favre und Theobald zu nennen sind, mit der geologischen Untersuchung der Alpen beschäftigt, auch die französischen, italienisch en und namentlich die bayerischen und österreichischen Alpen sind bereits von einer Schaar rüstiger Forscher in Angriff genommen worden, worunter ich neben den bayerischen Geologen Schafhäutl und Gümbel ganz besonders der Sektionsgeologen der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien, unter der ausgezeichneten Leitung von Wilh. Haidinger, erwähnen muss.

Dennoch bleibt noch Vieles zu thun übrig und wir dürfen wohl sagen, dass wir erst am Anfang der Arbeit stehen. Aber die Alpenwelt ist nicht mehr ein Buch mit sieben Siegeln. Dank den Anstrengungen so vieler tüchtiger Männer, beginnt es Licht zu werden und wir dürfen von der Zukunft noch Besseres erwarten.

Wir können die uns zugekehrte Seite der Alpen in drei grosse Zonen gruppiren:

1. Die Centralalpen, aus Granit, Gneiss und krystallinischen Schiefern bestehend.

2. Die Kalkalpen, in mehrere Parallelketten zerfallend und hauptsächlich der Jura-, Kreide- und altern Tertiärformation angehörend.

3. Das Nagelfluh- und Molass^egebirg, welche die Vorketten bilden.

Den Zonen No. 2 und 3 entsprechen zwei ähnliche, obgleich minder reich ausgebildete, auf der Südseite der Alpen.

Die genannten Zonen sind, jede, durch eine Anzahl Längsthäler, bald eigentliche Muldenthäler, bald Combe-Thäler, wie das Wallis, insbesondere aber durch Spältenthäler in eine Anzahl Parallelketten zertheilt. Ebenso wird das ganze Gebirge durch Querspaltenthäler, welche grösstenteils als Pässe benützt werden, in diametraler Richtung zerstückelt.

Diese Zerspaltung und Zerstückelung des Gebirges nach Längs- und Querlinien dürfen wir im Grossen und Ganzen als eine Wirkung der aus der Tiefe heraufdrängenden krystallinischen Gesteine betrachten, deren Aufquellen selbst wiederum als eine Folge chemischer Umwandlung und Krystallisation erscheint. Durch die Jahrstausende fortgesetzte Verwitterung und Abbröckelung werden die Spalten allmälig erweitert, durch die Bäche die Thalböden noch tiefer geschnitten und der von den Gehängen herabrollende Gesteinsschutt in die Niederungen geführt. Die Thalbildung, lediglich als eine Wirkung der fliessenden Gewässer anzunehmen, erscheint keineswegs gerechtfertigt. Die scharfen Zacken und Hörner, welche das Hochgebirge darbietet, sind nur theilweise durch die steile Aufrichtung der früher horizontal abgelagerten sedimentären Gesteine entstanden. Zum grössem Theil sind sie gleichfalls aus der schon erwähnten vertiealen Zerklüftung und Zerstückelung des Gebirges und der nachfolgenden Abbröckelung hervorgegangen.

Was wir deshalb jetzt auf unserem Panorama vor uns sehen, diese lange Reihe kühner Hörner und Zacken, die den Horizont begrenzen, das sind nur die Ruinen des früher höheren und weniger zerspaltenen Gebirges, und die zahlreichen Einrisse die Lücken einer früher mehr geschlossenen und continuir*-liehen Zahnreihe. Das immense Material von Gerollen, Sand und Lehm, das nun die Hügel und weiten Thalebenen des Tieflandes zu beiden Seiten der Alpen bedeckt, ist ja nur aus der Abbröckelung ihrer Gipfel hervorgegangen.

Die Alpen verdanken ihre Höhe und ihre mächtigen Gebirgsformen nicht bloss dem starken Empordrängen des Granites, Gneisses und der anderen krystallinischen Gesteine, sondern auch der immensen Mächtigkeit ihrer sedimentären Formationen, die schon für sich allein, bei viel geringerer Hebung, durch blösse Zerspaltung gewaltige Gebirgsmassen bilden würden. Ebenso haben sich grosse Massen, bereits durch Spalten getrennt, in der Höhe losgelöst und sind in die Tiefe gerutscht, wo sie nun für sich ansehnliche Berge bilden. Die Verwitterung einerseits, die Schwere andererseits, haben im langen Laufe der Zeit die grössten Veränderungen im Relief unserer Gebirge bewirkt.

Auf unserm Alpenpanorama wurden, der Uebersichtlichkeit halber, bloss folgende Hauptformationen unterschieden:

I. Primäre Formationen, rosaroth bezeichnet.

A. Azoische, d.h. versteinerungslose Formationen. Hierzu gehören: Granit, Protogin, Gneiss und die krystallinischen Schiefer.

B. Paläozoische, d.h. älteste versteinerungs-führende Formationen.

*

Da diese nirgends in grösseren selbständigen Massen auf unserem Panorama zu Tage treten, und wohl ein grosser Theil der krystallinischen Schiefer, deren Versteinerungen sich in Folge ihrer chemischen Umwandlung nicht erhalten haben, hierher gehören, so werden sie nicht durch eine besondere Farbe unterschieden. Zu dieser grossen und ältesten Abtheilung von Sedimentformationen gehören an-dererorts folgende Formationen:

Silur-Formation,..,

\ _ .,, eigentliches Uebergangsgebirge.

Devon-Formation

Carbon-Formation oder. Steinkohlenformation. Perm-Formation oder Dyas.

II. Secundäre Formationen.

A. Triasformation, braunroth bezeichnet.

a. Buntsandstein. Hierher werden auch die unter dem Namen Verrucano bekannten rothen Conglomérats und Breccien, wozu auch die Sernfgesteine gehören, gerechnet, obgleich diese theilweise dem Rothliegenden der Permformation angehören mögen.

b. Muschelkalk.

c. Keuper.

B. Juraformation, hellblau bezeichnet.

a. Unterer Jura ( Lias ).

b. Mittlerer Jura.

c. Oberer Jura ( Hochgebirgskalk ).

C. Kreide formation, hellgrün bezeichnet.

a. Neocomien.

b. Gaull.

c. Weisst Kreide.

III. Tertiäre Formationen.

A. Untere Tertiärformation, hellgelb bezeichnet. a. Nummulitenkalk.

b. Flysch.

B. Mittlere und obere Tertiärformation, braun bezeichnet.

a. Aeltere Süsswassermolasse.

b. Meeresmolasse.

c. Jüngere Süsswassermolasse.

IV. Quartäre Formationen, weiss gelassen.

A. Diluvialablagerungen.

B. Glacialbildiingen.

I. Primäre Formationen.

A. Azoische Formationen {Granit und Gneiss ?) Hierher gehören, wie schon der Name andeutet, die ältesten versteinerungslosen Gebirge. Das sogenannte Urgebirge, wozu die ältesten Eruptivgesteine, wie Granit und der noch häufiger vorkommende Protogin {Talkgranit oder Alpengranit ), sowie Syenit, Diorit, Gabbro, Serpentin und andere gehören. Ferner werden hierzu gerechnet: Gneiss ( sowohl Glimmer- als Talkgneiss ) und die krystallinischen oder metamorphischen, d.h. durch Umwandlung aus älteren sedimentären Gesteinen hervorgegangen, Schiefer, wie Glimmerschiefer, Talkschiefer, Chloritschiefer, Hornblendeschiefer, Quarzitschiefer, Serpentinschiefer und andere. Sie bilden die Centralketten in unsern Alpen, darunter folgende, auf unserm Panorama sichtbare, Gipfel: der Du ssi-stock im Hintergrunde des Maderanerthales-, die Spannörter, das Oberaarhorn, das Finsteraarhorn, mit Einlagerungen von Hornblendegesleinen, die Schreckhörner, der Mönch, die Jungfrau, das Mittaghorn, das Bietschhorn und ganz im Westen der Montblanc. Eine Anzahl eminenter Gipfel fällt ausserhalb unseres Panorama- gebietes, so der Monte Rosa, der auf den Gipfeln Glimmerschiefer trägt und an seinem unteren Abhang mit einer Zone grauer und grüner, oft von Serpentin durchbrochener, Schiefer umgürtet ist.

Die Centralalpen bestehen nicht, wie man etwa meinen könnte, aus einer einzigen continuirlichen Reihe oder Kette von Granit- und Gneissgebirgen, sondern aus einer Reihe neben- und hintereinanderlaufender ellipsoidischer oder langgestreckter Granitmassivs in der Weise, dass oft mehrere parallel neben einander herlaufen und ein neues sich anschmiegt, ehe das vorhergehende ein Ende erreicht hat.* ) Herr Prof. Desor in Neuchâtel hat in einer schönen Arbeit über die „ Orographie der Alpen " nicht weniger als 34 solcher Granitmassivs ( oder Massivs krystallins ) nachgewiesen, von denen jedoch nur 11 in den Bereich der Schweizeralpen fallen, nämlich: das Massiv des Silvretta, Bernina, Sureta, Adula, der Seenalpen, Tessineralpen, des Simplon, Monte Rosaund der Walliseralpen und auf dernördlichen Seite das Massiv des St. Gotthardt und das des Finsteraarhorns, das längste und bedeutendste vielleicht der ganzen Alpenkette, zu dem fast alle auf dem Panorama sichtbaren Gipfel gehören. An diese schliessen sich zunächst gegen Westen die beiden stattlichen Massive des Montblanc und der Aiguilles rouges in Savoien an.

Mehrere dieser Granit- und Gneissmassivs, wie nament-

Ja mehrere dieser Massivs, wie das des Monte Rosa, der Tessineralpen, und namentlich des Adula und Sureta nehmen, wenn man sie nicht als eine einzige breite Zone mit mehrfacher Quertheilung zusammenfassen will, zur Hauptrichtung der Alpen eine deutliche Querstellung ein, die sich auch im Streichen der Schichten und im meridianen Verlauf ihrer Längsthäler zu erkennen giebt.

lieh das des Montblancs, St. Gotthardt und Finsteraarhorns, zeigen eine ausgezeichnete Fächerstellung ihrer ost-west streichenden, steil einfallenden Schichten oder Absonderungsklüfte, wobei es oft schwer wird zwischen wirklicher Schichtung und sog. Absonderungs- oder Spal-tungsklüften ( Clivage ), welche die Schichtung in mehr oder minder starken Winkeln durchkreuzen und von Lateralpres- sung herrühren sollen, zu unterscheiden. Die scharfen Zacken und Gipfel ( Aiguilles ) sind eine Folge dieser steilen Schichtenstellung.

Wo mehrere Massivs parallel neben einander laufen, wie im Ursernthai oder im Chamounithal, welche wahre Längs - oder Muldenthäler sind, werden die Reste der frühern Sedimentformationen, namentlich aus Schiefer bestehend, im Thalgrunde U-förmig zusammengebogen, eine Wirkung des Seitendruckes, der sich links und rechts erhebenden Centralmassen.

Die Hauptmasse der Eruptivgesteine bildet der Protogin, der wie der Granit zusammengesetzt ist, aber neben Feldspath und Quarz, statt des Glimmers oder auch neben Glimmer, grünen oder grauen Talk enthält, daher der Name Talkgranit* ). Diesem entsprechend haben wir auch häufig statt des gewöhnlichen Glimmergneisses einen Talkgneiss. Der Gneiss unterscheidet sich bekanntlich von dem Granit bloss durch die schieferige, parallel gestellte Anordnung seiner Gemengtheile, namentlich des Glimmers. Der eigentliche Granit kommt fast nur im Osten und im Süden unserer Schweizeralpen, in den Kantonen Graubündten und Tessin in grösseren Massen vor. Das vorherrschende Gestein in unsern Centralalpen und ebenso am Montblanc,

* ) Granit und Protogin sind schon seit langer Zeit bei den Gebirgsbewohnern unter dem Namen Geissberger bekannt.

ist ein Talkgranit und noch mehr ein T a l ky n e i s s, an die sich die krystallinischen Schiefer anschliessen oder mit denen sie wechsellagern. Manche Gneisse und gneissartige Granite mögen gleichfalls aus der Umwandlung sedimentärer Gesteine hervorgegangen sein.

Syenite und Diorite, Serpentine und Gabbros, treten mehr untergeordnet auf, bisweilen aber in mächtigen Gängen und Stöcken, deren Emporsteigen gewiss mit zur Hebung sowohl des altern Gebirges, als der darüber gelagerten, jüngeren Sedimentgesteine, beigetragen hat. Die Haupthebung dürfen wir jedoch dem Emporsteigen der Granite und Protogine und namentlich der langsamen krystallinischen Umwandlung der früheren Sedimentgesteine in krystallinische Schiefer und in gneiss- und granitartige Gesteine zuschreiben. Die Hebung der Alpen erscheint hiermit als eine langsame, viele Jahrtausende hindurch fortgesetzte, und im Grossen und Ganzen als eine Wirkung chemischer Umwandlung und Krystallisation. Eigentlich vulkanische Wirkungen sind nirgends bemerkbar und von vulkanischen Gesteinen sind, wenn wir von der äussern Südflanke der Alpen absehen, kaum Spuren vorhanden.

Wir haben übrigens allen Grund anzunehmen, dass die Granite und die anderen älteren Eruptivgesteine, die Gneisse und metamorphischen Schiefer nicht die einzige Ursache der Hebung der Alpen sind, dass im Gegentheil noch viele andere Hebungen, Senkungen und Zerrüttungen in diesem überaus complicirten Gebirge im langen Laufe der Zeiten, bald an dieser, bald an jener Stelle stattgefunden haben. Die Haupthebung unserer Schweizeralpen scheint jedoch in eine verhältnissmässig junge Periode, nämlich in das Ende der Tertiärzeit zu fallen.

Auffallend ist, dass die im deutschen Ur- und Ueber- :*.O2Alb.

Müller.

gangsgebirge so häufig auftretenden Porphyre nnd Mela-phtjre in unsern Alpen fast ganz fehlen und erst auf der Südseite der Alpen, im it ali en is ch en Seengebiet und in Südtyrol, in ahnsehnlicher Verbreitung vorkommen. Merkwürdig sind die Einlagerungen ächter rother Porphyre in den Jurakalk der grossen Windgälle. Ausserdem treffen wir noch Porphyre im Kanton Graubündten an, so im Davos.

In den krystallinischen Schiefern finden sich zahlreiche schön krystallisirte Mineralien eingewachsen, namentlich im Talk- und Glimmerschiefer* so unter andern Granaten, Cyanile und Staurolilhe ( besonders schön im K. Tessin ),, Eisenkies, Magneteisen, und anderes. Häufig treten in diesen krystallinischen Schiefern untergeordnete Lager gleichfalls metamorphosirter Eisenglimmerschiefer, Graphitschiefer, Qiiarzitsehiefer, eben so von körnigem Kalk ( JJrkalk oder Urmarmor, z.B. am Splügen ) und von körnigem Gyps auf; ferner von zuckerkörnigem, weissen Dolomit, besonders schön bei Càmpo longo im K. Tessin und im Binnathal im K. Wallis, mit schönen und seltenen Mineralien, von denen ich nur den Diaspor, Korund, Turmalin, die Zinkblende, den Realgar und das AwHpigment, den Binnit und Dufrenoysit nennen will.

In der Masse der Protogine, Granite, Gneisse, Syenite und Diorite finden sich wenig Mineralien eingewachsen, um so mehr aber in den Klüften dieser Gesteine, so vor allen in grösster Schönheit und Häufigkeit der Bergkrystall, dann der Adular, Albit, Periklin, Amianth, Chlorit und Glimmer; ferner der Stilbit, Laumontit Heulandit, Prehnit und Chabasit, welche Zeolithe sonst gewöhnlich in vulkanischen Gebirgen zu Hause sind; der Axinit, Turmalin, Granat, Idokras und Epidot; die drei verschieden krystallisirten Modifikationen der Titansäure, der Rutil, Anatas und Broo- kit;

der Sphen oder Titanit, der Eisenglanz in prachtvollen Krystallen und in rosettenförmigen Gruppen ( s. g. Basano-melan ); Magneteisen und Eisenkies, welche jedoch häufiger eingewachsen vorkommen, Gold; ferner ausgezeichnet Kalkspath, Apatitspath und Flussspath, alle diese in vielfältigen herrlich ausgebildeten Formen. Merkwürdiger Weise ist der Schwerspath und sind noch andere, in andern Gebirgen sehr verbreitete Mineralien und Erze, in den Alpen eine grosse Seltenheit. Besonders reich an diesen schönen Mineralien sind die Massive des Finsteraarhorns und des St. Gotthardt, namentlich die Umgebungen der St. Gotthardt-route in den K. Tessin und Uri, vor allen das M ad er a n e r-thal, wo die schönsten Krystalle im Gebiet der Hornblendegesteine vorzukommen scheinen. Alle diese Mineralien sind ohne Zweifel als Auslangungsprodukte des in Zersetzung begriffenen Nebengesteines, also des Granites, Gneisses, der Hornblendegesteine u. s. w. zu betrachten, in dessen Klüften sich die in höherer Temperatur und bei höherem Druck in Wasser gelösten Bestandtheil derselben langsam in Krystallen ausgeschieden haben. Einzelne Mineralien, wie Anatas, Rutil und Eisenglanz, mögen auch theilweise als Chlor- oder Fluorverbindungen dampfförmig aufgestiegen und durch Wasserdämpfe zersetzt worden sein, obgleich die schöne vollkommene Ausbildung der Krystalle gegen eine solche rasche Entstehungsweise spricht.

B. Paläozoische Formationen.

Es sind dies die ältesten versteinerungsführenden Ablagerungen, wozu das sogenannte Uebergangsgebirge, vornehmlich die Silur- und Devonformation, gerechnet wird. Wahrscheinlich gehört hierher ein grosser Theil der mit dem Urgebirge vereinigten altern krystallinischen oder metamor- phischen Schiefer.

Doch sind meines Wissens nach nirgends deutliche, für diese ältesten Sedimentablagerungen charakteristische Versteinerungen in unseren Alpen darin gefunden worden. Wo solche vorhanden waren, wurden sie ohne Zweifel durch den Jahrtausende hindurch wirkenden Act chemischer Umwandlung und Krystallisation bis zur Unkenntlicheit verwischt und zerstört. Wir haben jedoch allen Grund zu hoffen, dass noch solche aufgefunden werden, so gut wie sich in den bis fast zu Glimmerschiefer umgewandelten Thonschiefern an der Nufenen und an anderen Orten in den Centralalpen neben Granaten deutliche Reste von Belemniten vorgefunden haben, die wahrscheinlich zum Lias, der untersten Abtheilung der Juraformation, gehören.

Die Carbon- oder Steinkohlenformation bildet die dritte grosse Abtheilung der alten oder paläozoischen Formationen, die älteste, welche in unsern Alpen durch die darin vorkommenden Steinkohlenpflanzen und Anthrazitflötze deutlich erkennbar und bestimmbar auftritt, so namentlich im Wallis bei Erbignon, Outre-Rhone, Sitten, Chandoline, Grone, Siders und anderen Orten, femer in den Umgebungen des Montblanc und in der Tarentaise, wo die schönen in weissen Talk verwandelten Farrenkräuter vorkommen. Zu den bekanntesten, auch in anderen Steinkohlengebirgen auftretenden Pflanzen gehören: Stigmaria ficoides Brg., Lepi-dodendron Veltheimianum Stbg. und Calamités Suckowii Brg., drei Gattungen, die wohl das Hauptmaterial für die Steinkohlenlager geliefert haben; ferner eine Menge zierlicher Farrenkräuter, wie Neuropteris flexuosa Stbg., Pecop-teris cyathea Stbg., P. arborescens Schi., P. Pfuckenetii Brg. und andere.

Das vorherrschende Gestein ist ein kohlschwarzer Schieferthon oder Thonschiefer, dessen dunkle Farbe wohl

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von den die ganze Masse durchdringenden Kohlentheileii herrührt, und auch da auf die Anwesenheit der Steinkohlenformation inmitten der alten Schiefer schliessen lässt, wo noch keine Leitpflanzen und keine Kohlenflötze* bisher gefunden worden sind. Auch die in den Alpen vorkommenden, dem Glimmerschiefer ähnlichen oder entsprechenden, Graphitschiefer ( so am Montblanc ) sind wohl durch Metamorphismus stark umgewandelte Pflanzenreste, die vielleicht theilweise noch einer älteren Periode angehören.

Spuren von Ablagerungen der Steinkohlenformation sind in den übrigen Alpen bis jetzt erst an wenigen Stellen aufgefunden worden, so auf der Ostseite des Tödi, ferner am Nordabhang des Bristenstockes, hier mit einem schwachen Anthrazitlager, mitten in die gewöhnlichen Talk- und Thonschiefer eingebettet.,

Selbst in Wallis, wo die ansehnlichsten Anthrazitflötze in unsern Alpen vorkommen, ist die Ausbeute keine erhebliche und deckt nur den Bedarf der nächsten Umgebungen. Bedeutende Steinkohlenlager scheinen in keiner Formation unserer schweizerischen Gebirge, weder in den Alpen, noch im Jura, noch im Molasseland vorzukommen.

Ueber die Permformation weiter unten.

II. Secundäre Formationen.

Hierher gehören: die Trias-, die Jura- und die Kreideformation.

A. Tri as formation, bräunlichroth bezeichnet.

Wir finden diese älteste der secundären Formationen, die in drei grosse Abtheilungen, in Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper zerfällt, ausgezeichnet an den Abhängen der Vogesen und des Schwarzwaldes entwickelt, von wo aus

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die beiden obern Abtheilungen noch in die nördlichen Ketten des Jura hineingreifen. In den Alpen nehmen die diesem Zeitalter entsprechenden Gesteine einen veränderten Habitus an, so dass sie nicht so leicht wieder zu erkennen sind. Sie sind vorzugsweise in den österreichischen und bayerischen Alpen vertreten und reichen noch, namentlich im K. Graubündten und Glarus, in die Ostseite unseres Panora-magebietes hinein.

1. Bunter Sandstein.

Die gewöhnlich unter dem Namen Verrucano aufgeführten rothen Conglomerate, Breccien und Sandsteine, die als Sernfgesteine, oft mit einem talkigen Cement so mächtig im K. Glarus verbreitet sind, werden in diese untere Abtheilung eingereiht, obgleich sie theilweise auch dem Rothliegenden 4er Zechsteinformation entsprechen mögen, mit dem sie noch grössere Aehnlichkeit haben. Was zu der einen, was zu der anderen Abtheilung gehört, lässt sich bei dem Mangel an Versteinerungen nicht entscheiden. Besonders erwähnenswerth sind die abnorm über Nummuliten-und Flyschgebirg gelagerten Verrucano- Gipfel der Grauen Hörner, des Haus- und Kärpfstockes.

2. Muschelkalk.

In den österreichischen Alpen mächtige Gebirge von Dolomit und dolomitischem Kalkstein bildend, setzt der Muschelkalk noch durch das östliche und südliche Bündten, südlich vom Engadin, und durch die Bergamaskeralpen bis nach Lugano fort, wo er die Dolomitmasse des Monte S. Salvadore bildet. Die Versteinerungen zeigen einen von denen des gewöhnlichen deutschen Muschelkalkes abweichenden Habitus. Doch haben wir hier wie dort Meeresmuscheln.* )

* ) Die im deutschen und nordschweizerischen Muschelkalk, namentlich am Süd- und Ostabfalle des Schwarzwaldes, so ansehn- Jlpenpanorama von Höhenschwand.

3. Keuper.é

In noch höherem Grade zeigt sich eine Abweichung von dem deutschen Habitus in dem Keuper, der in Deutschland und Frankreich, sowie in unserm Jura vorherrschend eine Sandstein - und Mergelbildung mit zahlreichen Resten von Landpflanzen ( Equiseten, Calamiten, Pterophyllen und Farrenkräutern ) darstellt, in den Alpen jedoch eine mächtige Meeresbildung, bestehend aus Dolomiten, dunkelgrauen Kalksteinen und Schiefern, ungefähr in derselben Verbreitung, wie der Muschelkalk. Unten die Schichten mit der flachen fein-strahligen Muschel Halobia Lommeli Wissm .; darüber die mächtigen und verbreiteten St. Cassian- und Hallstädter Schichten mit Cardita crenata GoMf ., vielartigen Ammoniten und Orthoceratiten; und oben die bereits an so vielen Punkten in den Alpen, auch in unsern westlichen Schweizeralpen, nachgewiesenen Kössener-Schichten mit der Avicula contorta Porti., Cardium austriacum e. Hauer und andern Meeresmuscheln, eine mächtige Schichtenreihe, welche der obersten Abtheilung des Keupers, dem deutschen und englischen Bonebed, mit seinen zahlreichen Fisch- und Saurierresten entspricht.

Zu den bekanntesten Gipfeln, welche aus dieser obern Abtheilung des Keupers gebildet sind, gehört die Scesa pla n a, nördlich vom Prättigau, die deutlich auf unserm Panorama hinter den Kreidegebirgen der Sentiskette hervorschaut.

Landpflanzen, wie sie so schön erhalten in den grauen

lieh im Muschelkalk auftretenden Steinsalzlager, scheinen in dem alpinen Muschelkalk zu fehlen. Die Salzlager in den bayerischen und österreichischen Alpen scheinen der obern Trias, dem Keuper, zu entsprechen, und wurden sogar früher theilweise in den Lias ( Unter -Jura ) gestellt.

20* Mergelschiefern der Neuen Welt bei Basel im Bett des Birs auftreten, sind erst an wenigen Stellen in der alpinen Keuper-formation aufgefunden worden.

Die Salzlager von Bex ( K. Waadt ), früher zum Lias gerechnet, gehören wahrscheinlich zum Keuper.

Ueber den Kössener-Schichten kommen in den östlichen Alpen die mächtigen obern Dachsteinkalke mit Megalodon scutatus Schaß ., die von vielen Geologen bereits zum Lias gerechnet werden.

Die so malerischen und imposanten hellgrauen Dolomitgipfel in den östlichen Gebirgen des Bündtnerlandes scheinen grösstentheils den mittlern und obern Abtheilungen der Triasformation anzugehören.

B. Juraformation, blau colorirt.f

Ausgezeichnet in unserm Juragebirg entwickelt, von dem noch einige Ketten in den nördlichsten Vordergrund unseres Panoramas hineinreichen, sehen wir diese, nach dem Jura benannte Formation als eine fortlaufende Kette ausserordentlich mächtiger grauer Kalk- und Schiefergebirge, worunter eine Anzahl der gefeiertsten Häupter unserer Alpen, fast vom äussersten Osten bis zum äussersten Westen unseres Panoramas, vom Rheinthal bis zum Rhonethal, sich fortziehen. Sie scheinen fast überall den höchsten, aus Granit, Gneiss und krystallinischen Schiefern bestehenden Centralketten unserer Alpen auf- und angelagert, oder sind stellweise gar, wie im Berner Oberlande, am Schreck hörn, Silberhorn und Wetterhorn von den allmälig in der Centralkette aufgestiegenen Granit- und Gneissmassen, nicht nur gehoben und nordwärts zurückgedrängt oder zurückgebogen, sondern bisweilen förmlich von diesen krystallinischen Gesteinen überlagert worden. So bilden die C-förmig umgebogenen Kalkschichten des Silberhorns eine förmliche Einlagerung in der Gneissmasse der J u n g-frau;

eine ganz ähnliche Einlagerung der Kalkschichten, die Oförmig zurückgebogen erscheinen, zeigt sich am Mettenberg, ebenso, jedem Touristen aufallend, bei Grund auf der östlichen Thalseite unten im Haslithal,

Man kann diese lange Zone grauer und schwarzer alpinischer Jurakalke, die namentlich gegen Südwesten, im Berner Oberland, breiter wird und in mehrere Parallelzüge zerrissen erscheint, als die nächste Vormauer der aus Urgesteinen bestehenden Centralalpen betrachten.

Wie im eigentlichen Juragebirg, so finden wir auch in den Alpen, hier nur noch in ungleich mächtigem Ablagerungen, alle drei Hauptabtheilungen der Juraformation wieder, ja sogar öfter noch mit einzelnen Unterabtheilungen, jedoch vorwiegend in der Form dunkelgrauer Schiefer und Kalksteine, und nicht wie im eigentlichen Jura, als weisse oder hellgelbe Kalksteine und Oolithe, welche die vorherrschende Gebirgsart der mittlern und obern Abtheilung bilden, a. Unterer oder schwarzer Jura ( Lias ). Diese untere Abtheilung der Juraformation erscheint im Juragebirg, sowie im sogenannten schwäbischen Jura ebenfalls vorwiegend in Form von dunkelgrauen Thonen, Mergeln und Kalksteinen, daher der Name schwarzer Jura. Sie zerfällt in eine Reihe kleinerer Unterabtheilungen, von den jede durch eine eigenthümliche Fauna von Meeresmuscheln, insbesondere von Ammoniten und von Belemniten charakterisirt ist, die hier zum ersten Male auftreten. Die drei Hauptabtheilungen mit den verbreitetsten Leitmuscheln lassen sich auch an verschiedenen Stellen in unsern Alpen nachweisen. Zu den bekanntesten Fundorten von Liasver-steinerungen in unseren Alpen gehören die Umgebungen von Meillerie am Genfersee, von Bex ( hier in der Nähe der bekannten Salz- und Anhydritlager ), ferner in der Stockhornkette, namentlich in den Umgebungen von Blumenstein und bei der Wimmis-Brücke.

In den Alpen haben wir grösstentheils dunkelgraue bis schwarze Kalksteine, oft mit weissen Kalkspathadern, die dem Gestein ein hübsches marmorirtes Ansehen geben und deshalb auch in den Umgebungen von Montreux und Aigle als Marmor gebrochen werden.

Einige Leitmusschein des alpinischen Lias:

1. Unterer Lias oder Gryphitenkalk, mit: Grypkaea arcuata Lam.

Spirifer tumidus v. Buch. Nautilus striatus Sow. Ammonites Bucklandi Sow. A. Conybeari Sow. Belemnites acutus MM. Pleurotomaria anglica d' Orb.

2. Mittler Lias oder Belemnitenkalk, mit: Belemnites niger List.

Ammonites margaritatus Montf. Terebratula numismalis Lam. Gryphaea cymbium Lam.

3. Oberer Lias oder Posidonienschiefer, mit: Ponidonomya Brannii d' Orb. Ammonites jurensü Ziet.

A. aalensis Ziet u. A. radians Schi. Belemnites tripartitus Schi.

b. Mittlerer oder brauner Jura.

Als Hauptglied der mittleren Juraformation erscheint im eigentlichen Juragebirge, längs der Westgrenze der Schweiz, der 100—200 Meter mächtige, hellgelbe oder fast weisse Hauptrogenstein, ein sehr reiner Kalkstein, der aus lauter kleinen, fischrogenähnliehen concentrisch -schaligen Kalkktigelchen besteht und zahlreiche kleine Muschelfragmente, selten aber deutliche, wohlerhaltene, Versteinerungen einschliesst.

Dieser Rogenstein zeigt sich nirgends so schön und mächtig, wie im Kanton Basel, sowohl im Plateaugebiet, wo zahlreiche romantische Spaltenthäler darin eingeschnitten sind, als auch in den eigentlichen Juraketten, dessen höchste Gräte mit steilaufgerichteten Schichten, wie z.B. der Belchen und der Passwang, daraus bestehen.

Sowohl unterhalb, als oberhalb des Hauptrogensteines finden wir fast überall in unserm Juragebirg, in Begleitung von grauen oder braunen Mergeln und Kalksteinen, Lager von gelbbraunen oder braunrothen Eisenrogensteinen, die aus ähnlichen schaligen Körnern, aber von thonigem Brauneisenstein bestehen und eine Menge trefflich erhaltener und ihnen eigenthümlicher Meeresversteinerungen, namentlich Ammoniten, Belemniten, Terebrateln, Mustern, Myaciten und andere Meeresmuscheln einschliessen.

Der eigentliche Hauptrogenstein lässt sich zwar in unsern Alpen nicht nachweisen, dagegen fast überall längs des Nordabhanges der krystallinischen Centralketten als ein schmales, aber leicht erkennbares Band am Fuss des Hochgebirgskalkes ein Lager von gleichfalls oolitischen, aber mehr oder minder metamorphosirten, zum Theil in Magneteisen oder in Chamoisil umgewandelten dunkelbraunen oder schwärzlichen Eisensteinen, welche offenbar dem untern und obern Eisenrogenstein unseres Juragebirges entsprechen und auch dieselben Leitmuscheln enthalten.

Wie schon im aargauischen und im schwäbischen Jura, so erscheinen auch in den Alpen beide Abtheilungen, der untere und der obere Eisenrogenstein {Etage bajocien und Etage collovien \von d' Orbigny ) zu einer einzigen Schichten folge vereinigt und nicht durch einen Hauptrogenstein getrennt Im Vergleich zu der immensen Mächtigkeit des Hochgebirgskalkes oder der obern alpinen Juraformation besitzen diese Eisenrogensteine nur eine geringe Mächtigkeit.

Studer fässt sie unter den passenden Namen „ Zwischen-bildungen14 zusammen.

Versteinerungen finden wir am Calanda, auf der OberblegialpamGlärnisch, auf Ob er-Käsern am Fuss der Windgelle im Maderanerthal ( hier sehr gut erhalten ), am Uri-Roth stock, amürbach-Sattel, am Wetter -horn, auf Kriegsmatt und Stufistein am Westabfall der Jungfrau, zwischen derBltimisalp und dem Gespaltenhorn, ferner in der Stockhornkette und an andern Orten. An mehreren Stellen, wie am Glärnisch, im Maderanerthal ( wo der Schmelzofen noch sichtbar ist ) und im Berneroberland wurden diese eisenoolitischen Bänke als gutes Erz abgebaut und verschmolzen. Unter den zahlreichen Leitmuscheln will ich nur wenige erwähnen:

Belemnites giganteus Schi.

B. hastatus Blr.

Ammonites Hwnphriesianus Sow.

A. macrocephalus Schi.

A. anceps und A. hecticus Rein.

Lima proboscidea Sow.

Pecten demissus Phill.

Terebratula perovalis Sow u.a.

c. Oberer oder weisser Jura, in den Juraketten hauptsächlich als Oxfordkalk ( mit Einschluss des Terrains à Chailles und der Scyphienkalke ), als Korallenkalk ( Diceratenkalk ) und als Kimmeridgekalk ( Pterocerenkalk )

oder fälschlich sogenannter Portlandkalk entwickelt, vorherrschend weisse oder hellgelbe, bald reine, bald thonige Kalksteine, mit untergeordneten schiefrigen und thonigen Schichten wechselnd. An ihrer Stelle finden wir in unsren Alpen, mit denselben charakteristischen Meeresversteinerungen, ausserordentlich mächtige Ablagerungen bald dunkelgrauer, bald hellergrauer Kalksteine und Kalkschiefer, die gewöhnlich unter dem Namen Hochgebirgskalk zusammengefasst werden und am besten den Oxfordschichten unseres Juragebirges entsprechen. Darüber eine ähnliche Folge von grauen, oft hell und dunkel gefleckten Kalksteinen, die nach ihren Versteinernngen den Kimmeridge-kalken ( als „ Etage ptérocérienu namentlich schön bei Pruntrut entwickelt ) entsprechen. Die, im Jura durch einen Reichthum an Korallen ausgezeichnete mittlere Abtheilung der obern Juraformation, der s. g. Korallenkalk, scheint mit diesem Habitus in unsern Alpen zn fehlen. Ohne Zweifel gehört ein Theil des Hochgebirgskalkes dieser Abtheilung an.

Wohlerhaltene oder deutlich bestimmbare Versteinerungen der obern Juraformation sind in den Alpen viel seltener, als im Jnragebirg.

Die alpinischen Oxfordkalke sind unter anderm durch: Belemnites hastatus Blu., Ammonites plicatilis Sow., Am.poly gyratus Rein., Am. polyplocus Rein., Am. perarmatus Sow., Aptychus lamellosiis M. u.a.; die der Kimeridgekalke durch Pteroceras Oceani Brg., Isocardia excentrica V., Mytilus jurensis Mer., Hemicidaris Thurmanni Ag., u.a. charakterisirt.

Die Schichten der untern und mittlern Juraformation bilden, als weniger mächtig und den höheren Abtheilungen untergeordnet, selten erhebliche Massen oder Gipfel in unserer Alpenkette. Um so mehr aber der darüber gelagerte, dem untern weissen Jura oder den Oxfordschichten entsprechende mächtige Hocbgebirgskalk,^ der nach oben in den obern weissen Jura ( Pterocerenkalk ) übergeht.

Eine Anzahl der bekanntesten Gipfel unserer Alpenkette gehören dieser obersten Abtheilung der Juraformation, dem weissen Jura, an. Ich will hiervon den auf unseren Panorama hervorragenden nur folgende nennen: den Mürtschenstock, Selbstsanft, Bifertenstock, denTödi, den Kammlistock, das Scheerhorn, Klein- und Gross-Ruchi, kleine und grosse Windgälle, denüri-Rothstock, denTitlis, die Wetterhörner, den Eiger, das Silberhorn nächst der Jungfrau, Tschingelhorn, Gespaltenhorn, Blümlisalp, Doldenhorn, die hohe Alteis, das Rinderhorn, den Wild Strubel und andere.

C. Kreideformation, grün bezeichnet.

Als eine zweite, kaum minder mächtige Vormauer von Kalkgebirgen, oft in mehrere Parallelzüge gespalten, mit dazwischenrufenden Jurazügen, finden wir auf unserm Alpenpanorama alle drei Hauptabtheilungen der Kreideformation, insbesondere aber die untere, das s. g. Neocomien vom äussersten Osten bis zum äussersten Westen in kaum unterbrochener Reihe repräsentirt. Auch hier haben wir neben hellgrauen vorzugsweise dunkelgraue Kalke, die aber durch Verwitterung an der Oberfläche gleichfalls hellgrau erscheinen. Die Versteinerungen sind fast ausschliesslich Meeresmuscheln.

a. Untere Kreideformation ( Neocomien ).

Diese untere Abtheilung, die den Namen von der Stadt Neuchâtel ( Neocomum ) erhalten hat, wo sie zuerst genauer studirt wurde, zeigt, wie bemerkt, die grösste Verbreitung und Mächtigkeit.

1. Unteres Neocomien oder Spatangenkalk, haupt- «

sächlich durch einen Seeigel: Toxaster ( ehemals Spatangus ) complanatus Ag. charakterisirt.* )

2. Oberes Neocomien oder Rudistenkalk, auch Capro-linenkalk genannt, von der vorherrschenden Leitmusekel Caprotina ammonia d' Orb., von Escher auch Schrattenkalk genannt wegen den tief durchfurchten und ausgewaschenen Schratten oder Karrenfeldern. Auch Caprotina Lonsdali d' Orb. findet sich häufig.

b. Mittlere Kreideformation.

Als Hauptrepräsentant dieser mittlere Abtheilung gilt der Gault, auch in den'Alpen nur wenig mächtig, aber durch den Reichthum eigenthümlicher Formen von Ammo eilen, sowie der ihnen verwandten hackenförmig gebogenen Hamiten ( z.B.: Hamites attenuatus Sow. ) und thurmförmig aufgerollten Turriliten ( vornehmlich Turrililes Bergein Brgï ) ebenso durch Inoceramus sulcalus, I. eoncentricus u.a.ndere Muscheln ausgezeichnet, also dieselben Formen, die auch im südlichen Jura und in Frankreich als Leitformen gelten und theilweise schon im untern und obern Neocomien auftreten. In den Alpen sind sie in schwarze, häufig durch Eisensilicatkörner dunkelgrün gefärbte Kalksteine eingebacken, die nur geringe Mächtigkeit besitzen. Ausgezeichnet tritt diese Abtheilung im südlichen Frankreich auf.

c. Obere Kreide formation.

Weniger in den Alpen verbreitet, begegnen wir doch dieser obern, grossentheils der eigentlichen weissen Kreide entsprechenden Abtheilung, unter dem Namen Seewerkalk,

* ) Ferner: Holaster L' Hardyi Ag., Belemnites dilatatus Blv, Ostre amacroftera d' Orb., Exogyra Couloni Defr. u.a. Dann eigenthümliche Ammoniten und die ihnen verwandten Hamiten, Scaphiten, Crioceras und Ancyloceras. Vorherrschend erscheinen dunkelgraue schiefrige Mergel und Kalksteine, häufig mit grünen Glaukonitkörnern.

durch die bekannten Seeigel Ananchytes ovata Ag. und Micraster vor anguinum, durch Inoceramus Cuvieri u. I. regu-laris d' Orb., und andere charakterisirt, in ziemlich mächtigen Massen oder Schichtencomplexen grauer Kalksteine, die bisweilen Feuersteinknollen einschliessen, in der Sentisgruppe, in den Schwyzerbergen, namentlich bei Seewen, am Fiznauer-stock, am Bürgenstock und andern Orten.

Die Schichten der Kreideformation sind nicht selten, wie z.B. auf dem Glärnisch und in der Stockhornkette den Schichten der obern Juraformation aufgesetzt. Gewöhnlich bilden sie aber, als vorherrschende Formation, selbstständige Gipfel, Gräte und Ketten, wie ein Blick auf das Panorama lehrt.

Unter den bekannten Gipfeln will ich hier, gleichfalls im Osten beginnend, nur folgende hervorheben: Der Calanda, die Kalfeusen und der Glärnisch wenigstens theilweise; der Kamor und Hoh-Kasten, der Sentis, die Churfirsten; Aubrig, Silbern, Mythen, Fronalp, Pragelpass und andere Höhen im K. Schwyz; die meisten Berge im K. Unterwaiden, wie der Ober-Bauen und Nieder-Bauen, die Hauptmasse des Bürgenstockes, das Stanzer- und Buochserhorn, die Fronalp, überhaupt fast alle die Kalkgebirge, in welche der Vierwaldstättersee eingeschnitten ist und die sich durch die wunderbaren, von dem mächtigen Seitendruck der Centralalpen herrührenden, Biegungsn ihrer Schichten, namentlich zwischen Brunnen und Fluelen jedem Touristen bemerkbar machen; ferner die Hauptmasse des Pilatus, die Schrattenfluh und der Hohgant, das Brienzerhorn, das Rothhorn und das Faulhorn und die obern Theile der Stockhornkette. Wir können die Formation noch weit durch Savoien verfolgen. Die Gaultpetrefacten der Rochers des Fiz in den Umgebungen der Aiguilles rouges sind schon seit langer Zeit bekannt. "

Im Juragebirg sind die Kreideschichten ( mit Ausnahme der obern Kreide ) vorzugsweise im Neuenburger- und Waadt-länder-Jura, namentlich in den Umgebungen von Ste. Croix, ebenso an der Perte du Rhone entwickelt. Sie fehlen dagegen im ganzen nordwestlichen und nördlichen Juragebirg, ungefähr von Biel an.

III. Tertiäre Formationen.

A. Untere oder eocene Tertiärformation, gelb colorirt.

Hierher gehören die Nummulitenkalke und die gewöhnlich sie begleitenden, darüber gelagerten Schiefer des Flysches, beide in grosser Verbreitung und Mächtigkeit, in mehrern Parallelzonen, als die noch nördlichem Vorwerke der Central- alpen, aus dem Vorarlberg über den Rhein setzend und durch die Kantone St. Gallen, Glarus, Schwyz, Unterwaiden und das Berner Oberland bis nach Savoien fortziehend.

a. Nummulitenkalk.

Der Nummulitenkalk hat seinen Namen von den zahlreich darin auftretenden münzförmigen Nummuliten oder sogenannten Batzensteinen, welche zu den vielkammerigen Foraminiferen ( Polythalamien ) gehören.* ) Kaum eine Formation zeigt eine so grosse Verbreitung wie diese. Wir können sie längs den Pyrenäen und Alpen, sowie zu beiden Seiten des Mittelmeeres, durch Kleinasien und Hochasien

* ) Ich nenne hier nur Nummulina regularis, globosa und as-silinoides Rüt., N. globulus Leym. Orbitulites discus Ritt. Ferner: Operculina ammonea Leym. Grosse Seeigel, wie Conoclypus ana- choreta und C. conoideus Ag., einige Schnecken, wie Turritella im-bricataria und namentlich zahlreiche Cerithien sind gleichfalls be- zeichnend,

bis nach China verfolgen. In unsern Alpen erreicht der Nummulitenkalk theilweise eine Mächtigkeit von 1000 Fuss. Das vorherrschende Gestein in der östlichen Hälfte unserer Alpen, vom Rheinthal bis zum Pilatus, ist ein dunkelgrüner Kalk- oder Sandstein, durch zahlreiche Körner eines grünen Eisensilicates gefärbt, das in Folge von Verwitterung und Oxydation des Eisens dem Gesteine häufig eine braunrothe Färbung giebt. Westlich vom Pilatus dagegen herrschen graue, von Eisensilicat freie, Kalksteine vor.

b. Flysch.

Der Flysch tritt gewöhnlich in Form von grauen, oft dunkelgrauen Schiefern, oder schiefrigen Sandsteinen und Kalksteinen auf, die wenig andere Versteinerungen enthalten, als sogenannte Fucoiden oder Meeresalgen, mit dünnen verästelten blattlosen Zweigen, worunter

Chondrites intricatus St. „ Targionii St.

die verbreitesten sind. Fast überall folgt er auf den Nummulitenkalk, bisweilen in nicht geringer Mächtigkeit, die oft auf mehrere 100 Meter ansteigt. Nach Studer zeigt keine Formation so anomale und räthselhafte Lagerungsverhältnisse, wie diese. Der Taviglianazsandstein, mit weissen Punkten und grünen Flecken, einem dioritischen Tuffe ähnlich, sowie der grüne und braune Balligsandstein, beide hauptsächlich in den westlichen Alpen entwickelt, gehören nach Studer in denselben geologischen Horizont.

Ein Blick auf das Panorama zeigt die ansehnliche Verbreitung dieser alttertiären Gebirge, obschon sie sehr oft, zum Theil in Folge ihrer anormalen Lagerung, hinter den Ketten der Jura- und Kreideformation versteckt erscheinen. Obgleich beide Abtheilungen, Flysch- und Nummulitengesteine, gewöhnlich mit einander vorkommen, ja, stellweise in einander überzugehen scheinen, so dass eine Trennung schwer wird, so ist doch das Auftreten jeder einzelnen, namentlich der Nummulitenkalke, in Folge ihrer Versteinerungen, gewöhnlich so markirt, dass wir jede Abtheilung besonders an den bekanntesten Standorten aufsuchen müssen.

Die Nummuliten formation treffen wir schon im Vorarlberg, also ganz am östlichen Anfang unserer Karte, so bei Dornbirn, ferner ausgezeichnet an der Fähnern ( K. Appenzell ), hier voll dunkelgrüner Körner von Eisensilicat und an verschiedenen anderen Punkten der S en ti s-gruppe. ebenso im K. Schwyz bei Seewen, Lowerz, auf dem Hacken, an der Aubrig oberhalb Einsiedeln und bei Iberg im Hintergrunde des Sihlthales, wo sich auch die grossen Seeigel, wie Conoclypus anachoreta Ag., und C. conoideus Ag., nebst grossen Terebrateln darin befinden; ferner auf der Höhe des Bürgenstockes und am Pilatus, hier mit den merkwürdigen Einlagerungen in den Rudistenkalk der Kreideformation, in den Umgebungen von Sachselen und Samen, ferner weiter gegen Westen an der Schafmatt, am Schratten, Hohgant, Niederhorn und den Ralligstöcken am Thunersee, ferner in der Faulhorngruppe und an den Brienzergräten, in den Umgebungen der Wengernalp und der Scheideck, wo auch theilweise Flysch auftritt, am Morgenberghorn, Gerihorn, Elsighorn, Lohner, bei Schwari- bach nördlich von der Gemmi, bei Kandersteg, am Rawyl, Sanetsch, Oldenhorn, an den Diablerets, deren Versteinerungen schon im vorigen Jahrhundert bekannt waren, an der Dent de Morde und Dent du Midi, und in gleicher westlicher Richtung durch Savoien hindurch.

Eine zweite südlichere Zone, nächst den Centralalpen, können wir von Ragatz durch den K. Glarus und Uri bis zur Wengernalp verfolgen, und finden einzelne Fetzen oder Streifen in den Umgebungen des Titlis, der Surenen, Clariden, des Bifertengrates, des Tödi, dessen Spitze daraus bestehen soll, ebenso am Joch-, Kisten- und Panixerpass.

Der Flysch zeigt eine ähnliche Verbreitung, wie der Nummulitenkalk. Wir können ihn gleichfalls, in mehreren Parallelzonen streichend, vom Rheinthal bis zum Rhonethal und noch weiter durch Savoien verfolgen. Am Hausstock, Kärpfstock und den grauen Hörnern erscheinen die rothen alten Verrucano-Conglomerate, wie schon bemerkt, in anor-maler, übergreifender Lagerung über1 den steil einfallenden Flyschschiefern gelagert. Zu dem eocenen Flysch werden auch die bekannten Dach- und Tafelschiefer des Plattenberges bei Matt gerechnet, welche neben den seltenen Resten einiger Vogel- und Schildkrötenarten, nicht weniger als 57 Species von Fischen einschliessen, worunter 2 Species besonders häufig sind, nämlich

Anenchehvm glarisianum Blv. Palaeorhynchum glarisianum Blv.

Es ist dieser Fundort durch den Reichthum von Wirbel-thierresten einzig in seiner Art in unseren Alpen. Erst in neuerer Zeit wurden noch ähnliche Reste in den eocenen Schiefern bei Attinghausen, unweit Altoif, gefunden. Wir finden ferner Flyschketten im K. Schwyz und Unterwaiden, die sich am Hohgant und Beatenberg bis an den Thunersee fortziehen. In grösser Ausdehnung und Mächtigkeit setzt der Flysch zwischen Aare und Rhone durch das Berner Oberland fort, wo Studer zwischen Gurnigel und Wildstrubel nicht weniger als 6 Züge oder Ketten aufführt, von welchen die Niesenkette, die sich vonMülinen bisSepey erstreckt, die bedeutendste ist.

Merkwürdig sind die im Flysch des Habkerenthales ( nördlich Interlaken ) eingewachsenen kolossalen Blöcke eines rothen Granites, der jetzt nirgends mehr in den Alpen ansteht.

Aehnliche Einlagerungen im Flysch werden auch an andern Orten, am Böigen in Bayern, bei Sepey im K. Waadt etc. gefunden.

In dieselbe eocene Periode gehören die in den Mulden und Spalten des obern Jurakalkes im eigentlichen Juragebirge abgelagerten Bohnerze und die in denselben Spalten, namentlich bei Egerkingen und Obergösgen, K. Solothurn ( westlich und östlich von Olten ) aufgefundenen Knochen und Zähne von Säugethieren, namentlich der Gattungen LopModon, Paläotherium, Anoplotherium und andern, die grösstenteils mit den im Gyps über dem Grobkalk von Paris gelagerten Knochenresten übereinstimmen. Wir verdanken die nähere Untersuchung und Beschreibung dieser merkwürdigen in unserm Jura aufgefundenen Säugethierreste unserm schweizerischen Cuvier, Herrn Prof. Rütimeyer, d. Z. Vicepräsident der Basler Section des schweizerischen Alpen-Clubs.

B. Mittlere und obere Tertiärformation, braun bezeichnet.

Wir könnten diese mächtige, grösstenteils aus weichen Mergeln und grünlichgrauen mergeligen Sandsteinen bestehenden Ablagerungen, welche das schweizerische Hügelland zwischen Jura und Alpen bedecken, auch Molasse formation nennen, weil eben der erwähnte weiche Sandstein, welcher die vorherrschende Gebirgsart bildet, Molasse genannt wird. Wir wollen uns in der That auch des Namens Mo lasse, als Repräsentant der mittlern und obern Tertiärformation des schweizerischen Mittellandes bedienen. Ausser diesen Sandsteinen spielen auch die Nagelfluhgebirge eine grosse Rolle.

Wir können drei Hauptabtheilungen unterscheiden, eine untere Süsswassermolasse und darüber eine

Schweizer Alpen-Club.21

Meeresmolasse, welche beide in schmalen Streifen dem Südrand des Jura bis zur Lägern und dem ganzen Nordrand der Kalkgebirge der Alpen folgen und überdies sich durch die Kantone Waadt, Freiburg und den grössten Theil des Kantons Bern ostwärts bis Huttwyl, an die Ostgrenze dieses Kantones, sich erstrecken. Darüber lagert gegen Osten, mit zunehmender Mächtigkeit und Ausdehnung den grössten Theil der mittlern und östlichen Schweiz in den Kantonen Aargau, Luzern, Zürich, Thurgau, St. Gallen und Appenzell bedeckend, eine obere Süsswassermolasse, die in Bezug sowohl auf die Steinart, als auf die darin eingeschlossenen Pflanzenreste grosse Uebereinstimmung mit der unteren zeigt, so dass, wo die mittlere Abtheilung der Meeresmolasse fehlt, die Grenzen zwischen oberer und unterer Süsswassermolasse schwer zu ziehen sind.

Im Berner- und Basler Jura, namentlich in den Umgebungen von Pruntrut, Delsberg und Basel kommen noch ältere marine Ablagerungen, Conglomerate, Letten, Sandsteine, der untersten Abtheilung der mittlern Tertiärformation angehörend, als sogenanntes Terrain Tongrien ( Tongrische Stufe ) vor, worin sich ausser Haifischzähnen ( Lamna cus-pidata Ag. ) besonders zwei Austernarten, eine dicke kopfgrosse ( Ostrea Collini Mer. ) und eine kleinere gerippte ( Ostrea crispata Goldf. = O. eyathula Lam. ) auszeichnen.

In dem Plateaugebiet der Kantone Basel und Aargau und von da ostwärts weiter bis an den Randen durch den Kanton Seh äff hausen fortziehend, treffen wir ähnliche gleichfalls grösstentheils aus Conglomeraten ( Kalknagelfluh ) und untergeordneten Sandsteinen bestehende Ablagerungen mit Meeresmuscheln, die einer etwas höhern Stufe, nach Karl Mayer, der Mainzischen Stufe oder noch genauer den Faluns der Touraine entsprechen, über welche dann erst die der helvetischen Stufe entsprechende Meeresmolasse folgen würde.

Jene Conglomerate decken die langgestreckten Plateaus und Gräte von oberm Jurakalk, welche den nördlichsten Vordergrund auf unserm Panorama bilden.

Auch ziemlich mächtige Süsswasserablagerungen, bestehend in einer untern Mergehnolasse ( Blättermolasse ) mit Pflanzenresten ( worunter Daphnogene polymorpha Ung .), und darüber Süsswasserkalke mit Land- und Süssivasser-schnecken, treten in den grossen Muldenthälern des Juragebirges auf, so im Thal von Laufen, Delsberg, Matzendorf und anderen. Süsswasserkalke finden wir ausgezeichnet in den Umgebungen von Chaux de Fonds und Locle, ferner in der Nähe von Basel, so bei St. Jacob und besonders am Tüllinger Berg. Diese Ablagerungen, wenigstens die untere Mergel-molasse, mögen theilweise der untern Süsswassermolasse des schweizerischen Mittellandes entsprechen.

Wir halten uns bei diesen, dem Juragebirg und dem nördlich anstossenden Plateaugebiet angehörenden Tertiärablagerungen, die nur einen schmalen Streifen am Nordrande unseres Panoramas bilden, ja schon grossentheils ausserhalb unseres Gesichtskreises fallen, nicht länger auf, und wollen nur dem eigentlichen Molassegebiet des schweizerischen Mittellandes einen flüchtigen Blick gönnen.

Das Molasseland.

Ein Blick auf unser Panorama zeigt, selbst in der ungünstigen verkürzenden Perspective, die weite Ausdehnung des Molasselandes. Vor allem fällt uns in die Augen die grösstentheils aus mächtigen Nagelfluhmassen bestehende Zone der subalpinen Molasse, die uns in den bekannten stattlichen Höhen des Speers, des.Rossberges, des Rigi, des Schattenberges und anderer entgegentritt, jener Reihe

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von Nagelfluhgebirgen, die mit vorherrschendem und zunehmendem Südfall hart an die Kalkalpen der Eocen- und Kreideformation anstossen, ja theilweise mit fast senkrechter Schichtenstellung unter dieselben einzuschiessen scheinen. Diese den Alpen zunächststehende Kette von mitteltertiären südfallenden Nagelfluhgebirgen bildet eigentlich nur die Südflanke der genannten subalpinen Zone, der etwas weiter gegen Norden eine zweite ähnliche Kette als Nordflanke mit nördlichen Schichtenfall entspricht. Beide Flanken sind durch die berühmte 2 Stunden vom Nordrande der Kalkalpen entfernte antiklinale Linie getrennt, welche Professor B. Studer längs dem Nordrand der Alpen von Lausanne am Genfersee bis Bregenz am Bodensee verfolgt und auf der geologischen Karte der Schweiz verzeichnet hat. Ohne Zweifel hat der mächtige, bei der jüngsten Erhebung der Alpen wirkende Seitendruck die Aufstauung der subalpinen Molasse und Nagelfluh in zwei antiklinale Zonen oder Ketten und die theilweise Ueberschiebung des altern Kalkgebirges über diese Jüngern Molasseschichten bewirkt. Eine ganz analoge Ueberschiebung der Jura- und Triasformation über die Tertiärschichten finden wir am Nordrand des Basler -und Aargauer Jura, ja manche Geologen sind geneigt, die Haupthebung des Juragebirges als eine Wirkung des Seitendruckes bei der jüngsten Hebung der Alpen zu betrachten, obgleich die geringe Schichtenzerrüttung des breiten zwischen beiden Gebirgen liegenden Molasselapdes einen Einwurf gegen diese Annahme rechtfertigen kann. Jedenfalls aber scheint die mächtigste Erhebung der Alpen erst gegen den Schluss der mitteltertiären Periode, nach Ablagerung der Molasse und subalpinen Nagelfluh zu fallen.

Einen zweiten Zug von*Molasse- und Nagelfluhhöhen können wir längs dem Südrande des Juragebirges verfolgen.

Zwischen dem subjurassischen und subalpinen dehnt sich das breite hügelige Molasseland der Mittelschweiz aus.

a. Untere Süsswassermolasse {Etage Aquitanien von Karl Mayer. )

Unten bunte, vorherrschend rothe, Mergel und Sandsteine ( Molasse rouge ), auch bituminöse Süsswasserkalke, darüber die mehrere 100'mächtige graue Molasse, aus grauen Sandsteinen mit thonig-kalkigem Bindemittel bestehend. Diese Ablagerungen lassen sich aus Savoien durch die Kantone Genf, Waadt, Freiburg und Bern bis Huttwyl verfolgen, sind jedoch in den letztern Kantonen grösstentheils von mariner Molasse bedeckt, so dass sie dann nur in den Thaleinschnitten zu Tage treten. Oestlich vom K. Bern beginnt dann die Bedeckung durch die obere Süsswassermolasse. Der weitern Verbreitung der untern Süsswassermolasse längs einer subjurassischen und einer subalpinen Zone wurde schon oben gedacht.

In diese untere Abtheilung der subalpinen Zone gehören wohl auch die mächtigen Nagelfluhberge des Napf, Speer, der Bäuchlen und des Rigi, welche alle einen ähnlichen Schichtenbau darbieten. Am nördlichen Fuss des Rigi haben wir rothe Mergel, die mit Bänken gemeiner Molasse und bunter Nagelfluh wechseln; darüber, als Hauptmasse des ganzen Berges, die mächtigen südfallenden Bänke der Kalknagelfluh, und ganz oben wieder beim Kulm, quarzige und granitische Gerolle, welche sonst die bunte Nagelfluh charakterisiren. Als östliche Fortsetzung des Rigi und ganz ähnlich gebaut, erscheint der bekannte Ross b e r g, durch dessen Sturz 1806 Goldau verschüttet wurde.

Die bunte Nagelfluh dieser subalpinen Zone besteht aus Gerollen von Quarz-, Hornblendegesteinen, Mandelsteinen und rothen Graniten, welche sonst nirgends mehr auf der Nordseite der Alpen anstehend gefunden werden.

Die Pflanzen- und Thierreste der untern Süsswassermolasse zeigen, wie zu erwarten, manche Uebereinstimmung mit denen der obern, wenn auch nicht durchweg in den Arten, doch in den Gattungen. Unter den bekanntesten Fundorten von Pflanzenresten will ich nur die Umgebungen von Vivis und Lausanne anführen, so das Thälchen der Paudèze, hier mit Pechkohlen; ferner in der subalpinen Zone der Hohe Rhonen südlich von Rapperschwyl am Zürchersee, gleichfalls mit Kohlenflötzen, Rüfi bei Schännis nördlich von Weesen und das Erizthal östlich von Thun.

b. Marine Molasse {Etage Helvétien von Karl Mayer ).

Vorherrschend graulich-grüne Sandsteine mit thonig-kalkigem Bindemittel und grünen Eisensilicatkörnern, nicht selten mit einer reichen Fauna von Meeresmuscheln, namentlich aus den Gattungen Cardium ( C. echinatum Lam., C. multicostatum Br. u. C. edule Lin. ), Pecten ( P. burdigalen-sis u. palmatus Lam. ), Ostrea ( O. edulis Lam., O. virginica Lam. ), Solen, Tellina, Lutraria, Mactra, Cytherea, und andere; ebenso von Meeresschnecken, insbesondere aus den Gattungen Conus, Cypraea, Mitra, Pyrula, Cassis, Cancellaria, Turbo, Pleurotoma, Turritella, Natica, Fusus, Buccinum, Mitra, und andere von ähnlichem Habitus, die für die Tertiärbildung bezeichnend sind und in den früheren Formationen nur spärlich oder gar nicht auftreten. Die Schalen dieser Thiere sind bisweilen noch gut erhalten, oft aber sehr mürbe und bröcklicht, wie

calcinirt.

«

Unter den Fischen nehmen die Haifische die erste Stelle ein. Man findet ihre Zähne in grösser Menge und Mannigfaltigkeit und in trefflicher Erhaltung, besonders häufig Lanina cuspidata Ag., L. contortidens Ag., Oxyrhina hastalis und die riesigen Zähne von Carcharodon megalodon Ag., mit gekerbter Schneide.

Auch Knochen und Zähne von grossen Landsäuge thieren fehlen nicht, so von dem mammuthähnlichen Mastodon angustidens Cuv., von Rhinocéros incisions Cuv., ferner von der bekannten Seekuh Ha.lianassa ( Halitherium ) Studeri von Meyer.

Wie schon oben bemerkt, sehen wir die marine Molasse an zahlreichen Orten, schon im K. Waadt und Freiburg, noch mehr im K. Bern über der untern Süsswassernolasse zu Tage treten, am ausgezeichnetsten aber längs dem Jura

und den Alpen.

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1. Subjurassische Zone. Reiche Fundorte von Versteinerungen bieten die aargauischen Ortschaften Lenzburg, Othmarsingen, Mellingen, Mägenwyl und Würenloos, bei welchen der wahre „ Muschelsandstein1'1'auftritt. Ebenso werden die Umgebungen des Irchel, von Eglisau und andern Orten genannt.

2. Subalpine Zone. Nicht minder reich sind die Umgebungen von Bern, so der Längenberg, die Bütscheleck und der Belpberg. Bei Hütlingen, nahe Wichtrach, findet sich eine ganze Austerbank. Ebenso finden wir die marine Molasse wieder in den Umgebungen von Guggisberg. Weniger reichhaltig und ausgezeichnet setzt diese Zone durch den K. Luzern und weiter bis in die Umgebungen von St. Gallen fort, deren Sandsteine wieder reich an Versteinerungen sind, aber auf den Höhen theilweise von Süsswassermolasse bedeckt werden. Die Muschelschalen sind mürbe, weiss, leicht zerreiblich.

c. Obere Süsswassero lasse ( Etage Oeningien oder Oeninger - Stufe. )

Vorherrschend besteht diese obere Abtheilung aus feinkörnigen, grünlichgrauen, oft thonigen, Sandsteinen mit thonig-kalkigem Bindemittel. Den Quarzkörnern sind viele grüne Eisensilicatkö'rner ( Glaukonit ) beigemengt, vielleicht auch Flitterchen eines chloritähnlichen Minerals, welche die grünliche Färbung hervorbringen. GliMmerschüppcheh mengen sich häufig in grösser Zahl bei. Die meisten dieser als Bausteine so geschätzten und vielfach verwendeten Sandsteine brausen mit Säuren. Auch Thone und Mergel treten in untergeordneten Zwischenlagen auf, ebenso bituminöse Kalksteine ( Süsswasserkalke ) mit Land- und Süsswasser-schnecken.

Die obere Süsswassermolasse gewinnt erst östlich von K. Bern, bei Huttwyl beginnend, grössere Verbreitung und bedeckt, als eine breite Zone, den grössten Theil des schweizerischen Mittellandes in den Kantonen Aargau, Luzern Zürich, Thurgau, St. Gallen und Appenzell. Hie und da finden sich schwache, selten aber bauwürdige, Braunkohlen-flötse eingelagert, wie die schon seit Jahren ausgebeuteten beiden Flötze von Käpfnach bei Horgen, die gegenwärtig unter der musterhaften Leitung meines verehrten Freundes, des Herrn Bergrathes Stockar-Escher in Zürich stehen und dennoch die Concurrenz mit den Saarbrücker - und Ruhr-kohlen kaum mehr aushalten können.

Nirgends in der Schweiz, weder in den Alpen, noch im Jura, noch im Mittelland, weder in der eigentlichen Stein-kohlen-, noch in der Braunkohlen- oder Molasseformation, noch viel weniger in den andern Formationen sind bisher irgendwie ausgiebige Kohlenlager gefunden worden und es

ist leider auch wenig Aussicht, das deren noch in der Folge zum Vorschein kommen könnten.

Am häufigsten sind in der Süsswassermolasse Pflanzenreste vorhanden, so z.B. in der A l b i s k e t t e, in den Umgebungen von Horgen ( Käpfnach ), von Winterthur ( Veitheim und Elgg ), des Irchel und an andern Orten.

Vor Allen aber sind zu nennen die wegen ihres Petrefactenreichthums schon seit 150 Jahren ausgebeuteten Steinbrüche des Schienerberges bei Oeningen östlich von Stein, am Ausfluss des Bodensees, welche Lokalität von O. Heer, dem kompetentesten Beurtheiler, in Bezug auf miocène Landesfauna als die wichtigste Fundstätte in der Welt bezeichnet wird. Heer zählt nicht weniger als 475 Pflanzenarten und 9222 Thierarten auf, wovon freilich 826 Species auf die grosse Abtheilung der Insecten fallen, während die Fische mit 32, die Repitilen mit 12, die Säugethiere mit 6 Arten vertreten sind, und von Vögeln erst wenige Bruchstücke gefunden wurden. Es ist hier nicht der Ort, auf die einzelnen Merkwürdigkeiten aus diesem berühmten Fundort einzugehen, um so weniger als Heer dieselben in seinem trefflichen und lehrreichen Werke, „ die Urwelt der Schweiz " ausführlicher für einen grössere Leserkreis beschrieben hat. Die Erhaltung der Thier- und Pflanzenreste in dem dünnschiefrigen mergeligen Kalkstein ist wunderbar, namentlich diejenige der sonst so leicht zerstörbaren Insecten. Die Blätter zeigen noch die feinsten Détails. In den Oeninger- Brüchen wurde auch das vielerwähnte Skelett eines Riesensalamanders, Andrias Scheuehzeri Tschudi, gefunden, welche der alte Scheuchzer für die Ueberreste eines vorsündfluthlichen Menschen hielt und Homo diluvii testis nannte, mit dem erbaulichen Vers von Diaconus Miller:

Betrübtes Beingerüst von einem alten Sünder, Erweiche Stein und Herz der neuen Bosheitskinder.

Dieser Riesensalamander soll der noch lebenden japanischen Art, Andrias japonicus Tem. ähnlich sein.

Obgleich die Pflanzen der untern und obern Süsswassermolasse nicht vollständig übereinstimmen, so ist doch der Gesammthabitus ein sehr ähnlicher, so dass, wo beide Abtheilungen nicht durch die marine Molasse geschieden sind, man Mühe hat, eine Grenze aufzufinden oder die eine von der andern zu unterscheiden. Wir werden daher bei der Aufzählung der wichtigsten Arten beide zusammenfassen. Vorherrschend jedoch haben wir « es mit der obern Abtheilung zu thun.

Von den verbreitetsten und bezeichnendsten Gattungen und Arten der Süsswassermo lasse will ich hier nur folgende herausheben: Besonders reich vertreten sind die Ahornbäume, ( so Acer trüobatum Brg. ), die Pappeln ( wie Populus latior und mutabilis ), die Kampherbäume ( ganz besonders Daphno-gene oder Cinnamomum polymorphum Unger ), ferner Erlen, Birken, Ulmen, Platanen, Wallniissbäume, Eichen, Weiden, Rhamnusarten; unter den Nadelhölzern: Cypressen, Tannen, Föhren und Sequoien; unter den Palmen Fächer-, seltener Fliederpalmen. Ausser den schon genannten tropischen Kampherbäumen und den Palmen, deuten auch die Lorbeer-und Feigenbäume auf ein wärmeres, subtropisches Klima.

Unter den Landschnecken sind besonders reich die Gattungen Helix ( so H. Ramondi Bc, H. moguntina Desh. und H. angulosa Mart. ), Pupa und Clausilia; unter den Süss-wasserschnecken die Gattungen Neritina ( N. jluviatüis L. ), Limneaus, Planorbis, Melania ( so M. Escheri Brg.unter den Zweischalern die Gattungen Unio ( *7. flabellatus Goldf. ) und Anodonten ( A. Lavateri Mst .) vertreten. Unter den Fischen sind die Hechte, Barsche und Weissfische hervorzuheben, und unter den Säugethieren die Dickhäuter, worunter die Tapire ( Tapirus helveticus, H. v. Mey .), die Paläotherien, die Mastodonten ( so M. angustidens Guy .), die riesigen Dino-therien ( D. giganteum Kaup, aus der obersten Stufe ), die Rhinocerosse ( fth.incisivus.und minutus Guy .), die pferdeartigen und schweinartigen Thiere {Anchitherium, Hipparion*, Sus, Hypopotamus, insbesondere das Jtnthracotheriuni magnum Guy. u. A. hippoideum I üt. der untern Süsswassermolasse ), ferner Hirsche und Moschusthiere, während die Bären und Wölfe noch fehlen und von Affen erst wenige spärliche Reste gefunden wurden.

Ebenso fehlt noch der Mensch.

Die Schichten der Molassegebirge sind im Ganzen nur wenig geneigt, ausgenommen in der subalpinen Zone, zu beiden Seiten der schon früher erwähnten,,längs den Alpen streichenden, antiklinalen Linie. Die Hauptmasse scheint der mittlern ( miocenen ) Tertiärperiode zu entsprechen, mit Ausnahme vielleicht der obern Schichten der obern Süsswassermolasse ( Oeninger Stufe ), die, theilweise wenigstens, der jüngsten ( pliocenen ) Tertiärzeit angehören möchten.

Die Braunkohlen, sowohl der untern, als der obern Süsswassermolasse, werden zwar an verschiedenen Orten in der Schweiz ausgebeutet, sind aber doch nur von lokaler Bedeutung, und halten mit den bekannten Steinkohlen-districlen keinen Vergleich aus.

IV. Quartäre ( quaternäre ) Formationen.

Als jüngste Bildungen erscheinen über den Mergeln und Sandsteinen des hügeligen Molasselandes mächtige Sand-und Geröllablagerungen, welche die Thalböden ausebnen und auch noch zum Theil die angrenzenden Hügel bedecken.

Diese Ablagerungen wurden unter dem Namen Diluvium zusammengefasst, weil man sie der Sündfluth, und jedenfalls, nicht mit Unrecht, grossen Fluthen zuschrieb. Wir finden diese Schuttablagerungen in allen grössern Thälern auch auserhalb der Schweiz, so namentlich auch im Rheinthal unterhalb Basel, wo über den Gerollen als eine mächtige mit Kalk und Sand gemengte Thonablagerung der s. g. Löss auftritt, der von seinem Reichthum an kleinen Landschnecken den Namen Schneckenhäuselboden erhalten hat. Besonders verbreitet darin sind Helix hispida Müll., H. arbustorum Lin., Siiccinea oblonga Drap. u. Pupa muscorum Drap. Er steigt an den Gehängen noch einige hundert Fuss über dem jetzigen Thalboden empor, so gerade auf den Tertiärhügeln im Süden von Basel, woraus man auf die Höhe jener Fluthen schliessen kann. In den Gerollen, seltener im Löss, finden sich an vielen Orten Knochen und Zähne grosser Säugethiere, so vor Allem des Mammuths ( Elephas primigenius Blumenb .), des Rhinocéros tic.horhinus Cuv., des Riesenhirsches ( Cervus eurycerus Aldrov .), des Urochsen ( Bos priscus ßoj ), des Höhlenbären ( Ursus spelaeaus Rosenm .), der Höhlenhyäne ( Hyaena spelaea Gold f. ) und anderer, deren Reste auch zahlreich in den bekannten Knochenhöhlen abgelagert wurden.,

Bei Utznach und Dürnten unweit Rapperschwyl kommen nicht unbeträchtliche Lager von Braunkohlen und bituminösem Holz im diluvialen Schuttlande vor, die schon seit Langem abgebaut werden und von Heer in seiner Urwelt näher beschrieben worden sind. Die diluviale Flora weicht wenig von der heutigen ab. Die Torfmoore setzen aus der Diluvialperiode in die heutige Zeit fort.

Alle diese Schutt- und Lehmablagerungen gehören der vorhistorischen Zeit und die genannten Säugethiere erlo- schenen Arten an.

Bis vor wenigen Jahren galt noch allgemein die Ansicht, dass in diesen Ablagerungen und mit diesen erloschenen Thierarten keine Reste oder Spuren des Menschen vorkämen, dass also jene nicht nur der-vorhistori-schen, sondern der vormenschlichen Zeit angehörten. Seitdem aber, erst bei Abbeville in der Nähe von Amiens, dann an zahlreichen andern Orten in Frankreich und England, theils im Diluvialschutt selbst ( freilich nur in den jüngsten Schichten ), theils in den genannten Knochenhöhlen, mit den Knochen jener ausgestorbenen Säugethiere auch Knochen und Steinwerkzeuge von Menschen in einer Weise beisammen gefunden wurden, dass ein gleichzeitiges Zusammenleben höchst wahrscheinlich ist, seitdem hat die Ansicht von der Existenz des Menschen in der Diluvialzeit immer mehr Eingang bei den Geologen gefunden. Die Steinperiode der schweizerischen Pfahlbauten scheint sich dem Ende dieser Periode anzuschliessen, obgleich jene ausgestorbenen Säugethiere darin fehlen, oder ist noch jünger.

In engem Zusammenhang mit den im schweizerischen Hügelland und seinen Thalebenen auftretenden diluvialen Schuttablagerungen stehen die sogenannten erratischen Blöcke und Schuttwälle, als Zeugen einer in die Diluvialperiode fallenden Eiszeit, während welcher die Gletscher unserer Alpen über das ganze schweizerische Mittelland bis an die Abhänge des Jura und des Schwarzwaldes, ja im Nordosten bis über den Bodensee hinaus sich ausdehnten. ' Wie noch jetzt in unsern alpinen Hochthälern, so haben auch damals, zu Ende der Eisperiode, jene ausgedehnten Gletscher bei ihrem Rückzuge als End- und Seitenmoränen jene Schuttwälle zurück gelassen, die wir nun an zahlreichen Orten des schweizerischen Mittellandes, namentlich in den Kantonen Bern, Luzern und Zürich, besonders häufig am untern Ende der Seen vorfinden.

Dahin gehören auch die schon erwähnten erratischen Blöcke oder Wanderblöcke von alpinischen Gesteinen, die so ausgezeichnet an den westlichen und südlichen Gehängen des Juragebirges vorkommen, ja noch, wie im K. Basel, tief in die Hochthäler eindringen. Einzelne dieser Blöcke haben wegen ihrer Grösse und Lage eine gewisse Berühmtheit erlangt, so einige ob Neuchâfel ( Pierre à Bot ), bei Steinhof südöstlich Solothurn und andere. Meistens sind es schöne Granite, Gneisse und frrystallinische Gesteine. Ihr fremdartiger Ursprung ward schon lange erkannt, ihre Abstammung aus den Alpen, mit deren Gesteinen sie so grosse Uebereinstimmung darbieten, dass man oft noch ihren hei-mathliehen Gebirgsstock bezeichnen kann, ward schon lange vermuthet. Es ist jedoch das Verdienst von Venetz und Charpentier zuerst ihren alpinen Ursprung in Folge der einstigen grossen Ausdehnung der Gletscher, welche jene Blöcke abwärts durch die grossen Thäler in die Ebene geführt und bei ihrem Rückzug zurückgelassen, nachgewiesen zu haben. Desor, Agassiz, P. Merian, Escher, Dollfuss, Mousson, Forbes, Tyndall und andere haben dann diese schönen Untersuchungen weiter fortgesetzt. Leider nehmen die am Jura und über das schweizerische Mittelland zerstreuten Wanderblöcke von Jahr zu Jahr an Zahl ab, da sie so vielfältig zu baulichen Zwecken verwendet weiden, wie das ja auch in der norddeutschen und russischen Ebene der Fall ist, deren Wanderblöcke aber nicht direct durch Gletscher, sondern durch schwimmende Eisschollen aus Scandinavien nach Süden transportirt worden sind. Fast in allen grössern Alpenthälern, in deren Hintergrunde wir heutzutage noch Gletscher antreffen, so im Rhonethal und in seinen Seitenthälern sieht man an den Gehängen die erratischen Blöcke zerstreut, deren Höhenniveau im Allgemeinen um so mehr sich senkt, je mehr wir uns dem Ausgange dieser Thäler nähern.

Ebenso sehen wir noch in manchen dieser Thäler, in weiter Entfernung von dem jetzigen Ende der Gletscher, die Schuttwälle oder deren Reste, welche früher von dem sich zurückziehenden Gletscher als Endmoränen ausgestossen und zurückgelassen wurden, ganz wie wir es noch heutzutage in nächster Nähe der Gletscher wahrnehmen. Nicht minder schön sehen wir im Rhonethal und Aarethale, so ganz besonders im obern Haslethal und weiter hinauf über dem Ünteraargletscher, die durch die fortrückende Bewegung der frühere viel mächtigem und ausgedehnte Gletscher abgerundeten und polirten Gneiss- und Granitfelsen ( Roches moutonnées, Roches polies et striées ), die schon von Agassiz in seinem bekannten Gletscherwerke abgebildet und auch von Herrn Prof. Desor in seinem schönen „ Aperçu du Phénomène erratique des Alpes " S. 426 den Lesern des Jahrbuches unseres schweizerischen Alpenclubs ( Bd. I. ), wieder vorgeführt worden sind, worauf ich die geehrten Leser hiemit verweise.

Wir sehen noch die Wirkungen des Gletscherschliffes an den geglätteten Felsen des Jurakalkes in der Nähe von Neuchâtel, namentlich ob Landeron, und an manchen andern Orten. Kurz, Alles weist darauf hin, eine dieser grossen Ausdehnung der Gletscher entsprechende Eiszeit anzunehmen, welche für das mittlere Europa in die Diluvialperiode fallen würde. Noch grossartiger erscheint die Verbreitung der erratischen Blöcke und Schuttmassen ( die sogen. Drift ) im Norden von Europa, so in Scandinavien, und namentlich im Norden der Vereinigten Staaten, worüber wir dem Herrn Prof. Desor und andern lehrreiche Aufschlüsse verdanken. Sie gehören derselben Eisperiode an. Ja manche heutigen Geologen sind in Anbetracht, dass an manchen Orten in der Schweiz erratische Blöcke unterhalb und wieder ( z.B. bei Utznach ) oberhalb der diluvialen Geröllablagerungen vorkommen, geneigt, zwei Eiszeiten anzunehmen, wovon die eine in den Anfang, die andere gegen das Ende der diluvialen Periode fallen würde.

Die Vermuthung liegt nahe, dass das Material für die diluvialen Geröll-, Sand- und Lehmablagerungen grösstenteils durch die Gletscher selbst aus dem Hochgebirge in die Niederungen gebracht und zermalmt worden sei und dass in Folge der Wiederkehr eines wärmeren Klimas und des Schmelzens der ungeheuren Eis-und Schneemassen, die sich in der Eiszeit angehäuft hatten, unter all-mähligern, von wiederholten Schwankungen begleiteten, Rückzuge der ehemals so ausgedehnten Gletscher, jene grossen Fluthen entstanden sind, welche den zurückgelassenen Gletscherschutt und Gletscherschlamm weiter geführt und in den Niederungen der Schweiz, sowie im weiten, langen Rheinthal zwischen Basel und Mainz abgesetzt haben. Mit Recht sagt wohl Herr Dollfuss-Ausset, der verdiente Gletscherforscher: Unser Löss und Lehm, der bei Basel und Mulhausen in so grösser Mächtigkeit auftritt, ist nichts anderes, als Gletscherschlamm. Diluvialer und glacialer Schutt sind so häufig mit einander gemengt, und gehen, je nachdem die Abrollung mehr oder minder weit fortgeschritten ist, so häufig in einander über, dass an eine Trennung nicht zu denken ist.

Es ist hier nicht der Ort, die Ursachen zu discutiren, welche eine Depression des Klimas in der Eiszeit und die grosse Ausdehnung der damaligen Gletscher veranlasst haben. Nur so viel bemerke ich, dass die so einleuchtende Hypothese meines werthen Freundes, Herrn Prof. Arnold Escher von der Linth, wonach die warmen Winde, die jetzt unsere Gletscher abschmelzen und die mittlere Jahrestemperatur er- höhen, aus der heissen Wüste Sahara kommen sollen, die in der Eisperiode mit Meer bedeckt war und demnach die darüber lagernden Luftschichten viel weniger erwärmte, als in ihrem jetzigen trockenen Zustande:

dass diese Hypothese in jüngster Zeit von verschiedenen Seiten Einwürfe erfuhr, unter andern von Dove, welcher behauptet, dass diese heissen von der Sahara ausgehenden Winde unsere Alpen nicht mehr treffen können, sondern sich ostwärts gegen Russland wenden. Wie dem auch sei, so viel ist sicher, dass nicht die Abnahme der Temperatur allein die grosse Ausdehnung der damaligen Gletscher zu erklären vermag, dass grössere Feuchtigkeit der Luft gleichfalls eine Rolle dabei spielte und die Ansicht von Frankland, welcher gerade umgekehrt die Ursache der Eiszeit in einer höhern Temperatur der damaligen Meere und damit in grösserer Feuchtigkeit sucht, nicht so barock ist, als sie auf den ersten Augenblick erscheint.

Gegenwärtig haben sich die Gletscher in die Hochthäler unserer Alpen zurückgezogen und steigen nirgends mehr tiefer als 3500-4000'Meereshöhe in die Thäler hinunter, freilich mit Schwankungen, indem eine Anzahl kalter und nasser Jahrgänge ihr Vorrücken, warme und trockene dagegen ihr Zurückgehen, durch Abschmelzung, bewirken, wie das in letzten Jahren in hohem Grade der Fall war. Ob Druck und Schwere allein, wie Tyndall meint, oder ob die Ausdehnung des gefrierenden Wassers in den Gletscherspalten das Vorrücken der Gletscher bewirkt, darüber sind die Gelehrten noch nicht einig. In unmerklichen Uebergängen wandelt sich der feine körnige Firn, der die höchsten Gipfel und Gehänge unserer Alpen bedeckt, von der Feuchtigkeit der Luft, von Regen und schmelzendem Schnee getränkt nach unten in das feste Eis um, welches die Hauptmasse unserer Gletscher bildet. Firn und Eis sind in unserm Panorama

Schweizer Alpen-Club.22

durch die weissgelassenen Stellen angedeutet. Was ist eine Alpenlandschaft ohne Schneefelder und Gletscher im Hintergrund! Sie sind es vorzüglich, welche die grossartige Schönheit unserer Alpenlandschaften erhöhen und aus allen Ländern eine mit jedem Jahre wachsende Zahl von Bewunderern anziehen und welche auch die Freude, der Stolz und das Ziel unserer kühnsten Bergsteiger bilden, denen nach und nach alle diese hohen und beschneiten Häupter, eines nach d#m andern, unterthan werden müssen. Wir werden vielleicht die Zeit noch erleben, wo die Fahnen des schweizerischen Alpenclubs von allen diesen hohen Zinnen ins weite Land hineinschauen. Glück auf!

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