Dichtestress im Pulverschnee
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Dichtestress im Pulverschnee Kolumne

Das Wetter war perfekt, viel Neuschnee gefallen, erhebliche Lawinengefahr in den Voralpen. Ich bin ein Angsthase, wenn es um Lawinen geht, zu viele Freunde und Bekannte haben den weissen Tod gefunden. Doch mein Begleiter fand, der Stockberg liege drin, eine Website zeige einen passablen Risikoindikator. «Super Pulverschnee», versprach er.

Die Spur zog sich in angenehmer Steigung bergauf, der Schnee glitzerte im Sonnenlicht. Es war ein Wochentag, doch mehrere Gruppen von Tourengängern überholten uns. Offenbar hatten auch sie sich auf jener Website informiert, die beim Stockberg auf Grün zeigte. Weiter oben tappte uns ein Schwarm Schneeschuhgänger vom Gipfel her entgegen, die Aufstiegsspur ging kaputt, zertrampelt das prächtige Weiss. Wir nahmens gelassen, es gibt ja kein Menschenrecht auf eine intakte Spur.

Auf dem Gipfel hatten sich Heerscharen von Schneesportlern niedergelassen. Wir setzten uns abseits, verspeisten unsern Imbiss. Als wir aufbrachen, war der schöne Steilhang zur Buckelpiste verfahren. Ein bisschen enttäuscht war ich schon, ich wäre gern durch so stiebenden Pulverschnee hinabgeschwungen, wie man ihn auf Werbefotos für Wintersportausrüstung sieht.

Es ist halt so, die Ressource Pulverschnee ist knapp geworden. Von 1999 bis 2013 habe sich die Anzahl der Skitourengänger verdreifacht, lese ich in einem Bericht. Das Bundesamt für Sport schätzt für 2014 etwa 350 000 Outdoorschneesportler – zwei Drittel davon auf Schneeschuhen. Die Klimaerwärmung leckt die weisse Pracht in den tieferen Lagen weg, die sicher notwendigen Wildruhezonen erlauben da und dort nur noch schmale Schneisen für die Abfahrt.

Ich habe Kollegen, die ziehen früh los, wenn es in der Nacht geschneit hat, ausgerüstet mit Airbag, dem neusten Lawinensuchgerät und der Rega-App auf dem Handy. Andere schwärmen vom Heliskiing im «Champagne Powder» in Kanada oder Chile. Kommt beides für mich nicht infrage. Wenigstens kann ich einigermassen fahren, sodass ich auch bei schwierigen Verhältnissen ins Tal gelange. Und gelegentlich finde ich in einem total verfahrenen und zertrampelten Hang doch noch ein Ecklein Pulverschnee, das für einen Schwung reicht.

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