Dr. Otto von Greyerz : Kleines Berndeutsches Wörterbuch
Unterstütze den SAC Jetzt spenden

Dr. Otto von Greyerz : Kleines Berndeutsches Wörterbuch

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Ich habe oben, pag. 370, neuerdings Veranlassung gehabt, mich über die toponomastische Arbeit eines Romanisten ungünstig zu äußern; für die beiden Arbeiten des Luzerner und des Berner Germanisten trifft dies nicht zu; im Gegenteil, ich kann sie nur zur Benutzung uneingeschränkt empfehlen, obschon sie für den speziell alpinen Zweck weniger abwerfen, als dies Prof. Küblers Programm könnte, wenn es zuverlässiger wäre.

Die Arbeit Brandstetters ist hervorgegangen aus dem Bestreben der eidgenössischen Behörden, zunächst des statistischen Amtes, die Schreibweise einzelner Ortsnamen, die bisher eine verschiedene war, einheitlich zu gestalten. Herr Brandstetter bekam den Auftrag, über die Bedeutung und die historische und aktuelle Schreibweise der tìe-meindenamen der Zentralschweiz eine Arbeit einzuliefern. Diese liegt nun hier vor. Sie umfaßt für jeden einzelnen Namen jeweilen folgende Punkte: Die älteste erreichbare Schreibweise, die dialektische Wortform, die Bedeutung und die gegenwärtige Schreibweise. Diese praktische Methode ist mit Konsequenz durchgeführt und die Etymologien zeichnen sich durch nüchterne und knappe Sachlichkeit aus. Die älteren Namensformen sind nach den Urkunden gegeben. Wo Brandstetter keine sichere Deutung geben kann, sagt er uns bestimmt, warum keine Sicherheit zu erlangen ist. So zeigt er aus Vergleichungen des Ortsnamens Greppen ( Luzern ) mit ähnlichen in andern Kantonen oder in Schwaben, daß weder die Deutung auf das angeblich rätische crap — Felsen, Stein ( nach Gatschet ) noch die auf deutsches GreppeWassergraben, Hohlgasse ( nach Buck ) in der Realprobe durchgängig Stich hält. Er weist also beide Deutungen ab, vermag aber keine andere an deren Stelle zu setzen. Ebenso weist Brandstetter in der Deutung von Engelberg die Beziehungen auf anger = Grasplatz und Enge völlig ab und schließt diesen Abschnitt mit dem Geständnis: nescio. In der großen Mehrzahl der Fälle ist aber die von Brandstetter gegebene Deutung eine sichere und manchmal überraschend einfach. Ich zitiere als für uns interessant: Hergiswil = Weiler der Herigoz oder Herigis; Entlibuch — Buchwald des Entilo; Haslebei den Haselgebüschen; Altdorf = Altes Dorf ( mit dem Nachweis, daß die dortige Mutterkirche von Bürglen und Silenen wohl schon 857 existierteBauen, vielleicht von romanisch bavun —Einfriedung; Göschenen ( besser GeschinenPlural von Gaschi, Hütte, casa oder vom italienischen cascina, Käsehütte; Seelisberg ( von dem kleinen See am Fuß des Niederbauen ) hat den ursprünglichen Namen Zingel verdrängt; Spiringenbei der Familie des Spiro; Wassen ( nicht Wasenahd.h.wassa, Gipfel; Albthal ( nicht Alpthal ) von dem Fluß Alb; Muota von ahd. P. N. Muot und aha, Wasser; Steinen von einem uralten Bergsturz, auf dessen Schutt das alte Goldau ( von Gol = Schutt ) stand. Es wäre sehr zu wünschen, daß die Resultate der Brandstetterschen Forschung auch im Topographischen Atlas zur Benutzung kämen und daß ähnliche auf dem ganzen Alpengebiet der Schweiz gezeitigt würden.

Das kleine Büchlein von Dr. von Gregerz beruht auf dem stadtbernischen Dialekt; gelegentlich ist auch landschaftlicher Sprachgebrauch, besonders aus dem Mittelland und dem Emmental, berücksichtigt worden. Daher kommt, daß für unsere Zwecke die Ausbeute etwas mager ist. Aber, abheltig, Balm, Band, Bickel, Blegi, Buck, Chrache, Chrine, Tobel, Egg, Firn, Hoger, Risiete, Rutti, schüttle, Schratte, Stafel, Strähl, Überstrumpf sind stadtbernische Ausdrücke, die auch im Gebirge noch vorkommen oder von Alpinisten leicht verstanden werden. Wenn der Verleger im Prospekt zu gunsten seines Büchleins hervorhebt, daß unser Berndeutsch Gefahr laufe, seinen Besitzstand verringert zu sehen, so mag folgende Tatsache dies bestätigen. Zu Wyttenbachs und A. v. Hallers Zeiten waren folgende alpine Ausdrücke, die bei v. Greyerz fehlen, noch jedem Stadtberner geläufig und wurden deshalb von ihm in schriftdeutschen Büchern ohne Erklärung gebraucht: Bergrose = Rhododendron ferrugineum, Blangge = Felsflanke, Futter = Heu, Holdribachlärmender Wasserfall, Hure oder Hauri = Felsvorsprung, Schrund = Eisspalte oder Schlucht, Trümmeltal, Staubbach = Pletschbach, Vorsatz = Vorsprung, Wächte = Schneeüberhang, Wermuth = Artemisia rupestri » Linné, Gäbuse Hall., Ziger = geronnene Milch.

Redaktion.

Feedback